EPÜ Nachveröffentlichten SdT aus dem Prüfungsverfahren werfen

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Hallo Forum,

folgender Fall:

- DE-Prioanmeldung offenbart ABC
- EP-Nachanmeldung offenbart und beansprucht ABCD

Prüferbemängelung: Zeitrang der Nachanmeldung ist (ausschließlich wegen dem hinzugekommenen D) Anmeldetag nicht Prioritätstag -- soweit korrekt.

Stand der Technik im Prüfungsbescheid:

D1 offenbart AB
D2 (nachveröffentlicht im Prio-Intervall) offenbart CD

Angriff im Prüfungsbescheid: Patentanspruch mit ABCD ist nahegelegt durch D1 mit D2 -- soweit auch korrekt.

Kann ich nun so vorgehen:

D aus dem Patentanspruch streichen, so dass der Patentanspruch auf ABC lautet.
Damit rutscht der Zeitrang der Nachanmeldung wieder zurück auf den Prioritätstag, es entfällt obiger Angriff aus D1 mit D2, Patentanspruch wird erfinderisch.

Korrekt?
 
Zuletzt bearbeitet:

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Wenn die Prio für das spezielle ABCD nicht hält, dann hält sie auch nicht für das allgemeine ABC. Das streichen des Merkmals D dürfte an der Prio daher nichts ändern.

Hä? Wenn die Prioanmeldung ABC offenbart, aber nicht ABCD, dann hält die Prio zwar nicht für ABCD, aber sehr wohl für ABC.

Die Frage ist eher, ob in der EP-Nachanmeldung der Anspruch zu ABC geändert werden kann, das müsste dann auch dort so (d.h. ohne D, bzw. D als optionales Merkmal) offenbart sein (edit: wie schon korrekt von Lurchi festgestellt, hatte ich überlesen). Und rein formal könnte der Prüfer natürlich seine Zustimmung zu dieser Änderung verweigern ...
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Prüferbemängelung: Zeitrang der Nachanmeldung ist Anmeldetag nicht Prioritätstag -- soweit korrekt.

Wenn die Prio für das spezielle ABCD nicht hält, dann hält sie auch nicht für das allgemeine ABC. Das streichen des Merkmals D dürfte an der Prio daher nichts ändern.

OK -- hab das klarheitshalber im Eingangsbeitrag editiert:

Prüferbemängelung: Zeitrang der Nachanmeldung ist (ausschließlich wegen dem hinzugekommenen D) Anmeldetag nicht Prioritätstag.

Die Gefahr könnte darin liegen, dass ABC in der Nachanmeldung nur in Kombination mit D offenbart ist. Wenn dem nicht so ist, könnte das Vorhaben gelingen.

Gerade noch mal geschaut: Merkmal D ist in der Nachanmeldung dermaßen nicht in Kombination mit ABC offenbart, dass man ABCD sogar als mangelnd gestützt ansehen könnte :)

Ich werde dann mal hergehen und den Versuch starten wie eingangs beschrieben.

Danke @all und Grüße
Marc
 

PatFragen

*** KT-HERO ***
Also eine Änderung nach R.137II sollte drin sein, danach natürlich nur noch mit Zustimmung.
Ich habe auch schon bei Streichung eines Merkmals den interessanten Einwand des Prüfers gehört, dass der Anspruch dann "nicht mehr recherchiert" wäre, weil sich bei der Recherche auf die Merkmalskombination "CD" beschränkt wurde und das Merkmal C alleine nicht recherchiert wurde, weil das natürlich allseits bekannt wäre ;-).
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Ich habe auch schon bei Streichung eines Merkmals den interessanten Einwand des Prüfers gehört, dass der Anspruch dann "nicht mehr recherchiert" wäre, weil sich bei der Recherche auf die Merkmalskombination "CD" beschränkt wurde und das Merkmal C alleine nicht recherchiert wurde, weil das natürlich allseits bekannt wäre ;-).

An den potentiellen Einwand hatte ich auch kurz gedacht, er schien mir aber ein wenig zu weit hergeholt. Aber wie man sieht, muss man mit allem rechnen ...
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
An den potentiellen Einwand hatte ich auch kurz gedacht, er schien mir aber ein wenig zu weit hergeholt. Aber wie man sieht, muss man mit allem rechnen ...

Bei solchen Einwänden muss man dagegenhalten. Viele Prüfer wenden R. 137(5) EPÜ sehr "freestyle" an und behaupten, sie müssten etwas nicht prüfen, wenn es nicht recherchiert sei. Das stimmt aber nicht. Die Regel sagt:

"Amended claims may not relate to unsearchd subject-matter which does not combine with the originally claimed invention or group of inventions to form a single general inventive concept."

Zu dem Einwand gehört also auch zwingend ein Einheitlichkeitseinwand. Und um den zu erheben, muss der Prüfer nachrecherchieren. Wie soll er sonst wissen, ob durch das Weglassen eines Merkmals die Einheitlichkeit flöten geht?
 

PatFragen

*** KT-HERO ***
@ Pat-Ente

Nach meiner Erfahrung, muss man beim EPA mittlerweile eigentlich mit allem rechnen ;-).

@ Asdevi
Ich habe ja nicht gesagt, dass man nicht dagegen angehen sollte ;-).
Du musst da in meinen Augen zwischen der "ersten" Änderung und weiteren im Sinne von R137III unterscheiden (hab ich ja auch gemacht ;-) ).
Nehmen wir erstmal die weiteren Änderungen im Sinne von R137III. Da braucht der Prüfer keine wirkliche Begründung liefern und da ist es eher schwer gegen die Argumentation anzugehen. Da macht er keinerlei Aussage von wegen "Uneinheitlichkeit", sondern sagt nur: Der Anmelder hat keinen Rechtsanspruch auf weitere Änderungen und ich lehne die vorgenommene ab, und er liefert sogar noch eine Begründung dazu, um zu zeigen, dass es nicht einfach eine willkürliche Ablehnung ist. Da bringt, nach meinem Verständnis, eine Argumentation hinsichtlich "Einheitlichkeit" und R137V nicht viel, weil er die Regel ja gar nicht zieht ;-).
Wenn es die erste Änderung ist, wird es schwieriger für ihn. Da hat man einen Rechtsanspruch nach R137II auf die Änderung. Da muss er wirklich begründen, warum er Änderungen nicht akzeptieren will. Eine Möglichkeit ist da R137V. Aber was meinst du damit, dass ein Einheitlichkeitseinwand kommen muss? Meinst du in dem speziell hier nachgefragten Fall oder allgemein? Der neue Anspruchssatz kann sehr wohl einheitlich sein, obwohl er mit dem ursprünglichen Anspruchssatz "nicht einheitlich" wäre. Und der "Einheitlichkeitseinwand" nach Art 82 bezieht sich immer nur auf einen einzelnen Anspruchssatz, oder?
Im grundsätzlichen Fall ist auch keine Nachrecherche nötig, wenn schon der Gegenstand des ursprünglichen Anspruchs mit ABCD nicht erfinderisch ist, dann kann auch das bloße Weglassen des Merkmals D den Gegenstand nicht erfinderisch machen ;-). Hier ist es etwas atypisch, weil sich der "effektive Anmeldetag" (bzw. nach deutscher Nomenklatur "Zeitrang") und damit der Stand der Technik durch die Streichung ändert. Aber auch hier ist, im Falle dass der Gegenstand der ursprünglichen Ansprüche nicht erfinderisch ist (d.h. keinerlei erfinderische Idee beinhaltet), zwangsläufig gegeben, dass es auch keine gemeinsame erfinderische Idee mit irgendwie geänderten Ansprüchen geben kann ;-). Rein formal sehe ich auch hier keine Notwendigkeit einen Uneinheitlichkeitseinwand zu bringen. Interessengerecht und anmelderfreundlich ist das Ganze natürlich nicht ;-).

Diese Förmelei des EPA, die Unvorhersehbarkeit des Verhaltens des EPA und die Kosten sind auch in meinen Augen die Hauptgründe, warum man jeden größeren Unternehmen (zumindest im Bereich der Mechanik/E-Technik) nur davon abraten kann, noch weiterhin EPA-Anmeldungen einzureichen. Es gibt auch immer mehr Unternehmen, die nur noch in den wichtigen Ländern für Verletzungsklagen, nationale Anmeldungen betreiben, weil das völlig ausreichend ist, weil kein Konkurrent beispielsweise verschiedene Handys für verschiedene Märkte in Europa herstellen wird. Das habe ich auch schon nach Verhandlungen Prüfungsabteilungen und Beschwerdekammern sachlich mitgeteilt und bisher eher Interesse an solchen Infos bei den Mitgliedern erhalten und eher den Hinweis erhalten, dass sie es nachvollziehen können (wenn man dabei sachlich bleibt ;-) ). Also ein Aufruf an alle Vertreter erklärt (nach Verhandlungen ;-) ) den Abteilungen/Kammern auch durchaus mal eure allgemeinen Ansichten über das EPA. Dabei aber immer sachlich bleiben ;-).
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Danke für Eure weiteren Antworten.

Nur noch mal kurz zum Begriff "nachveröffentlichter Stand der Technik" bzw. "älteres Recht".

Dazu lese ich hier bei Kollege Metzler folgendes:

in Europa [ist] der (irgendwo in der Welt)
nachveröffentlichte Stand der Technik (z.B. gemäß Art 54 (3) EPÜ) nur für die Neuheit relevant, bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit werden solche Schriften jedoch nicht zugelassen (vgl. Art 56 EPÜ).

Entschuldigung, aber das ist doch glatt falsch?

Das muss doch ungefähr so heißen:

in Europa [ist] der (als europäische Patentanmeldung)
nachveröffentlichte Stand der Technik (z.B. gemäß Art 54 (3) EPÜ) nur für die Neuheit relevant, bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit werden solche Schriften jedoch nicht zugelassen (vgl. Art 56 EPÜ).

Ein (irgendwoanders in der Welt) nachveröffentlichter Stand der Technik wird vom EPA bei der Prüfung weder hinsichtlich Neuheit noch hinsichtlich Erfindungshöhe berücksichtigt.

Oder bin ich noch nicht ganz wach?
 

PatFragen

*** KT-HERO ***
Hallo Marc,

mit der Kürze des Zitats nicht eindeutig zu beantworten aber wohl eher nicht ;-).
Aber ich stimme dir mal zu, dass man es eindeutiger ausdrücken könnte.
Streng gesehen steckt das "als europäische Patentanmeldung" schon im "nachveröffentlicht" drin ;-). Das "nachveröffentlicht" und "Stand der Technik" beisst sich ja schliesslich erstmal. Gerettet wird der Widerspruch genau durch die "Definition" des Begriffs "nachveröffentlichter Stand der Technik", in die genau deine gewünschte Einschränkung mit reingesteckt wird ;-).

Und älteres Recht ist nunmal wieder was ganz anderes ;-).
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***

PatFragen

*** KT-HERO ***
Tschudligung Marc,

man sollte doch alles Lesen und nicht nur selber aufgrund nicht aller Infos interpretieren :).
Du hast Recht, was in der Quelle steht ist (nett ausgedrückt) nicht ganz richtig (ich habe gerade extra nochmal online nach Art 54III geschaut nicht, dass der geändert wurde :) ) und hat die Peinlichkeitsschwelle noch weiter als mein letzter Post überschritten ;-).

Ich hatte gedacht (ohne nachzusehen), dass du die Klammer mit dem Fettgedruckten zur Verdeutlichung dessen, was du meinst, eingefügt hattest. (Auch weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass jemand sowas tatsächlich schreibt :) ). Und wenn du das in der Klammer weglassen würdest, wäre meine Antwort einfach nur super :). Aber das steht im Original schon so drin und damit ist meine Antwort eher nur peinlich :).
 
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