Allg. Wert einer zu einer bereits gelöschten Wortmarke wortgleichen Wortmarke

AnNaJF

SILBER - Mitglied
Hallo,

zunächst Sorry für den etwas "schwierig" zu lesenden Titel des Posts; ich habs in diesen frühen Morgenstunden nicht besser formuliert bekommen :)

Zur Frage:
Angenommen im Jahre 1996 (oder irgendwann früher) sei eine Wortmarke M1 in den Nizzaklassen K1, K2 und K3 eingetragen worden.
Ferner angenommen im Jahre 2006 (oder irgendwann später) sei, aus welchem Grund auch immer (anscheinend prüft das DPMA nicht von Amts wegen auf Kollissionen), die wortgleiche (!) Wortmarke M2, in den gleichen Nizzaklassen, eingetragen worden.

Nehmen wir nun an, dass, im Jahre 2014, die neuere Wortmarke M2 gelöscht worden sei.
Im Rahmen des Löschungsverfahrens sei es zu einem Urteil des BPatG gekommen welches der Wortmarke jegliche Unterscheidungskraft abspricht.

Welchen Wert kann nun die bestandskräftige (da älter 10 Jahre) Wortmarke M1, insb. in einem Verletzungsverfahren - noch haben?

Meiner Meinung nach eher gar keinen mehr, oder?
Denn wie will ein Verletzungsgericht eine Verwechslungsgefahr erkennen, gegenüber einer Wortmarke M1, wortgleich einer Wortmarke M2 deren, in den gleichen klassen, durch ein Bundesgericht jedwede Unterscheidungskraft abgesprochen wurde.

Meinungen?

Danke.
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Grundsätzlich liegt die Vermutung, dass die Marke M1 ein Problem haben könnte, schon nahe. Aber das ist nicht zwingend:

1. Selbst wenn die Waren-/Dienstleistungsklassen gleich sind, können doch die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen der Marke M1 anders sein als die von M2. Dann kann auch die Beurteilung der Unterscheidungskraft anders ausfallen.

2. Die ältere Marke M1 könnte durch Benutzung Unterscheidungskraft gewonnen haben.

3. Generell hat ein Urteil des BPatG zu einer Marke M2 keine Bindungswirkung in einem Verfahren zu einer anderen Marke M1, so dass ein anderes Gericht bezüglich M1 zwar die Entscheidungsgründe des BPatG zu M2 berücksichtigen sollte, aber trotzdem zu einer anderen Auffassung kommen könnte.

Also kommt es (wie so oft) auf die Umstände des Einzelfalls an ...
 

AnNaJF

SILBER - Mitglied
Grundsätzlich liegt die Vermutung, dass die Marke M1 ein Problem haben könnte, schon nahe. Aber das ist nicht zwingend:

1. Selbst wenn die Waren-/Dienstleistungsklassen gleich sind, können doch die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen der Marke M1 anders sein als die von M2. Dann kann auch die Beurteilung der Unterscheidungskraft anders ausfallen.

2. Die ältere Marke M1 könnte durch Benutzung Unterscheidungskraft gewonnen haben.

3. Generell hat ein Urteil des BPatG zu einer Marke M2 keine Bindungswirkung in einem Verfahren zu einer anderen Marke M1, so dass ein anderes Gericht bezüglich M1 zwar die Entscheidungsgründe des BPatG zu M2 berücksichtigen sollte, aber trotzdem zu einer anderen Auffassung kommen könnte.

Also kommt es (wie so oft) auf die Umstände des Einzelfalls an ...

Danke für die schnelle Antwort, die Sinn ergibt.

Zu 1):
Hierzu habe ich keine näheren Informationen.
Wenn ich das richtige sehe sind die konkret beanspruchten Waren/Dienstleistungen allerdings ebenfalls identisch; nur ist bei M1 die Leitklasse K1 und bei M2 die Leitklasse K2 und umgekehrt.
D.h. M1 hat die Leitklasse K1 und ferner die Klassen K2 und K3.
M2 hat die Leitklasse K2 und ferner die Klassen K1 und K3.
K/A wieso man sowas macht?
Ideen?


Zu 2):
Hierzu kann ich sagen, dass M1 und M2 vom gleichen Inhaber angemeldet wurden.
D.h. hätte M1 Unterscheidungskraft durch Nutzung gewonnen, dann m.E. auch M2.
Das fällt als Option also wohl eher weg.


Zu 3):
Ich habs befürchtet ;)

Aber dass sich ein LG/OLG gegen ein Urteil eines Bundesgerichts stellt das ja ganz speziell auf die Unterscheidungskraft hin geprüft hat, sollte zwar möglich aber doch sehr unwahrscheinlich sein, oder?

Das Urteil des BPatG war indes sehr eindeutig und sprach der Marke M2 jedwede Unterscheidungskraft ab.
Und, wie gesagt, beide Wortmarken sind wörtlich, Buchstabe für Buchstabe, identisch; das sollte jedem anderen Gericht auch wenig Spielraum für Neuinterpretationen geben (auch wenn es denkbar ist).

Wenn ein LG/OLG dennoach anders urteilen sollte, sollte die Revision zum BGH wohl möglich sein um zu einer einheitlichen Rechtsprechung gelangen zu können, oder?
 
Zuletzt bearbeitet:

Lysios

*** KT-HERO ***
Wenn ein LG/OLG dennoach anders urteilen sollte, sollte die Revision zum BGH wohl möglich sein um zu einer einheitlichen Rechtsprechung gelangen zu können, oder?

Diese Frage stellt sich gar nicht: Das Verletzungsgericht ist an die Eintragung der Marke gebunden. Die Löschungsklage nach § 55 MarkenG kommt hier ja gar nicht in Betracht.

Allenfalls können Überlegungen hinsichtlich eines engeren oder breiteren Schutzbereiches für die Beurteilung der Verletzung eine Rolle spielen. Wenn die Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft am DPMA über einen Löschungsantrag angegriffen wurde, kann das Verletzungsgericht im Rahmen einer Prognose hinsichtlich der Rechtsbeständigkeit der Marke das Verletzungsverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Löschungsverfahrens aussetzen.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Das hatte ich noch vergessen: Ein Löschungsantrag gegen M1 wegen fehlender Unterscheidungskraft scheidet hier aber wegen § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG aus. Von daher: Pech gehabt.
 

AnNaJF

SILBER - Mitglied
Das hatte ich noch vergessen: Ein Löschungsantrag gegen M1 wegen fehlender Unterscheidungskraft scheidet hier aber wegen § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG aus. Von daher: Pech gehabt.

Genau darum geht es ;)

Wenn aber in einem Urteil des Bundespatentgerichts bereits über die wortgleiche Marke M2 verhandelt wurde und dieser fehlende Unterscheidungskraft jedweder Art attestiert wurde (ausführlich in einem umfassenden Urteil mit Begründungen), dann müsste diese fehlende Unterscheidungskraft im Prinzip auch für die wortgleiche Marke M1 gelten.
Gegen eine Marke der jegliche Unterscheidungskraft fehlt (dies nun einfach mal angenommen), kann man mMn schwer verletzen, egal ob eingetragen oder nicht, denn dann müssten ja allergeringste Abweichungen bereits ausreichen...

M1 bleibt also vllt. eingetragen; deren Wert dürfte aber sehr limitiert sein, denn in jedem Verfahren wird man die Argumentation des Bundesgerichts nutzen können.

Oder habe ich was missverstanden?
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Hallo AnNaJF,

wieso interessiert Dich eigentlich ausgerechnet der Wert der Marke, ob nun eingetragen oder nicht? Der hängt doch ohnehin ganz wesentlich auch noch von ganz anderen Faktoren ab, Bekanntheitsgrad, Benutzungsumfang, usw. Für Abrechnungsfragen kannst Du die Überlegungen ohnehin alle weitgehend vergessen, denn niemand führt ein Löschungsverfahren oder Verletzungsverfahren zum Gegenstandswert Null, bloß weil die Marke vielleicht tatsächlich gelöscht wird.

Blood für PMZ
 

AnNaJF

SILBER - Mitglied
Hallo AnNaJF,

wieso interessiert Dich eigentlich ausgerechnet der Wert der Marke, ob nun eingetragen oder nicht? Der hängt doch ohnehin ganz wesentlich auch noch von ganz anderen Faktoren ab, Bekanntheitsgrad, Benutzungsumfang, usw. Für Abrechnungsfragen kannst Du die Überlegungen ohnehin alle weitgehend vergessen, denn niemand führt ein Löschungsverfahren oder Verletzungsverfahren zum Gegenstandswert Null, bloß weil die Marke vielleicht tatsächlich gelöscht wird.

Blood für PMZ

Sorry, ich hab mich schlecht ausgedrückt.
Mit "Wert" meine ich nicht den "finanziellen" Wert sondern ob eine Marke quasi noch was "Wert" sein kann, wenn eine wortgleiche Marke per Urteil eines Bundesgerichts gelöscht wurde und dieser jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen wurde und ob mit einer solchen Marke noch irgendein Verletzungsverfahren gewonnen werden könnte (gegeben dem Umstand dass die gelöschte Marke, wie gesagt, wortgleich ist, dem gleichen Inhaber gehört und in den gleichen Klassen angemeldet wurde).
 

Lysios

*** KT-HERO ***
... wenn eine wortgleiche Marke per Urteil eines Bundesgerichts gelöscht wurde und dieser jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen wurde und ob mit einer solchen Marke noch irgendein Verletzungsverfahren gewonnen werden könnte (gegeben dem Umstand dass die gelöschte Marke, wie gesagt, wortgleich ist, dem gleichen Inhaber gehört und in den gleichen Klassen angemeldet wurde).

Wie gesagt: Das spielt keine Rolle. Die Marke ist und bleibt eingetragen und die möglicherweise fehlende Unterscheidungskraft kann allenfalls bei der Beurteilung des Schutzbereichs relevant sein. Wenn aber Identität bzgl. der Waren und/oder Diensleistungen und zwischen Verletzungszeichen und eingetragenem Zeichen besteht, dann muss das Gericht auf Verletzung der Marke urteilen, weil das Gericht an die Eintragung der Marke gebunden ist.
 

AnNaJF

SILBER - Mitglied
Wie gesagt: Das spielt keine Rolle. Die Marke ist und bleibt eingetragen und die möglicherweise fehlende Unterscheidungskraft kann allenfalls bei der Beurteilung des Schutzbereichs relevant sein. Wenn aber Identität bzgl. der Waren und/oder Diensleistungen und zwischen Verletzungszeichen und eingetragenem Zeichen besteht, dann muss das Gericht auf Verletzung der Marke urteilen, weil das Gericht an die Eintragung der Marke gebunden ist.

Yep, ich denke da sind wir uns einig.
Allerdings dürfte das Urteil für die Verargumentierung des Schutzbereiches sehr hilfreich sein; die quasi fehlende Kennzeichnungskraft dürfte dem potentiellen Verletzer insofern helfen, dass jede noch so geringe Abweichung zur Abstandswahrung genügen könnte.
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Mit "Wert" meine ich nicht den "finanziellen" Wert sondern ob eine Marke quasi noch was "Wert" sein kann, wenn eine wortgleiche Marke per Urteil eines Bundesgerichts gelöscht wurde und dieser jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen wurde und ob mit einer solchen Marke noch irgendein Verletzungsverfahren gewonnen werden könnte.

Diese Strategie wird von Mitbewerbern teilweise aktiv verfolgt. Wenn man z.B. der Ansicht ist, eine erteilte Gemeinschaftsmarke sei nach deutschem Recht glatt beschreibend, dann kann man als Mitbewerber hier selbst diese Marke anmelden und sich rechtskräftig zurückweisen lassen (am besten nach Beschwerde). Hat man erstmal so einen Beschluss, sieht die Lage für den Gemeinschaftsmarkeninhaber in einem evtl. Verletzungsverfahren in D nicht mehr sehr gut aus.

Vorteil gegenüber dem Löschungsantrag ist, dass der andere nicht am Verfahren beteiligt ist und keine mündliche Verhandlung in Alicante droht.
 

AnNaJF

SILBER - Mitglied
Cool, das ist eine sehr hilfreiche Zusatzinfo welche meine "Grundansicht" stützt.

Ich darf heute nicht mehr auf "hilfreichende Antwort" klicken, da Kontingent aufgebraucht :)
Ich hole das aber zeitnah nach :)

Vielen Dank!
 
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