Von Uni um Erfindervergütung geprellt (ArbnErgG)

Marc

Schreiber
Hallo,

ich habe von befreundeten Patentanwälten gehört, dass bei vielen Universitäten sehr viel Unfug gemacht wird, wenn es um die Erfindervergütung geht. Bei manchen Erfindungen im Biotechbereich geht es ja um sehr viel Geld, wie z.B. Antikörper, die potentielle Krebstherapien darstellen. Ich weis von Fällen, bei denen die Uni beim Verkauf solcher Patente an die Pharmaindustrie mehrere Millionen Euro Erlös gemacht hat. Erfindern stehen 30% davon als Vergütung zu. Oft werden die jedoch anscheinend von der Uni darum geprellt. In der Regel merken die das nichtmal, da sie schon einige Jahre weg von der Uni sind und das Patent nicht mehr auf dem Schirm haben. Ich habe da von Konstrukten gehört, bei denen die universitäre Patentverwertungsagentur auch eine externe Firma betreibt, die Patentpakete billig aufkauft und dann weiter verkauft. Der Erfinder bekommt dann Anteile des günstigen ersten Kaufs. Kann das jemand bestätigen oder weiß jemand noch von anderen Machenschaften, durch die man als Unierfinder um seinen Erfinderanteil geprellt werden kann?

Viele Grüße
 

pak

*** KT-HERO ***
Ich habe da von Konstrukten gehört, bei denen die universitäre Patentverwertungsagentur auch eine externe Firma betreibt, die Patentpakete billig aufkauft und dann weiter verkauft. Der Erfinder bekommt dann Anteile des günstigen ersten Kaufs.

Das scheint tatsächlich eine traurige Wahrheit zu sein. Bei Firmen mitunter auch nicht ungewöhnlich, allerdings ist man dort wohl stärker darauf bedacht, die Erfinder/Mitarbeiter bei Laune zu halten. Insofern werden die Erfinder/Mitarbeiter dort nicht nur auf Grundlage des Verkaufspreises abgespeist.

pak
 

Marc

Schreiber
Bei Firmen ist doch vertraglich geregelt, dass Erfindungen dem Arbeitgeber gehören. Der Erfinder bekommt dann in der Regel 10.000€ Bonus bei Anmeldung des Patents. Wie funktioniert denn das Konstrukt bei der Uni genau? Wenn die Uni Gesellschafter der Firma ist, dann wechselt das Patent ja nicht wirklich den Besitzer und der Erfinder müsste auch aus dem zweiten Verkauf vergütet werden.
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Bei Firmen ist doch vertraglich geregelt, dass Erfindungen dem Arbeitgeber gehören.

Das ist nicht richtig, im Gegenteil: ArbnErfG

Der Erfinder bekommt dann in der Regel 10.000€

Das ist auch nicht richtig, jedenfalls nicht "in der Regel" und schon gar nicht "dann".

Bonus bei Anmeldung des Patents.

Es gibt einige Unternehmen, die das machen, vor allem in der Großindustrie. Irgendein Gesetz oder einen Anspruch darauf gibt es sonst außerhalb von betriebsinternen Regelungen nicht.

Wie funktioniert denn das Konstrukt bei der Uni genau? Wenn die Uni Gesellschafter der Firma ist, dann wechselt das Patent ja nicht wirklich den Besitzer und der Erfinder müsste auch aus dem zweiten Verkauf vergütet werden.

Wenn Du den Eindruck hast, als Erfinder irgendwo schlecht weggekommen zu sein, und befreundete Patentanwälte kennst, solltest Du umgehend einen von denen beauftragen, Deine Rechte wahrzunehmen. Solltest Du tatsächlich in einem Patentanwaltsbüro als Kandidat angefangen haben und Dich jetzt allgemein für das Thema Arbeitnehmererfindungen an Universitäten interessieren, kontaktiere Deinen Ausbilder, er hat sicher mehrere Akten zu dem Thema für Dich, bei denen Du alles von beiden Seiten beleuchten kannst.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

Marc

Schreiber
Vielen Dank für die ausführliche Antwort Blood for PMZ. Ich bin zur Zeit noch an der Uni, jedoch recht frustriert mit der Situation hier. Daher werde ich es bald einigen meiner ehemaligen Kommilitonen gleich tun und eine Patentanwaltsausbildung beginnen. Ich habe einige Ideen zu einer Technologie, die hier im Begriff ist, kommerzialisiert zu werden. Die würde ich gerne als Erfindermeldung einreichen, da die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass sie dann mit verwertet werden und ich eine Erfindervergütung bekomme. Allerdings wird es den Drahtziehern der Kommerzialisierung eventuell nicht gefallen, dass sie selbst nicht auf diese Ideen gekommen sind und mich am Ende dafür bezahlen - daher meine Frage, wie sehr ich mich auf die Rechtmäßigkeit der Vorgänge hier an der Uni verlassen kann.

Da ich von vielen Patentmauscheleien an Universitäten gehört habe, würde ich gerne wissen, welche Loopholes dafür üblicherweise ausgenutzt werden und wie ich mich davor schützen kann.
 

SwissPatEng

SILBER - Mitglied
Ich bin zur Zeit noch an der Uni,
Dann kommts natürlich fürs ArbEG darauf an, ob du mit der Uni ein Arbeitsverhältnis hast oder nicht.

Ich habe einige Ideen zu einer Technologie, die hier im Begriff ist, kommerzialisiert zu werden. Die würde ich gerne als Erfindermeldung einreichen, da die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass sie dann mit verwertet werden und ich eine Erfindervergütung bekomme.
Wenn du mit der Uni ein Arbeitsverhältnis (oder ggf ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis) hast MUSST du Erfindungen deinem Arbeitgeber sowieso melden (§5 und §18 ArbEG).

Da ich von vielen Patentmauscheleien an Universitäten gehört habe, würde ich gerne wissen, welche Loopholes dafür üblicherweise ausgenutzt werden und wie ich mich davor schützen kann.
"Wasserdichte" Loopholes gibt es nach meinem Wissensstand keine. Viele Erfinder (nicht nur an Unis) kennen das ArbEG und die ihnen daraus zustehenden Rechte aber zu wenig als dass sie sich gegen "Unsauberkeiten" bei der Erfindervergütung wehren würden. Wenn du schon weisst, dass du als Erfinder Rechte hast und allfällige Patente/-anmeldungen aus Uni-Zeiten nicht vergisst, sondern gelegentlich nachfragst, bist du eigentlich schon auf der sicheren Seite.
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Hallo Marc,

SwissPatEng hat die wichtigen Sachen schon gesagt. Vor allem: Du hast keine Wahl, als Angestellter musst Du melden.

Allerdings wundere ich mich ein bisschen. Wenn deine Darstellung so zutrifft, ziehst Du imho ziemlich eindeutig die falschen Schlüsse für Dich selbst.

Ich habe einige Ideen zu einer Technologie, die hier im Begriff ist, kommerzialisiert zu werden. Die würde ich gerne als Erfindermeldung einreichen, da die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass sie dann mit verwertet werden und ich eine Erfindervergütung bekomme. Allerdings wird es den Drahtziehern der Kommerzialisierung eventuell nicht gefallen, dass sie selbst nicht auf diese Ideen gekommen sind und mich am Ende dafür bezahlen.

Wenn Du an einer Technologie arbeitest, die gerade ins kommerzielle Rollen kommt, und dabei auch noch kreative Ideen beisteuern kann, sehe ich weder irgendeinen Grund für Frust noch für Deine anderen Überlegungen. Es sollte doch selbstverständlich sein, dass Du entweder bei einem offenbar gerade in Gründung befindlichen Startup mitmachst oder selbst einen aufziehst.

Genau dafür sind doch die exorbitant hohen Anteile an der Erfindervergütung bei Uni-Erfindungen auch gedacht. Du kaufst allein oder mit Partnern natürlich Deine Anmeldungen nach deren ordnungsgemäßer Meldung und Anmeldung selbst zurück. Wie das geht und wie man das steuerlich sinnvoll verhandelt, sollten Deine befreundeten Patentanwälte eigentlich wissen.

Entweder glaubst Du an deine Ideen und setzt Dein Erspartes und Deine Kontakte dafür ein, oder nicht. Nun als Alternative darauf zu zählen, über die Erfindervergütung an das stattdessen eingezahlte Ersparte oder eingeworbene Sponsorengeld Deiner etwas wagemutigeren jetzigen Mitstudenten und Betreuer zu kommen (darum würde es ja ganz grob gesagt bei der von Dir geschilderten Situation gehen), ist ein mühsamer und langwieriger Prozess, denn die werden genau wie Du sonst den Preis der Uni drücken wollen, Ratenzahlungen vereinbaren etc. Das finde ich eigentlich auch ganz verständlich und legal.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

Marc

Schreiber
Danke für Deine Antwort Blood for PMZ. Es stand auch zur Debatte, dass ich bei einem Spin-Off dabei sein könnte. Man hat mir aber einen meiner Meinung nach unfair niedrigen Anteil angeboten und war nicht verhandlichsbereit. Das hat mich frustriert und zu diesem Vorgehen bewogen.

Abgesehen davon ist die Erfindervergütung vergleichsweise attraktiv. Würde ich bei einem Spinoff partizipieren, müsste ich auf die Erfindervergütung verzichten. In die Patentfamilie wurde bereits so viel Geld investiert, dass sie nur durch Beteiligung eines Investors aufgekauft werden könnte und dieser wäre nicht damit einverstanden, dass von seiner Investition ein Teil direkt in die Taschen der Gründer fliesst. Die Patentabteilung hat schon anklingen lassen, dass sie für das Patent einen Preis im Bereich von 1Mio ansetzt. Dieser Preis wird bei der ersten großen Investitionsrunde nach ca. 1-2 Jahren fällig und als externer Erfinder würde ich da bereits meine Vergütung erhalten. Das eine erste Finanzierungsrunde zustande kommt, halte ich für sehr wahrscheinlich aber das die Technologie so weit kommt, dass die Firma gekauft wird, halte ich für wesentlich unwahrscheinlicher, da noch viele technologischen Hürden genommen werden müssen. Die Gründer würden erst bei diesem unwahrscheinlichen Exit eine finanzielle Vergütung erhalten. Diese wird jedoch nicht im Verhältnis zum Arbeitsaufwand und Risiko stehen wenn man es überschlägt, zumindest nicht für mich mit den mir zugestandenen Firmenanteilen.
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
In die Patentfamilie wurde bereits so viel Geld investiert, ...

Wenn die Erfindung bereits angemeldet ist, dann bist Du wohl ein wenig spät dran mit Deiner Erfindungsmeldung ... und wenn es eine weitere Erfindung ist, die neu anzumelden wäre, dann gelten natürlich alle Erwägungen der Vorposter, insbesondere bist Du als Angestellter zur Meldung verpflichtet.

Übrigens, wenn Du irgendwann der Meinung sein solltest, zu wenig Erfindervergütung erhalten zu haben und Dich mit dem Arbeitgeber nicht einigen kannst, gibt es die Möglichkeit, die Schiedsstelle anzurufen, siehe http://www.dpma.de/amt/aufgaben/schiedsstellearbeitnehmererfindungen/index.html
 
Zuletzt bearbeitet:

Marc

Schreiber
Tausend Dank für den Hinweis bezüglich der Schiedsstelle, Pat-Ente!! Natürlich ist mir klar, dass ich die Erfindung melden muss und auf eigene Faust wenig Chancen habe, sie parallel zu vermarkten. Es hat mir nur widerstrebt, da ich das Gefühl habe, dass meine Rechte leicht übergangen werden könnten. Diese Sorge hast Du mit Deinem Hinweis deutlich gelindert. Verhilft die Schiedsstelle denn wirklich dem Erfinder zu seinem Recht oder ist es nur eine Proforma-Institution. Meine Idee besteht darin, das Grundprinzip der Technologie auf eine andere Molekülklasse zu übertragen und das ist in diesem Fall nicht naheliegend. Demnach würde es substantiellen Wert zu der Patentfamilie beitragen.
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Verhilft die Schiedsstelle denn wirklich dem Erfinder zu seinem Recht oder ist es nur eine Proforma-Institution.

Zumindest sind Entscheidungen der Schiedsstelle bekannt, in denen den Erfindern wesentlich mehr zugesprochen wurde als der Arbeitgeber anfangs zu zahlen bereit war; aber das hängt eben wesentlich vom (zu ermittelnden) Wert der Erfindung für den Arbeitgeber ab.
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Angst davor, von der Uni um Erfindervergütung geprellt zu werden (ArbnErfG)

In Ergänzung zu Pat-Entes Hinweisen sei noch angemerkt, dass die Schiedsstelle natürlich nicht "dem Erfinder zu seinem Recht verhilft", sie ist weder Robin Hood noch Peter Zwegat. Sie ist auch kein Ombudsmann oder etwas in dieser Art, sondern eine neutrale Stelle, die Arbeitnehmer oder (sehr selten, aber natürlich möglich) auch Arbeitgeber anrufen können, wenn sie in Fragen zur Arbeitnehmervergütung eine unterschiedliche Auffassung haben.

Die Schiedsstelle unterbreitet im rein schriftlichen Verfahren einen Vorschlag für beide Seiten. Also gibt es keine Show oder großartige Vorführungen oder Zeugenvernehmungen. Die Schriftsätze lässt Du sinnvollerweise von einem Deiner befreundeten Patentanwälte abfassen. Der Vorschlag ist häufig recht pragmatisch, was aber durchaus zweckmäßig sein kann. Jeder trägt seine eigenen Kosten, also ist das Risiko auch bei totalem Misserfolg überschaubar, Du musst halt den befreundeten Kollegen bezahlen. Der Weg zur Schiedsstelle ist gängig.

Ansonsten gebe ich angesichts Deiner recht freimütigen Schilderungen zum Streitgegenstand noch zu bedenken, dass hier sowohl die Kollegen mitlesen, die die Uni beraten, wie auch die, die den in Aussicht genommenen Nutzer der Erfindungen vertreten, und auch die, die Deinen Professor beraten. Und wenn es nicht diese Kollegen selbst sind, dann deren Kandidaten. Solche Threads mit vielen Sachinformationen und Andeutungen zu echten Fällen sprechen sich auch schnell herum. Da werden dann NSA, Wikileaks und netzpolitik.org nicht mehr gebraucht.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 
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