"Der Öffentlichkeit zugänglich gemacht" bei Verkuf - welches Datum, Versand/Empfang

Gerd

*** KT-HERO ***
"Der Öffentlichkeit zugänglich gemacht" bei Verkuf - welches Datum, Versand/Empfang

Hi,

angenomen ein Gerät, basierend auf einer Erfindung A, wird am Tag X verkauft (Vertragsabschluss ohne Details zur Erfindung), am Tag Y verschickt (normales Paket, nicht als offene Warensendung oder mit dem Zusatz "Darf zu Prüfungszwecken geöffnet werden") und geht am Tag Z beim Käufer ein.

Wann muss die Anmeldung spätestens eingereicht werden (worden sein)?

Ich schwanke etwas zwischen Y und Z. Am Versandtag hat der Verkäufer das Gerät aus der Hand gegeben, aber üblicherweise darf ein Paket ja von den Paketdiensten nicht geöffnet werden, was einer konkludent vereinbarten Geheimhaltungsverpflichtung entsprechen könnte.

Also tendiere ich eher zu Z, also dass die Anmeldung spätestens am Tag des Eingangs des Gerätes beim Käufer erfolgen muss, um Neuheit usw. zu wahren.

Die Urteile und Entscheidungen, die ich gelesen habe, haben mir leider nicht weiterhelfen könen.
Kennt sich da jemand aus?

Gruß
Gerd
 

pak

*** KT-HERO ***
AW: "Der Öffentlichkeit zugänglich gemacht" bei Verkuf - welches Datum, Versand/Empfa

Ich würde auf den Tag des Zugangs tippen (also Tag Z), zumal erst an diesem Tag die "objektive Möglichkeit geschaffen wurde, dass Fachleute das Wesen der Erfindung zu erkennen vermögen".

Gruß

pak
 

grond

*** KT-HERO ***
AW: "Der Öffentlichkeit zugänglich gemacht" bei Verkuf - welches Datum, Versand/Empfa

Ich tendiere zu X: der Käufer hätte unangemeldet beim Verkäufer erscheinen und die Herausgabe seiner Ware verlangen können.
 

W204

Vielschreiber
AW: "Der Öffentlichkeit zugänglich gemacht" bei Verkuf - welches Datum, Versand/Empfa

Ich tendiere zu X: der Käufer hätte unangemeldet beim Verkäufer erscheinen und die Herausgabe seiner Ware verlangen können.
Das kommt auf den Inhalt des Kaufvertrages an. Wenn beispielsweise das Produkt erst hergestellt werden muss, dann denke ich nicht, dass das Datum des Kaufvertrages maßgebend ist.

Und auch wenn der Käufer beim Verkäufer erscheinen hätte können, hat er das wohl nicht gemacht. Das Produkt wurde ja geliefert... Wenn er erschienen wäre und das Produkt verlangt hätte, wäre es ab da der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Ist es aber nicht...

Ich tendiere auch zu Z, wegen den obigen Argumenten.
 

grond

*** KT-HERO ***
AW: "Der Öffentlichkeit zugänglich gemacht" bei Verkuf - welches Datum, Versand/Empfa

Das kommt auf den Inhalt des Kaufvertrages an. Wenn beispielsweise das Produkt erst hergestellt werden muss, dann denke ich nicht, dass das Datum des Kaufvertrages maßgebend ist.

Das ist richtig, dazu fehlten aber schlicht die Sachverhaltsangaben.


Und auch wenn der Käufer beim Verkäufer erscheinen hätte können, hat er das wohl nicht gemacht. Das Produkt wurde ja geliefert... Wenn er erschienen wäre und das Produkt verlangt hätte, wäre es ab da der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Ist es aber nicht.

Es reicht aber die Möglichkeit zur Kenntnisnahme. Was tatsächlich passiert ist, ist irrelevant. Deshalb ist ein Gebrauchsmuster auch mit Eingang beim DPMA Stand der Technik, weil rein theoretisch jemand Akteneinsicht (in noch nicht angelegte Akten...) hätte verlangen können, nicht erst mit Eintragung.
 

Gerd

*** KT-HERO ***
AW: "Der Öffentlichkeit zugänglich gemacht" bei Verkuf - welches Datum, Versand/Empfa

Hi,

es sei angenommen, dass das Produkt extra hergestellt werden muss und dass Lieferung durch Versand vereinbart ist, ohne Einräumung einer Selbstabholungs-Option.

Gruß
Gerd
 

Fip

*** KT-HERO ***
AW: "Der Öffentlichkeit zugänglich gemacht" bei Verkuf - welches Datum, Versand/Empfa

Es reicht aber die Möglichkeit zur Kenntnisnahme. Was tatsächlich passiert ist, ist irrelevant. Deshalb ist ein Gebrauchsmuster auch mit Eingang beim DPMA Stand der Technik, weil rein theoretisch jemand Akteneinsicht (in noch nicht angelegte Akten...) hätte verlangen können, nicht erst mit Eintragung.



Das sehe ich nicht ganz so, vor allem sehe ich nicht, dass es egal ist, was tatsächlich passiert ist bzw. passieren könnte. Ein Gebrauchsmuster ist schon gar nicht mit Eingang beim DPMA Stand der Technik. Ich vermute, Du verwechselst hier etwas.


Prüfungsrichtlinien EPA, Teil G, Kapitel IV-1:
"Beispielsweise sind deutsche Gebrauchsmuster schon ab dem "Eintragungstag", d. h. dem Tag ihrer Eintragung in das Gebrauchsmusterregister, und damit noch vor der "Bekanntmachung im Patentblatt" öffentlich zugänglich."


Bei einer vermeintlichen offenkundigen Vorbenutzung gilt (BGH X ZR 6/13 - Presszange):



"Ein Angebot, das nicht an die Öffentlichkeit, sondern an einen (potentiellen) Vertragspartner gerichtet ist, stellt nur dann eine offenkundige Vorbenutzung dar, wenn die Weiterverbreitung der dem Angebotsempfänger damit übermittelten Kenntnis an beliebige Dritte nach der Lebenserfahrung nahegelegen hat. Ist das Angebot auf die Herstellung eines erst noch zu entwickelnden Gegenstands gerichtet, kann dies nicht ohne weiteres angenommen werden."


Es kommt darauf an, ob nach der Lebenserfahrung eine Weiterverbreitung an beliebige Dritte nahegelegen hat oder nicht. Es geht gar nicht notwendiger Weise um die Übermittlung der Kenntnisse oder des Gegenstandes an den Käufer, sondern um die Frage, ab welchem Zeitpunkt man annehmen muss, dass eine Weiterverbreitung der Kenntnisse an beliebige Dritte stattfindet. Damit kommt es weder (notwendiger Weise) auf den Inhalt des Kaufvertrags, noch (notwendiger Weise) auf die Lieferung an, sondern, wenn man so will, darauf, ab wann die Gesamtumstände nach der Lebenserfahrung eine unkontrollierte Verbreitung der Erkenntnisse haben erwarten lassen.


(Verflixt, wie kriege ich diese Schriftgröße nach Copy/Paste Maßnahmen einheitlich eingestellt ... ?)
 

W204

Vielschreiber
AW: "Der Öffentlichkeit zugänglich gemacht" bei Verkuf - welches Datum, Versand/Empfa

Hi,

es sei angenommen, dass das Produkt extra hergestellt werden muss und dass Lieferung durch Versand vereinbart ist, ohne Einräumung einer Selbstabholungs-Option.

Gruß
Gerd
Dann würde ich mich auf den Standpunkt stellen, dass es erst mit Lieferung, also am Tag Z frühestens der Öffentlichkeit zugänglich geworden ist. Soll der andere doch nachweisen, dass er früher Bescheid wusste.

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Edit: frühestens eingefügt
 
Zuletzt bearbeitet:

grond

*** KT-HERO ***
AW: "Der Öffentlichkeit zugänglich gemacht" bei Verkuf - welches Datum, Versand/Empfa

FIP, Du hast natürlich recht. Eintragung, nicht Zugang. Bezüglich der weiteren Fragen, auch da hast Du recht, es kommt darauf an, wie sich das Verhältnis zwischen dem Hersteller und dem Auftraggeber tatsächlich gestaltet.
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
AW: "Der Öffentlichkeit zugänglich gemacht" bei Verkuf - welches Datum, Versand/Empfa

Hallo,

die oben von Fip schon ganz richtig herangezogene Entscheidung "Presszange" ist übrigens im neuesten Heft der Mitteilungen der deutschen Patentanwälte (Mai 2015, Seite 221) abgedruckt.

Da der BGH den von Fip schon wörtlich zitierten Abschnitt gleich zum amtlichen Leitsatz gemacht hat, darf man sich wohl darauf einstellen, dass genau das a) zukünftig in allen solchen Situationen von Prüfern/Richtern/Gegnern zitiert werden wird, b) in einer der nächsten Prüfungen Teil einer Aufgabenstellung werden könnte. Insoweit interessant wird die Sache erst ab Abschnitt [31] auf Seite 223, vorne ist es nur das übliche Druckschriftengefecht in Nichtigkeitsverfahren.

Ich finde die Argumentation des BGH ganz plausibel, in weitgehender Übereinstimmung mit früheren Entscheidungen und auch nicht zu komplex, deshalb mein Tipp zur Prüfungsrelevanz. Und nein, ich war beim Verfahren nicht beteiligt und nicht Urheber der Argumentation (;-)). Die Frage vom Threadstarter Gerd passt so genau zum Thema, dass ich mich stattdessen frage, ob seine Kanzlei vielleicht ..., aber dann wäre es Anfang Mai zu spät gewesen, danach zu fragen.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 
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