Profil Patentanwalt, Technik und Recht?

Karl22

Schreiber
Hallo,

vorweg: Meine Frage ist sicherlich etwas ungewöhnlich, ich würde mich jedoch trotzdem über Antworten jeglicher Art freuen!

Ich bin 20 Jahre alt und studiere Rechtswissenschaften an einer Universität noch in frühem Semester. Ich mache mir schon seit längerem Gedanken über meine beruflichen Wünsche/Vorstellungen: Mich interessiert zwar einerseits das Recht, auf der anderen Seite bin ich auch stark technisch interessiert.

Ich habe mich gegen ein Studium im Ingenieursbereich entschieden, weil ich mir die Mathematik nicht zugetraut habe, sonst würde mich Maschinenbau reizen. Ich würde sagen, dass ich ein ganz gutes technisches Verständnis habe. Allerdings befürchte ich auch, dass ich eher der Typ "Bastler" als "Ingenieur" bin, d.h. eher praktisch.
Momentan bin ich etwas perspektivlos bzgl. meiner Zukunft (ja, das Ganze liegt noch in weiter Ferne). Da sich das Jurastudium bekanntermaßen zieht, würde mir eine konkrete Vorstellung sicherlich eine gute Motivation bieten.

Naja, bei meiner Suche nach einer Verbindung von Recht und Technik bin ich jetzt auf euch Patentanwälte gestoßen. Mir ist bewusst, dass ich mich zwar dafür gerade auf dem falschen Weg befinde, da man ja eine Naturwissenschaft studiert haben muss (Oder sind hier auch Anwälte, die das zweite Staatsexamen haben und Patentanwalt sind), aber rein hypothetisch gefragt: Könnte mich das interessieren?
Wenn ihr das Verhältnis der beiden Disziplinen gewichten müsstest, ist es eher eine rechtliche oder technische Tätigkeit?

Hoffe, dass derartige Fragen hier geduldet werden und ihr mich etwas aufklären könnt.
LG
 

PriorArtDefense

SILBER - Mitglied
1. Technisches Interesse ist schön und gut, aber wenn du dich gegen ein Maschinenbaustudium entschieden hast, weil du dir die Mathematik nicht zutraust, möchte ich dich darauf aufmerksam machen, dann du auf ein Staatsexamen zusteuerst, das dir deutlich mehr abverlangen wird als ein paar Scheine in linearer Algebra, Vektoranalysis und partiellen Differentialgleichungen es je könnten.

2. Ich weiß, dass es im Jurastudium üblich ist, die paar Wochen Pflichtpraktikum in irgendeinem Amtsgericht abzu"leisten", an dem man dann einmal wöchentlich eine Verhandlung mit ansieht, aber meine Empfehlung: Mach echte Praktika. Wenn du ein wenig suchst, findest du bestimmt eine Patentanwaltskanzlei, in der auch ein Rechtsanwalt tätig ist, der dir eine Praktikumsbescheinigung ausstellen kann. Oder geh in eine Industriepatentabteilung. Das gibt dir eine praxisnähere Perspektive auf das Berufsbild.

3. Falscher Weg ist relativ. Wenn ich noch einmal 18 wäre, würde ich mich für einen technischen Bachelor einschreiben und in den ersten Semestern Jura auf Staatsexamen locker nebenherstudieren, um dann mit einem abgeschlossenen Bachelor im Rücken mit Vollgas auf das Staatsexamen zu lernen. Es gibt tatsächlich einige Menschen in Deutschland, die sowohl Patent- als auch Rechtsanwälte sind. Inwiefern es lohnenswert ist, die ohnehin lange Ausbildung nochmal um sechs Jahre zu strecken, vermag ich nicht pauschal zu beurteilen. Es kommt wohl auf den Einzelfall an. Mit EQE, Dr. und LL.M. ist man dann gut und gerne 35 Jahre alt, bevor es richtig losgeht.

4. Wenn ich das Verhältnis der beiden Disziplinen (Recht und Technik) gewichten müsste, würde ich sagen, dass meine Tätigkeit (in einer Kanzlei) eher eine rechtliche Tätigkeit ist. 70:30. Allerdings gibt es insbesondere in Industriepatentabteilungen auch Kollegen, die jeden Tag mit Erfindern aus der F&E zu tun haben, technische Entwicklungen recherchieren und rechtliche Probleme lieber an Kanzleien herausgeben.

5. Ich denke, dass du dir für deine Frage - die mithin gedultet wird - das richtige Forum ausgesucht hast.

Gruß.
 
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Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Noch eine Anmerkung zu "falscher Weg": In Patentstreitfällen werden immer auch Rechtsanwälte mit solidem technischem Verständnis gesucht. Insofern könnte Dein Weg auch so aussehen, dass Du brav Jura fertig studierst und dann (erstklassiges Examen vorausgesetzt :p) in eine Kanzlei gehst, die sich mit gewerblichem Rechtsschutz und insbesondere Patentrecht befasst.
 

Karl22

Schreiber
Hallo PriorArtDefense, danke für deine Antwort!

Zu 1: Ja, das Staatsexamen (bzw. die) wird sicherlich keine leichte Nummer. Ich studiere derzeit erst im zweiten Semester, daher fehlt mir noch etwas der Bezug (oder sollte ich sagen die Angst? :D) zum Examen.
Weiterhin finde ich es interessant, dass hier gewissermaßen eine Art Ehrfurcht vor dem Examen herrscht. Da hier der überwiegende Teil vermutlich einen naturwissenschaftlichen Studiengang absolviert hat, werdet ihr wohl eher wenig Probleme mit Mathe haben. Zwar denke ich, dass mit Fleiß und Willenskraft einiges machbar ist, aber vor allem bei der Mathematik scheinen einige eher begabt zu sein, während andere dafür in anderen Bereichen glänzen.
Von daher finde ich es schwierig, den einen Studiengang pauschal als anspruchsvoller als den anderen abzutun. Ich denke weder Maschinenbau noch Jura sind leicht.
Ich zumindest war in Mathe immer nur so mittelmäßig, sprich im Durschnitt 3,0. Aber ich sollte mich wohl noch mal über den Stellenwert der Mathematik und meine persönlichen Kompetenzen in dem Bereich informieren.

Zu 2: Das habe ich mir auch schon gedacht. Bis zum 1. Examen muss ich drei Monate Praktikum nachweisen können. Das ist dann recht locker und muss zumindest mittelbar etwas mit Recht zu tun haben. Ich habe noch mal in der entsprechenden Ausbildungsverordnung nachgeschaut: Der Praktikumsleiter muss selbst nicht mal Volljurist sein.
Von daher stehen ganz oben auf der Liste: Patentanwalt und Rechtsabteilung eines größeren Unternehmens (vielleicht ja etwas technisches?).

Zu 3: Auch darüber habe ich nachgedacht. Erstens weiß ich aber nicht, ob ich mir das zutrauen würde. Ich finde das Jura-Studium bereits recht zeitintensiv, wüsste nicht wo ich jetzt einen zweiten Studiengang einschieben sollte. Ausschließen würde ich es dennoch nicht, stressig wird es dann aber ohne Frage.
Zweitens gibt es an meiner Uni leider nicht die Möglichkeit etwas im Ingenieursbereich zu studieren. Die nächste Uni wäre 2 Stunden weg, jedoch gibt es glaube ich eine FH ca. 30min entfernt. Naja, man soll ja träumen...aber momentan ziehe ich es eher nicht in Erwägung.

Zu 4: Danke für deine Einschätzung. Hängt aber sicher auch vom Einzelfall ab?

Zu 5: Das freut mich! Vielleicht möchten ja noch andere ihren Senf dazugeben?

LG
 

PriorArtDefense

SILBER - Mitglied
1. Von Ehrfurcht kann keine Rede sein ;-) Ich maße mir auch kein Urteil darüber an, welcher Studiengang für welchen Studenten wie schwer ist. Es geht eher darum, den Aufwand abzuschätzen, und der wird nunmal beim jur. Staatsexamen dadurch künstlich gesteigert, dass der Prüfling das gesamte Wissen zur selben Zeit abrufen können muss. Dafür muss der Jurist halt keine Masterarbeit o.Äh. schreiben. Die Mathescheine sind im Maschinenbau ja schließlich nur Grundlagenfächer in den ersten paar Semestern. Selbstverständlich ist alles aber immer auch eine Frage der persönlichen Neigung und Eignung.

2. Nunja, je nach Fakultät ist in der Prüfungsordnung ein Jurist gemeint, der mindestens das erste Staatsexamen absolviert hat. Wenn du dann fragst, ob du dein Praktikum bei einem Patentanwalt machen darfst, muss idR erstmal bei der nächsten Fakultätssitzung geklärt werden, was ein Patentanwalt ist und ob ein Patentanwalt auch ohne erstes Staatsexamen ein Jurist iSd Prüfungsordnung ist. Daher lieber eine Kanzlei bzw. Patentabteilung mit einem Rechtsanwalt nehmen, das spart Stress.

3. Der tatsächliche Nutzen einer Doppelqualifikation ist wie gesagt fraglich und die Umstände müssten auch stimmen.

4. Sicher.

5. Bestimmt ;-)
 
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