Zwei Fragen

Progressive

SILBER - Mitglied
Hallo,

ich habe zwei Fragen:

Kann man zum einen seinen Ausbildungsplatz, z.B. aus Umzugsgründen ändern? Mittelfristig wird es eventuell/vermutlich bei meiner Partnerin darauf hinauslaufen, dass sie beruflich woanders tätig sein wird und wenn man dann seine Ausbildung woanders weiterführen kann, wäre das sehr praktisch. Ist das aber denn zum einen formal und zum anderen in der Praxis überhaupt möglich?

Desweiteren: Meine Partnerin und ich haben dieses Jahr eine Firma gegründet (sie ist Gesellschafter-Geschäftsführerin, ich nur Gesellschafter). Wenn alles klappt, wird sie mittelfristig ihren jetzigen Job kündigen und sich dann hauptsächlich der Firma widmen (erste Frage hängt damit aus Gründen der Firmenentwicklung quasi zusammen). Ich bin zwar nur Gesellschafter aber letztlich hänge ich, schon allein aus partnerschaftlichen Gründen, natürlich schon auch im betrieblichen Ablauf mit drin, wobei ich mich da natürlich auch absehbar gerne weiter zurückziehen möchte, um mich auf die entsprechende Ausbildung konzentrieren zu können. Allerdings planen wir in den nächsten 6-12 Monaten noch eine weitere Standorterschließung, was durchaus wieder Arbeit mit sich zieht.
Eine Ausbildung plane ich wiederum im ersten Quartal nächsten Jahres anzutreten. Gerade konzentriere ich mich darauf, meine Arbeit einzureichen (was ohne unternehmerische Tätigkeiten wahrscheinlich längst passiert wäre).
Kurzum: Meint Ihr, das ist mit Schwierigkeiten verbunden eine Ausbildungsstelle zu erhalten, wenn man Gesellschafter ist? Und sind das vlt. gar unnötige Gedanken, sprich, wird man danach gar nicht gefragt, sollte ich das überhaupt erwähnen?

Gruß
 

der_markus

*** KT-HERO ***
Grundsätzlich ist ein Wechsel des Ausbilders möglich. Ob es jedoch taktisch ratsam ist, ist eine andere Frage. Jeder Ausbilder hat seinen eigenen Stil den Kandidaten auf das Examen vorzubereiten. Wenn es ungünstig läuft und dein neuer Ausbilder einen stark abweichenden Stil praktiziert auf den du dich erst einstellen musst kann das deine Vorbereitung beeinträchtigen. In den 26 Monaten Kanzleizeit hat man eigentlich sehr viel zu tun und sollte da geradlinig durch. Meiner Meinung nach sollte man bei einem Ausbilder bleiben, außer es ist aus z.B. zwischenmenschlichen Gründen nicht möglich. Wenn Ausbilderwechsel, dann so früh wie möglich, und spätestens im 2. Ausbildungsjahr eigentlich nicht zu empfehlen. Wenn ihr einen Umzug plant solltest du überlegen deine Ausbildung erst am neuen Ort zu beginnen.

Nebentätigkeiten sind zwar nicht genehmigungspflichtig, jedoch beim Hauptarbeitgeber anzeigepflichtig. Irgendwelche Geschäftsbeteiligungen, insbesondere die die mit Arbeit einhergehen, würde ich daher einem Ausbilder schon allein wegen des Vertrauensverhältnisses anzeigen. Die Ausbildung ist grundsätzlich in Vollzeit zu absolvieren und insbesondere mit Hagen bleiben Abendsitzungen nach Dienstschluss nicht aus. Deine Haupttätigkeit, nämlich die Ausbildung, könnte somit durch deine Nebentätigkeit beeinträchtigt werden. Ich würde dies bei der Bewerbung mitteilen und schauen ob sich der Ausbilder darauf einlässt. Dann bist du auf der sicheren Seite und riskierst keine Kündigung wenn ein Ausbilder deine Nebentätigkeit im Nachhinein doch noch herausfindet und diese als unvereinbar mit der Ausbildung ansieht.
 

kronion

GOLD - Mitglied
Erst einmal würde ich der_markus zustimmen.

Verstehe ich das richtig, dass Du die Ausbildung in dem Bewusstsein antreten willst, später wegzuziehen und den Ausbilder zu wechseln? Fairnesshalber solltest Du das offen kommunizieren - die Frage ist nur, ob ein Ausbilder sich dann darauf einlässt. Vor allem am Anfang kostet die Ausbildung den Ausbilder eine Menge Zeit (und Zeit ist Geld), erst später könnte sich das Verhältnis umkehren, wenn die Kanzlei im besten Fall von dem Kandidaten als günstiger Arbeitskraft profitiert.

Kommt vielleicht eine Kanzlei mit Standorten in beiden Städten infrage? Es gibt etliche größere Kanzleien in München, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Berlin. In diesem Fall könnte ein Wechsel innerhalb der Firma möglich sein.

Fazit: Wenn Du nicht eine sehr gefragte Qualifikation hast (z.B. als Elektrotechniker), stelle ich mir die Stellensuche schwierig vor.
 

silvio_h

GOLD - Mitglied
Ausbilder wechseln möglich?
Theoretisch kein Problem, praktisch nur an die Hürde geknüpft, einen neuen Ausbilder zu finden, der einen derart wechselwilligen Kandidat aufnimmt. Die Hürde ist aber nicht unüberwindbar, ich kenne mehrere Beispielfälle.

Anzeige einer Nebentätigkeit beim Ausbilder?
Dafür sehe ich keine Grundlage, dass das notwendig wäre. Als Gesellschafter hältst du ja lediglich Unternehmensanteile und lässt andere arbeiten. Wenn du doch für die Firma arbeitest, dann wohl aus partnerschaftlichen und besitzwahrenden Beweggründen, ohne ein Gehalt dafür zu beziehen. Wenn du in deiner Freizeit deine Wohnung tapzierst oder das Bad neu fliest, wirst du ja auch keine Nebentätigkeit bei deinem Arbeitgeber anzeigen.
Da du also weder nebenbei selbstständig noch in anderer Anstellung tätig bist, sehe ich keinen Grund, da etwas anzuzeigen.
Eine andere Frage ist, wie du dich zeitlich (und psychologisch) selbst auslastet bzw. auslasten kannst.
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Der übliche Weg wäre der, den Millionen Deutsche ohnehin nehmen, nämlich der einer Wochenendpendlerpartnerschaft. Auch unter den Patentanwälten und Patentanwältinnen gibt es viele, die eben ihren Lebensmittelpunkt nicht dort haben, wo ihre Kanzlei ist. Und solange die Zahl der Kinder auch noch gering ist oder bei Null liegt, sehe ich bei etwas so kurzem wie der Kandidatenzeit keinen Anlass, den Ausbilder zu wechseln. Abgesehen davon wirst Du in weiten Bereichen Deutschlands überhaupt keinen Ausbildungsplatz finden, da muss man ohnehin pendeln, wenn der Partner nicht mitziehen will. Außerdem gibt es bei voraussehbarem Ortswechsel die Möglichkeit, die Ausbildung von vornherein am neuen Ort zu beginnen, wenn es dort die Möglichkeit gibt.

Und zur zweiten Frage: Stelle Dir beispielhaft vor, Deine Partnerin hätte sich selbstständig gemacht mit einem Erotikversand unter dem Namen Beate Ouzo. Und Deine Ausbilder vertreten nun ein namhaftes Unternehmen in Flensburg auf diesem Sektor. Da kommt dann bald Freude auf, vor allem bei Deiner Partnerin. Wenn Du ihr jetzt hilfst, hast Du ein echtes strafrechtliches Problem. Und wenn Du ihr nicht hilfst, hat Deine Partnerschaft ein existenzgefährdendes Problem, mal davon abgesehen, dass Deine Ausbildungskanzlei sich richtigerweise Mühe geben wird, im Ergebnis den Wert Deiner Gesellschafteranteile dem Schwellwert Null zuzuführen.

Und solche Dinge sind keine Theorie. Nicht diese konkrete, aber ähnlich gestaltete Konstellationen gibt es. Man kann so etwas nicht ausschließen, aber man kann schon selbst dafür sorgen, dass Reißleinen rasch gezogen werden. Und wenn man im Bewerbungsgespräch erzählt, was denn die Freundin beruflich so macht, auch wenn man das gar nicht muss. Und dann versteht auch jeder Kollege, warum eventuell ein Ausbildungsplatz sehr spontan gewechselt werden muss. Alles schon vorgekommen.

Frohes Schaffen
Blood für PMZ
 

PatFragen

*** KT-HERO ***
Hallo Progressive,
nach Bloods Post kann ich mich ja etwas kürzer fassen :).
Hinsichtlich der ersten Frage ist es rechtlich kein Problem den Ausbildungsplatz zu wechseln. Das kommt durchaus gar nicht so selten vor. Ob es aber fair gegenüber deinem Ausbilder ist, deinen schon beabsichtigten Wechsel gegenüber deinem ersten Ausbilder zu verschweigen, ist es was anders. Überleg dir einfach mal umgekehrt (was ja auch kronion angedeutet hatte), wie du es an seiner Stelle finden würdest, wenn du dich womöglich von mehreren Bewerbern, für einen entschieden hättest, den anfänglich sehr großen Aufwand (wenn denn wirklicha usgebildet wird) in Angriff nimmst, und dabei nicht darüber informiert worden wärst, dass er sowieso nicht beabsichtigt, die gesamte Ausbildung bei dir zu machen?


Hinsichtlich der zweiten Frage geht nur dir allgemeine Antwort:

Es kommt drauf an ;-). Eine pauschale Antwort ist unmöglich. Grundsätzlich ist so etwas meist im Ausbildungsvertrag geregelt. Steht da nichts drin, ist eine Abwägung zwischen deinen Interessen und denen des Ausbilders zu machen. Grundsätzlich darfst deine Nebentätigkeit nicht deine Haupttätigkeit (erheblich) einschränken. Dazu gehört auch ein ständiges Übernächtigtsein. Als weiteres Beispiel (neben dem sehr anschaulichen von Blood :) ), stell dir doch einfach mal vor, dass der größte Mandant von deinem Ausbilder ein (gefühlter oder echter) Wettbewerber des Unternehmens (nicht Firma ;-) ) deiner Partnerin ist. Da hat in meinen Augen der Ausbilder durchaus ein sehr berechtigtes Interesse daran, das zu wissen, um den möglichen Konflikt (und wenn er nur in den Augen des Mandanten besteht, weil der kann einfach gehen, wenn der meint, es besteht ein Konflikt, wenn ein Angestellter seines patentanwaltlichen Vertreters ein Gesellschafter/Partner seines Mitbewerbers ist) überhaupt beurteilen zu können. Wie willst du das beurteilen können, ob das der Fall sein könnte oder nicht, wenn du die Mandanten deines möglichen Ausbilders gar nicht kennst? Willst du ihn umgekehrt bei dem Vorstellungsgespräch bitten, dass er dir eine komplette Liste aller seiner Mandanten und ihrer Eigenheiten gibt ;-) ? Ich glaube nicht, dass er dir die geben wird ;-).
Auch da hilft einfach mal umgekehrt zu denken und mal zu überlegen, ob es nicht eher wahrscheinlich wäre, wenn du als Ausbilder wissen wollen würdest, wie deine Auszubildenden geschäftlich so unterwegs sind. Vor allem wenn im Bereich des Patentwesens durchaus auch noch zusätzlich Vorgaben einzuhalten sind.


Zu der Bemerkung von silvio würde ich mal sagen, ein Tapezieren zu Hause ist normalerweise keine auf Dauer angelegte Tätigkeit, sondern nur etwas einmaliges. Wenn du das aber ständig für andere machen würdest, schon. Das ist rechtlich etwas anders zu betrachten ;-).
 
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