DE Reaktion auf Verzichtsaufforderung - Minimierung des Prozesskostenrisikos

Gerd

*** KT-HERO ***
Hi,

auf den Eingang einer Verzichtsaufforderung kann man ja verschiedenartig reagieren.

Ist die Aufforderung nicht ausreichend substantiiert, braucht man überhaupt nicht reagieren.
Ist sie ausreichend substantiiert, reagiert man üblicherweise mit einem Verzicht des Patents (und ggf. auf die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Patent für die Vergangenheit), wenn die Aussichten, die angedrohte Nichtigkeitsklage zu verlieren bzw. das Prozesskostenrisiko gemessen am Wert des Patents zu hoch sind.

Wie sieht es nun aus, wenn die Aufforderung substantiiert ist, die vorgebrachten Nichtigkeitsgründe aber nur Teilbereiche des Patents betreffen.
Sind nur Unteransprüche betroffen, erübrigt sich im allgemeinen ein Verzicht, da die Unteransprüche mit dem nicht angegriffenen Hauptanspruch Bestand haben.
Ist dagegen mindestens ein unabhängiger Anspruch angegriffen, kommt man um einen Verzicht wohl nicht herum, will man nicht das Prozesskostenrisiko eingehen.

Sind nicht alle Ansprüche substantiiert angegriffen, müsste doch aber auch ein Teilverzicht ausreichen.
Natürlich wird ein potenzieller Nichtigkeitskläger, zumindest wenn er den einzigen unabhängigen Anspruch angreift, zur Erklärung des Verzichts auf das gesamte Patent auffordern. Wenn die in dem Klageentwurf, welcher der Verzichtsaufforderung beigefügt ist, allerdings nur auf Stand der Technik bezüglich des Hauptanspruchs und einiger (aber nicht aller) Unteransprüche eingegangen und dies mit entsprechenden Argumenten unterlegt wird, dürfte es doch keine Veranlassung zur Klageerhebung bedeuten, wenn nur der Verzicht auf die Ansprüche erklärt wird, die auch entsprechend substantiiert angegriffen sind, oder?


Allerdings gestaltet sich das mit dem Teilverzicht wohl etwas schwierig.
Ausgehend von einem typischen Anspruchssatz mit einem unabhängigen Anspruch und mehreren multipel rückbezogenen abhängigen Ansprüchen (jeder abhängige Anspruch ist jeweis alternativ auf alle vorhergehenden Ansprüche bezogen), müsste doch auf alle substantiiert angegriffenen Ansprüche verzichtet werden, oder?

Wenn die Ansprüche 1, 4 und 6 angegriffen sind, reicht ein Verzicht auf Anspruch 1 ja nicht aus, weil Anspruch 4 zwar alternativ auch auf die nicht angegriffenen Ansprüche 2 und 3 rückbezogen ist, aber eben auch alternativ auf den angegriffenen Anspruch 1. Er würde mit diesem Rückbezug ja quasi als Nebananspruch da stehen und hätte keinen nicht-angegriffenen Anspruch, auf den er sich stützen könnte.
Da man offensichtlich nicht auf den auf Anspruch 1 rückbezogenen Teil von Anspruch 4 verzichten kann, sondern wenn überhaupt, dann nur auf den ganzen Anspruch 4, müsste Verzicht für die Ansprüche 1, 4 und 6 erklärt werden.
Stimmen meine Überlegungen bis hier her?


Möchte nun der Mandant nun nicht auf die auf Anspruch 2 und 3 rückbezogenen Anspruchsvarianten von Anspruch 4 verzichten, müsste es m.E. möglich sein, das Patent entsprechend zu beschränken.
Man würde also einen Verzicht auf Anspruch 1 erklären und zusätzlich einen Antrag auf Beschränkung des Patents stellen, in dem man Anspruch 4 dahingehend beschränkt, dass er sich nur noch auf die Ansprüche 2 und 3 (in der Alternative) rückbezieht. Zusätzlich müsste man gegenüber dem DPMA auf das Recht verzichten, den Beschränkungsantrag abzuändern oder ihn ganz oder teilweise zurückzuziehen (BGH, Urteil vom 29. Juli 2003 - X ZR 26/00, GRUR 2004, 138, 141 Dynamisches Mikrofon).

Wie seht Ihr die Sache und gibt es evtl. noch andere Optionen?

Gruß
Gerd
 

Ah-No Nym

*** KT-HERO ***
Hi

Gibt es denn als Alternative nicht die Möglichkeit einer "inter partes" Lösung, z.B. Freilizenz (beschränkt auf den Gegenstand der angegriffenen Ansprüche), rechtsverbindliche Freistellung von Ansprüchen aus diesem Teil des Patents oder ein sonstig gestaltetes Vertragsverhältnis ?

Vermutlich hast du das schon bedacht, aber manchmal übersieht man Naheliegendes und es wäre doch viel schöner, das Patent gegenüber Dritten zu behalten :p

Grüße und schönes Wochenende

Ah-No Nym
 

Gerd

*** KT-HERO ***
Hi,

ja, hab ich schon bedacht, aber trotzdem danke fürs Erwähnen.

Manchmal geht es bei Nichtigkeitsklagen ja nicht unbedingt um die Sache, sondern nur darum, dem Konkurrenten "eins reinzuwürgen".

Ich hätte ja vollumfänglich verteidigt, weil der angeführte Stand der Technik sowas von an den Haaren herbeigezogen ist. Aber wenn der ohnehin gerade finanziell angeschlagene Mandant, dem angesichts des angesetzten Streitwerts schon der Kostenvorschuss Probleme machen würde, das Prozesskostenrisiko nicht eingehen will (oder kann)...

Dann muss man eben versuchen, möglichst effizient zu verzichten oder zu beschränken.

Hast Du ansonsten irgendeinen Denkfehler in meinem obigen Beitrag gefunden?

Gruß
Gerd
 

Gerd

*** KT-HERO ***
Begründung des Beschränkungsantrags

Hi,

der Beschränkungsantrag muss ja begründet werden.

Reicht es hier eigentlich aus, dass überhaupt ein Grund zur Beschränkung vorliegt, also z.B. die Vorwegnahme des Gegenstandes eines Anspruches durch eine bekannt gewordene relevante Schrift, und dieser Grund benannt wird?

Dann müsste es ja möglich sein, diesen einen Grund anzugeben, die Ansprüche entsprechend zu beschränken und aber auch zusätzlich weitere, aufgrund der bekannt gewordenen Schrift eigentlich nicht erforderliche Beschränkungen vorzunehmen (z.B. wenn die Ansprüche nicht so breit benötigt werden würden, wie sie auch nach der aus dem angegebenen Grund erforderlichen Besschränkung noch wären), um eventuellen weiteren Klageandrohungen/Verzichtsaufforderungen zuvorzukommen.
Auch aus Gründen der Verfahrensökonomie könnte solch ein Vorgehen angebracht sein (Vermeidung zukünftiger weiterer Beschränkungs- und Anwaltsgebühren).

Oder müsste jede einzelne beschränkende Änderung konkret begründet werden?

Gruß
Gerd
P.S.:
Falls es dazu irgendwelche Kommentare gibt, wäre ein Kurzzitat nicht schlecht, da ich z.Zt. unterwegs bin und keinen Koffer voller Bücher dabei habe.
 

Schlupfloch

SILBER - Mitglied
Hallo

Patentgesetz, Keukenschrijver:

"Es ist nicht zu prüfen, ob die beantragte Beschränkung notwendig ist, weit genug geht oder ob das beschränkte Patent patentfähig ist"


Vorlesung TU Dortmund:

http://meinkepatent.de/Meine_Bilder_und_Dateien/DO Vorlesung 4.pdf

"Ob der verbleibende Rest des Patentes noch patentwürdig ist, ob die erstrebte Beschränkung notwendig ist oder weit genug geht, ist von Amts wegen nicht zu prüfen."


AIPPI Bericht Q189

https://www.aippi.org/download/commitees/189/GR189germany_german.pdf

"Ein Patentinhaber kann beim Deutschen Patent– und Markenamt die Beschränkung seines Patents durch Änderung der Patentansprüche beantragen. Das Deutsche Patent– und Markenamt prüft nicht, ob die beantragte Beschränkung objektiv erforderlich oder gegenüber dem Stand der Technik weit genug geht. Liegt eine zulässige, d.h. durch den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung gedeckte Beschränkung vor, wird dem Antrag entsprochen."


Reicht Dir das?

MfG
Martin
 
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