Fragen zu Voraussetzungen und Studiengängen

Tamina

Vielschreiber
Hallo!

Zunächst etwas zu mir (darf auch gerne übersprungen werden):
Direkt nach meinem Abitur 2009 habe ich angefangen, International Business Management zu studieren. Ich dachte, der Studiengang würde zu mir passen, da ich sprachbegabt und ein sehr organisierter, systematischer Mensch bin. Allerdings habe ich vom Studium auch erwartet, dass es mir in gewisser Weise die Welt erklärt und das war überhaupt nicht der Fall. Nach drei Semestern habe ich abgebrochen und ein halbes Jahr Pause gemacht.
Mein Interesse an naturwissenschaftlichen Fächern war schon in der Schule hoch, allerdings war ich nie gut darin. Trotzdem entschied ich mich anschließend für ein Chemie-Studium. Tatsächlich wurde mir hier in gewisser Weise die Welt erklärt und auch die Labor-Arbeit machte mir Spaß.
In dieser Zeit wuchs mein Interesse an juristischen Fragestellungen und ich beschloss, parallel hobbymäßig Rechtswissenschaft (Bachelor) an der FernUni zu studieren. Da es sich um ein Hobby handelt und ich mich stets auf das Chemie-Studium konzentriert habe, studiere ich noch, gehe aber davon aus in ca. 2 Jahren fertig zu sein. Durch das Doppelstudium kam ich auch zum ersten Mal auf den Beruf des Patentanwalts. Seither möchte ich das unbedingt werden.
Nun kam es allerdings wie es kommen musste: Schon seit jeher hatte ich Probleme mit dem räumlichen Vorstellungsvermögen, was in Kombination mit mathematischen Berechnungen noch unmöglicher für mich war. Ich bestand die Klausur in Anorganischer Chemie kurz vor meinem Abschluss endgültig nicht und fiel in ein Loch.
Trotzdem schrieb ich mich für einen Studiengang ein, für den man deutlich weniger Vorstellungsvermögen benötigt - Nachwachsende Rohstoffe und Bioenergie (aus dem Fachbereich der Agrarwissenschaften). Leider war ich aufgrund des Lochs nicht in der Lage, wirklich Leistungen zu erbringen und musste zuerst Hilfe in Anspruch nehmen - dadurch verlor ich ca. 9 Monate und musste den Studiengang im 2. Semester abbrechen, da ich die Orientierungsprüfung unmöglich bis zum Ende des 3. Semesters geschafft hätte und den Prüfungsanspruch nicht verlieren wollte.
Nachdem ich mich also mitten im 2. Semester befand und klar war, dass ich abbrechen musste und mit neuer Motivation starten konnte, wollte ich das natürlich auch so schnell wie möglich. Mehr aus Spaß bewarb ich mich für ein Geowissenschaften-Fernstudium an der Uni Stockholm in Schweden, wo das Semester schon im August beginnt. Wider Erwarten bekam ich einen Platz und das Studium läuft sehr gut (aktuell unter Regelstudienzeit und im unteren 1er-Bereich). Im Oktober startete ich dann auch wieder mit einem normalen Studium in Deutschland, nämlich Agrarwissenschaften. Dort läuft es nicht ganz so gut, ich bin im 2er-Bereich und nicht ganz in Regelstudienzeit. Mittlerweile bin ich in beiden Studiengängen am Anfang des 3. Fachsemesters.
Ich gehe davon aus, dass ich spätestens Ende 2018 meinen Bachelor in Geowissenschaften bekomme, daher mache ich mir Gedanken über meinen möglichen weiteren Werdegang in Richtung Patentanwalt.
Wichtig: Ich weiß, dass Patentanwalt mit beiden Studiengängen eher außergewöhnlich ist und ich nicht der heißeste Kandidat für eine Kandidatenstelle bin...

Nun zu meinen Fragen:
Ursprünglich wollte ich den Master in Geoinformationssystemen machen (Mischung aus Fernstudium und Präsenzustudium, Uni Lund Schweden und Uni Twente Holland). Hierfür kann ich jedoch laut Amt kein Bafög bekommen. Die Kombination hätte aber meines Wissens die Voraussetzungen für den Patentanwalt erfüllt.
Meine Alternative ist nun der Master in Praktischer Informatik an der FernUni. Kann ich auch mit einem Bachelor und einem nicht-konsekutiven Master zugelassen werden, solange beide naturwissenschaftlich/technisch sind?
Kann ich mit einem Informatik-Master vielleicht sogar meine Chancen auf eine Kandidatenstelle erhöhen?

Dann zur praktischen technischen Tätigkeit:
Für Agrarwissenschaften musste ich ein achtwöchiges Vorpraktikum machen. Ich habe mich für einen der an die Uni angeschlossenen Höfe entschieden. Dort war ich sowohl im normalen landwirtschaftlichen Betrieb (z.B. Mais mulchen, in der Werkstatt bei der Reparatur eines Traktors helfen usw.) als auch im Forschungsbetrieb (Unterstützung von Doktoranden bei der Bonitur, Probennahme, Probenbearbeitung, Auswaage...). Wird das bereits als Teil des Jahres anerkannt?
Da ich sehr viel Spaß an meinem Geowissenschaften-Studium habe, war meine Überlegung, ein Praktikum in einem Ingenieurbüro bei einem Geologen zu machen (ca. 3 Monate). Ich schätze, dass ich dort nicht sehr viel selbstständig arbeiten kann. Wird das trotzdem anerkannt?
Inwiefern werden denn Tätigkeiten im Bereich der Informatik anerkannt? Ich habe bereits Vorkenntnisse und könnte mich beispielsweise auf eine Werkstudentenstelle bewerben. Oder alternativ eben während dem Master auch noch entweder ein längeres oder zwei kürzere Praktika machen. Damit würde ich dann wahrscheinlich noch während dem Studium die 12 Monate voll bekommen.

Hat jemand von euch den Master-Studiengang "Intellectual Property and Knowledge Management" an der Uni Maastricht belegt?
Auf der Homepage steht, dass nur 8 Stunden pro Woche Vorlesungen sind. Sind diese denn über die Werktage verteilt oder an einem Tag? Wäre es möglich, von Deutschland aus in Teilzeit zu studieren? Eventuell sogar neben der Patentanwaltsausbildung (um eventuell eine EPA-Verkürzung zu erreichen)? Das Hagen-Studium muss ich nicht machen. Wäre ein solches Studium eine Nebentätigkeit und müsste genehmigt werden?

Ist ein (nebenberufliches) Studium im juristischen Bereich allgemein eine Nebentätigkeit und muss genehmigt werden? Unter Umständen hätte ich auch Interesse, neben der Ausbildung das Jura-Staatsexamen an der FernUni zu studieren, wie im Bachelor auch eher hobbymäßig und nicht auf Schnelligkeit bedacht.

Ich danke schonmal für die Antworten und das Lesen des großen Textes!
 

Patentheini

Vielschreiber
Hi Tamina,

hui, du hast ja einen kurvenreichen Werdegang hinter dir. Das könnte für den Patentanwaltsberuf gar nicht so schlecht sein, weil du dadurch viele technische Gebiete gesehen hast.

Bezüglich der Fragen zum Studienfach:
Soweit ich mitbekommen habe, ist Informatik durchaus gesucht. Du bist zwar sehr spezialisiert, kannst das aber in deinem Fall durch die zusätzlichen Erfahrungen in der Chemie, etc. ausgleichen. Das Thema "computerimplementierte Erfindungen" spielt immer mehr eine Rolle. Wenn du dann noch etwas Ahnung von Schaltkreisen hast, wäre das ideal.

Ob du aber mit dem Studiengang zugelassen wirst, kann dir hier keiner sicher beantworten. Am besten startest du da eine Anfrage bei der Patentanwaltskammer. Vielleicht können die dir auch ein paar Informationen geben, ob es Alternativen gibt. Ich bin z.B. nicht informiert, ob es mittlerweile Überlegungen gibt, ob man mit einem Bachelor-Abschluss die "lange Ausbildung" (§ 158 PAO) machen kann.

Zur praktisch technischen Tätigkeit:
Pflichtpraktika fürs Studium zählen nicht. Ob man das jetzt irgendwie hin getrickst bekommt, ist eine andere Frage. Auch da kann dir die Kammer bestimmt weiterhelfen.

Zu dem Fernstudium:
Bei der Ausbildung zum Patentanwalt musst du eh das Fernstudium an der Uni Hagen machen. Wenn du Spaß daran hast, Stress zu haben, kannst du natürlich auch mehr nebenher studieren. Aber offiziell musst du halt in der Kanzlei Vollzeit arbeiten, wenn du die kurze Ausbildung machst (bei der langen Ausbildung wohl nicht). Soweit ich mitbekommen habe, eignen sich diese "Intellectual Property" Kurse aber eher für zukünftige Patentingenieure und sind kein Ersatz für eine fundierte juristische Ausbildung. Aber da gibt es bestimmt auch andere Meinungen.

Viele Grüße
Patentheini
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Hallo Tamina,

wir hatten in diesem Forum schon 2014 eine Reihe Tipps gegeben. Auch damals schon gab es viele Wendungen in Deinem Ausbildungs- und Berufswerdegang. Zu diesen sind jetzt noch drei weitere Jahre oder umgerechnet sechs Semester und - sofern ich das richtig verstehe - drei weitere begonnene Studiengänge hinzugekommen.

Die Patentanwaltskandidaten, die 2014 begonnen haben, sind teilweise jetzt schon Patentassessoren oder hoffen, dies noch in diesem oder im kommendem Jahr zu werden.

Dein Engagement ist anerkennenswert, auch die Hartnäckigkeit, mit der Du bei jeweils auftretenden Schwierigkeiten immer wieder einen neuen Anfang wagst. Allerdings studierst Du inzwischen bereits 8 Jahre, ohne dass in näherer Zukunft ein wie auch immer gearteter qualitativ gängiger Abschluss in Sicht wäre, und ohne einschlägige Berufserfahrung gesammelt zu haben. Das wird dann in einigen Jahren die Augen von denen, die Deine Bewerbungsunterlagen lesen, recht groß werden lassen. Es geht nicht darum, dass Du dann in Deinen 30ern sein wirst. Das sind andere auch, nur haben die dann schon 6 oder 7 Jahre in einer Forschungs- und Entwicklungsabteilung gearbeitet und kennen die Praxis eines Unternehmens von innen und bieten bei einem Umstieg einem Ausbilder und Arbeitgeber damit schon einigen Mehrwert. Und: Dass Du das alles könntest, werden Dir die meisten glauben. Dass Du eine Patentanwaltsausbildung auch für die Kandidatenzeit durchhältst, angesichts Deines Lebenslaufs schon deutlich weniger. Bitte berücksichtige, dass Du um eine Kandidatenstelle mit anderen Bewerbern konkurrieren wirst.

Hast Du denn inzwischen wie damals vorgeschlagen schon ein paar Wochen in einer Patentabteilung oder einer Patentanwaltskanzlei hospitiert, um Dir ein Bild zu machen? Vielleicht solltest Du sinnvollerweise direkt über diese Schiene versuchen, Kontakte zu knüpfen.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

Tamina

Vielschreiber
Hallo und vielen Dank für die Antworten!

Die Patentanwaltskammer werde ich auf jeden Fall mal kontaktieren - hätte ich eigentlich auch selbst draufkommen können...

Das begleitende Studium an in Hagen wird mir erlassen, da ich dann den Bachelor in Rechtswissenschaft bereits haben sollte und die Inhalte passen. Für den Master in Intellectual Property and Knowledge Management interessiere ich mich eigentlich deshalb, weil dann 6 Monate auf die Ausbildung zum EPA angerechnet werden.

Mir ist durchaus bewusst, dass ich im Vergleich zu anderen Bewerbern einen grottigen Lebenslauf habe und dazu auch noch kommt, dass ich kein gesuchtes Ingenieur-Studium mache. Ich danke dir trotzdem für den Hinweis, vielleicht stelle ich mir das Ganze trotzdem noch zu einfach vor.
Für den Fall, dass es nicht direkt (oder vielleicht auch gar nicht) klappt, habe ich natürlich einen Alternativplan gemacht. Zunächst würde ich mir mit den Studiengängen eine Stelle im Bereich Geoinformationssysteme/Geoinformatik suchen (was natürlich unter Umständen auch schwierig werden könnte) und parallel mein Jura-Staatsexamen an der FernUni machen. Dann könnte ich als Anwältin arbeiten und später vielleicht noch den Fachanwalt in Immaterialgüterrecht oder Urheber- und Medienrecht machen, wo zwar die naturwissenschaftliche/technische Komponente fehlt, aber es ist immerhin ein ähnlicher Bereich. Und vielleicht bekomme ich dann ja mit diesen Vorkenntnissen eine Kandidatenstelle.
Die andere Alternative wäre, den Berufswunsch einfach direkt aufzugeben und den Master mehr nach Interesse und Nähe zum Wohnort zu wählen. Dann würde ich Naturwissenschaftliche Archäologie in Tübingen machen (ist das einzige hier in der Umgebung, wofür ich zugelassen werden könnte). Dann könnte ich vermutlich aber auch gleich Hartz IV beantragen, wenn ihr versteht, was ich meine.

Ich habe drei Wochen Praktikum in einer Kanzlei gemacht und es gefällt mir wie erwartet extrem gut, auch wenn ich noch nicht alle Abläufe etc. verstanden habe.
 

pat_carlsen

Schreiber
Hallo!

Da ich auch eine Frage zu einem bestimmten Studiengang habe, poste ich mein Anliegen mal hier. Ich denke das passt gut.

Kurz zu mir. Ich habe meinen Bachelor an der FH Ulm in Form des Ulmer Modells abgeschlossen. Das ist ein normales Maschinenbaustudium in Verbindung mit einer Ausbildung zum Industriemechaniker. Danach habe ich 2 Jahre in der Entwicklung bei einem Zulieferer für Werkzeugmaschinenhersteller gearbeitet. Hier habe ich auch einige Aufgaben aus dem Patentbereich übernommen. Ich war beispielsweise in das Management des Patentportfolios eingebunden. Da ich sehr am Thema Patente interessiert war, habe ich mich entschlossen den Masterstudiengang Patentingenieurwesen an der TU Berlin zu besuchen. Hierbei handelt es sich im Grunde um einen Maschinenbau-Master, der mit vier Jura-Modulen ergänzt wurde (Inhalte: Patent- und Gebrauchsmuster vertieft, Marken- und Designrecht oberflächlich, Urheberrecht sowie PCT und europäisches Patentrecht oberflächlich). Bei den technischen Modulen habe ich mich auf die Themenbereiche Fahrzeugtechnik und Medizintechnik konzentriert. Demnächst werde ich das Masterstudium abschließen und da ich sehr viel Spaß am juristischen Arbeiten hatte, würde ich mich gerne auf eine Stelle als Patentanwaltskandidat bewerben. Der technische Anteil des Studiengangs ist dafür groß genug.


Hier meine Fragen:


1. Ist meine Annahme korrekt, dass ich die praktische Tätigkeit durch die Zeit in der Entwicklung und die Ausbildung zum Industriemechaniker abhaken kann oder muss die praktische Tätigkeit nach dem Master erfolgen?

2. Ist der Abschluss in Patentingenieurwesen interessant für eine Kanzlei oder ist so etwas eher hinderlich?

3. Würde es Sinn machen, noch einen Master in klassischen Maschinenbau zu machen und mich dann zu bewerben?

4. Sollte man Zusatzqualifikationen bei der Bewerbung nennen oder werden diese sowieso nur belächelt? Das wäre in meinem Fall eine Zertifizierung als Hydraulikfachingenieur der FH Ulm und eine Zertifizierung als Patentreferent über einen Fernkurs (IP for IP GmbH)

Schon mal vielen Dank für die Antworten :)
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
1. Kann ich leider nicht beantworten. Am besten beim DPMA fragen, die sind sehr hilfsbereit in solchen Dingen. Aus dem Gesetz (§6 I 1 PAO) kann ich jedenfalls keine vorgeschriebene Reihenfolge entnehmen.

2. An dem Abschluss im Patentingenieurwesen ist vor allem der Teil mit dem Ingenieur interessant. Bei uns in der Kanzlei ist es so, dass wir juristische Zusatzqualifikationen von Bewerbern generell ignorieren (es sei denn, es handelte sich um ein abgeschlossenes Jurastudium mit zweitem Staatsexamen, aber das hatten wir noch nie). Wenn wir eines können, dann den Kandidaten Patentrecht beizubringen. In dem Bereich dürfen sie gern vollkommen blank sein. Unverzichtbar sind eher die Dinge, die wir uns nicht berufen fühlen, zu unterrichten: Beherrschung der deutschen und englischen Sprache in Wort und Schrift (ich korrigiere keine Rechtschreib- und Grammatikfehler, das hat der Kandidat zu können, und wenn ich ihn zu einem Telefonat hinzuziehe, muss er verstehen, was der Amerikaner da erzählt), das erforderliche technische Verständnis, sowie logisches Denken.

3. Nein. Nach deinen Angaben hast du Maschinenbau studiert. Nochmal Maschinenbau dazu bringt nichts. Voraussetzung ist natürlich, dass du nach deinem Studium etwas von Maschinenbau verstehst, also die Sachverhalte kapierst, um die es in den Akten geht.

4. Hydraulikfachingenieur ist super. Wenn eine Kanzlei Mandanten in dem Bereich hat, hast du echt einen Stein im Brett. Der Patentreferent schadet nicht, würde bei uns aber, wie oben erwähnt, als allerletztes Kriterium, wenn überhaupt, berücksichtigt werden. Es zeigt aber zumindest, dass du dich für den Beruf wirklich interessierst.
 
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