in Anspruch genommene Arbeitnehmererfindung nachträglich wieder freigeben

Armin

GOLD - Mitglied
Hallo Forum,

angenommen, eine Arbeitnehmererfindung wurde vom Arbeitgeber in Anspruch genommen.

Später stelle sich heraus, dass seitens des Arbeitgebers doch kein Interesse an der Verwertung der Erfindung besteht.

Können die Rechte an der Erfindung dem Arbeitnehmer einfach (z.B. per Willenserklärung bzw. per Vertrag) wieder rückübertragen werden?
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Natürlich können die Rechte auch rückübertragen werden. Im Gegensatz zur Inanspruchnahme geht das allerdings nicht einseitig, sondern es muss ein Vertrag geschlossen werden; d.h. die Zustimmung des/der Erfinder(s) ist erforderlich.
 

Armin

GOLD - Mitglied
Danke euch für das Feedback und Industrie_EPA für den Link zu der Schiedsstellen-Entscheidung.

Die Antwort scheint also zu sein, dass dem Arbeitnehmer die Erfindung nunmehr durch einseitige Erklärung des Arbeitgebers freigegeben wird -- etwaige Schadensersatzansprüche einmal beiseite gestellt.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Ich bin mir nicht sicher ob die Auslegung des ArbErfG im Einigungsvorschlag 62/16 zwingend ist. Der Gesetzestext ist schon recht verwirrend, und wenn argumentiert werden muss, dass für eine besimmte Auslegung nur spricht, dass § x sonst keinen Anwendungsbereich mehr hat, dann ist das schon recht schwach.

Ich verstehe das ArbErG erst mal so, dass Begriffe "Inanspruchnahme" und "Freigabe" nicht unbedingt Alternativen sind, sondern dass sie unterschiedliche Sachverhalte regeln.

Eine Erfindung kann nach § 18 Abs. 3 a priori frei sein, oder sie kann nach § 8 diese Eigenschaft durch Freigabe erlangen. Hat die Erfindung diese Eigenschaft nicht, so handelt es sich um eine Diensterfindung. Im Streitfall muss zunächst der Arbeitnehmer geltend machen, die Erfindung sei frei, und der Arbeitgeber muss dies fristgemäß bestreiten. Kann man sich nicht einigen, so muss dann der Arbeitnehmer Schiedsstelle oder Gericht anrufen.

Die Eigenschaft "Diensterfindung" (im Gegensatz zu "frei") ist Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Erfindung durch den Arbeitgeber. Die Inanspruchnahme erfolgt automatisch (bei Fristablauf nach § 6) wenn keine Freigabe erfolgt. Solange aber noch nicht (rechtskräftig) festgestellt ist, dass es sich um eine Diensterfindung handelt, ist diese Inanspruchnahme auch noch nicht wirksam, aber dann wäre es Sache des Gerichts, das über die Eigenschaft "Diensterfindung" oder "Frei" verhandelt, da vorläufig etwas zu regeln.

Steht hingegen die Eigenschaft "Diensterfindung" (mangels Klage gegen das Bestreiten der Eigenschaft "frei" durch den Arbeitgeber) fest, so erfolgt eine wirksame Inanspruchnahme (Übertragung der Rechte und Pflichten) bereits durch bloßen Fristablauf nach § 6. Dann gibt es m.E. für eine nachträgliche Freigabe, die die Inanspruchnahme rückwirkend beseitigen würde, keinen Raum mehr, außer man einigt sich darüber indem die vorherige "Einigung" (Nichtklage oder Gerichtsentscheidung) ersetzt wird, wobei das, was inzwischen geschehen ist geregelt werden kann.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Der Gesetzestext ist schon recht verwirrend,

Welche Stellen im Gesetz sind für Dich denn konkret verwirrend?


und wenn argumentiert werden muss, dass für eine besimmte Auslegung nur spricht, dass § x sonst keinen Anwendungsbereich mehr hat, dann ist das schon recht schwach.

Dir ist vermutlich nicht klar, dass es sich hier nicht um ein rechtliches Gutachten oder eine behördliche bzw. gerichtliche Entscheidung sondern um einen Einigungsvorschlag handelt, der einem ggf. nicht anwaltlich vertretenen Einzelerfinder verständlich und akzeptabel gemacht werden muss?

Eine Erfindung kann nach § 18 Abs. 3 a priori frei sein, oder sie kann nach § 8 diese Eigenschaft durch Freigabe erlangen. Hat die Erfindung diese Eigenschaft nicht, so handelt es sich um eine Diensterfindung. Im Streitfall muss zunächst der Arbeitnehmer geltend machen, die Erfindung sei frei, und der Arbeitgeber muss dies fristgemäß bestreiten. Kann man sich nicht einigen, so muss dann der Arbeitnehmer Schiedsstelle oder Gericht anrufen.

Mit der Meldepflicht nach § 18 ArbEG hat das erst einmal alles nichts zu tun. Gemäß § 4 ArbEG sind Erfindungen im Anwendungsbereich des ArbEG (§ 1 ArbEG) originär (also mit ihrem Entstehen) entweder frei oder Diensterfindungen. Deshalb kommt es dafür auch nicht darauf an, wer was wann bestreitet.


Solange aber noch nicht (rechtskräftig) festgestellt ist, dass es sich um eine Diensterfindung handelt, ist diese Inanspruchnahme auch noch nicht wirksam, aber dann wäre es Sache des Gerichts, das über die Eigenschaft "Diensterfindung" oder "Frei" verhandelt, da vorläufig etwas zu regeln.

Wenn dem Arbeitgeber (z.B. nach der Mitteilung gemäß § 18 ArbEG) alle notwendigen Informationen vorliegen, dann muss er aufgrund der Automatik des § 6 Abs. 2 ArbEG eine Diensterfindung entweder in Anspruch nehmen oder freigeben. Nach § 18 Abs. 2 ArbEG kann es aber keine automatische Inanspruchnahme gemäß § 6 Abs. 2 ArbEG geben: Die Automatik entsteht erst wieder durch das Bestreiten innerhalb der ggü. der Inanspruchnahmefrist verkürzten Frist von 3 Monaten. Kommt es zur expliziten oder impliziten Inanspruchnahme einer Diensterfindung, dann ist diese wirksam, wenn alle Vorgaben dafür erfüllt sind (abgesehen vom ggf. notwendigen Bestreiten kann aufgrund der Automatik nach § 6 Abs. 2 ArbEG in der Praxis aber allenfalls der Zeitpunkt der Inanspruchnahme streitig sein).

Steht hingegen die Eigenschaft "Diensterfindung" (mangels Klage gegen das Bestreiten der Eigenschaft "frei" durch den Arbeitgeber) fest, so erfolgt eine wirksame Inanspruchnahme (Übertragung der Rechte und Pflichten) bereits durch bloßen Fristablauf nach § 6.

Eine Diensterfindung ist originär immer eine solche. Allenfalls kann diese durch eine Freigabe nach § 8 ArbEG oder im Falle des Nichtbestreitens nach § 18 Abs. 2 ArbEG frei werden. Eine freie Erfindung kann aber nur durch Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Diensterfinder zur Diensterfindung gemacht werden. Das ist in der Praxis auf Arbeitgeberseite durchaus gewünscht, um etwaige Zweifelsfälle gar nicht erst zum Problem werden zu lassen.

Dann gibt es m.E. für eine nachträgliche Freigabe, die die Inanspruchnahme rückwirkend beseitigen würde, keinen Raum mehr, außer man einigt sich darüber indem die vorherige "Einigung" (Nichtklage oder Gerichtsentscheidung) ersetzt wird, wobei das, was inzwischen geschehen ist geregelt werden kann.

Die Möglichkeit einer Freigabe nach Inanspruchnahme vor Schutzrechtsanmeldung war schon die h.M. bei § 8 a.F. ArbEG. Nur Bartenbach hat sich erst für § 8 n.F. ArbEG dieser Auffassung anschließen müssen, da seine Argumentation aufgrund der Regelungssystematik der Novelle nicht mehr tragbar war. Und schließlich können sich nach Inanspruchnahme aber vor der Anmeldung die Umstände geändert haben (keine Verwertungsmöglichkeit ersichtlich oder nicht mehr geplant), so dass der Arbeitgeber möglicherweise kein Interesse an einer Anmeldung mehr hat. Solange hier keine schuldhafte Verzögerung durch den Arbeitgeber vorliegt, wird man ihn nicht zwingen können, die Anmeldung vorzunehmen. Deshalb wird dann eine Freigabepflicht in solchen Fällen vertreten (z.B. von Bartenbach).
 

Hans35

*** KT-HERO ***
... der Arbeitgeber möglicherweise kein Interesse an einer Anmeldung mehr hat. Solange hier keine schuldhafte Verzögerung durch den Arbeitgeber vorliegt, wird man ihn nicht zwingen können, die Anmeldung vorzunehmen.

Nach § 13 (3) sieht das aber anders aus.
Genügt der Arbeitgeber nach Inanspruchnahme der Diensterfindung seiner Anmeldepflicht nicht und bewirkt er die Anmeldung auch nicht innerhalb einer ihm vom Arbeitnehmer gesetzten angemessenen Nachfrist, so kann der Arbeitnehmer die Anmeldung der Diensterfindung für den Arbeitgeber auf dessen Namen und Kosten bewirken.

Das verstehe ich eigentlich unter "zwingen". Von nachträglicher (einseitiger) Freigabe oder sonstiger "Entledigung" lese ich da nichts.
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Nach § 13 (3) sieht das aber anders aus.
Genügt der Arbeitgeber nach Inanspruchnahme der Diensterfindung seiner Anmeldepflicht nicht und bewirkt er die Anmeldung auch nicht innerhalb einer ihm vom Arbeitnehmer gesetzten angemessenen Nachfrist, so kann der Arbeitnehmer die Anmeldung der Diensterfindung für den Arbeitgeber auf dessen Namen und Kosten bewirken.

Das verstehe ich eigentlich unter "zwingen". Von nachträglicher (einseitiger) Freigabe oder sonstiger "Entledigung" lese ich da nichts.

Wenn die Erfindung bereits zum Patent angemeldet ist, kann der Arbeitgeber sich ihrer nach §16 einseitig entledigen. Ich sehe nicht, warum das nicht nach §8 gehen sollte, solange noch keine Anmeldung eingereicht ist.

§13 ist für die Fälle gedacht, in denen der Arbeitgeber weder freigibt noch selbst anmeldet. Hier hat der Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber anmeldet.
 
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