PAP (p) Praktische Prüfungsaufgabe I/2013

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Patentanwaltsprüfung I/2013 - Praktische Prüfungsaufgabe - Lösungsvorschlag

Teil I:
Fragen:

1. a) Welche Ansprüche aus welchen Anspruchsgrundlagen bzw. Rechtsgrundlagen könnte Ihre Mandantin geltend machen und welche Voraussetzungen gelten für diese jeweils?

§38 (1) DesignG. Das eingetragene Design gewährt seinem Rechtsinhaber das ausschließliche Recht, es zu benutzen und Dritten zu verbieten, es ohne seine Zustimmung zu benutzen. Eine Benutzung schließt insbesondere die Herstellung, das Anbieten, das Inverkehrbringen, die Einfuhr, die Ausfuhr, den Gebrauch eines Erzeugnisses, in das das eingetragene Design aufgenommen oder bei dem es verwendet wird, und den Besitz eines solchen Erzeugnisses zu den genannten Zwecken ein.

Der Inhaber hat im Falle einer unterlaubten Handlung Recht auf Beseitung, Unterlassung, (§42 DesignG) bei Benutzung, Vernichtung, Unterlassung (§43 DesignG) bei rechtswidrig hergestellten, verbreiteten oder zur rechtwidrigen Verbreitung bestimmten Erzeugnisse und sofern fahrlässig handelnd Schadenersatzansprüche (§43 (2) DesignG), Auskunft (§46 DesignG), Besichungsanspruch (§46a) bei hinreichender Wahrscheinlichkeit einer Rechtsverletzung, Sicherungsanspruch (§46b) bei einer in gewerblichem Ausmaß begangenen Rechtsverletzung.

1. b) Welche vorgerichtlichen Maßnahmen würden Sie Ihrer Mandantin empfehlen? Warum? Welchen Inhalt und welche Wirkungen haben diese?

Da der mutmassliche Verletzer die Uhr kannte und mutlich böswillig handelte, würde ich empfehlen auf eine Berechtigungsanfrage verzichten und direkt eine Abmahnung schicken und den mutmasslichen Verletzer zu einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordern, um eine Wiederholungsgefahr auszuräumen. Die Abmahnung erlaubt es dem Verwarner lediglich, das Schutzrecht gegebenenfalls ohne gerichtliche Hilfe durchzusetzen, und bewahrt ihn vor der Kostenlast des §93 ZPO (sofortige Anerkennung), wenn sich der Verwarnte erst im gerichtlichen Verfahren unterwirft.

1. c) Bei welchen Gerichten könnte eine Klage im Hinblick auf die unter 1) erörterten Anspruchsgrundlagen eingereicht werden? Zu welchem Zeitpunkt würden Sie Ihrem Mandanten empfehlen, die Klage einzureichen? Wie weit reicht die Kognitionsbefugnis eines angerufenen deutschen Gerichts, wenn Cheapwatch seinen Sitz in Österreich hätte?

Es sind spezialisierte Landgerichte sind gemäss §52(1), (2) DesignG zuständig, wobei Klageort Sitz der Fa. Cheapwatch KG sein kann (§12, 17 ZPO) oder Ort der unerlaubten Handlung (§32 ZPO), also beim Anbieten über das Internet überall. Da Anbieten über das Internet geschieht und damit der Ort der unerlaubten Handlung auch Deutschland ist, hat ein Deutsches Gericht auch Kognitionbefugnis.

1. d) Wie beurteilen Sie die materiellen Erfolgsaussichten der Klage? (mögliche Ansprüche aus UWG sollen hier außer Acht bleiben)

Geschützt sind eine bestimmte Ausgestaltung eines Ziffernblattes (Armbanduhr / Taschenuhr). Die Eigenart liegt weniger in Markenname und -symbol, sondern in Zeigerform, Ziffern und der individuellen Ausgestaltung der Ziffernblattes. Demgegenüber denke ich, dass die materiellen Erfolgsaussichten einer Klage sehr gut sein werden.


2) Ihre Mandantin teilt Ihnen mit, daß Hr. Designato behauptet, er hätte die Uhr mit Armband als neues Design dem Schutzrechtsbeauftragten Ihrer Mandantin gemeldet. Er sei der Auffassung, daß das Geschmacksmuster ihm und nicht der Clocks GmbH gehöre, da Ihre Mandantin das Design nicht "in Anspruch genommen" hätte. Was teilen Sie Ihrer Mandantin in diesem Zusammenhang mit?

§7(2) DesignG. Wird ein Design von einem Arbeitnehmer in Ausübung seiner Aufgaben oder nach den Weisungen seines Arbeitgebers entworfen, so steht das Recht an dem eingetragenen Design dem Arbeitgeber zu, sofern vertraglich nichts anderes vereinbart wurde.

Es gibt bei einem Design keine Inanspruchnahme, wie bei Patenten, es muss bei dem Sachverhalt davon ausgegangen werden, dass dies gemäss §7(2) Designgesetz auf den Arbeitgeber (Clock GmbH) übergegangen ist.


3) Ihre Mandantin teilt Ihnen weiterhin mit, daß am 10. Februar 2013 eine Fachmesse für Uhren und Schmuck beginnt auf der sie selbst ausstellt. Sie befürchtet ein Ausstellen und Bewerben der von ihr kreierten Uhr durch die Fa. Cheapwatch. Welche Möglichkeiten bestehen hier, ein Ausstellen und/oder Bewerben der Uhr auf der Messe zu verhindern bzw. schnellstmöglich zu beenden und welche Voraussetzungen gelten hierfür jeweils?

Clock GmbH hat Anspruch auf Unterlassung (§42 DesignG) und kann seine Ansprüche nach §§ 935 ff. ZPO im Wege der einstweiligen Verfügung sichern, wenn durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung seiner Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Verfügungsgrund). Ein solcher Verfügungsgrund könnte in der unmittelbar bevorstehenden Messe liegen. Die Wirkung der bevorstehenden Einwirkung auf das Fachpublikum mit der Vorstellung des geschützten Designs ist durch ein späteres Hauptsacheverfahren nicht mehr rückgängig zu machen. Clock GmbH kann sich nicht einmal gezielt an die potentiellen Abnehmer wenden, die anonym die Zeitschriften kaufen bzw. die Messe besuchen und anschließend in alle Winde zerstreut sind. Damit ist die Dringlichkeit für eine vorläufige Regelung, also ein Verfügungsgrund, gegeben. Die Rechtsverletzung muss glaubhaft gemacht werden (§294 ZPO).


Teil II:

Formulieren Sie eine interne Stellungnahme zu den vorstehenden Fragen. Dabei sollen die praktischen Hinweise im Vordergrund stehen, die es dem Vorstandsvorsitzenden A ermöglichen, das Risiko einzuschätzen und danach die nächsten Schritte auszuwählen.

1.) Müssen wir, da die von Firma B gesetzte Frist nun abgelaufen ist, eine einstweilige Verfügung befürchten? Worauf kann sich eine solche Verfügung in Fällen wie diesem richten?

Da eine Fristverlängerung gebeten wurde, nachdem sich die interne Verteilung verzögert hat, sollte die B GmbH diese gewähren und abwarten, ob die gewünschten Angaben geliefert werden. Es ist allerdings nicht auszuschliessen, dass B gleich eine EV beantragt.

Eine EV könnte sich auf Auskunftspflicht (§140b PatG) und Unterlassung (§140a PatG) richten.

2.) Welche Ansprüche hat Firma B generell gegen uns? Wie und wo kann sie diese geltend machen? Und wie lange wird dies dauern?

Die Ansprüche sind in §140a ff PatG geregelt. Es wird gemäss §143 (2) PatG ein spezialisiertes Landgericht anrufen, das heisst Patentverletzungsklage einreichen. Klageort wird B Stadt sein (§12, 17 ZPO) oder Ort der unerlaubten Handlung (§32 ZPO). Ohne Sachverständigengutachten dauert die erste Instanz 6-15 Mt., die zweite Instanz 1.5 Jahre bis 2 Jahre und BGH nochmal 2-3 Jahre.

3.) Mit welchen rechtlichen Argumenten können wir uns gegen solche Ansprüche der Firma B verteidigen und wie erfolgversprechend sind diese?

§831(1) S 2 BGB. Wir sind nur insoweit für Verrichtungsgehilfen verantwortlich wie wir die die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet haben. Dies ist durch den Entwicklungs- und Lieferantenvertrag geschehen, d.h. zunächst ist C verantwortlich. Da wir die erforderliche Sorgfalt eingehalten haben, glauben wir, dass die Ansprüche erfolgreich abwehren können.


4.) Die Schuld für diese Situation liegt nach meiner Ansicht ganz offensichtlich bei unserem Lieferanten, Firma C. Welche Ansprüche haben wir hier?

Schadenersatz durch Rechtsmangel am Vertrag. (?)

5.) Zusatzfrage: Hat Firma C Ansprüche gegen seinen ehemaligen Unterauftragnehmer, Firma B? Welche?

Vermutlich Anspruch auf Übertragung des Patents, da ihm die Rechte gehören. (?)
 
Die Lösung zu Teil I ist mit Vorsicht zu genießen:
1. Weinkaraffe, d.h. kein Teileschutz
2. Bild des Zifferblatts ist nichteingetragenes GGM.

Frage 1c: Hier wollten die wohl drauf raus, daß am deliktischen Gerichtsstand die Kognitionsbefugnis auf den Deliktsstaat beschränkt ist, am allgemeinen Gerichtsstand jedoch Unterlassung für die gesamte EU erwirkt werden kann (Art. 83, II GGV)

Frage 3: EV ist denke ich möglich, aber ebenso sollte die Polizei/Staatsanwaltschaft informiert werden. Diese kann beschlagnahmen.
 
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