Selbständig als EPA (ohne DE-Zulassung)

patachon

GOLD - Mitglied
Hallo,

es kam hier ja schon immer mal das Thema auf, was ein European Patent Attorney ohne deutsche Zulassung nun alles darf, aber so endgültig schlau bin ich aus den alten Diskussionen noch nicht geworden. Insbesondere frage ich mich, wie das ist, wenn der EPA nicht angestellt ist, sondern frei arbeiten möchte. Die mir bekannten Urteile zum Thema haben ja auch weiterhin klargestellt, dass ein EPA nicht dieselben Rechte hat wie ein Patentanwalt, keine Rechtsberatung ausüben darf, keine Partnerschaft eingehen darf etc. Dennoch darf man nach EPÜ einen eigenen Geschäftssitz zur Vertretung haben. Und viele Kandidaten arbeiten im Amtsjahr, also ohne deutsche Zulassung, ebenfalls frei für eine Kanzlei.

Beispielsweise:
reine Kollegenarbeit als Auftragsarbeit an eine Kanzlei, dortige Anwälte unterschreiben --> müsste problemlos sein.
Wie wäre aber derselbe Fall, wenn der EPA dann in einer dieser Akten als Vertreter zur mündlichen Verhandlung geht, also selbständig, aber auf Auftrag der Kanzlei den Mandanten vertritt - mit (Unter-)Vollmacht möglich?

Und was, wenn ein Mandant den EPA direkt zur Vertretung z.b. für die Verhandlung beauftragen würde? Oder auch direkt für einen Bescheid, den der EPA dann unterschreibt?

Rechtsberatung ist dem EPA nicht erlaubt. Gilt das für alle rechtlichen Angelegenheiten, breit gefasst, oder ist damit nur deutsches Recht gemeint? d.h. fällt Beratung zu den Feinheiten des EPÜ unter den Begriff "Rechtsberatung" oder dürfte man selbständig Mandanten dazu beraten und vertreten, solange man bei Fragen, die das deutsche Recht berühren, dann an einen deutschen Anwalt weiterreicht?

Darf ein reiner EPA z.B. mit einer Webseite aktiv für seine Tätigkeiten werben, also Fachgebiete und Angebot an Kollegenarbeit?

Zur Vermeidung von Scheinselbständigkeit sollte man mehrere Auftraggeber haben. Ist das realistisch möglich, wenn man in eingegrenzten Fachgebieten arbeitet und damit womöglich lauter Konkurrenten von Mandant A bei Kanzlei B auf dem Markt sind, für die man nicht arbeiten dürfte?

Kann ein reiner EPA eine Berufshaftpflicht abschließen, um seine Auftragsarbeit abzusichern? (zum "muss er" habe ich den Beitrag hier letztens gelesen)

Falls das UPC nun doch mal irgendwann kommt und der EPA die geplante Prüfung zur Vertretung ablegt, darf er dann Mandanten auch in Verfahren vor dem UPC beraten?

Wäre schön, wenn mir jemand ein wenig Licht in das Thema bringen könnte.
Danke!
 

patachon

GOLD - Mitglied
Ein Nachtrag noch.
Die "alte" Begründung nach Rechtsberatungsgesetz war ja meines Wissens, dass beispielsweise das Ausarbeiten von Anmeldungen auch andere Rechte des Anmelders berührt (Arbeitnehmererfindungsgesetz, ....) und damit eine unerlaubte Rechtsberatung darstellt. Der EPA dürfte also Bescheide erwidern (im Verfahren am EPA vertreten), aber keine Anmeldungen ausarbeiten oder zu Nichtigkeitsfragen beantworten.

Nun ist das Rechtsdienstleistungsgesetz da aber ja anders formuliert, nämlich § 5:

"(1) Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind."

So. Der EPA hat als Haupttätigkeit die (erlaubte) Vertretung in Verfahren vor dem EPÜ. Dazu ist er auch ausgebildet. Könnte man nicht argumentieren, dass Rechtsdienstleistungen wie die Anfertigung von Neuanmeldungen deshalb als Nebenleistung zum Berufs- und Tätigkeitsbild des Vertreters gehören?

Hat das schon mal jemand versucht? Ich habe nur ein Verfahren gegen einen Ingenieur ohne deutsche oder EPA-Zulassung gefunden, der sich auch noch regelmäßig selbst als Erfinder eingetragen hat - dass der verloren hat, wundert mich nicht so sehr...
 

maroubra

*** KT-HERO ***
Also mein Bauchgefühl sagt mir, dass das alles nicht mehr so heiß ist. Auch deutsche Patentanwälte dürfen ja keine allgemeine Rechtsberatung machen sondern nur im Rahmen der PAO.


Ein EPV (Patentvertreter ;-) )darf meiner Ansicht nach in allen Fragen, die den Dienstkreis des EPA (Europäisches Patentamt) betreffen, Rechtsberatung leisten. Die Vertretung vor dem EPA ist ebenfalls meiner Ansicht nach völlig unkritisch, das darf ein deutscher Patentanwalt ja gar nicht.


Also (keine Gewähr): Rechtsberatung hinsichtlich Anmeldung von Patenten: ok, Ausarbeitung von Patenten: ok, Einreichung und Vertretung vor dem EPA: ok, Patent-FTO ok.


Bei Designs, Sortenschutz, Marken, Gebrauchsmuster, Halbleitertopographien und Arbeitnehmererfindungsrecht sehe ich Schwierigkeiten, da diese das EPA nicht betreffen.
 

PK_Schach.Matt

*** KT-HERO ***
Für die Ausarbeitung einer FTO dürfte ein (reiner) European Patent Attorney IMHO Probleme bekommen, denn nach Art.64(3) EPC wird die Patentverletzung nach nationalem Recht behandelt. Ohne Kenntnisse des nationalen Rechts des jeweiligen Vertragsstaates, für die der European Patent Attorney die FTO abgibt, kann er diese gar nicht schreiben.
 

PriorArtDefense

SILBER - Mitglied
Darf ich fragen, welche Urteile es denn zu dieser Thematik gibt? Ich konnte bei meiner Recherche keine entsprechenden Entscheidungen auffinden, und die gängige Kommentarliteratur schweigt ebenfalls dazu, in wieweit ein (nur-)EP-Vertreter Rechtsberatung erbringen darf.
 

patatt

GOLD - Mitglied
Der EPA sollte ja wohl mindestens mal zum EPÜ und PCT beraten dürfen und in allen Verfahren vor dem IB und EPA tätig werden dürfen inklusive der Ausarbeitung und Einreichung von Europäischen Patentanmeldungen für internationale Mandanten. Wozu sonst sollte er einen Geschäftssitz gründen dürfen ?
 
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