EPÜ Nichttechnische Aufgabe mit einem technischen Merkmal - Erfinderische Tätigkeit

Alfred

*** KT-HERO ***
Hallo,

ein nichttechnische Merkmal, welches keinen Betrag zu einer technischen Aufgabe leistet, kann nicht als erfinderisch angesehen werden.

Wie sieht es aus, sofern es sich um ein technisches Merkmal handelt, welches aber keine technische Aufgabe löst? Müsste in diesem Fall der Problem-Solution-Approach genutzt werden, um einen Anspruch anzugreifen oder würde die Abkürzung ausreichen, dass es an einer technischen Aufgabe mangelt, da kein technische Problem vorliegt.

Ab und an werden in Patentanmeldung in der Aufgabe Adjektive wie "bequem" verwendet. Kann die Aufgabe etwas bequemer zu gestalten als technische Aufgabe angesehen werden, selbst wenn das Mittel technisch ist.

Zählt der Aspekt "bequem" zur ästhetischen Formschöpfung?
 

kronion

GOLD - Mitglied
Ein paar kurze Gedanken dazu:

Wie sieht es aus, sofern es sich um ein technisches Merkmal handelt, welches aber keine technische Aufgabe löst? Müsste in diesem Fall der Problem-Solution-Approach genutzt werden, um einen Anspruch anzugreifen oder würde die Abkürzung ausreichen, dass es an einer technischen Aufgabe mangelt, da kein technische Problem vorliegt.

Um zur Aufgabe zu gelangen, musst Du den Problem-Solution-Approach anwenden, zumindest den ersten Teil. Erst so findest Du nämlich das Problem, das dieses Merkmal löst. Dann erst kannst Du argumentieren, dass es sich nicht um ein technisches Problem handelt.

Ab und an werden in Patentanmeldung in der Aufgabe Adjektive wie "bequem" verwendet. Kann die Aufgabe etwas bequemer zu gestalten als technische Aufgabe angesehen werden, selbst wenn das Mittel technisch ist.

Zählt der Aspekt "bequem" zur ästhetischen Formschöpfung?

Typischerweise würde ich das unter dem Begriff "Ergonomie" sehen und solche Merkmale können durchaus als technische Lösungen eines technischen Problems angesehen werden. Hierzu beispielsweise RL G-II, 3.7.1 "Benutzeroberflächen" (Hervorhebung von mir):

Eingabemöglichkeiten, z. B. Gesten oder Tastenanschläge, die lediglich subjektive Nutzerpräferenzen, Konventionen oder Spielregeln widerspiegeln und aus denen objektiv gesehen kein physischer ergonomischer Vorteil resultiert, leisten keinen technischen Beitrag. Im Gegensatz dazu ist ein technischer Beitrag vorhanden, wenn bei der Eingabeerkennung Leistungsverbesserungen erzielt werden, z. B. eine schnellere oder genauere Erkennung von Gesten oder eine Verringerung der Rechenlast bei der Prozessverarbeitung für die Gestenerkennung.

Hieraus würde ich im Umkehrschluss folgern, dass das Erreichen eines physischen ergonomischen Vorteils durchaus eine technische Aufgabe begründen kann.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Wenn ich es recht sehe, vermischt Alfred in seiner Ausgangsfrage die Komplexe Erfindungsidentität ("Was ist die beanspruchte Erfindung?") und Erfindungsqualität ("Ist die Erfindung patentfähig?") miteinander.

Zunächst ist die Identität der Erfindung zu klären: Welches technische Problem wird mit dem beanspruchten Gegenstand durch technische Mittel gelöst? Die Zusatzfrage von Alfred ("bequem") zielt dabei nicht auf die Technizität der Mittel, sondern auf die Technizität des gelösten Problems. Aber beides, sowohl das gelöste Problem als auch die Mittel zur Lösung des Problems müssen technischer Art sein. Nur die letzteren sind die im Patentanspruch aufgeführten Merkmale selbst, die ersteren sind die Wirkungen dieser Merkmale im Zusammenhang des Anspruchs. Dabei ist nicht darauf abzustellen, was ursprünglich als "Problem" oder "Aufgabe" offenbart ist, sondern es kommt nur darauf an, was die beanspruchte Erfindung, also der Gegenstand des Anspruchs, tatsächlich leistet.

Merkmale, die entweder für sich nicht technisch sind oder aber keinen technischen Effekt oder Vorteil bewirken, tragen zu einer (technischen) Erfindung nichts bei und sind daher bei der Frage, was da erfunden wurde, außer Acht zu lassen. Dabei kann es schon mal vorkommen, dass im Anspruch gar nichts Vernünftiges mehr übrig bleibt. Soweit es technische und nichttechnische Wirkungen oder Effekte eines Merkmals nebeneinander gibt, bleibt dieses aber in Betracht (vgl. das Zitat von kronion).

Erst nachdem geklärt ist, was erfunden wurde, kann die Frage der Patentfähigkeit (Neuheit und erfinderischen Tätigkeit) beurteilt werden. Dabei bleibt das unberücksichtigt, was im Anspruch als "nichttechnisch" erkannt ist. In die weitere Beurteilung geht nur ein, was vom Anspruch übrig geblieben ist, soweit es sich dann überhaupt noch um eine ausführbare Lehre handelt.

Für die erfinderische Tätigkeit ist dabei (wie üblich) ausgehend von einem ersten (nächstkommenden) Stand der Technik die Frage zu beantworten, ob es Hinweise darauf gibt, mittels eines zweiten Stands der Technik zum Anspruchsgegenstand mit allen seinen (verbliebenen) Merkmalen zu gelangen. Im Sinne des "Aufgabe-Lösung-Ansatzes" ist es dafür nicht erforderlich zu ermitteln, ob die "nichttechnischen Merkmale" in den Oberbegriff oder ins Kennzeichen gehören würden. Sie werden vielmehr vollständig ignoriert. Findet sich ein solcher Stand der Technik nicht, so gilt der Anspruchsgegenstand als Ganzes, einschließlich seiner nichttechnischen Merkmale und Wirkungen, als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend.

Ich denke, es ist ganz praktisch und gedanklich etwas klarer, den Begriff "Problem" für Fragen der Identität der Erfindung zu nutzen und den Begriff "Aufgabe" erst im Zusammenhang mit der erfinderischen Tätigkeit. Aber das macht wohl nicht jeder so.

Daraus ergibt für einen Einspruch:

- Identifizieren von nichttechnischen Anspruchsmerkmalen und
- Identifizieren von (technischen) Anspruchsmerkmalen, die im Zusammenhang dem Problem, das der Anspruchsgegenstand löst, keinen technischen Effekt entfalten.

Mögliche Schlussfolgerungen nach den "Streichen" dieser Merkmale: Der Anspruch enthält keine ausführbare technische Lehre.

Natürlich sollte sich die Recherche trotzdem auch auf diese "nicht-technischen" Merkmale erstrecken. Der Einspruch kann aber durchaus erfolgreich sein, wenn zu solchen Merkmalen nichts aufgefunden wird. Denn nur der Gegenstand des verbleibenden (verkürzten) Anspruchs muss neu und erfinderisch sein, wenn nämlich die Argumentation bzgl. der "nicht-technischen" Merkmale erfolgreich ist.
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Im Ursprungspost ist es m.E. nicht ganz klar, ob die genannte "Aufgabe" eine in der Anmeldung beschriebene ist oder die im Rahmen des PSA zu identifizierende objektive Aufgabe.

Ich meine, dass bei Anwendung des PSA sich zu einem technischen (Differenz-)Merkmal grundsätzlich eine Aufgabe formulieren lassen _muss_ (ansonsten ist das Merkmal vielleicht doch nicht technisch, zumindest nicht im Kontext des Anspruchs), und sei es nur die "Bereitstellung einer Alternativlösung".

Ein anderes Problem könnte sein, dass der Anspruch insgesamt (also die Kombination aller Anspruchsmerkmale) die in der Anmeldung formulierte oder implizierte Aufgabe nicht löst (z.B. wenn essentielle Merkmale fehlen); hier erhebt das EPA in der Regel einen Klarheitseinwand, aber im Einspruchsverfahren ist der nicht mehr anwendbar.
 

Alfred

*** KT-HERO ***
Hallo,

tatsächlich zielte die Frage nach dem Problem-Solution-Approach darauf ab, ob die PSA vollständig durchgeführt werden muss, nachdem die Unterschiede festgestellt worden sind und lediglich Unterschiede mit einem nichttechnischen Effekt verbleiben, obwohl das Merkmal als solches ein technisch ist. Fraglich war, ob in einem solchen Fall die Abkürzung des PSA über die Feststellung, dass es eine untechnische Aufgabe ergibt, genommen werden darf.

@Hans: Dies ist doch die "komplexe Erfindungsqualität" (Was ist die Erfindung?). Es stellt auch keine Vermischung dar, weil bei der Prüfung der erfinderische Tätigkeit im Vergleich zum nächstliegenden Stand der Technik, danach gefragt werden muss, ob eine (un)technische Aufgabe vorliegt.

@Pat-Ente
Im Ursprungspost ist es m.E. nicht ganz klar, ob die genannte "Aufgabe" eine in der Anmeldung beschriebene ist oder die im Rahmen des PSA zu identifizierende objektive Aufgabe.

Könntest du kurz umreißen, wieso dies relevant sein sollte?

In Patentanmeldung kann das Adjektiv "bequem" in der Aufgabenstellung der Anmeldung aufgefunden werden. Ob nachdem der Stand der Technik mit der Patentanmeldung eine Merkmal mit dem "technischen Effekt" bequem als Differenz verbleibt, dann noch erfinderisch ist, ohne den anderen klaren technischen Effekt, ist die Frage.

@Kronion:
Eingabemöglichkeiten, z. B. Gesten oder Tastenanschläge, die lediglich subjektive Nutzerpräferenzen, Konventionen oder Spielregeln widerspiegeln und aus denen objektiv gesehen kein physischer ergonomischer Vorteil resultiert, leisten keinen technischen Beitrag. Im Gegensatz dazu ist ein technischer Beitrag vorhanden, wenn bei der Eingabeerkennung Leistungsverbesserungen erzielt werden, z. B. eine schnellere oder genauere Erkennung von Gesten oder eine Verringerung der Rechenlast bei der Prozessverarbeitung für die Gestenerkennung.

Passt dies zum "technischen Effekt" bequem? Was wäre der genaue physische ergonomische Vorteil?
Bequem würde eine subjektive Nutzerpräferenz sein.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
@Alfred
... Dies ist doch die "komplexe Erfindungsqualität" (Was ist die Erfindung?). ...
Das Wort "Komplexe" habe ich mit Absicht groß geschrieben. Die Frage, was erfunden wurde, ist ein anderer Komplex als die Frage, ob Patentfähigkeit vorliegt. An die zweite Frage kann ich erst gehen, wenn die erste beantwortet ist.

Es kann halt sein, dass eine Erfindung in der beanspruchten Fassung die elegante Lösung eines schwierigen Problems darstellt. Aber wenn dann beim Streichen der nichttechnischen Beiträge nicht eine technische Lösung für ein technisches Problem übrig bleibt, dann war's halt nichts; da braucht für diesen Anspruch dann nach Stand der "Technik" gar nicht mehr recherchiert werden.

Beispiel: Die besonders "elegante" Form eines beanspruchten Kotflügels ist gerade nicht vorteilhaft für den Luftwiderstand u.ä., so dass mit dieser Formgebung nur noch ein ästhetisches Problem gelöst wird.

Wenn dann aber zusätzlich (anspruchsgemäß) an besonderen Stellen noch Löcher zum Befestigen angebracht werden, dann braucht nur nach diesen Löchern recherchiert werden, und bei der "Aufgabe" geht es nur noch um das Befestigen, nicht aber um die "tolle" Form.

Wer Lust hat, mag dieses Beispiel beliebig verkomplizieren: Wenn z.B. die Formgebung Einfluss auf die Befestigung hat, ist es schon wieder aus mit der Nicht-Technizität.
 

kronion

GOLD - Mitglied
Passt dies zum "technischen Effekt" bequem? Was wäre der genaue physische ergonomische Vorteil?
Bequem würde eine subjektive Nutzerpräferenz sein.

Kommt auf die Erfindung an.

Was ergonomisch ist, ist oft auch bequem und die Wörter werden meines Erachtens gern synonym verwendet. "Bequem" könnte etwa bedeuten, dass etwas besonders schnell, effizient, einfach, sicher etc.pp. benutzbar/bedienbar ist. Je nach Kontext mag die Bequemlichkeit aber auch eher den Charakter eines rein ästhetischen Merkmals haben.
 

Alfred

*** KT-HERO ***
Was ergonomisch ist, ist oft auch bequem und die Wörter werden meines Erachtens gern synonym verwendet. "Bequem" könnte etwa bedeuten, dass etwas besonders schnell, effizient, einfach, sicher etc.pp. benutzbar/bedienbar ist. Je nach Kontext mag die Bequemlichkeit aber auch eher den Charakter eines rein ästhetischen Merkmals haben.

Sofern der Seh-, Hör-, Geruchs- oder Geschmackssinn angesprochen wird, könnte ein ästhetischer Effekt schnell abgeleitet werden. Wie wird die Sinneswahrnehmung über das Wahrnehmungsorgan Haut als technisches Merkmal angesehen?

Im Falle der Ergonomie ist für mich unklar, wo die Grenze liegt.

Sofern etwas einfach ist, hat dies eine praktische Auswirkung.

Wenn etwas sicher ist, bedeutet dies, dass eine Gefahr reduziert und gar ausgeschlossen wird.

Ist etwas, welches gut in der Hand liegt und sich daher bequem anfühlt, als ein technischer Effekt anzusehen, sofern keine weiteren Effekt diesem assoziiert sind. Könnte dies bspw. über den "Spürsinn" (mittels des Sinnesorgan Haut) unter ästhetischer Effekt subsumiert werden?
 

kronion

GOLD - Mitglied
Wie wird die Sinneswahrnehmung über das Wahrnehmungsorgan Haut als technisches Merkmal angesehen?

Das weiß ich nicht.

Es kommt halt auf den Gegenstand an. In den meisten Fällen von "bequem" kann man mit etwas Kreativität auch einen technischen Effekt ableiten - und sei er noch so klein. Vielleicht rutscht ein Bedienelement nicht so leicht aus der Hand oder es verursacht keine Druckstellen. Andererseits würde ich mich dabei nicht allzu lang aufhalten, denn Merkmale wie abgerundete Kanten dürften häufig naheliegend sein.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Im Falle der Ergonomie ist für mich unklar, wo die Grenze liegt.
Es kommt nur darauf an, ob das fragliche Merkmal technische Wirkungen hat, genauer: ob es zur technischen Lösung eines technischen Problems beiträgt.

Wenn ein Merkmal offenbar ein nichttechnisches (z.B. ästhetisches oder ergonomisches) Problem löst, so ist das nur ein Hinweis darauf, dass vielleicht daneben keine technische Wirkung erzielt wird. Aber das ist keineswegs sicher, das muss erst im Einzelnen untersucht werden. Die Grenzen der nichttechnischen Wirkung brauchen dafür idR nicht genauer bestimmt werden.

Geht es bei der Erfindung um die Befestigung eines "schönen" Bildes in einem Bilderrahmen, so kann das Merkmal "schön" bei der Beurteilung der Patentfähig mangels technischer Wirkung außer Betracht bleiben. Es kommt nicht darauf an, ob das Bild in der Entgegenhaltung "schön" ist und wo die Grenzen dafür sind.
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
@Pat-Ente Im Ursprungspost ist es m.E. nicht ganz klar, ob die genannte "Aufgabe" eine in der Anmeldung beschriebene ist oder die im Rahmen des PSA zu identifizierende objektive Aufgabe.



Könntest du kurz umreißen, wieso dies relevant sein sollte?


Nun, die in der Anmeldung genannte (subjektive) Aufgabe kann ja durchaus eine nichttechnische sein (typisches Beispiel: Datengewinnung oder -aufbereitung für ein Abrechnungssystem), die dann mit zumindest teilweise technischen Mitteln gelöst wird. Das hat aber für die Ermittlung der erfinderischen Tätigkeit keine Relevanz.
Anders ist es bei der (objektiven) Aufgabe des PSA: Hier wird ja gerade der technische Effekt des Differenzmerkmals im Vergleich zum nSdT ermittelt und daraus die Aufgabe abgeleitet. Diese so bestimmte Aufgabe ist m.E. zwangsläufig technisch. Anderenfalls hätte das Differenzmerkmal keinen technischen Effekt.


Insofern ist meine Frage in der Tat irrelevant, weil in beiden Fällen ein PSA durchzuführen ist. Natürlich gibt es Fälle, in denen sich keine vernünftige objektive Aufgabe bestimmen lässt, weil z.B. das Differenzmerkmal im gegebenen Kontext sinnlos ist, im Widerspruch zu anderen Anspruchsmerkmalen steht etc. Dann ist man aber eher bei einer Klarheitsproblematik, die natürlich einen PSA überflüssig machen kann, wenn sie nicht behoben wird (aber wie gesagt, als Einsprechender hilft dir das nicht weiter).


Aber bevor wir so abstrakt womöglich aneinander vorbeireden: Hast Du vielleicht ein Beispiel für ein technisches Merkmal, das (im Rahmen eines PSA) keine technische Aufgabe löst?
 

Alfred

*** KT-HERO ***
@Hans35
Wenn ein Merkmal offenbar ein nichttechnisches (z.B. ästhetisches oder ergonomisches) Problem löst,...

Demnach ist in der Ergonomie deiner Ansicht nach kein technischer Effekt zu sehen?


@Pat-Ente
Aber bevor wir so abstrakt womöglich aneinander vorbeireden: Hast Du vielleicht ein Beispiel für ein technisches Merkmal, das (im Rahmen eines PSA) keine technische Aufgabe löst?

Bsp.: Tasse
Zu prüfende Patentanmeldung: Tasse umfassend einen Behälter und einem Griff, wobei zwischen dem Behälter und dem Griff eine Aussparung von mindestens 10 cm Durchmesser vorliegt.

Vorherige Annahme des Erfinders: Es existiert kein Behälter mit einem Griff. Die Aufgabe bestand in der Vermeidung vor Verbrennungen bei Verwendung von heißen Flüssigkeiten.

Prüfung ergibt:
SdT.: Kaffeetasse umfassend einen Behälter und einem Griff, wobei zwischen dem Behälter und dem Griff eine Aussparung von 3 cm Durchmesser vorliegt.

Nach dem Abgleich mit den SdT verbleibt lediglich die Aussparung von 10 cm Durchmesser. Als weiterer Effekt wird in der zu prüfenden Anmeldung, eine angenehme Haltung ("bequem") in der Hand angegeben.

Es soll davon ausgegangen werden, dass Effekte wie liegt sicherer in Hand, sodass die Tasse nicht runterfällt, ausgeschlossen sind, da diese sich nicht aus der Anmeldung ableiten lassen.
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Man könnte hier zwei Probleme anführen, die ja offenbar auch in der Anmeldung schon zumindest angedeutet sind:


1. Verbesserung der Vermeidung von Verbrennungen. Das ist m.E. ein technisches Problem, auch wenn die Wirkung auf den Benutzer zielt. Der technische Effekt des Merkmals liegt darin, dass der Abstand des Griffs zum Behälter vergößert wird.


2. Verbesserung der Ergonomie, insbesondere der möglichen Haltekraft (durch den größeren Durchmesser können mehr Finger, ggf. sogar die ganze Hand, durch den Griff geführt werden); zumindest letzteres ist klar technisch, aber wie kronion erwähnt hat, können auch ergonomische Effekte als technisch qualifiziert werden.



Du hast zwar gesagt, dass sich die sichere Handhabung nicht aus der Anmeldung ableiten lässt, aber wenn der technische Effekt des Differenzmerkmals für den FM ohne weiteres erkennbar ist, dürfte das kein Hinderungsgrund sein. Das PSA-Problem wird ja ex post objektiv bestimmt und muss nicht zwingend in der Anmeldung genannt sein.
 

Alfred

*** KT-HERO ***
@Pat-Ente

2. Verbesserung der Ergonomie, insbesondere der möglichen Haltekraft (durch den größeren Durchmesser können mehr Finger, ggf. sogar die ganze Hand, durch den Griff geführt werden); zumindest letzteres ist klar technisch, aber wie kronion erwähnt hat, können auch ergonomische Effekte als technisch qualifiziert werden.

Also ist "bequem" per se nicht als technischer Effekt anzusehen. Das "bequeme" wäre lediglich konsekutiv zur Ergonomie (durch den größeren Durchmesser können mehr Finger, ggf. sogar die ganze Hand, durch den Griff geführt werden) und daher ein technischer Effekt gegeben.

Kann diese Schlussfolgerung gezogen werden?
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Es ist müßig, ob oder in welchem Umfang der Anspruchsgegenstand nichttechnisch ist oder nichttechnische Probleme löst; auf diese Diskussion braucht man sich gar nicht einlassen.

Ist also z.B. ein "Buch" beansprucht, für dessen Einband ein (evtl.) neuer und erfinderischer Klebstoff Verwendung findet, dann ist es völlig egal, ob allgemein ein "Buch" beansprucht wird, oder vielleicht eine "Kriminalroman" oder gar ein "Patentrechtskommentar". Diese nichttechnischen Aspekte bleiben bei Neuheit und erfinderischer Tätigkeit unberücksichtigt.

Das könnte aber vielleicht anders sein, wenn ein beanspruchtes "Kinderbuch" gegen einschlägige Verschutzung resistent sein soll.
 

Alfred

*** KT-HERO ***
Aus T 1784/06 ist unter Nr. 2.3 folgendes zu entnehmen:

"Regarding the Board's insistence on a technical problem when applying the problem-and-solution approach, the appellant disputes that such a requirement can be deduced from the EPC or introduced from its Implementing Regulations. The appellant refers inter alia to decision T 473/08 (by a different Board of Appeal) to point out that "a non-technical problem can have a technical solution"."

In BK in T 473/08 war der nachfolgenden Ansicht:

"4.2 The subject-matter of claim 1 is a method for manufacturing packages of dyed thread and process steps of the production method are listed. The appellant did not argue that the manufacturing and handling of such packages would not be technical. The position of the appellant was that the problem of just-in-time production was not a technical problem but a logistical one. However, there is no requirement in the EPC that only technical problems can lead to patentable subject-matter; a non-technical problem can have a technical solution. No counter-argument in this respect was advanced."

In den Richtlinien 2018 des EPAs unter G-VII wird folgendes aufgeführt:

"5.4.1 Formulierung der objektiven technischen Aufgabe für Ansprüche, die technische und nichttechnische Merkmale umfassen (der markierte Teil wurde in den Richtlinie 2018 hinzugefügt)

Die objektive technische Aufgabe muss eine technische Aufgabe sein, mit deren Lösung der Fachmann auf dem betreffenden technischen Gebiet am betreffenden Datum möglicherweise befasst worden wäre. Die Formulierung der technischen Aufgabe darf nicht auf Sachverhalte Bezug nehmen, von denen der Fachmann nur aufgrund der beanspruchten Lösung Kenntnis erlangen konnte (G‑VII, 5.2). Die objektive technische Aufgabe einer Erfindung ist also so zu formulieren, dass sie keine technischen Lösungsansätze enthält. Jedoch gilt dieser Grundsatz nur für die Merkmale des beanspruchten Gegenstands, die zum technischen Charakter der Erfindung beitragen und somit Teil der technischen Lösung sind. Nur deshalb, weil ein Merkmal im Anspruch vorkommt, scheidet es nicht automatisch für die Formulierung der Aufgabe aus. Insbesondere wenn der Anspruch auf eine Zielsetzung auf einem nichttechnischen Gebiet verweist, darf diese Zielsetzung bei der Formulierung der Aufgabe als Teil der Rahmenbedingungen für die zu lösende technische Aufgabe aufgegriffen werden, insbesondere als eine zwingend zu erfüllende Vorgabe (T 641/00)."

Die Richtlinie bezieht sich hinsichtlich einer Aufgabe, die technisch sein muss, lediglich auf Mischerfindungen (Lösung beinhaltet technische und nichttechnische Merkmale).

Dies scheint durch die Einschränkung, die insbesondere in den Richtlinie 2018 erst aufgenommen worden sind als Klarstellung zu dienen.

Ein Anspruch, der sich lediglich auf technische Merkmale bezieht, aber eine Aufgabe löst, welche nichttechnisch ist, scheint dennoch erfinderisch zu sein. (T 1784/06 und T 473/08)

Könnte für den Fall, dass als Unterscheidungsmerkmal ein offensichtlich technisches Merkmal als Differenz zum Stand der Technik verbleibt, auch eine Aufgabe, welche nicht technisch ist, erlaubt wäre.

Das EPÜ sieht nicht vor, dass eine Aufgabe technisch sein muss. Im Falle von nichttechnische Merkmale wird diesen über die Aufgabenstellung ein technischer Charakter verliehen.

Welche Ansicht würdet Ihr vertreten?

Gibt es klare Rechtsprechungen, die sich von den aufgeführten Rechtsprechung klar distanzieren?
 
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