PAP (w) Wissenschaftliche Prüfungsaufgabe III/2013

der_markus

*** KT-HERO ***
Der Rechtsstreit ist recht umfangreich. Hier zunächst die Lösungshinweise:
Anmelderbeschwerde: BPatG 29 W (pat) 1/09
Verletzung 1. Instanz: LG Köln, Urteil vom 19.01.2012 - 31 O 352/11
Verletzung 2. Instanz: OLG Köln, Urteil vom 09.11.2012 - 6 U 38/12
Verletzung 3. Instanz: BGH I ZR 228/12 (Anhörungsrüge, nicht relevant)
Löschungsbeschwerde: BPatG 29 W (pat) 90/12
Löschungsrechtsbeschwerde: BGH I ZB 61/13 "Langenscheidt-Gelb"

Anbei mein gekürzter Lösungsvorschlag für die Aufgabe.
Teil 1
Löschungsverfahren

Dass der Antrag auf Löschung vor dem DPMA erfolgreich ist, müsste ein Nichtigkeitsgrund gemäß § 50 MarkenG vorliegen.
Die Marke könnte wegen §§ 50 I, 8 II Nr. 1 MarkenG für nichtig erklärt und gelöscht werden, wenn ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt.
Abstrakten Farbmarken fehlt grundsätzlich die originäre Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 II Nr. 1 MarkenG.
Die Marke könnte wegen §§ 50 I, 8 II Nr. 2 MarkenG für nichtig erklärt und gelöscht werden, wenn sie ausschließlich aus einer freihaltebedürftigen Angabe besteht.
Zeichen, denen jegliche Unterscheidungskraft fehlt, unterliegen regelmäßig ebenfalls dem Freihaltebedürfnis. Dies gilt insbesondere für die begrenzte Anzahl an abstrakten Farben.
Die Eintragungshindernisse der § 8 II Nr. 1 und 2 MarkenG könnten gemäß § 8 III MarkenG durch Erlangung von Verkehrsdurchsetzung überwunden worden sein.
Die Eintragung einer Marke im Wege der Verkehrsdurchsetzung setzt voraus, dass das Zeichen infolge seiner kennzeichenmäßigen Verwendung für die fraglichen Waren und Dienstleistungen von einem wesentlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkannt wird. Die Verkehrsdurchsetzung ist glaubhaft zu machen. Es ist ein Zuordnungsgrad von >50% erforderlich.
Alles soweit erfüllt.
Eine Verkehrsdurchsetzung abstrakter Farbmarken kommt zusätzlich nur unter außergewöhnlichen Umständen in Betracht:
- Es muss sich um eine geringe Anzahl von W/DL handeln
- Es muss sich um ein eng umrissenes spezifisches Marktsegment handeln
- Das Marktsegment muss eigene Kennzeichnungsgewohnheiten haben (z.B. Gewöhnung des Verkehrs an Farbe als Kennzeichnungsmittel)
Auch alles soweit erfüllt.
Dass zwischen Verkehrsgutachten und Anmeldetag viele Jahre liegen ist in diesem Fall unbeachtlich, da das Gericht Verkehrsdurchsetzung bereits am Anmeldetag annahm. Verkehrsdurchsetzung ist auch noch im Zeitpunkt über die Entscheidung des Antrags anzunehmen.
Die Eintragungshindernisse der § 8 II Nr. 1 und 2 MarkenG sind durch Erlangung von Verkehrsdurchsetzung i.S.v. § 8 III MarkenG überwunden worden.

Die Marke könnte wegen Eintragung entgegen § 37 II MarkenG für nichtig erklärt und gelöscht werden.
Eine Eintragung unter Missachtung von § 37 II MarkenG ist in § 50 MarkenG, der die Nichtigkeitsgründe abschließend aufzählt, nicht aufgeführt. Eine Löschung deswegen kommt somit nicht in Betracht.

Es liegt kein Nichtigkeitsgrund gemäß § 50 MarkenG vor. Das DPMA wird den Löschungsantrag zurückweisen.

Verletzungsverfahren vor dem LG
Um erfolgreich zu sein, müsste die Klage von L (Kläger, Markeninhaber) gegen S (Beklagter) zulässig und begründet sein.
Der Sachverhalt liefert keine Anhaltspunkte, die der Zulässigkeit der Klage entgegenstehen könnten.
Die Klage müsste weiterhin begründet sein.

Die Klage könnte wegen dem Vorliegen von Verwechslungsgefahr gemäß § 14 II Nr. 2 MarkenG zwischen dem Zeichen von S und der Marke von L begründet sein.
Hierfür müssten folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Bestehen einer älteren Marke
- Aktivlegitimation des Inhabers der älteren Marke
- kennzeichenmäßige Benutzung des Zeichens durch Verletzer
- Handeln des Verletzers im geschäftlichen Verkehr
- Ohne Zustimmung des Inhabers der älteren Marke
- Vorliegen des Kollisionstatbestands der Verwechslungsgefahr
--- Kennzeichnungskraft der älteren Marke
--- Vorliegen von Zeichenähnlichkeit
--- Vorliegen von Ähnlichkeit der Waren bzw. Dienstleistungen

Kennzeichnungskraft: erhöhte KK wegen intensiver Benutzung
Zeichenähnlichkeit: hochgradig ähnlich
Warenähnlichkeit: hochgradig ähnlich

VG ist anzunehmen, übrige Voraussetzungen an Begründetheit ebenfalls erfüllt.

Ansprüche von L gegen S könnten jedoch wegen Verwirkung ausgeschlossen ein.
Ansprüche aus einer Registermarke können gemäß §§ 4 Nr. 1, 14 MarkenG erst ab deren Eintragung geltend gemacht werden. Somit ist für eine mögliche Verwirkung der Zeitpunkt der Eintragung maßgeblich.
Verwirkung kann eintreten nach § 21 MarkenG oder nach § 242 BGB. Bei der Verwirkung nach BGB gilt der Grundsatz, dass eine Verwirkung nie vor der Verjährung eintreten kann. Die Ansprüche können somit erst frühestens 3 Jahre nach dem Jahr, in dem die Eintragung erfolgt ist, eintreten.
Die Verwirkung nach MarkenG tritt nur ein, wenn der Markeninhaber die Nutzung einer Marke in Kenntnis über einen Zeitraum von 5 Jahren hinweg geduldet hat.
Für inländische Ansprüche aus den nationalen Gesetzen sind nur Handlungen mit Inlandsbezug entscheidend. Die Verhandlungen im Jahr 2005 in Bezug auf USA sind somit unbeachtlich.
Eintragung der abstrakten Farbmarke erfolgte am 04. Januar 2010. Somit kommt eine Verwirkung nach BGB frühestens am 31.12.2014 und nach MarkenG frühestens am 04. Januar 2015 in Betracht.
Der Sachverhalt gibt keinen Hinweis darauf, dass sich dieser jenseits dieser Zeitpunkte abspielt, sodass eine Verwirkung ausgeschlossen ist.

Aussetzung des Verfahrens
Das LG könnte den Verletzungsprozess wegen Vorgreiflichkeit gemäß § 148 ZPO wegen des parallel anhängigen Löschungsverfahrens aussetzen.
Voraussetzung dafür ist, dass die überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Marke im Löschungsverfahren für nichtig erklärt werden wird.
Die Eintragung der abstrakten Farbmarke wurde im Rahmen des Anmeldeverfahrens, des Erinnerungsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens mehrfach überprüft. Somit ist die Rechtsbeständigkeit der Eintragung anzunehmen.
Es besteht somit keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Erfolg des Nichtigkeitsverfahrens, sodass eine Aussetzung des Verletzungsverfahrens nicht in Betracht kommt.

Die Klage von L gegen S ist somit in vollem Umfang begründet.
Das LG wird der Klage in vollem Umfang stattgeben.

Teil 2
Löschungsverfahren
§ 66 MarkenG Beschwerde an das BPatG
§ 83 MarkenG Rechtsbeschwerde an den BGH
Die Voraussetzungen und Verfahrenshinweise stehen jeweils im Gesetz.

Verletzungsverfahren
§ 511 ZPO Berufung an das OLG
§ 542 ZPO Revision an den BGH
 
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