Entscheidung Industrie oder Kanzlei und abrechenbare Stunden/Tag

PhD

SILBER - Mitglied
Hallo,

bin jetzt am Ende der Ausbildung und werde bald die deutsche Zulassung haben, die EPA-Zulassung evtl. auch (warten wir mal auf den August).

Meine alte Kanzlei in München möchte mich gerne weiter beschäftigen. Allerdings habe ich auch ein Angebot aus der Industrie und bin grad hin- und her gerissen.

Mein Ausbilder in der Kanzlei meint, dass ein Jahresumsatz von bis zu 400.000 möglich ist, bei einer Umsatzbeteiligung von 33% - 40% (nach 1 Jahr) sind das keine ganz schlechten Voraussetzungen. Allerdings erscheint mir der Umsatz etwas hoch gegriffen - bei (mir realistisch erscheinenden) 4 abgerechneten Stunden pro Tag (Satz: 300 Euro) komme ich auf einen Jahresumsatz von ca. 260.000, was ja schon ein deutlicher Unterschied ist. Um auf die 400.000 zu kommen, müsste ich im Schnitt 6 Stunden pro Tag abrechnen, was mir sehr viel erscheint. Das Angebot aus der Industrie beläuft sich auf ca. 85-90 kEuro (mit variablem Anteil) p.a., wäre also bei 4 abgerechneten Stunden/Tag nicht schlechter als die Arbeit in der Kanzlei...die Arbeit selbst wäre auch reizvoll(er).

Sicherlich ist Geld nicht alles, aber letztendlich geht man ja arbeiten, um Geld zu verdienen. Deshalb meine Fragen an die Kollegen, die ihre Zulassung seit 1 - 3 Jahren haben:

Wieviele Stunden rechnet ihr pro Tag im Schnitt ab? Sind 6 Stunden pro Tag machbar, oder doch eher 4 realistisch? Dabei muss ich sagen, dass ich keine Heissdüse bin und in der Regel gerne nach 8 - 9 Stunden meinen Schreibtisch verlassen will, auch will ich nicht am WE durch arbeiten (irgendwann muss man die Kohle ja auch ausgeben). Allerdings bin ich wohl effizienter als die meisten (mein Umsatz als Kandidat lag ca. 25% über dem der Kollegen), sprich das Verhältnis Arbeitsaufwand zu abgerechneten Stunden liegt bei mir bei 1 - 1,5 (jetzt mal pathologische Akten ausgenommen, da kann es auch mal bei 2 liegen).

Vielen Dank für Eure Rückmeldung,
freundlichst PhD
 

grond

*** KT-HERO ***
PhD schrieb:
Mein Ausbilder in der Kanzlei meint, dass ein Jahresumsatz von bis zu 400.000 möglich ist
"Möglich" ist ein großes Wort.


bei einer Umsatzbeteiligung von 33% - 40% (nach 1 Jahr) sind das keine ganz schlechten Voraussetzungen.
33% erscheint mir wenig, 40% ist normal. Kanzleien in Not geben aber auch schon mal 50%.


bei (mir realistisch erscheinenden) 4 abgerechneten Stunden pro Tag (Satz: 300 Euro) komme ich auf einen Jahresumsatz von ca. 260.000
Selbst das wäre für einen Anfänger nicht schlecht und würde voraussetzen, dass man nicht nur die stinkenden Akten zugeteilt bekommt.


Sicherlich ist Geld nicht alles, aber letztendlich geht man ja arbeiten, um Geld zu verdienen. Deshalb meine Fragen an die Kollegen, die ihre Zulassung seit 1 - 3 Jahren haben:

Wieviele Stunden rechnet ihr pro Tag im Schnitt ab?
Ich kann einen Schnitt noch nicht wirklich bestimmen, dazu gibt es noch zuviele Schwankungen, aber es 4h pro Tag müssten hinkommen. Angesichts der stetig steigenenden Arbeitslast werde ich mich wohl über das Jahr auf 6h/Tag steigern müssen...


Allerdings bin ich wohl effizienter als die meisten (mein Umsatz als Kandidat lag ca. 25% über dem der Kollegen), sprich das Verhältnis Arbeitsaufwand zu abgerechneten Stunden liegt bei mir bei 1 - 1,5 (jetzt mal pathologische Akten ausgenommen, da kann es auch mal bei 2 liegen).
Dann sollten die 4 abgerechneten Stunden pro Tag doch kein Problem sein?

Beim Vergleich der Einkommen sollte man auch das Privileg berücksichtigen, als Selbständiger in weiten Teilen selbst über seine Absicherung hinsichtlich Arbeitslosigkeit und Ruhestand entscheiden zu können.

Ich persönlich bilde mir ein, dass als selbständiger Anwalt vor allem die Steigerungsmöglichkeiten beim Einkommen besser sind. In der Industrie wird man jedes zweite Jahr seine paar Prozent mehr bekommen, an der eigenen Effizienz kann man arbeiten und damit mehr "herausholen". Dafür bekommt man als Selbständiger sehr viel schwieriger einen Kredit um beispielsweise ein Haus oder eine Eigentumswohnung zu finanzieren.

Aber das sind alles nur einkommensbezogene Aspekte. Schlecht verdienen wirst Du nirgens, also sollten die anderen Punkte die Entscheidung bestimmen. Viel wichtiger als das Einkommen ist doch, welches Arbeitsumfeld man bevorzugt, was für ein Typ man also ist. Wobei das Einkommen dann natürlich das Zünglein an der Waage sein kann...
 

PhD

SILBER - Mitglied
Hallo Grond,

erstmal vielen Dank für die Rückmeldung. Bei mir ist es derzeit so, dass das Gehalt wirklich das Zünglein an der Waage ist (wobei ich zugeben muss, verhungern wird man in der Industrie auch nicht ;-)). Natürlich kommen auch viele persönliche Faktoren eine Rolle - wenn die Industriestelle jedoch gleich gut bezahlt wäre und auch in M wäre, müsste ich nicht lange überlegen, da die Arbeit mir schon interessanter erscheint (kenne natürlich auch nur die Kanzleiarbeit).

Zur Altersvorsorge: klar hat man da als Selbständiger größere Entscheidungsfreiheit, in der Kanzlei würde ich allerdings angestellt sein (sprich mit Versicherungspflicht usw.). Eine zusätzliche betriebliche Altersvorsorge wie in der Industrie ist ja auch nicht zu verachten...von der Sicherheit im Krankheitsfall und der Weiterzahlung des Gehalts im Urlaub mal ganz abgesehen.
 

PhD

SILBER - Mitglied
nein, nicht plus der 33-40%, sondern es wird ein fixum gezahlt, dass ggf. mit dem Umsatz verrechnet wird. Als Beispiel:

Fixum 5.000
Umsatz: 12.000
33% von 12.000 = 4.000
Es werden also 5.000 gezahlt.

Fixum 5.000
Umsatz: 18.000
33% von 18.000=6.000
Es werden 6.000 gezahlt.

Das Fixum ist also praktisch eine garantierte Vergütung, die allerdings meist keine Rolle spielt, da der Umsatzanteil höher ist, allerdings auch über mehrere Monate hinweg verrechnet wird (nach dem Motto: in den ersten zwei Monaten 1.000 weniger Umsatzbeteiligung als fixum=es wird das Fixum gezahlt, im 3. und 4. Monat dann 1.000 mehr Umsatzbeteiligung als fixum = es wird trotzdem nur das fixum gezahlt, um den "fehlenden" Umsatz aus den beiden ersten Monaten auszugleichen) Erst wenn man übers Jahr mehr Umsatzbeteiligung als das garantierte Fixum erreicht, verdient man mehr. Das ganze dann allerdings auf Angestelltenbasis...
 

grond

*** KT-HERO ***
Interessantes Modell. Wenn Fixum und Beteiligung miteinander verrechnet werden, wie werden Urlaubszeiten berücksichtigt? Als Umsatz 0 und damit als Abzug für die nächsten übererfüllten Monate? Wie ist es bei Krankenzeiten?

Wenn das Fixum so beschaffen ist, dass quasi grundsätzlich Übererfüllung erwartet wird (wogegen ja prinzipiell nichts einzuwenden ist), müsste der Beteiligungsprozentsatz sich meiner Meinung nach aber doch stark an dem für vollständig freie Mitarbeiter orientieren. Zwar übernimmt der Arbeitgeber ein gewisses Grundrisiko wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, allerdings ist das Risiko dann durch die Verrechnung auch wieder gut genug abgefedert. Eigentlich bliebe nur ein wirkliches Risiko, wenn der Arbeitnehmer nach langen Krankheits- und Urlaubszeiten ausscheidet, ohne diese wieder durch die Verrechnung kompensiert zu haben.
 

PhD

SILBER - Mitglied
Also, als Angestellter hat man ja grundsätzlich Anspruch auf bezahlten Urlaub und auf Fortzahlung im Krankheitsfall - wie das jetzt mit dem Fixum geregelt ist müsste ich nochmal genau checken, könnte mir aber gut vorstellen, dass das auch mit dem Umsatz verrechnet wird, auch wenn man Urlaub hat oder krank ist. Insofern dann schon wieder mit einem freien Mitarbeiter vergleichbar...das fixum soll ja eigentlich auch keine Rolle spielen und ist auch niedriger als oben angegeben (ließ sich so leichter rechnen ;-)) und dient praktisch nur zur Absicherung, wenn man mal lange krank werden sollte...
 

rettich

BRONZE - Mitglied
Laut Bundesurlaubsgesetz (§ 11 I) bemisst sich das Urlaubsentgelt am Durchschnitt des regelmäßigen Verdiensten der jeweils letzten 13 Wochen. Eine Regelung, die das Urlaubsentgelt mit dem sonst erzielten Entgelt verrechnet, wird wohl nichtig sein, weil sie zu Ungunsten des Arbeitnehmers vom Gesetz abweicht.

Ich könnte mir vorstellen, dass die Lohnfortzahlung bei rankheit ähnlich geregelt ist.
 

franz08

Vielschreiber
Hallo zusammen,

in diesem Zusammenhang möchte ich eine Frage an alle stellen ohne dafür extar einen neuen Thread eröffnen zu müssen. Was rechnet eure Kanzlei denn so in der Stunde ab? Bei uns in der Kanzlei liegt der Stundensatz bei etwa 200 Euro. Klarerweise kommt es immer drauf an wie viele Stunden man abrechnet, aber mich würde es wirklich mal interessieren, wie es in anderen Kanzleien so aussieht mit den Stundesätzen. Würde mich über zahlreiche Beiträge freuen.

Vielen Dank

Franz
 

PAPA

GOLD - Mitglied
Bei uns (kleinere Kanzlei) ist auch ein Stundensatz von € 200,-- der Regelfall.

Ausnahmen (mit höheren Stundensatzvereinbarungen) bestätigen die Regel.
 

Rockstar

Schreiber
Ich würde die Entscheidung von folgenden Punkten abhängig machen:

1) Wo würde die Arbeit mehr Spass machen? Schliesslich verbringt man den Grossteil des Tages im Büro. Wo ist die Arbeit vielschichtiger?

2) Wenn man Karriere machen möchte: Wie sind die Aussichten hinsichtlich einer Assoziierung? Länger als 2 bis maximal 3 Jahre würde ich nicht warten wollen. Danach sollte klar den Altpartnern spätestens klar sein, ob man in deren Mitte willkommen ist.
Wie sind die Strukturen hinsichtlich der Aufstiegsmöglichkeiten in der Industrie?

3) Wie PhD schon angemerkt hat: Wie sind die Arbeitszeiten in der Kanzlei / in der Industrie?

4) Stimmt die Chemie mit den Partnern und den Mitarbeitern?
 

David13

SILBER - Mitglied
Hallo,
...
Meine alte Kanzlei in München möchte mich gerne weiter beschäftigen. Allerdings habe ich auch ein Angebot aus der Industrie und bin grad hin- und her gerissen.
...
Hallo PhD,

nur mal so ins Blaue gefragt: das Unternehmen, das Dir eine Stelle angeboten hat, liegt nicht zufällig in der Nähe von Karlsruhe (Automobilzulieferer)?

Gruss,

David13
 
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