PAP (p) Praktische Prüfungsaufgabe II/2014

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Patentanwaltsprüfung II/2014 - Praktische Prüfungsaufgabe - Lösungsvorschlag

Teil I
Löschungsklage (hilfsweise Übertragung) der Marke Edelmann & Rossi von Dr. Schlitzohr (E&R-DE, E&R-EU)

E&R-DE
Ein Klage gemäss §51(1), §55 MarkenG zur Löschung der deutschen Marke könnte aufgrund einer Agentenmarke §11 MarkenG eingereicht werden. Dazu müsste das Agentenverhältnis bei Eintrag der Marke noch bestanden haben. Da das Vertreterverhältnis einseitig von Dr. Schlitzohr beendet wurde und die E&R GmbH noch im Spätsommer davon ausging, Markeninhaber zu sein, kann davon ausgegangen werden, dass ein Vertreterverhältnis bestand. Zudem hat die E&R GmbH nie einen Auftrag zur Aufgabe der Marke gegeben und man sinnvollerweise davon ausgehen kann, dass mit der Einreichung einer Marke auch die Anmeldegbühr gezahlt wird.

Voraussetzung für eine Klage ist ein bestehendes älteres Recht §10 MarkenG, wir sind Besitzer einer notorischen Marke "Edelmann&Rossi", die in gewissen Kreisen bis heute für Qualität und sportliche Eleganz steht.

Aus der Geschäftsbeziehung "Edelmann & Rossi GmbH" §5, §12 MarkenG können in diesem Zusammenhang vermutlich keine Rechte abgeleitet werden, da aus dem Handelsregister "Herstellung, Vertrieb und Reparatur von Kraftfahrzeugen" gelöscht wurde und sich §5 MarkenG an "beteiligte Verkehrskreise" richtet.

Alternativ (nicht hilfsweise) könnte eine Übertragung der Marke eingeklagt werden (§17 MarkenG). Der Klageantrag ist darauf zu richten, gegenüber dem DPMA in die Umschreibung der Marke auf den Geschäftsherren einzuwilligen (vgl. §28 III Nr. 1 DPMAV).

Die Löschungsklage oder die Klage auf Übertragung der Marke sollte eine sinnvolle Aussicht auf Erfolg haben.

Alternativ könnte man einen Löschungsantrag §50 iVm §8(2) Nr. 10 einreichen, da die E&R GmbH davon ausgehen musste, dass die Markenanmeldung von Dr. Schlitzohr bösgläubig hinter dem Rücken des Kunden stattgefunden hat.

E&R-GM
Der Übertragungsanspruch ergibt sich aufgrund von Art. 18 GMV. Hier ist für mich keine Löschung ersichtlich.

Parallel kann man einen Widerspruch gegen die Marke E&R-EU beim HABM einreichen (Art. 53 (1) b) iVm Art. 8(3) GMV). Die Marke E&R-EU könnte hier für nichtig erklärt werden.

Widerspruch E&R-GM gegen unsere deutsche Marke E&R

Der Widerspruch nach §42 (1) MarkenG der Marke E&R-EU gegen die deutsche Marke E&R muss innerhalb von drei Monaten eingereicht werden.

Inhaber (+) der
älteren Marke (E&R-EU, §125b MarkenG) (+)
drei Monate (24.02.2012 -> 15.05.2012) (+)

Frist- und formgerecht eingelegt.

Da noch keine fünf Jahre vergangen sind, ist keine Einrede mangels Benutzung möglich (§43(1) S. 1,2 MarkenG).

In diesem sollte das Verfahren über den Widerspruch ausgesetzt werden, bis über die Gültigkeit der Marke E&R-EU entschieden ist (§43(3) MarkenG).

Da wir gute Chancen sehen, die Marke E&R-EU auf die E&R GmbH zu übertragen, scheint eine Zurückweisung des Widerspruchs wahrscheinlich (§42(2) S.2 MarkenG).

Widerspruch E&R-EU gegen den EU-Teil der IR-Marke (E&R-IR-EU)

Fristgerechte Einlegung innerhalb von drei Monaten (-)
Die Veröffentlichung dieser IR-Marke erfolgte am 6.09.2012 durch die WIPO. Drei monatige Frist endet am 06.12.2012. Einlegung am 12.12.2012.

Der Widerspruch gilt als nicht erhoben.


Teil II

Gemäss §45(1) MerkenG können Eintragungen von Amts wegen zur Berichtigung von Schreibfehlern geändert und die berichtigte Eintragung veröffentlicht werden.

Die Widerspruchsfrist §42(1) MarkenG der alt veröffentlichten Marke "UI-WBK" wurde eingehalten, da der Widerspruch drei Monate nach der Veröffentlichung der Marke eingelegt wurde.

19.07.2013 -> 18.10.2013
per Fax (§11 DPMAV) (+)
Gebühr (+)
vom Inhaber (+) der Widerspruchsspruchsmarke (+).

Widerspruch wurde eingelegt, die erneute Veröffentlichung ändert daran nichts, ausser dass nun gegen "EI-WBK" argumentiert werden muss.

Eine Wiedereinsetzung ist nicht erforderlich, zumal die Widereinsetzung gegen Widersprüche gesetzlich ausgeschlossen ist (§91 S.2 MarkenG).

Der Widerspruch gemäss §42(1) ist auf §9(1) Nr. 2 gestützt, d.h. Ähnlichkeit der eingetragenen Marken und Ähnlichkeit/Identiät der Waren und Dienstleistungen, so dass hier Verwechslungsgefahr besteht.

Die Verwechslungsgefahr (VwG) ist in einer zusammenfassenden Würdigung der Faktoren

· Grad der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit
. Kennzeichnungskraft (KK) und
· Zeichenähnlichkeit

zu beurteilen.

Eine geringere KK kann durch eine höhere Warenähnlichkeit oder einen höheren Grad der Markenähnlichkeit ausgeglichen werden (und umgekehrt).

Grad der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit
"Versicherungswesen, Finanzwesen, immobilienwesen" (Klasse 36) sind hochgradgradig ähnlich (oder identisch) mit "Immobilienwesen, Vermittlung von Krediten und Versicherungsverträgen für Immobilien"

"Datenverarbeiungsgeräte und Computer" (Klasse 9) ist ähnlich mit "Wartung und Reparatur von Hardware für datentechnische Anlagen für Netzwerksysteme" (Klasse 37)

Obwohl eine Dienstleistungsklasse vorliegt, und eine Ware mit Klasse 9 beansprucht wird, wird der durchschnittlich informierte Verbraucher denken, dass die Dienstleistungen und die Waren von ein und demselben Unternehmen stammen. Insofern besteht hier VwG.

"Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software" (Klasse 42) ist identisch mit "Entwicklung von Computerhardware und -software" (Klasse 42).

"wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerarbeiten" (Klasse 42) sind ein allgemeiner Begriff von "Bau- und technische Beratung; technische Vorbereitung von Bauvorhaben" (Klasse 42) und damit wird ein durchschnittlich informierter Verbraucher Dienstleistungen der beteiligten Unternehmen verwechseln.

KK

KK ist die einer Marke innewohnende Fähigkeit, sich beim Publikum als Marke einzuprägen. Sie ist als normal anzusehen, wenn die Marke sich uneingeschränkt zur Unterscheidung der Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von den Waren und Dienstleistungen anderer Unternehmen unterscheidet, im Verkehr aber noch nicht in größerem Umfang in Erscheinung getreten ist.

Die KK der Marke "WBK" für Wohnungssbaukreditvergabe AG scheint unterdurchschnittlich zu sein, da es sich um eine Abkürzung handelt. Dies gilt mindestens für die Klassen 36, 42, 37, sofern Wohnungsbau, immobilienwesen, Hoch- und Tiefbauarbeiten, Bau- und technische Beratung; technische Vorbereitung von Bauvorhaben handelt.

Für "Wartung und Reparatur von Hardware für datentechnische Anlagen" und "Entwicklung von Computerhardware und -software" wird von einer durchschnittlichen KK ausgegangen.

Zeichenähnlichkeit

Die Marke "EI-WBK" unterscheidet sich von der Marke "WBK" durch die Silbe "EI".

Der durchschnittlich informierte Verbraucher wird in diesem Zusatz "EI" zu der Marke "WBK" keinen Unterschied finden. Der Teil "EI" tritt gegenüber der Marke "WBK" zurück. Vielmehr wird der Verbraucher denken, dass es sich um eine weitere Marke der Wohnungsbaukreditvergabe AG handelt, da das kennzeichnende "WBK" hier der charakterisierende Teil der Marke ist. Der Verbraucher wird also an eine Serienmarke denken. Somit ist VwG gegeben.

Trotz der geringeren KK der Marke ist bei hochgradig ähnlichen (oder identischen) Waren und Dienstleistungen VwG gegeben.

Es besteht allerdings die Möglichkeit, dass der Widerspruchsgegner Einrede mangelnder Benutzung macht (§43 S.1, 2 MarkenG). Die Benutzung muss dann z.B. durch eine eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht werden (§43(1) iVm §26 MarkenG). Die Argumente der Widerspruchsgegnerin, dass seine Marke ausschließlich im Bereich der Gastronomie benutzen würde, gehen insofern ins Leere als sich der Widerspruch gegen die für Waren und Dienstleistungen eingetragene Marke richtet (§43(2) MarkenG).
 
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