Versuch einer (ernsthaften und nicht erschöpfenden) Antwort:
1. Machen Beruf und Ausbildung Spass?
Hängt von den Neigungen ab. Der Beruf besteht hauptsächlich aus einer sehr detailversessenen Tätigkeit am Schreibtisch und mit Akten. Er findet, zumindest solange man nicht in Kanzlei oder Industrie in höhere Sphären aufgestiegen ist, oftmals im einsamen Kämmerlein statt, wenn man z.B. über einer Neuanmeldung oder einer Erwiderung an das Amt brütet. Ich z.B. habe ganz gern mal meine Ruhe und arbeite für mich allein, für mich wäre ein Lehrerjob und ständige Kommunikation nichts. Wie gesagt: Die Neigungen zählen.
Aus der Forschung ist man nach einer gewissen Zeit völlig raus und findet wohl auch nur schwer den Weg zurück. Ich kenne aber niemanden unter meinen Kollegen, der dies bereut hat. Wenn einem das Basteln im Labor liegt, dann sollte man aber lieber Abstand vom Beruf des Patentanwalts nehmen.
Um an der Ausbildung und anschließend am Beruf Spass zu finden, muß man bereit sein, eine ganz andere Denkweise zusätzlich zur technisch-wissenschaftlichen zu erlernen, nämlich die juristische und formalistische. Man hat bei Beginn der Ausbildung, obwohl schon studiert und evt. promoviert, nochmal etwa die Hälfte des Weges vor sich, fängt in manchen Punkten ganz von vorne an. Die Ausbildung zum Patentanwalt ist nicht nur eine kleine Zusatzqualifikation, die man so locker hinter sich bringt. Darauf muß man sich einlassen wollen, also Spass am Lernen haben, denn eine Menge Lernen kommt auf einen zu. Dazu kommen recht anstrengende und zum Teil sehr fordernde Prüfungen. Wenn man an dem Beruf interessiert ist, ist das aber alles machbar - aber eben nicht mit Links.
2. Lohnt sich das alles?
Meine persönliche Antwort: Ja, eindeutig.
Zum einen lohnt es sich dann schon, wenn man in einem Beruf landet, der einem Spass macht und zumindest mehr Spass als die Alternativen, die einem zum Zeitpunkt der Berufswahl zur Verfügung standen.
Gesichtspunkt finanzielle Lage: Auch in dieser Hinsicht lohnt der Job sich immer noch sehr. Hier im Forum wird oft auf sehr hohem Niveau gejammert. Klar ist, dass man bei Aufbau einer eigenen Kanzlei eine Durststrecke hinter sich zu bringen hat und die Investition sehr langfristig sehen muß. Wenn man das nicht will, kann man in die Industrie gehen oder in eine bestehende Kanzlei, wo man aber erstmal nicht soviel zu sagen haben wird und sich hocharbeiten muß. Man darf keinesfalls erwarten, dass der Eintritt in den Beruf des Patentanwalts eine automatische Lizenz zum Gelddrucken und Ferrarifahren ist, aber ein Einkommen auf hohem Niveau ist drin, als ANgestellter sowie als Freiberufler, trotz gestiegener Anzahl an Patentanwälten. Nichts ist auf ewig festgemauert, aber ich sehe keine existentielle Bedrohung. Man mag einwenden, dass man das Gehalt eines angestellten Patentanwalts in der Industrie auch mit einem anderen Job schneller erreichen kann (Ingenieure werden ja händeringend gesucht). Ich antworte: Ich habe den Beruf ergriffen weil er mir Spass macht UND ein sehr gutes Einkommen bietet, und nicht nur wegen des Einkommens.
Sicherheit des Jobs: Zur Zeit sehr gut bis hervorragend. Hervorragend bei Technikern (Maschinenbauern, E Technikern z.B.), mindestens sehr gut bei Chemikern. Bei Biologen, die unbedingt auf ihrem Gebiet bleiben wollen, siehts dann nicht mehr ganz so gut aus, aber auch die verhungern nicht.
Auch das ist nicht auf ewig festgeschrieben und niemand weiss, wie es in 20-30 Jahren aussieht. Im Moment ist es jedenfalls bei mir so, dass ich nach Bestehen der europäischen Prüfung ca. alle zwei bis drei Monate Anufe von Headhuntern bekomme, die für andere Firmen suchen. Die europäische Prüfung ist anstrengend und nervig, aber eine zur Zeit exzellente Versicherung gegen Arbeitslosigkeit. Und das wird sich sicher nicht von Heute auf Morgen ändern. Ebenfalls weiss ich, dass Stellen in Industrie und Kanzleien sehr lange unbesetzt bleiben. Zudem ist/wird man als Patentanwalt nicht so sehr auf ein technisches Gebiet festgelegt wie in Forscher, der Jahre auf seinem Gebiet verbracht hat. Im Moment stehen in unserer Firma größere Umstrukturierungen an, denen die Patentanwälte/European Patent Attorneys relativ gelassen entgegen sehen.
Die innere Sicherheit, dass wer ordentlich arbeitet und die Prüfungen bestanden hat auch sein Einkommen findet und vor Arbeitslosigkeit so gut wie sicher ist, ist für mich noch mehr wert als die absolute Höhe des Einkommens.