DE Auslegung

Pearson

BRONZE - Mitglied
Hallo,

aktuell habe ich mit Patentrecht nur am Rande etwas zu tun (das wird sich nächstes Jahr aber ändern :) ) aber ich habe mal eine Frage zu einem aktuellen Anliegen:
Ich bin als Ing in einer Entwicklungsabteilung tätig und Kollegen habe gerade das Problem, dass sie etwas entwickeln (wollten), das aber scheinbar durch ein Patent bereits geschützt/gesperrt ist.
Ich habe es nur am Rande mitgekriegt, daher kann ich den Sachverhalt eh nicht genau wiedergeben aber mich interessiert es halt, wie man an die Thematik rangehen würde oder könnte.

Also im Hauptanspruch wird z.B. eine Messonde erwähnt, um die es letztlich wohl geht. Meine Kollegen meinen, wenn sie einen Sensor fest an einem Gehäuse verbauen, wäre das eine Umgehung, weil eine Sonde ja "eingeführt", also beweglich ist.
Verbaut man den Sensor fest, so glauben sie, fiele es nicht mehr unter den Schutzbereich.

Ich weiß, es ist relativ vage aber ich glaube, das genügt schon, um eine Einschätzung abgeben zu können?
Ich bin etwas skeptisch, für mich hat der Begriff "Messen" in "Messonde" mehr Bedeutung, als die "Sonde" und ich würde fast schon sagen, dass es irrelevant ist, ob es sich bewegt oder nicht. Ob ich es jetzt Messonde, Sonde oder Sensor nenne.. spielt glaube keine Rolle. Daher auch nicht, ob es sich bewegen/entfernen lässt, einseitig oder zweiseitig fixiert ist. Ja, ich kann mir Fälle ausmalen, wo diese Aspekte doch relevant sein können aber pauschal?

Kann da jemand bitte etwas zu sagen?

Danke und Gruß
 

Hans35

*** KT-HERO ***
... sie etwas entwickeln (wollten), das aber scheinbar durch ein Patent bereits geschützt ist.
Der Sinn des Patentrechts ist es, dass Erfindungen veröffentlicht werden, damit sie allen Interessierten als Grundlage von Weiterentwicklungen zur Verfügung stehen. Das soll den technischen Fortschritt fördern und beschleunigen, und die Patentämter beteiligen sich an diesen Veröffentlichungen mit Offenlegungs- und Patentschriften. Die Gegenleistung, die der Patentinhaber für die Veröffentlichung seines Know-Hows erhält, ist ein zeitlich beschränktes ausschließliches Nutzungsrecht seiner Erfindung. (Dieses erhält er aber nur, wenn seine Erfindung tatsächlich neu und nicht durch den Stand der Technik nahegelegt ist.)

Demgemäß sind "Handlungen zu Versuchszwecken" (vgl. § 11 Nr. 2 PatG) vom Patentschutz nicht betroffen.

Ist die Weiterentwicklung erfolgreich, so kann diese allerdings nur dann gewerblich verwertet werden, wenn der Patentinhaber der ursprünglichen Erfindung dem zustimmt (lizensiert) oder wenn dessen Patent nicht (mehr) in Kraft ist.

Ob die ursprünglich patentierte Erfindung bei dem weiterentwickelten Produkt tatsächlich benutzt wird, muss an Hand der Patentansprüche in der Patentschrift beurteilt werden (§ 14 PatG), und zwar durch Vergleich mit diesem Produkt. Was sonst noch im Zuge der Entwicklung untersucht wurde, ist irrelevant.
 

der_markus

*** KT-HERO ***
Ja, Versuchszwecke sind freigestellt. Aber: Versuche sind ja in der Regel kein Selbstzweck sondern sollen möglichst in einem verkehrsfähigen Produkt münden. Insofern stellt sich die Frage nach Umgehungslösungen durchaus bereits im Versuchsstadium.
Zur Kernfrage: Die Frage ob eure Lösung in den Schutzbereich fällt, kann mit den 2-3 Sätzen, die du zum Sachverhalt geliefert hast, nicht beantwortet werden. Etwas mehr Klarheit wird euch nur ein Gang zu einem Patentanwalt verschaffen, der sich den Sachverhalt umfassend anschaut und euch dann eine Einschätzung mitteilt. Aber wir hier im Forum können/wollen/dürfen keine Rechtsberatung betreiben.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Entweder man setzt auf den Weg, das neue Produkt so zu gestalten, dass die patentierte Erfindung nicht benutzt wird. Wenn es dabei auf "Kleinigkeiten" ankommt, dann wird sicher ohne Unterstützung durch einen Patentanwalt, der die einschlägige Rechtsprechung kennt und der möglichst früh in die Entwicklung des Produkts einbezogen wird, ein schwer abschätzbares Restrisiko verbleiben.

Die Alternative, die zumindest in Erwägung gezogen werden sollte, ist eine Einigung mit dem Patentinhaber. Die muss nicht immer Geld kosten. Die Nachentwicklung kann ggf. auch patentiert werden, und dann kann es auf eine wechselseitige Lizensierung (z.B. mit klarer Aufteilung des Marktes) hinauslaufen.
 

der_markus

*** KT-HERO ***
Ich halte es für unvorteilhaft schon in der Entwicklungsphase eines neuen Produkts mit dem Patentinhaber in Kontakt zu treten. Das ist nur notwendig, wenn die eigene Entwicklung in den Schutzbereich eines Patents fällt. Und diesbezüglich würde ich mich erstmal von einem PA beraten lassen.
Außerdem dürfte ein solcher Patentinhaber aufgrund der Nähe des Patentgegenstands ein Kokurrent sein, sodass es unglücklich scheint, diesem die eigene Entwicklung bzw. Entwicklungsabsicht schon vorab mitzuteilen.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Ich halte es für unvorteilhaft schon in der Entwicklungsphase eines neuen Produkts mit dem Patentinhaber in Kontakt zu treten.
In der Tat, das habe ich auch nicht vorgeschlagen. Jedoch sollte von Anfang die patentrechtliche Beratung im Blick haben, ob es ohne eine Vereinbarung mit dem Pateninhaber nicht gehen wird.
 

Pearson

BRONZE - Mitglied
Zur Kernfrage: Die Frage ob eure Lösung in den Schutzbereich fällt, kann mit den 2-3 Sätzen, die du zum Sachverhalt geliefert hast, nicht beantwortet werden. Etwas mehr Klarheit wird euch nur ein Gang zu einem Patentanwalt verschaffen, der sich den Sachverhalt umfassend anschaut und euch dann eine Einschätzung mitteilt. Aber wir hier im Forum können/wollen/dürfen keine Rechtsberatung betreiben.

Das ist soweit natürlich klar. Ich meinte es ja rein in Bezug zu dem, was ich geschrieben habe. Also ob eine Befestigung bereits eine Umgehung einer Sonde wäre?
Ansonsten haben wir eine relativ große Patentabteilung aber ich bin in der Thematik selbst ja gar nicht involviert. Ich habe quasi eher rein akademisches Interesse an einem halbwegs konkreten Beispiel.
Aber ob die Abteilung jetzt "ja" oder "nein" sagt, ist für eine Produktentwicklung auch nur bedingt verbindlich. Meiner Auffassung nach sorgt erst ein Gericht dafür und davor bzw. auch dann ist es reine Auslegungssache. Halt mit mehr oder weniger starker Wahrscheinlichkeit.

Außerdem dürfte ein solcher Patentinhaber aufgrund der Nähe des Patentgegenstands ein Kokurrent sein, sodass es unglücklich scheint, diesem die eigene Entwicklung bzw. Entwicklungsabsicht schon vorab mitzuteilen.
Korrekt :)
Aber wie gesagt, mir geht es gar nicht um eine Handlungsempfehlung, da ich den weiteren Verlauf vermutlich eh nicht mitkriege. Im Zweifel bin ich in der Abteilung ohnehin nicht mehr so lange tätig.
 

Fragender

GOLD - Mitglied
Was genau - im Rahmen der Auslegung - unter einer Messsonde zu verstehen ist, kann man nur sagen, wenn man das Patent analysiert. Denn die Unteransprüche, die Beschreibung und die Figuren sind zur Auslegung heranzuziehen (§ 14). Wenn also in einem Unteranspruch oder in der Beschreibung steht, dass die Messsonde befestigt sein kann, könnte auch eine "feste" Sonde unter den Anspruch fallen. Und je nach Gebiet, versteht der Fachmann womöglich unter Messsonde sowieso auch fest verbaute Sensoren? Lambdasonden z.B. sind im Kfz regelmäßig fest verbaut.

Meine Empfehlung wäre, erstmal selbst das Patent zu analysieren (dann könnte manches klarer werden) und dann einen Patentanwalt (in der Patentabteilung?) zu Rate zu ziehen...
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Ich weiß, es ist relativ vage aber ich glaube, das genügt schon, um eine Einschätzung abgeben zu können?
Nein, ist es nicht.

Wie soll man bitte den Schutzumfang eines Patentanspruchs abschätzen, denn man nicht vorliegen hat? Ich weiß jetzt lediglich, dass in diesem Anspruch - anscheinend? - das Wort "eingeführt" vorkommt. Nicht einmal der Kontext im Rahmen des Anspruchs steht da.

Außerdem wurde bereits richtig darauf hingewiesen, dass Patentansprüche im Lichte der gesamten Patentschrift zu interpretieren sind.

Ich verstehe auch die Überlegung nicht, warum "einführen" im Widerspruch zu "befestigen" sein sollte, bzw. ein Befestigen ausschließen sollte. Vielleicht erschließt sich das bei Lektüre des Patents, das hier keiner kennt.
 

Pearson

BRONZE - Mitglied
Was genau - im Rahmen der Auslegung - unter einer Messsonde zu verstehen ist, kann man nur sagen, wenn man das Patent analysiert. Denn die Unteransprüche, die Beschreibung und die Figuren sind zur Auslegung heranzuziehen (§ 14). Wenn also in einem Unteranspruch oder in der Beschreibung steht, dass die Messsonde befestigt sein kann, könnte auch eine "feste" Sonde unter den Anspruch fallen. Und je nach Gebiet, versteht der Fachmann womöglich unter Messsonde sowieso auch fest verbaute Sensoren? Lambdasonden z.B. sind im Kfz regelmäßig fest verbaut.

Meine Empfehlung wäre, erstmal selbst das Patent zu analysieren (dann könnte manches klarer werden) und dann einen Patentanwalt (in der Patentabteilung?) zu Rate zu ziehen...

Das hat mir weitergeholfen!
Das Patent kenne ich selber nicht, vlt. kriege ich aber den weiteren Verlauf mit. Mir persönlich genügt die Antwort soweit aber :)
 
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