EPÜ Fehlende Klarheit oder Ausführbarkeit oder was auch immer ...

Fip

*** KT-HERO ***
Es soll Einspruch gegen die Erteilung eines Patent eingelegt werden. Das Patent enthält zwei unabhängige Ansprüche in etwa wie folgt:


1. Verfahren zur Bearbeitung eines Werkstücks der Länge L in einer Werkstückaufnahme mittels eines Werkzeugs, gekennzeichnet durch die Verfahrensschritte ABC.


2. Vorrichtung zur Bearbeitung eines Werkstücks nach dem Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Werkstückaufnahme länger ist als die Länge L des Werkstücks, wobei ... (es folgen diverse Vorrichtungsmerkmale XYZ)


Mein "Problem" ist nun das Folgende: Mit der Vorrichtung, die alle Vorrichtungsmerkmale XYZ des Anspruchs 2 verwirklicht, lassen sich Werkstücke verschiedenster Länge bearbeiten. Derartige Vorrichtungen sind aus dem Stand der Technik eigentlich auch bekannt, allerdings nicht explizit für den Fall, dass die Werkstückaufnahme länger als das Werkstück ist.


Die Frage, ob die Werkstückaufnahme länger als das Werkstück ist, in der es bearbeitet wird, lässt sich der Vorrichtung mit den Merkmalen XYZ selbst nicht ansehen, sofern nicht das Werkstück hierin eingespannt ist. Ob oder ob nicht ein Fachmann, der die Vorrichtungserfindung nacharbeiten will, die Erfindung mit einer nach den Angaben des Patents nachgearbeiteten Vorrichtung tatsächlich umsetzt, entscheidet sich demnach erst, wenn man die Werkstücklänge kennt, die aber von einem zum anderen Bearbeitungvorgang variieren kann. Mal werden lange, mal kurze Werkstücke bearbeitet. Wenn also eine derartige Vorrichtung in der Werkhalle eines Betriebes steht, kann man anhand der Vorrichtung nicht entscheiden, ob es eine patentverletzende Vorrichtung ist oder nicht. Das klärt sich erst in dem Moment, in dem entweder ein im Verhältnis zur Werkstückaufnahme längeres oder kürzeres Werkstück tatsächlich in die Werkstückaufnahme eingelegt ist. Und streng genommen ist die Vorrichtung dann auch nur für die jeweilige Bearbeitungsdauer eines ausreichen kurzen Werkstücks patentverletzend.

Vor diesem Hintergrund stelle ich mir außerdem die Frage, ob die das Werkstück beschreibenden Merkmale den Gegenstand des Vorrichtungsanspruchs überhaupt mitbetstimmen. Denn abgesehen von dem oben skizzierten Problem wird man üblicherweise ja davon ausgehen, dass ein auf eine Vorrichtung mit Werkzeug zur Bearbeitung eines Werkstücks gerichteter Anspruch das Werkstück selbst nicht umfasst.

Ist das fehlende Klarheit, bestenfalls (weil Einspruchsgrund) fehlende Ausführbarkeit, oder keins von beidem? Ist das ein "verkappter" Verwendungsanspruch?

Dass ich natürlich mit fehlender Erfindungshöhe etc. argumentieren kann, ist klar. Darum solle es hier aber nicht gehen.
 

Groucho

*** KT-HERO ***
Hallo Fip,

im Erteilungsverfahren hätte die Klarheit bemängelt werden können, aber das Thema ist durch. Ausfübrbar ist die Erfindung, es kann ja ein kürzeres Werkstück als die Werkstückaufnahme eingespannt werden und das ist wohl auch beschrieben.

Ich würde das Merkmal als funktionelles Merkmal lesen, das eine Eignung ausdrückt. Die Werkstückaufnahme muss so ausgebildet sein, dass es überhaupt kürzere Werkstücke gibt, die eingespannt werden können. Wenn beispielsweise die von einer Maschine bearbeiteten Werkstücke eine bestimmte Mindestgröße haben, muss die Aufnahme größer als diese Mindestgröße sein, andernfalls könnte das Merkmal nicht verwirklicht sein.
 

Lurchi

SILBER - Mitglied
Ich sehe es auch so, dass es ein sehr breites funktionelles Merkmal ist. Es muss ein Werkstück geben, das kürzer als die Werkstückaufnahme ist und in der Vorrichtung verarbeitet werden. Wenn es solch ein Werkstück gibt, wäre die Vorrichtung nicht neu gegenüber der bekannten Vorrichtung.

Wenn es dieses Werkstück nicht gibt und somit in der Vorrichtung nur Werstücke verarbeitet werden können, die nicht kürzer als die Werkstückaufnahme sind, ist der Gegenstand neu. Ausführbarkeit ist meiner Meinung nach kein Thema. Klarheit hätte - wie hier bereits angemerkt wurde - im Prüfungsverfahren beanstandet werden müssen.
 
Zuletzt bearbeitet:

grond

*** KT-HERO ***
Ja, ich schließe mich den Vorrednern an. Du hast Dich etwas durch den Rückbezug verwirren lassen. Letztlich steht da nur, dass die Vorrichtung geeignet sein muss, ein Werkstück mit einer geringeren Länge einzuspannen.
 

Fip

*** KT-HERO ***
Grundsätzlich stimme ich Euch zu und mir soll das auch Recht sein, weil dann das Merkmal um so leichter angegriffen werden kann.


Mich hat nicht der Rückbezug irritiert, sondern die Tatsache, dass der Anspruch eine nicht als Eignungsangabe erkennbares "ist"-Merkmal enthält (im Gegensatz zu einem "geeignet für" Merkmal). Denn da steht ja im kennzeichnenden Teil "die Werkstückaufnahme ist länger ist als die Länge L des Werkstücks".
 

hyperandy

*** KT-HERO ***
Grundsätzlich stimme ich Euch zu und mir soll das auch Recht sein, weil dann das Merkmal um so leichter angegriffen werden kann.


Mich hat nicht der Rückbezug irritiert, sondern die Tatsache, dass der Anspruch eine nicht als Eignungsangabe erkennbares "ist"-Merkmal enthält (im Gegensatz zu einem "geeignet für" Merkmal). Denn da steht ja im kennzeichnenden Teil "die Werkstückaufnahme ist länger ist als die Länge L des Werkstücks".

Ja klar, die Formulierung ist natürlich etwas anders, aber es bleibt dabei: das Werkstück ist nicht Teil der Vorrichtung, die Vorrichtung ist durch die strukturellen Merkmale gekennzeichnet und sofern die sich nicht verändern, um etwa nur kleinere Werkstücke einzuspannen zu können, kann man das Merkmal einfach ignorieren.
 

ppa

GOLD - Mitglied
Hallo und frohes neues jahr


auch ich stimme dem zu. die zweckangabe der Vorrichtung ist bereits nicth einschränkend und gibt nur eine Eignung an, und die Angabe zu der Werkstückaufnahme ebenfalls. Immerhin muss aber ein so kleines Werkstück aufnehmbar sein
 
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