EPÜ Ausschluss von Gegenständen in der Nachanmeldung

Alfred

*** KT-HERO ***
Hallo zusammen,

wie ist G 1/03 auf die Priorität anzuwenden.

Fall A:
01.02.x AT der D01: Banane

01.05.x EP1: Obst

01.06x Veröffentl. der D01

01.02.x+1 EP2 (Prio der EP1): Obst ohne Banane


Fall B:
01.02.x AT der D01: Banane

01.05.x EP1: Obst

01.05.x+1 EP2 (Prio der EP1): Obst ohne Banane

01.07.x+1 Veröffentl. der D01


Fall C:
01.02.x AT der D01: Banane

01.02.x EP1: Obst

01.02.x+1 EP2 (Prio der EP1): Obst ohne Banane

01.07.x+1 Veröffentl. der D01


Fall D:
01.02.x AT der D01: Banane

01.02.x EP1: Obst

01.12.x Veröffentl. der D01

01.02.x+1 EP2 (Prio der EP1): Obst ohne Banane


Fall E:
01.02.x AT der D01: Banane

01.04.x Veröffentl. der D01

01.05.x EP1: Obst

01.05.x+1 EP2 (Prio der EP1): Obst ohne Banane



(Für D01 wurde jeweils eine frühzeitige Veröffentlichung beantragt.)

Ist Priorität in Fall A bis E gültig beansprucht?
 
Zuletzt bearbeitet:

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Hi Alfred,
vielleicht erläuterst du erstmal deine Gedanken dazu und die Stellen, an denen du Probleme siehst. Wenn du das einfach so hinwirfst, dürften nicht viele motiviert sein, darüber nachzudenken.
 

Alfred

*** KT-HERO ***
Hallo Pat-Ente,

hatte schon gedacht, dass es zu trivial ist.

Inwieweit kann die Entscheidung G 1/03 (nicht offenbarter Disclaimer von nicht offenbarten Gegenständen) auf Disclaimer in Fragen einer gültigen Priorität angewendet werden.

Die Prüfung einer gültigen Priorität erfolgt wie bei der unzulässigen Erweiterung.

In G 1/03 wurde ein nicht in der ursprünglichen
Anmeldung offenbarter Disclaimer zunächst nach A123(2) geprüft. Wenn dieser statthaft ist, kann geschlussfolgert werden, dass auch die Prio hält, wenn der übrige Offenbarungsgehalt in der Prioanmeldung sonst der gleiche ist.

Ob ein Disclaimer zulässig ist, hängt davon ab, ob es Stand der Technik nach A54(3), eine zufällige Vorwegnahme nach A54(2) oder ein vom Patentschutz ausgenommener Gegenstand ist.

Wenn A87 wie A123(2) geprüft wird, wann ist die Priorität noch gültig, wenn ich in der Nachanmeldung einen nicht in der Prioanmeldung offenbarten Disclaimer einbaue?
 

Alfred

*** KT-HERO ***
Normalerweise wird Prioanmeldung mit der Nachanmeldung verglichen.

Wird ein Sdt Dokument ausschließlich gegen die Prioanmeldung geprüft?
 

Hans35

*** KT-HERO ***
A 123(2) ist erfüllt, wenn die beanspruchte Erfindung aus den Unterlagen vom Anmeldetag hervorgeht. Die Priorität hält, wenn die beanspruchte Erfindung aus den Unterlagen der Prioritätsanmeldung hervorgeht. Für beides gilt derselbe Maßstab; ich wüsste nicht, wo etwas geregelt ist oder entschieden wurde, dass da irgendwelche Unterschiede gemacht werden können (oder gar gemacht werden müssen).

G 1/03 löst eine der Detailfragen bei der der Auslegungen von A 123(2) bezüglich der Zulässigkeit eines Disclaimers und ist demgemäß auf beide Sachverhalte gleichermaßen anzuwenden. Denn der Disclaimer ändert dabei ja nur den beanspruchten Gegenstand, nicht aber die Offenbarung vom Anmeldetag oder vom Priotag.

Es könnte sein, dass eine unterschiedliche Beurteilung der Zulässigkeit des Disclaimers sich gemäß Punkt II.1 des Leitsatzes von G 1/03 daraus ergibt, dass unterschiedliche Dokumente zum "Stand der Technik" gehören; der Unterschied (bei wortgleicher Offenbarung in Anmeldung und Prioanmeldung) wäre dann nur das Offenbarungsdatum. Es geht dann also ggf. um einen Disclaimer, der zur Abgrenzung gegen Dokumente aus dem Prioritätsintervall dient und vorsorglich für den Fall beantragt wird, dass die Priorität nicht hält.

Hinsichtlich der Offenbarung vom Anmeldetag (also für den Fall, dass die Prio nicht hält) wäre ein solcher Disclaimer zulässig und auch notwendig, weil das Dokument aus dem Stand der Technik sonst neuheitsschädlich wäre. Hinsichtlich der Offenbarung in der Prioritätsanmeldung wäre der Disclaimer aber unzulässig, weil dann nichts zum Stand der Technik gehören würde, gegen das eine Abgrenzung gerechtfertigt wäre, und der unzulässige Disclaimer würde (nur) zum Verlust der Prioritätsrechts führen.

Irgendwie ist das schon merkwürdig.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Hi Alfred,
vielleicht erläuterst du erstmal deine Gedanken dazu und die Stellen, an denen du Probleme siehst. Wenn du das einfach so hinwirfst, dürften nicht viele motiviert sein, darüber nachzudenken.
Was meinst du denn selbst zu deinem "Fall E"?

Geht es dir um eine Komplikation infolge einer Wiedereinsetzung? In diesem Fall wird der Anmelder so gestellt, als hätte er die Frist nicht versäumt. Er wird aber nicht darüber hinaus besser gestellt.
 

Alfred

*** KT-HERO ***
Hallo Hans35,

danke für den Hinweis. Habe die Daten jetzt angepasst. Selbstverständlich sollte die Nachanmeldung gültig im Priojahr eingereicht worden sein. Hoffe, es hat nicht zu viel Verwirrung geführt.
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
So wie ich die G1/03 verstehe, wird der nicht offenbarte Disclaimer nicht als technisches Merkmal betrachtet, sondern lediglich als formales Mittel, den Schutzbereich gegenüber bestimmten Arten von Stand der Technik einzuschränken. Der Grundgedanke scheint mir zu sein, dass es unangemessen wäre, dem Anmelder Schutz für eine Erfindung zu versagen aufgrund von SdT, den er nicht kennen bzw. in Betracht ziehen konnte, und gleichzeitig eine Doppelpatentierung zu vermeiden.


Wenn also hier Art. 123(2) nicht zur Anwendung kommt, weil der Disclaimer nicht als technisches Merkmal betrachtet wird, muss das genauso für die Priorität gelten - d.h. der Disclaimer, auch wenn er nicht im Prio-Dokument offenbart ist, führt nicht zum Verlust der Priorität (siehe G1/03, Gründe Punkt 4). Das wäre auch widersinnig, denn damit würde der Grundgedanke des Prioritätsrechts ausgehebelt.



Ein Disclaimer würde allerdings dann unzulässig, wenn die Priorität aus anderen Gründen nicht gelten würde.


Das trifft aber in deinen Fallkonstellationen nicht zu; allerdings sind bei C und D der AT der D1 und der Priotag der Anmeldung identisch, damit ist D1 kein SdT und der Disclaimer ist unzulässig (und damit wäre auch die Priorität verloren). Bei E hängt es davon ab, ob D1 eine "zufällige Vorwegnahme ist"; wenn ja, wäre der Disclaimer zulässig (und damit die Prio gültig), andernfalls nicht.


Was Fall B betrifft, gab es die Auffassung, dass ein nicht offenbarter Disclaimer nicht zulässig sein sollte, wenn die D1 im Priointervall veröffentlicht ist, aber wie mir scheint ist die GBK dem nicht gefolgt. Also wäre bei B (wie A) der Disclaimer zulässig und die Prio gültig.
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Ich bin der Einfachheit halber davon ausgegangen, dass D1 eine EP-Anmeldung (bzw. PCT mit erfolgtem Eintritt in die EP-Phase) ist.
 

Alfred

*** KT-HERO ***
Stimmt natürlich. Für die Prüfung, ob es sich um ein A54(3) Dokument handelt, wird die Info benötigt.
D01 ist eine EP-Anmeldung.
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Stimmt natürlich. Für die Prüfung, ob es sich um ein A54(3) Dokument handelt, wird die Info benötigt.
D01 ist eine EP-Anmeldung.

Dann würde ich sagen, bei A, B und D gültig; bei C und E nicht.

Bei C und E dient der Disclaimer nicht dem Ausschluss eines 54(3)-Dokuments. Bei C ist könnte "Obst" beansprucht werden und D01 wäre überhaupt kein S.d.T. Bei E ist D01 ein 54(2)-Dokument, unabhängig von der Prio.
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Auf den Aspekt zu Fall B bin ich beim Überfliegen der G1/03 gestossen, offenbar hat ein Amicus Curiae Brief diese Auffassung vertreten. Wo das genau stand, weiss ich nicht mehr ...
 
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