EPÜ Schrödingers Erste Anmeldung

Alfred

*** KT-HERO ***
Eine weitere Frage zur ersten Anmeldung (extrahiert aus einem parallelen Chat):

1. EP1: A
2. EP2: A
3. EP3: A

EP1 galt als zurückgenommen und wurde nicht veröffentlicht als EP2 eingereicht wurde.
EP2 beansprucht bei Einreichung nicht die Priorität der EP1.
Was passiert wenn EP3 (Gegenstand A) ohne Inanspruchnahme einer Priorität eingereicht wird.
Prioritätsfrist für EP1 war noch nicht abgelaufen als EP3 eingereicht wurde.

Kann zu diesem Zeitpunkt schon festgestellt werden, ob EP1 oder EP2 erste Anmeldung ist?
Wann kann dies (eindeutig) festgestellt werden?
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Nein. Sobald EP2 oder EP3 die Priorität aus EP1 in Anspruch nimmt (d.h. sobald dort eine Prioritätserklärung mit allen erforderlichen Angaben zu EP1 eingereicht ist), ist EP1 Erstanmeldung. Geschieht das nicht und ist die Frist dafür abgelaufen, so ist EP2 Erstanmeldung; vorher ist die Sache noch offen.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Mehr hab ich da nicht. Die Sache ist m.E. auch so exotisch, dass ich da nicht großartig nach Rechtsprechung suchen und allgemein gültige Aussagen (Zeitpunkt der Festlegung) erwarten würde. Da könnten ja immer noch Ausnahmen (Wiedereinsetzung u.ä.) auftauchen.

Normaler Weise wird jemand, der EP1 völlig fallen lässt, einen Grund dafür haben. Und da würde ich als erstes vermuten, dass die Offenbarung doch nicht so ganz identisch ist (z.B. wegen Übersetzungsmängeln) und daher die Wirksamkeit der Inanspruchnahme der Priorität von EP1 irgendwie ungewiss wäre.

Ohne einen konkreten Fall leuchtet man nur in die falschen Ecken eines dunklen Raumes.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Die Art und Weise, wie du deine Enttäuschung über meine Antwort äußerst, wird hoffentlich trotzdem den einen oder anderen motivieren, sich die Mühe zu machen, jetzt "richtig und gründlich" nach der Antwort auf deine Fragen zu recherchieren. Sicher bin ich aber auch in dieser Frage nicht.
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Ich denke, dass Hans' Antwort in #2 die Lage zutreffend darstellt. Allerdings ist in der Tat hier "nur" Art 87(4) EPC die Grundlage; ich kenne auch keine RS, die den Fall exakt trifft, aber das koenntest du auch selbst recherchieren.


In der Praxis wird man im genannten Fall (in dem die Priofrist aus EP1 noch nicht abgelaufen ist), sich nicht theoretisch damit befassen, was die erste Anmeldung ist. Wenn die Offenbarung von EP1 und EP2 identisch ist, nimmt man fuer EP3 die Prio von EP1, ist sie unterschiedlich, nimmt man beide. Und wenn man die Priofrist aus EP1 verpasst hat, nimmt man eben EP2 ...
 

Fip

*** KT-HERO ***
Ich habe mal wieder eine Mindermeinung und halte Hans Antwort in #2 für nicht zutreffend. Es ist nicht möglich, dass "die Sache noch offen ist". Genau das soll Art. 87 verhindern.

Art. 87(4) lautet:

(4) Als die erste Anmeldung, von deren Einreichung an die Prioritätsfrist läuft, wird auch eine jüngere Anmeldung angesehen, die denselben Gegenstand betrifft wie eine erste ältere in demselben oder für denselben Staat eingereichte Anmeldung, sofern diese ältere Anmeldung bis zur Einreichung der jüngeren Anmeldung zurückgenommen, fallen gelassen oder zurückgewiesen worden ist, und zwar bevor sie öffentlich ausgelegt worden ist und ohne dass Rechte bestehen geblieben sind; ebenso wenig darf diese ältere Anmeldung schon Grundlage für die Inanspruchnahme des Prioritätsrechts gewesen sein. Die ältere Anmeldung kann in diesem Fall nicht mehr als Grundlage für die Inanspruchnahme des Prioritätsrechts dienen.

Daraus folgt für mich: Bereits bei Einreichung von EP2 wird entweder EP2 als jüngere Anmeldung die "erste Anmeldung" oder sie wird es nicht, und zwar weder zum Zeitpunkt Ihrer Einreichung noch irgendwann später.

In Art. 87(4) steht "...; ebenso wenig darf … schon … gewesen sein. …" Auf welchen Zeitpunkt bezieht sich die Aussage ("schon" + "gewesen sein") und zu was genau stellt "ebenso wenig" einen Vergleich her im Sinne von "ebenso wenig wie was?"?

"Schon .. gewesen sein" ist Perfekt, "schon" bezieht sich eindeutig irgendwie auf einen Zeitpunkt. M.E. kann sich das "schon … gewesen sein" nur, wie auch der vorherige Halbsatz, auf den Zeitpunkt "bis zur Einreichung der jüngeren Anmeldung" beziehen.

"Ebenso wenig" sagt nichts anderes als "genau wie bei den anderen beiden Bedingungen auch und im selben Zeitpunkt darf … nicht schon gewesen sein".

Man beachte auch den letzten Satz, der eine spätere Prioritätsbeanspruchung aus EP1 klar ausschließt, wenn die die vorher kodifizierte Situation, dass die jüngere Anmeldung als erste Anmeldung angesehen wird, eingetreten ist.

Daher: EP2 als jüngere Anmeldung wird mit Einreichung unwiderruflich die erste Anmeldung. Eine spätere Inanspruchnahme der Prio aus EP1 ist ausgeschlossen.

Tut man es trotzdem durch Einreichung einer entsprechenden auf EP1 gerichteten Prioerklärung, dann entfaltet diese Priorerklärung keine Wirkung, weil ich damit ein Prioritätsrecht beanspruche, das gar nicht existent ist.

M.E. gilt immer eine Grundregel: Es gibt - mit Ausnahme der Einreichung von zwei Schutzrechten am selben Tag - immer nur genau ein einziges Prioritätsrecht, das "am Leben" ist und als Grundlage für die Prioritätsbeanspruchung dienen kann. Es können für ein und dieselbe Erfindung niemals zwei Prioritätsrechte mit unterschiedlichen Zeiträngen parallel zueinander bestehen, die wahlweise in Anspruch genommen werden könnten.
 
Zuletzt bearbeitet:

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Hallo Fip,

ich halte immer sehr viel von Deiner Logik und Deinen Ausführungen.

Aber wie willst Du jetzt die 16-Monatsregelung aus Regel 52 Absatz 2 und 3 mit Deiner Argumentation in Einklang bringen?

Hallo Alfred,

Du schreibst, die von Dir aufgestellte Problematik trete häufig auf und sei daher sehr relevant. Könntest Du das belegen? Es ist zwar möglich, dass ein und dieselbe natürliche oder juristische Person innerhalb von 12 Monaten dreimal die gleiche Anmeldung, zumindest mit dem gleichen Inhalt "A" jeweils beim Europäischen Patentamt einreicht und immer wieder vergisst, die Priorität in Anspruch zu nehmen und die Gebühren in der richtigen Höhe zu zahlen. Es kann jetzt eigentlich nur noch darum gehen, Pannen des Anmelders zu retten, was natürlich legitim ist, oder alternativ die Rechtsabteilung beim EPA zu testen. Ich hoffe doch im Sinne der Anmelder, dass beides nicht häufig passiert.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

Fip

*** KT-HERO ***
Hallo Fip,

ich halte immer sehr viel von Deiner Logik und Deinen Ausführungen.

Aber wie willst Du jetzt die 16-Monatsregelung aus Regel 52 Absatz 2 und 3 mit Deiner Argumentation in Einklang bringen?

Erstmal danke für die Blumen.

Ich sehe hier überhaupt keinen Widerspruch. Warum stehen meine Ausführungen in Widerspruch zu der 16 Monatsfrist aus R52(2)(3) bzw. wieso sollten Sie damit nicht in Einklang zu bringen sein?

Mit anderen Worten: Ich sehe das Problem, dass Du zu sehen scheinst, nicht. Erläutere das doch mal, dann kann ich auch was dazu sagen.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Ich habe mal wieder eine Mindermeinung und halte Hans Antwort in #2 für nicht zutreffend. Es ist nicht möglich, dass "die Sache noch offen ist". Genau das soll Art. 87 verhindern.

Das ist keine Mindermeinung. Bekanntlich bildet Art. 87(4) EPÜ nur Art. 4C(4) PVÜ nach; siehe nur die Travaux Préparatoires zum EPÜ 1973:
https://www.epo.org/law-practice/legal-texts/epc/archive/epc-1973/traveaux_de.html

Und schon im altehrwürdigen und noch immer maßgeblichen Bodenhausen zur PVÜ steht auf S. 46 genau Deine Argumentation:
https://www.wipo.int/edocs/pubdocs/en/intproperty/611/wipo_pub_611.pdf
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Regel 52 bedeutet doch, dass das Recht auf Inanspruchnahme der Priorität aus EP1 erst nach 16 Monaten untergeht, egal, wann EP1 zurückgenommen wird und was mit der EP2 ist, und insofern zu einem einem "bestehenbleibenden Recht" aus EP1 führen kann.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Regel 52 bedeutet doch, dass das Recht auf Inanspruchnahme der Priorität aus EP1 erst nach 16 Monaten untergeht, egal, wann EP1 zurückgenommen wird und was mit der EP2 ist, und insofern zu einem einem "bestehenbleibenden Recht" aus EP1 führen kann.

Es gilt noch immer R 164(2) EPÜ und Art. 19 PVÜ.

Regel 52 EPÜ setzt daher nur die Existenz eines Prioritätsrechts, das innerhalb von 16 Monaten geltend gemacht werden kann, voraus. Das Prioritätsrecht selbst kann aber nur durch Art. 87 EPÜ im Einklang mit der PVÜ generiert werden.
 

Fip

*** KT-HERO ***
Regel 52 bedeutet doch, dass das Recht auf Inanspruchnahme der Priorität aus EP1 erst nach 16 Monaten untergeht, egal, wann EP1 zurückgenommen wird und was mit der EP2 ist, und insofern zu einem einem "bestehenbleibenden Recht" aus EP1 führen kann.

Hans, Du scheinst da etwas misszuverstehen.

Die Prioritätserklärung ist nur die Voraussetzung dazu, dass einer Nachanmeldung ein vom Anmeldetag abweichender Zeitrang überhaupt formell und verfahrensrechtlich zugewiesen wird bzw. werden kann, z.B. zum In-Kenntnis-Setzen der Öffentlichkeit auf der zu veröffentlichenden A-Schrift und für die Anwendung Art. 89 in einem das Patent betreffenden Verfahren (Prüfung, Einspruch, Nichtigkeit, etc.). Dies setzt voraus, dass die entsprechende Erklärung innerhalb eine bestimmten Frist (16-Monate) gegenüber dem Amt erklärt wird.

Davon zu trennen ist die Frage, ob das Prioritätsrecht in materiellrechtlicher Hinsicht überhaupt existiert bzw. zum Zeitpunkt der Einreichung der Nachanmeldung existiert hat und für den Anmelder überhaupt wirksam beanspruchbar ist (also die Nachanmeldung nicht später als 12 Monate später als die prioritätsbegründende Anmeldung eingereicht worden ist, ob Erfindungsidentität vorliegt, ob der Anmelder das Recht hat, die Priorität in Anspruch zu nehmen, etc.) und die Wirkungen des Art.89 auch tatsächlich wirksam eintreten.

Deswegen gibt es ja immer wieder Prioritätsrechte, deren Beanspruchung zwar erklärt worden ist, die aber nicht "gültig" bzw. "wirksam" sind, weil eben die Voraussetzung, die das Prioritätsrecht hätten entstehen lassen, nicht erfüllt waren.

Etwas banales Beispiel (ich hoffe, ich mach mich damit nicht lächerlich): Herr A gewinnt im Lotto und hat Anspruch auf Auszahlung von 1 Mio. Euro. Voraussetzung dafür, dass er das Geld ausgezahlt bekommt, ist, dass er sich innerhalb von 16 Monaten nach der Ziehung bei der Lottogesellschaft meldet und den Gewinn dieser gegenüber anzeigt. Tut er das nicht, ist der Anspruch verwirkt. Der Anspruch besteht also tatsächlich, dessen "Umsetzung" ist aber davon abhängig, dass dessen Geltendmachung fristgerecht angezeigt wird.
 
Zuletzt bearbeitet:

Hans35

*** KT-HERO ***
@FIP

Es ist unbestritten, dass "das Prioritätsrecht in materiellrechtlicher Hinsicht überhaupt existieren" muss. Die Frage ist jedoch, ob hieraus allein bereits folgt, dass die EP1 "bestehenbleibende Rechte" bewirkt, so dass eine zwischengeschaltete Anmeldung (EP2) nicht mehr Erstanmeldung werden kann.

Meine These ist, dass dafür auch eine Prioritätserklärung (idR in der EP3, aber vielleicht auch in einer anderen Anmeldung EP4) abgegeben werden muss, und dass dies (wegen der 16monatigen Frist) diese Bedingung als letzte erfüllt werden kann, um "bestehenbleibende Rechte" zu bewirken.

Allerdings kann man durchaus die Frage stellen, was man unter "bestehen bleiben" verstehen soll. Sicher kein Bestand auf ewig, denn nach 20 Jahren ist alles vorbei. Meine Auslegung war bisher, dass es eine Wirkung geben muss, die nicht rückgängig gemacht werden kann, nämlich dass für EP3 der Stand der Technik aus dem Prioritätsintervall unberücksichtigt bleibt. Das steht und fällt aber mit der Prioritätserklärung als der letzten zu erfüllenden Voraussetzung.

Man könnte "bestehen bleiben" aber auch auf einen bestimmten Zeitpunkt beziehen; dann wäre das wohl die "Einreichung der jüngeren Anmeldung", also der in R87(4) genannte Zeitpunkt, der AT von EP2, und es käme nicht mehr darauf an, ob in der EP3 eine Prioritätserklärung eingereicht wird und damit das "bestehenbleibende Recht" so lange besteht, wie die EP3 existiert, oder nicht, so dass es früher endet und nur bis zum Ablauf der 16monatigen Frist für die Prioritätserklärung besteht. Zu dem genannten Zeitpunkt würde es jedenfalls erst mal bestehen bleiben und so verhindern, dass EP2 Erstanmeldung werden kann. Dagegen spricht m.E., dass das Prioritätsrecht das rechtliche Verhältnis zwischen zwei Anmeldungen (EP1 und EP3) betrifft und dann für einen Zeitpunkt beurteilt werden soll, zu dem EP3 noch gar nicht existiert.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Hallo Lysios,

vielen Dank für die Quellen. Könntest du evtl. die Passagen noch spezifischer angeben?

Ja, das Studium historischer Quellen kann mühsam sein und ich habe keine Lust, alle relevanten Passagen aufzulisten.

Bzgl. R. 38 EPÜ 1973 findet sich im PDF-Dokument aber schon auf S. 4 der Hinweis, dass die PVÜ in Art. 4D(1) die Länge der Frist zur Inanspruchnahme des Prioritätsrechts in das Ermessen des nationalen Gesetzgebers gestellt ist.

Und bzgl. Art. 87 EPÜ 1973 findet sich schon auf S. 3 des PDF-Dokumentes in Part IV, Chapter II, Nr. 80, dass hier der Einklang mit den Regelungen zum Prioritätsrecht der PVÜ hergestellt werden soll. Problematisch war immer nur das Thema der Unterscheidung zwischen PVÜ-Mitgliedsstaaten und dem Rest der Welt.

Und das Artt. 87-89 EPÜ das Entstehen des Prioritätsrechts ohne Rückgriff auf die Ausführungsordnung abschließend regeln, dürfte völlig außer Zweifel stehen. In letzterer kann es daher nur um die Frist zur Inanspruchnahme eines bereits bestehenden Prioritätsrechts gehen (Art. 88(1) EPÜ).

Im Bodenhausen reicht es völlig, S. 45 f. zu lesen, um das „Replacement“-Konzept zu verstehen. Besonders erhellend dürfte aber vermutlich auch der letzte Absatz von (e) auf S. 46 sein.

Für Deinen Ausgangsfall hat damit die EP2 die EP1 hinsichtlich des Entstehens eines Prioritätsrechts ersetzt, weil die EP2 zum Zeitpunkt ihrer Einreichung nicht die Priorität der EP1 in Anspruch genommen hat.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Bedeutet es, dass im vorliegenden Fall die EP3 nicht erste Anmeldung sein kann, auch wenn EP2 vorher fallengelassen wurde?

Mit letztem Absatz meinst Du den von (e) oder (f) insgesamt?

Jedenfalls wenn EP2 zum Zeitpunkt der Einreichung der EP3 schon genauso tot ist, wie die EP1 zum Zeitpunkt der Einreichung EP2, dann ersetzt die EP3 wiederum die EP2 hinsichtlich der Entstehung eines Prioritätsrechts (es kann immer nur ein Prioritätsrecht geben, das sollte eigentlich schon vom Konzept her klar sein).

Der letzte Absatz von (e) besagt jedenfalls klar, dass die EP3 kein Prioritätsrecht begründen kann, da dieser schon von der EP2 übernommen wurde.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Bodenhausen lässt sich mit Regel 38(2) EPü1973 in Einklang bringen, aber nicht mit Regel 52(2) EPÜ2000. Aufgrund von Art 164(2) könnte de facto keine erste oder weitere Priorität hinzugefügt werden.

Das verstehe ich nicht. Artt. 87-89 EPÜ regeln die Entstehung von Prioritätsrechten abschließend. Der Fall mehrerer Prioritätsrechte wird in Art. 88 Abs. 2 und 3 EPÜ geregelt.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Beziehe mich auf (e).

Ist es wirklich klar, dass EP3 erste Anmeldung sein kann? Es hört sich beim ersten Lesen anders an.

previous application: EP1
subsequent application: EP3
another application: EP2

"another application filed" impliziert, dass diese noch anhängig ist. Gemäß (f) hat "another application" schon "previous application" ersetzt. Ist "another application" nicht mehr anhängig bei Einreichung von "subsequent application", ersetzt "subsequent application" die "another application" wiederum gemäß (f).
 

Lysios

*** KT-HERO ***
EP1 kann nicht mehr erste Anmeldung sein und für EP2 kann keine Prio der EP1 hinzugefügt werden, obgleich die 16-Monatsfrost nicht abgelaufen ist.

Genauso ist es. Wie gesagt, die 16 Monatsfrist betrifft nur die Inanspruchnahme des Prioritätsrechts. Wenn es untergegangen ist, kann es natürlich auch nicht mehr in Anspruch genommen werden.
 

Fip

*** KT-HERO ***
@FIP

Es ist unbestritten, dass "das Prioritätsrecht in materiellrechtlicher Hinsicht überhaupt existieren" muss. Die Frage ist jedoch, ob hieraus allein bereits folgt, dass die EP1 "bestehenbleibende Rechte" bewirkt, so dass eine zwischengeschaltete Anmeldung (EP2) nicht mehr Erstanmeldung werden kann.

Meine These ist, dass dafür auch eine Prioritätserklärung (idR in der EP3, aber vielleicht auch in einer anderen Anmeldung EP4) abgegeben werden muss, und dass dies (wegen der 16monatigen Frist) diese Bedingung als letzte erfüllt werden kann, um "bestehenbleibende Rechte" zu bewirken.

In Art.87(4) steht "... ohne dass Rechte bestehen geblieben sind." Das ist wieder Perfekt, sprich zeitlich (auf den genannten Zeitpunkt hin) ein abgeschlossener Vorgang. Dort steht nicht "... ohne dass irgendwann in der Zukunft Rechte wieder aufleben".

Deine "These" steht klar im Widerspruch zum letzten Satz von Art.87(4), nachdem genau das nicht mehr möglich ist, wenn EP2 einmal EP1 als erste Anmeldung "abgelöst" hat.

Im Ausgangsfall muss man halt eine Kettenprio aufbauen. EP2 beansprucht Prio von EP1 und EP3 beansprucht Prio von EP1 und EP2. Wenn man das nicht macht, dann hat man halt ggf. ein Problem.
 
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