DE Beschwerde anstatt rechtzeitige Bescheidserwiderung?

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Hallo Forum,

angenommen eine deutsche Patentanmeldung sei durchs DPMA mittels Prüfungsbescheid P bemängelt worden, und der Anmelder habe darauf nicht geantwortet, worauf ein Zurückweisungsbeschluss ergangen sei.

Daraufhin legt der Anmelder form- und fristgerecht Beschwerde ein, und reicht als Beschwerdebegründung im wesentlichen eine Erwiderung auf den Prüfungsbescheid P nach, ebenfalls form- und fristgerecht.

Ist die Beschwerde zulässig, und hat sie zudem Aussicht auf Erfolg? Mit anderen Worten: kommt der Anmelder auf diese Weise zuverlässig wieder zurück ins Prüfungsverfahren?
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Ob die Beschwerde zulässig ist, hängt nicht von der Begründung ab, sondern nur von den Formalitäten (Frist, Unterschrift usw.). Sind alle Formalitäten erfüllt, so ist die Beschwerde auch ohne Begründung zulässig und wird in Bearbeitung genommen.

Die Erfolgsaussicht kann nur inhaltlich beurteilt werden; von einer Bestätigung der Zurückweisung bis zur unveränderten Erteilung ist alles möglich.

Von der Begründung der Beschwerde hängt es aber ab, ob der Prüfer der Beschwerde abhilft, so dass das Prüfungsverfahren fortgesetzt wird. Dafür muss er davon überzeugt werden, dass die von ihm genannten Zurückweisungsgründe nicht vorliegen, oder (meist), dass sie nach der Änderung der Ansprüche, die der Beschwerdebegründung beigefügt sind, nicht mehr vorliegen. (Der Anmelder kann die Unterlagen zwischen Prüfungsantrag und Rechtskraft des Beschlusses über die Anmeldung jederzeit ändern, also auch als Anlage zur Beschwerde.) Auf Abhilfe gibt es aber keinen Rechtsanspruch. Manche Prüfer helfen nie ab. Auch wenn der Prüfer eine (bessere) Entgegenhaltung für die geänderten Ansprüche hat, wird er meist nicht abhelfen, bloß um später nochmal zurückzuweisen, sondern er wird die Akte gleich ans Gericht schicken und die Entgegenhaltung der Akte kommentarlos beifügen. Denn der Prüfer darf eine Ablehnung der Abhilfe nicht begründen oder sonstwie zur Beschwerde schriftlich Stellung nehmen. Wenn er die Beschwerde für unzulässig hält, geht die Akte jedenfalls zum Gericht.

Einen Weg, sicher zurück ins Prüfungsverfahren zu kommen, gibt es nicht. Abhilfe ist eher die Ausnahme.

Darüber hinaus gibt es noch die Möglichkeit, dass der BPatG-Senat die Anmeldung an den Prüfer zurückverweist. Aber das sollte natürlich nicht das Ziel der Verfahrensführung sein.
 

der_markus

*** KT-HERO ***
Einen Weg, sicher zurück ins Prüfungsverfahren zu kommen, gibt es nicht.

Gilt das auch für die Weiterbehandlung gem. § 123a PatG? Fristgemäß Antrag stellen, Gebühr bezahlen, Handlung (=Bescheidserwiderung) nachholen und weiter geht das Prüfungsverfahren, oder nicht? Habe mich davor in der Praxis bisher gehütet. :D
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Weiterbehandlung funktioniert immer, vorausgesetzt man reicht auch die Bescheidserwiderung innerhalb der Weiterbehandlungsfrist ein.

Nur wenn man Letzteres halt nicht schafft, stattdessen faulheitshalber Beschwerde einlegt, und dann noch später (im Rahmen der Beschwerdebegründung) eine noch so schöne Bescheidserwiderung nachreicht: könnte es nicht sein, dass das BPatG sagt, Junge so gehts nicht, die Beschwerde ist zwar gerade noch so zulässig aber nicht begründet, weil Du gar nicht beschwert bist, sondern einfach nur Deine Frist versemmelt hast.
 
Zuletzt bearbeitet:

Asdevi

*** KT-HERO ***
könnte es nicht sein, dass das BPatG sagt, Junge so gehts nicht, die Beschwerde ist zwar gerade noch so zulässig aber nicht begründet, weil Du gar nicht beschwert bist, sondern einfach nur Deine Frist versemmelt hast.

Natürlich ist der Anmelder beschwert, wenn seine Patentanmeldung zurückgewiesen wurde. Ob eine Beschwer vorliegt, ist nicht davon abhängig, ob die Entscheidung materiell richtig war, sondern einzig und allein davon, ob der Anmelder bekommen hat, was er wollte. Hat er offensichtlich nicht.

Und wenn seine Änderungen die Einwände ausräumen, dann muss das Patent erteilt werden. Soll das Gericht zum Trotz zurückweisen? Und wie will es das begründen?

Von der praktischen Seite sei noch angemerkt, dass eine Erteilung für das BPatG deutlich angenehmer ist als eine Zurückweisung der Beschwerde. Wenn es der Beschwerde stattgibt, muss es keine mündliche Verhandlung führen und die Begründung darf auch sehr knapp ausfallen.
 

kronion

GOLD - Mitglied
Ist hier evtl. etwas EPA-Denke reingerutscht?

Nach Art. 94(4) EPÜ gilt die Anmeldung als zurückgenommen, wenn der Anmelder nicht fristgemäß auf eine Mitteilung nach A.94(3)/R.71 antwortet - es tritt also ein Rechtsverlust _wegen der Fristversäumung_ ein.

Am DPMA begibt man sich halt der Möglichkeit, sich zu den Einwändern des Prüfers zu äußern, aber man verliert nicht automatisch die Anmeldung.
 

Expatriot

GOLD - Mitglied
Hallo miteinander,

Den Aussagen zum Prüfgungsverfahren vor dem DPMA und dem EPA kann ich nicht ganz zustimmen.

Wenn die Prüfungsstelle die Patentanmeldung zurückweist, ist das Prüfungsverfahren aus meiner Sicht beendet. Aus rechtlicher Sicht ist damit meiner Meinung nach die Anmeldung auch nicht mehr existent. Die Anmeldung kann aber wieder aufleben, wenn man Weiterbehandlung gemäß § 123a PatG beantragt oder Beschwerde einlegt.

Dabei gibt's noch eine Feinheit: Beantragt man Weiterbehandlung wird der Zurückweisungsbeschluss kraft gesetzlicher Anordnung wirkungslos, wohingegen bei der Beschwerde die Wirkung lediglich aufgeschoben (Suspensiveffekt) wird. Daher ist im Fall der Beschwerde, wenn dieser stattgegeben wird, auch stets der Beschluss der Prüfungsstelle aufzuheben.

Ähnlich sehe ich das beim Verfahren vor dem EPA. Der Rechtsverlust tritt hier kraft Art. 94(4) EPÜ ein, wodurch die Anmeldung aus rechtlicher Sicht nicht mehr existent ist; allerdings kann die Anmeldung durch Weiterbehandlung nach Art. 121 EPÜ wieder aufleben.

Als Unterschied bleibt aus meiner Sicht , dass ich beim DPMA zwischen Beschwerde und Weiterbehandlung wählen kann um die Anmeldung weiterzuführen, während beim EPA lediglich die Weiterbehandlung möglich ist. Die Beschwerde beim EPA dürfte - mangels Sach-Entscheidung - lediglich darauf gerichtet werden können, festzustellen, dass die Handlung fristgemäß vorgenommen wurde und die Fiktion nach Art. 94 (4) EPÜ nicht eingetreten ist.

Zusammenfassend bin ich folglich der Meinung, dass sowohl beim DPMA als auch beim EPA die Anmeldung untergeht, mit dem Unterschied, dass dies beim DPMA aufgrund des Zurückweisungsbeschlusses und beim EPA kraft gesetzlicher Fiktion eintritt.

Viele Grüße,
Expatriot
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Zur Weiterbehandlung (in der Ausgangsfrage war diese ausgeklammert):

Die Weiterbehandlung leidet an einigen Geburtsfehlern. Das sieht man schon an der Gesetzesbegründung, die auf die Wiedereinsetzung Bezug nimmt; aber sie setzt das Versäumen einer vom Prüfer gesetzten Frist voraus, in die es ja grundsätzlich keine Wiedereinsetzung gibt.

Ein großes Problem ist, dass die Frist für Beschwerde und Weiterbehandlungsantrag gleichzeitig beginnen und ablaufen, so dass der Anmelder sich für eines der beiden Instrumente entscheiden muss. Was passiert, wenn er beides gleichzeitig (oder sogar nacheinander) macht, ist im Gesetz nicht geregelt, und ich fürchte, dazu gibt es auch noch keine gesicherte Rechtsprechung. Denn wer will das auch schon ausprobieren?

Entscheidet man sich für den Weiterbehandlungsantrag, so muss man darauf achten, dass man wirklich alles richtig macht, denn sonst gibt es keine Weiterbehandlung. Die Beschwerdefrist gegen den ursprünglichen Beschluss ist dann aber abgelaufen und gegen die Nicht-Weiterbehandlung kann man nur vorgehen, wenn eben dieser Beschluss fehlerhaft ist; Fragen der Patentfähigkeit spielen dabei keine Rolle mehr.

Dabei gibt es zwei wichtige Fallen:
1. Weiterbehandlung kann nur erfolgreich beantragt werden, wenn eine Frist versäumt wurde. Wenn man sich irgendwie bereits zur Sache geäußert hat, hat man die Frist nicht versäumt und der Weiterbehandlungsantrag wird als unzulässig abgelehnt.
2. Ein Weiterbehandlungsantrag erfordert das Nachholen der versäumten Handlung. Das kann aber nur die Äußerung auf den Prüfungsbescheid sein. Die Falle: Das Nachholen eines versäumten Fristgesuchs genügt nicht, man muss schon in der Sache den letzten Prüfungsbescheid abhandeln und ggf. geänderte Ansprüche vorlegen. (Zum Vergleich: Bei einer Beschwerde gibt es für die Begründung keine Frist.)

Fällt man in eine der beiden Fallen, so dass die Weiterbehandlung abgeleht wird, so ist die Anmeldung ohne weitere Sachprüfung endgültig tot, denn eine Beschwerde gegen den ursprünglichen Zurückweisungsbeschluss ist dann wegen Fristablauf nicht mehr möglich.

Mir wäre das Risiko zu groß, ich würde in keinem Fall eine Weiterbehandlung auch nur ausprobieren. Wahrscheinlich wäre die Weiterbehandlung ein gutes Instrument, wenn mit einem Weiterbehandlungsantrag die Beschwerdefrist gehemmt würde. Aber so ...
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Mir wäre das Risiko zu groß, ich würde in keinem Fall eine Weiterbehandlung auch nur ausprobieren. Wahrscheinlich wäre die Weiterbehandlung ein gutes Instrument, wenn mit einem Weiterbehandlungsantrag die Beschwerdefrist gehemmt würde. Aber so ...

Als sorgfältiger Patentanwalt stellt man natürlich gleich zu Anfang des Prüfungsverfahrens hilfsweise einen schriftlichen Antrag auf mündliche Anhörung. Diesem muss nach § 46 I 2 vor einer Zurückweisung gefolgt werden. Dann kann man seelenruhig jede Frist verpassen, denn es kann gar kein Zurückweisungsbeschluss kommen, sondern allenfalls eine Ladung.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
@Asdevi
Hilfsantrag auf Anhörung kann leider auch zur Ladung führen, wenn man gar keine will.

@Expatriot
Ich denke, eine Anmeldung geht erst mit der Rechtskraft der Zurückweisung unter, also nach Ablauf der Beschwerdefrist, und erst dann endet auch das Prüfungsverfahren. Im Fall der Beschwerde nach Prüfungsantrag gelten weiterhin alle Bestimmungen für das Prüfungsverfahren, soweit sie nicht durch vorrangige Bestimmungen über das Beschwerdeverfahren ersetzt werden (Beispiel: § 38 PatG, Zulässigkeit von Änderungen der Anmeldung).

Auch die Teilung nach § 39 setzt nur die Anhängigkeit der Anmeldung voraus und ist daher bis zum Ende der Beschwerdefrist zulässig, auch ohne Beschwerde einzulegen. Da man in der Teilanmeldung den gesamten Offenbarungsumfang ausschöpfen darf, kommt man auf diese Art "sicher" ins Prüfungsverfahren zurück. Ist nur etwas umständlich (neues Aktenzeichen usw.) und auch teuer wegen der Nochmalzahlung aller Gebühren. Vielleicht ist die Teilungserklärung aber vorsorglich neben einem Weiterbehandlungsantrag zu empfehlen, denn für die Gebühren und die Unterlagen ist ja 3 Monate Zeit, und bis dahin könnte über die Weiterbehandlung entschieden sein. Hab ich aber bisher weder gemacht, noch konkret gesehen.
 
Zuletzt bearbeitet:

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
@Hans35:

Der Prüfer kann jederzeit zu einer mündlichen Anhörung laden, wenn er möchte und das aus irgendwelchen Gründen für sachdienlich hält, PatG § 46 Satz 1. Und das passiert auch.

Auf einen Antrag muss er da nicht warten und mit einem Hilfsantrag ändert man daran auch nichts. Ich sehe da auch kein "leider". Wenn man nicht will, fährt man nicht hin und muss mit den Folgen leben. Ich finde es meist effektiv, ein paar Muster vorzuführen und im Gespräch zu erkennen, was denn den Prüfer so ablehnend stimmt. Vielleicht muss man nur die Merkmale des Unteranspruchs 14 raufziehen, woran man nach dem Lesen des giftigen Bescheides nie gedacht hätte. Manchmal finden auch der mitgenommene Erfinder und der Prüfer einen fachlichen Draht zueinander.

Frohes Schaffen
Blood für PMZ
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
@Asdevi
Hilfsantrag auf Anhörung kann leider auch zur Ladung führen, wenn man gar keine will.

Die Ladung ist normalerweise das letzte Instrument des Prüfers. Wenn eine Ladung kommt, dann wäre in Abwesenheit eines Antrags darauf der Zurückweisungsbeschluss gekommen. Und den will man noch viel weniger.

Es ist schlicht eine Notbremse. Überrascht werden kann man dann nicht mehr, und kleinere Fristversäumnisse bleiben ohne Folgen.
 

Karl

*** KT-HERO ***
@Hans35

Also soweit ich die Situation hinsichtlich EPA sehe:

Eine Mitteilung nach Regel 112(1) ist selbst nicht beschwerdefähig, den es ist keine Entscheidung sondern lediglich die Mitteilung einer rechtlichen Fiktion. Weiterbehandlugnsfrist und beschwerdefrist beginnen somit nicht gleichzeitig.

Der Anmelder könnte theoretisch nach Regel 112(2) eine diesbezüglich Entscheidung beantragen, die dann beschwerdefähig ist. Mit Zustellung dieser Entscheidung würde die Beschwerdefrist laufen.

Das währe jedoch meiner Einschätzung nach eine sehr sehr schlechte idee. Der Prüfer könnte der Beschwerde nur abhelfen, wenn die Sachlage eine Korrektur der Entscheidung nach R112(2) erlauben würde. Wenn tatsächlich eine Frist verpennt worden ist, ist das ja eindeutig nicht der Fall, und zwar völlig unabhängig davon, wie es inhaltlich in der Anmeldung so ausschaut. Selbst dann, wenn der letzte Prüfungsbescheid komplett sinnlos war.

Folglich würde der Fall zur BoA gehen. Dort würde man vermutlich schlicht die Entscheidung prüfen, gegen die Beschwerde eingelegt wurde, also die Entscheidung über den Eintritt des Rechtsverlust. Was soll man auch sonst prüfen? Wenn inhaltlich alles ok ist, heilt das ja nicht den kraft gesetzlicher Fiktion eingetretenen Rechtsverlust. Bei der gegebenen Sachlage - verpennte Frist und somit eindeutig eingetretener Rechtsverlust nach R112(1) und somit komplett angemessener Entscheidung nach R112(2) kann man sich somit recht einfach ausmahlen, wie diese Entscheidung wohl höchstwahrscheinlich ausschauen wird.

Bei der Weiterbehandlung handelt es sich somit nicht um eine fehlkonstruktion, sondern eine Möglichkeit das Prüfungsverfahren trotz verpennter Frist fortzusetzen, wobei die Beschwerde hierfür nicht gedacht ist. Die Beschwerde ist dafür gedacht, dass man eine Entscheidung, der man nicht zustimmt, überprüfen lassen kann.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
Hallo Karl,

mein Beitrag #8 mit der Einschätzung einer "Fehlkonstruktion" bezieht sich nur auf die Weiterbehandlung im DPMA-Verfahren. Diese ist m.E. ein misslungene Kopie des EP-Verfahrens.
 
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