EPÜ Vertreterbestellung - Vollmacht im Einspruchsverfahren

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*** KT-HERO ***
Hallo,

wieso führt eine fehlende Vollmacht dazu, dass der Einspruch als nicht eingelegt gilt, aber eine fehlende Vertreterbestellung führt zu einer Unzulässigkeit des Einspruchs?
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Der Begriff "Fehlende Vertreterbestellung" ist doppeldeutig:

Fall A: Wenn A im Namen von B Einspruch erhebt, aber B davon gar nichts weiß oder dies nicht will, dann liegt gar kein Einspruch von B vor, weil er keine entsprechende Willenserklärung von B darstellt. Ein solcher Einspruch gilt also als nicht eingelegt.

Fall B: Oder es geht um Art. 133 Abs. 2. Der dort genannte Personenkreis (kein Wohnsitz in einem Vertragsstaat) muss einen zugelassenen Vertreter bestellen, sonst darf er nicht handeln. Dies deshalb, damit es immer eine ladungsfähige Zustelladresse für Mitteilungen des EPA gibt, ohne dass erst irgendwo in Syrien, Thailand oder sonstwo nach einer solchen recherchiert werden muss. Der Einspruch ist dann unzulässig, nicht anders, als wenn sonstige Angaben nach R. 77 iVm R. 76 Abs. 2c fehlen.

Anders der Fall der "fehlenden Vollmacht" (= rechtzeitig vorgelegte Vollmachtsurkunde):

Zugelassene Vertreter (Rechts- und Patentanwälte) benötigen gar keine Vollmachtsurkunde; es genügt idR, wenn sie behaupten, dass sie beauftragt und bevollmächtigt sind.

Ist der Vertreter jedoch kein zugelassener Vertreter, so wird diesem dieses Vertrauen nicht entgegen gebracht: Er muss die Vertretung durch eine Urkunde nachweisen. Tut er das nicht innerhalb der Einspruchsfrist, so wird zwingend vermutet, dass der Fall A vorliegt, d.h. der Einspruch gilt gar nicht erst als eingegangen, er ist ein Nichts.
 

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*** KT-HERO ***
Hallo Hans35,

vielen Dank für deine Antwort.

Es geht um den Vertretungszwang nach Art. 133(2) EPÜ.

Handlungen gelten als nicht vorgenommen, wenn jemand ohne Sitz und Wohnsitz etwas beim EPA einreicht. Es ist richtig, dass die Bestellung unter R 77(2) geprüft wird.

Es erscheint doch eigenartig, dass eine Bestellung auf Unzulässigkeit geprüft wird, was einer Vollmacht vorausgeht, jedoch eine fehlende Vollmacht dazu führt, dass Einspruch als nicht eingelegt gilt.

Vollmachten sind unter bestimmten Umständen auch von einem zugelassenen EP Vertreter einzureichen. Wenn eine Vollmacht nicht eingereicht, wird hat es ebenfalls zur Folge, dass die Handlung als nicht vorgenommen anzusehen ist, wie bei einem nicht vorhandenen Bestellung (Art. 133(2)).

Die Vollmacht muss während der Einspruchsfrist eingereicht werden, aber die Bestellung kann nach einer Aufforderung nach R77(2) vorgenommen werden. Das bedeutet doch, dass jemand der gar keine Bestellung vorgenommen hat, besser gestellt wird, als jemand der etwas unternommen hat.

Wenn nach einer Aufforderung zur Bestellung, die Bestellung vorgenommen wird und die Vollmacht nicht eingereicht wird, gilt der Einspruch als unzulässig oder als nicht eingelegt?
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Die Vollmacht muss während der Einspruchsfrist eingereicht werden, aber die Bestellung kann nach einer Aufforderung nach R77(2) vorgenommen werden. Das bedeutet doch, dass jemand der gar keine Bestellung vorgenommen hat, besser gestellt wird, als jemand, der etwas unternommen hat.
Hier werden zwei Fälle verglichen, die nichts miteinander zu tun haben:

Wenn die Vollmacht fehlt (und dies nicht innerhalb der Einspruchsfrist nachgeholt wird), dann kann (innerhalb der Einspruchsfrist) nicht zweifelsfrei festgestellt werden, ob der Einsprechende überhaupt Einspruch erheben wollte. Der Einsprechende und der Beauftragte (Handelnde) sind hier zwei verschiedene Personen.

Wenn hingegen die Bestellung nach 133(2) fehlt, so hat der Einsprechende selbst Einspruch erhoben (was ja nach 133(1) ohne Weiteres zulässig ist). Sein Wille ist dann nicht fraglich. Er hat nur eine Formalität nicht beachtet, nämlich eine geeignete Person (innerhalb der Vertragsstaaten) zu bestellen, der das EPA antworten und an die es Schriftstücke zustellen kann. Das kann gemäß 77 (2) nachgeholt werden.

Wenn nach einer Aufforderung zur Bestellung, die Bestellung vorgenommen wird und die Vollmacht nicht eingereicht wird, gilt der Einspruch als unzulässig oder als nicht eingelegt?
Wenn die Bestellung nach 133(2) nachgeholt wird, so ist für die Wirksamkeit des Einspruchs eine Vollmachturkunde gar nicht nötig, da der Einsprechende ja selbst Einspruch erhoben hat. Es genügt dann, wenn der Rechts- oder Patentanwalt sich innerhalb der nach 77(2) gewährten Nachfrist meldet und sich für bestellt erklärt. Weil er Rechts- oder Patentanwalt ist, braucht er auch für spätere Handlungen, die er evtl. vornimmt, keine Vollmachtsurkunde vorzulegen; dem EPA genügt es, die zustellungsfähige Adresse bekommen zu haben.
 

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*** KT-HERO ***
Wenn die Bestellung nach 133(2) nachgeholt wird, so ist für die Wirksamkeit des Einspruchs eine Vollmachturkunde gar nicht nötig, da der Einsprechende ja selbst Einspruch erhoben hat. Es genügt dann, wenn der Rechts- oder Patentanwalt sich innerhalb der nach 77(2) gewährten Nachfrist meldet und sich für bestellt erklärt. Weil er Rechts- oder Patentanwalt ist, braucht er auch für spätere Handlungen, die er evtl. vornimmt, keine Vollmachtsurkunde vorzulegen; dem EPA genügt es, die zustellungsfähige Adresse bekommen zu haben.

Die Vollmacht muss aber unter bestimmten Umständen auch von einem zugelassenen EP Vertreter eingereicht werden. Was passiert, wenn dies nicht geschieht? Ist der Einspruch dann zulässig oder gilt dieser als nicht eingelegtß
 

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*** KT-HERO ***
Hallo Hans35,

dein Gedankengang konnte ich nachvollziehen. Allerdings kann jemand der nach Art. 133(2) EPÜ vertreten sein muss, keine wirksame Handlung mit einer bestimmten Ausnahme vornehmen. Somit kann der Einspruchsschriftsatz als nicht eingereicht gelten, obgleich es so ausdrücklich nicht verankert ist.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Die Vollmacht muss aber unter bestimmten Umständen auch von einem zugelassenen EP Vertreter eingereicht werden. Was passiert, wenn dies nicht geschieht? Ist der Einspruch dann zulässig oder gilt dieser als nicht eingelegt?
Wenn der Patentinhaber berechtigte Zweifel hat, dass der Patentanwalt gar nicht zum Einspruch bevollmächtigt war, dann muss letzterer den entsprechenden Nachweis nachliefern, sonst war seine Handlung nichtig, der Einspruch gilt dann als nicht eingelegt.
Das scheint mir sehr seltener, exotischer Fall zu sein. Hat jemand einen solchen Fall schon mal gehabt?

... Allerdings kann jemand der nach Art. 133(2) EPÜ vertreten sein muss, keine wirksame Handlung mit einer bestimmten Ausnahme vornehmen. Somit kann der Einspruchsschriftsatz als nicht eingereicht gelten, obgleich es so ausdrücklich nicht verankert ist.
Auch wer nach Art. 133(2) EPÜ vertreten sein muss, kann wirksame Handlungen vornehmen, 132 (2) ist ja keine Entmündigung. Nur ist diese Handlung unzulässig, nämlich weil das EPA dann keine sichere (und schnelle) Adresse für eine Antwort darauf hat.
 
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*** KT-HERO ***
Wenn der Patentinhaber berechtigte Zweifel hat, dass der Patentanwalt gar nicht zum Einspruch bevollmächtigt war, dann muss letzterer den entsprechenden Nachweis nachliefern, sonst war seine Handlung nichtig, der Einspruch gilt dann als nicht eingelegt.
Das scheint mir sehr seltener, exotischer Fall zu sein. Hat jemand einen solchen Fall schon mal gehabt?

Die Frage stellt sich doch, was das Resultat wäre. Unzulässig oder gilt es als nicht eingelegt?

Auch wer nach Art. 133(2) EPÜ vertreten sein muss, kann wirksame Handlungen vornehmen, 132 (2) ist ja keine Entmündigung. Nur ist diese Handlung unzulässig, nämlich weil das EPA dann keine sichere (und schnelle) Adresse für eine Antwort darauf hat.

Wer nach Art. 133(2) EPÜ vertreten sein muss, kann nur die Anmeldung selbst wirksam einreichen.

Andere Handlungen sind nicht wirksam. In Zusammenhang der Formalprüfung lassen sich in den Richtlinien häufig Formulierung bezüglich wirksamer Handlung finden.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Die Frage stellt sich doch, was das Resultat wäre. Unzulässig oder gilt es als nicht eingelegt?
Wenn nur jemand für den "Einsprechenden" Einspruch erhoben hat, der dafür garnicht bevollmächtigt ist, dann hat der "Einsprechende" gar nichts getan, weder selbst noch durch den anderen. Er hat dann insbesondere nichts Unzulässiges (also etwas Mängelbehaftetes) getan.

Wer nach Art. 133(2) EPÜ vertreten sein muss, kann nur die Anmeldung selbst wirksam einreichen.

Andere Handlungen sind nicht wirksam. In Zusammenhang der Formalprüfung lassen sich in den Richtlinien häufig Formulierung bezüglich wirksamer Handlung finden.
Beim wirksamen Einreichen der Anmeldung ist es etwas anderes als beim Einspruch, da kommt es erstmal darauf an, dass jemand dem EPA einen technischen Sachverhalt offenbart, damit steht und fällt die wirksame Anmeldung. Geschieht diese Offenbarung durch einen Dritten, dann wird eine Vollmacht dafür fingiert, weil der Anmelder ja dem Einreichenden die Erfindung offensichtlich zum Zweck der Anmeldung offenbart hat. Die Anmeldung kann also z.B. durch einen japanischen Patentanwalt (ohne EPA-Zulassung) wirksam eingereicht werden. Eine Vollmacht-Urkunde braucht der dafür nicht vorzulegen. Natürlich muss derjenige, der in der Anmeldung als Anmelder bezeichnet wird, sich auf das Verfahren einlassen, sonst war die Anmeldung Makulatur. Insbesondere muss er ggf. einen 133(2)-Vertreter bestellen.

Die Pflicht nach 133(2) entsteht ggf. unabhängig davon, ob der Anmelder die Anmeldung selbst eingereicht hat. Weitere Handlungen über die Anmeldung hinaus, d.h. die ganze Teilnahme am Erteilungsverfahren, können erst wirksam vorgenommen werden, wenn der Vertreter nach 133(2) benannt ist. Liegt die Benennung am Tag der Anmeldung noch nicht vor, so kann dieser Mangel nachträglich, innerhalb der Frist dafür, behoben werden.
 

newpatent

*** KT-HERO ***
Die Anmeldung kann also z.B. durch einen japanischen Patentanwalt (ohne EPA-Zulassung) wirksam eingereicht werden.

Bist du dir sicher bei der oben aufgeführten Aussage?

Die Ausnahme nach A133(2) bezieht sich meiner Auffassung nach nur auf den Anmelder. Ich würde soweit gehen, dass nicht einmal ein Anmeldetag anerkannt wird.
 

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*** KT-HERO ***
Mir ist während der Diskussion aufgefallen, dass es obgleich selbstverständlich, die Unterscheidung zwischen nicht-eingelegt und unzulässig gar nicht existiert.

Die sich daraus ergebende Frage ist, was nicht wirksam bedeutet, wenn kein Vertreter bestellt wurde?

Für die Vollmacht ist dies eindeutig festgehalten in den Vorschriften, jedoch nicht für A133(2).
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Für die Vollmacht ist dies eindeutig festgehalten in den Vorschriften, jedoch nicht für A133(2).

Doch: Für das Anmeldeverfahren ergibt sich die Sanktion aus Art. 90(5) i.V.m. R. 57(h). Nach R. 57(h) wird die Erfüllung von Art. 133(2) geprüft, und gegebenenfalls zur Bestellung eines Vertreters aufgefordert. Geschieht dies nicht, wird die Anmeldung zurückgewiesen.

Für das Einspruchsverfahren ergibt sich die Sanktion aus R. 77(2).
 

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*** KT-HERO ***
Hallo Asdevi,

vielen Dank für die Antwort.

Wie sieht deine Ansicht dazu aus, dass ein Japanischer Anwalt eine Anmeldung beim EPA für einen Anmelder einreicht? Wird der Anmeldung ein Anmeldetag zuerkannt?
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Mir ist während der Diskussion aufgefallen, dass es obgleich selbstverständlich, die Unterscheidung zwischen nicht-eingelegt und unzulässig gar nicht existiert.
Die Unterscheidung ist sehr wohl von Bedeutung.

Wenn der Einspruch als nicht eingelegt gilt, dann ist der vermeintlich Einsprechende am Einspruchsverfahren nicht beteiligt. Das EPA braucht sich mit ihm nicht zu befassen. Er hat nur das Recht, einen Feststellungsbeschluss zu verlangen, der diesen Sachverhalt feststellt und gegen den er sich beschweren kann. Gibt es keinen weiteren Einspruch, so kommt gar kein Einspruchsverfahren in Gang.

Gilt der Einspruch hingegen als eingelegt, und er weist nur einen Mangel auf, der ihn unzulässig macht, so ist der Einsprechende so lange am Verfahren beteiligt, bis diese Unzulässigkeit in einem Beschluss festgestellt wird, was die Beteiligung beendet. Oder der Mangel kann ggf. fristgemäß behoben werden, und die Verfahrensbeteiligung hat Bestand.
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Hallo Asdevi,

vielen Dank für die Antwort.

Wie sieht deine Ansicht dazu aus, dass ein Japanischer Anwalt eine Anmeldung beim EPA für einen Anmelder einreicht? Wird der Anmeldung ein Anmeldetag zuerkannt?

Ja sicher. Man kann eine Anmeldung sogar anonym einreichen. R. 40(1)(b) erfordert nur Informationen, die es ermöglichen, den Anmelder zu kontaktieren. Er braucht nicht mal identifizierbar zu sein. Rein theoretisch kann man also eine japanische Beschreibung ans EPA schicken, mit einem beigefügten Zettel, auf dem "Request for a patent" und eine Telefonnummer steht. Dem wird ein Anmeldetag zuerkannt.

Wer den Zettel in den Umschlag steckt, ist dann natürlich auch egal.
 

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@Asdevi

Vielen Dank für die Antwort.

Für das Beispiel leuchtet es ein.

Was würde passieren, wenn ein nicht zur Vertretung berechtigter im Erteilungsantrag genannt wird?
- Anmelder ist zur Vertretung verpflichtet oder nicht verpflichtet

Was würde passieren, wenn ein nicht zur Vertretung berechtigter im Erteilungsantrag genannt wird und zudem den Erteilungsantrag unterzeichnet?
- Anmelder ist zur Vertretung verpflichtet oder nicht verpflichtet
 
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