Allg. Integrierung der deutschen oder Schweizer Ausbildung in die englische

BCO2711

Schreiber
Ich beende gerade meine Promotion in Molekularbiologie in Grossbritannien, und werde im Oktober in London meine Ausbildung zum European Patent Attorney/Chartered Patent Attorney beginnen.

Hat irgendjemand Erfahrungen damit, inwieweit es moeglich ist, die deutsche oder Schweizer Ausbildung in die englische zu integrieren? Koennte ich zum Beispiel zeitnah in verschiedenen Laendern Pruefungen ablegen, deren Inhalte sich aehneln, um am Ende doppelt qualifiziert zu sein?

Ich bin mir der verlangten praktischen Taetigkeit in Muenchen bewusst, doch koennte meine englische Kanzlei eventuell davon ueberzeugen fuer einige Zeit dort zu bleiben.

Ich frage aus dem Grund, dass ich gern in England praktizieren moechte, doch meine Eltern in Norddeutschland wohnen und nicht juenger werden.

Herzlichen Dank fuer jegliche Hilfe!
 

pa-tent

*** KT-HERO ***
Hier ein Versuch einer Antwort basierend auf einer praktischen Sichtweise:

Mir ist kein einziger Patentanwalt bekannt, der die deutsche und die englische
Ausbildung durchlaufen und mit den jeweiligen Prüfungen abgeschlossen hat.
Zwecks eigener Verifikation würde ich einfach mal die Webseiten einiger
großer Kanzleien studieren, die sowohl einen Sitz in München als auch auf
der Insel haben (z.B. in London). Mir sind/waren auch einige Kandidaten
aus derartigen Kanzleien bekannt, aus dem Chemie und/oder Bio-Bereich.
Jeder Kandidat durchlief nur eine nationale Ausbildung.

Die DE-Prüfung und die GB-Prüfung haben nach meinem Kenntnisstand
(ich kenne durchaus einige PAs aus GB) kaum Gemeinsamkeiten.
Die GB-Prüfung würde ich als deutlich mühsamer einstufen. Wenn ich
mich richtig erinnere, dann sind die Durchfallquoten bei den GB-Modulen
recht hoch.

Wenn für die GB-Ausbildung ähnliche Zulassungvoraussetzungen wie
für die DE-Ausbildung gelten, dann dürfte eine Parallel-Ausbildung schon an
den Amtsschimmeln scheitern.

Ich kann auch keinen großartigen Sinn in der angestrebten nationalen Doppelqualifikation
erkennen. Gerade im Biotech-Bereich ist im Prosecution-Bereich vor allem
die Zulassung gegenüber dem EPA relevant, in DE geht da wenig. Sollte
die spätere Tätigkeit auf das Mitwirken an Verletzungsprozessen gerichtet
sein, so würde ich eher die deutsche Zulassung anstreben.

Aus der Praxis: Es gibt durchaus in DE tätige PAs mit EPA-Zulassung und GB-Zulassung/Ausbildung,
und es gibt auch in GB tätige PAs mit EPA-Zulassung und DE-Zulassung/Ausbildung.
Sogar Partner kann man in einer derartigen Konstellation werden, sofern
die Mitgesellschafter keine Einwände haben.
Geht im praktischen Leben also auch alles ohne nationale Doppelgeschichten.

Hinsichtlich der Ausbildung in der Schweiz sind mir keine Details bekannt.
Bis vor kurzem war dort noch keine Ausbildung für eine Zulassung erforderlich.
Mir ist auch nicht ganz klar, was die Schweiz mit Norddeutschland zu tun hat...

Wer es besonders heftig mit der Qualifiziererei und dem Türen-Offenhalten betreiben möchte,
dem würde ich noch das berufsbegleitende Jura-Studium in DE empfehlen.
 
Zuletzt bearbeitet:

Karl

*** KT-HERO ***
@pa-tent

Ich glaube schon, dass es für Ihn gute Gründe gibt, beide Qualifikationen anzustreben. Er will momentan in England wohnen und braucht daher die GB zulassung. Wenn seine Eltern Pflegefälle werden, will er vermutlich nach Deutschland, um da besser ein Auge drauf zu habenen. Dort brauch er halt die DE. Zur not würde die Schweizer Ausbildung gehen, da er auch in die Schweitß zeihen könnte, ohne er deshalb zu weit weg von seinen Eltern wohnen würde. Durchaus sinnvolles Ansinnen also, und kein Fall von übertriebener Qualifiziererei ^^

@BCO2711

Ich glaube eher nicht, dass die deutsche Kandidatenausbildung in einer englischen Kanzlei durchführbar ist. Wo soll es denn da den erforderlichen Ausbilder, der deutscher Patentanwalt sein muss, geben?

Für die 8-10 Jährige Ausbildungsvariante hingegen (http://www.dpma.de/amt/aufgaben/patentanwaltsausbildung/wegfuerpatentsachbearbeiter/index.html) ist kein deutscher Patentanwalt als ausbilder nötig, denn diese kann auch in einem Unternehmen durchgeführt werden, dass nicht notwendigerweise einen Patentanwalt hat. Du wirst allerdings zumindest nachweisen müssen, dass du bei einer bestimmten MEnge DE-Verfahren beteiligt warst. Das könnte bei einer englischen Kanzlei schwierig werden.

Ich weiß nicht ob eventuell noch weitere Hindernisse bestehen. Vieleicht wäre es am besten, bei zuständiger Stelle des DPMA nachzufragen, um das genauer Abzuklären.

Zur Schweitz kann ich leider nix sagen. Vor ein paar Jahren hatten die wohl noch garkeine Patentanwaltsausbildung, und jeder der Lust drauaf hatte konnte sich nen Schild "Patentanwalt" an die Tür nageln. Das hat sich jedoch geändert, und wie jetzt dort die Ausbildung aussieht weiß ich leider nicht.

Hoffe das hilft erstmal ein wenig,

Gruß
Karl
 

Lysios

*** KT-HERO ***
@Karl

Die deutsche Prüfung über den Weg der 8 bzw. 10 Jahre Tätigkeit kann man aber nur ablegen, wenn diese Tätigkeit dann in Deutschland hauptberuflich erfolgt. Siehe dazu § 158 Abs. 1 PAO: "... im Geltungsbereich dieses Gesetzes ...". Eine Tätigkeit im Ausland kann dann zwar angerechnet werden, allerdings nur, wenn die Tätigkeit insgesamt ohne Unterbrechung stattfindet. Und die Frage ist dann, ob man den Ansprüchen des DPMA hinsichtlich der Inhalte der Tätigkeit genügt.

@BCO2711

Wenn Du eine deutsche Kandidatenausbildung machen willst, könnte das möglich sein. Allerdings könnte das teuer werden, da Du dann vermutlich einmal im Monat einen Termin in einer Kandidaten-AG in Deutschland haben wirst. Es sei denn, es gibt so viele Kandidaten und willige Ausbilder in London/UK, dass man dort eine eigene AG veranstalten könnte.
 

EQE2009-Gast

*** KT-HERO ***
Mit Zulassung als Patent Agent/Patent Attorney im UK kann man die Zulassung in Deutschland auch über die Eignungsprüfung für die
Zulassung zur Patentanwaltschaft (http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/pazeignprg/gesamt.pdf) erlangen.


Dabei durchläuft man zwar nicht die deutsche Ausbildung (kein Amtsjahr etc.), bekommt aber durch das bestehen der Eignungsprüfung die deutsche Zulassung.


Wenn ich unseren Kandidaten, der im Amtsjahr ist, richtig verstanden habe, scheinen parallel zur deutschen Prüfung mittlerweile jeweils einige Bewerber die Eignungsprüfung zu schreiben (die von der DE-Prüfung verschieden ist).
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Wenn ich unseren Kandidaten, der im Amtsjahr ist, richtig verstanden habe, scheinen parallel zur deutschen Prüfung mittlerweile jeweils einige Bewerber die Eignungsprüfung zu schreiben (die von der DE-Prüfung verschieden ist).

Solche Fälle kenne ich auch. Die haben aber alle Hagen I absolviert. D.h., das Ziel, zeitnah beide Ausbildungen zu machen, lässt sich so wohl nicht erfüllen.
 

SwissPatEng

SILBER - Mitglied
In der Schweiz gibt es seit ein paar Jahren ebenfalls eine geregelte Ausbildung, es darf sich nicht mehr jeder Patentanwalt nennen der möchte.
In der Praxis ist aber der 'european patent attorney' viel wichtiger als der CH-Patentanwalt. Eine GB-Zulassung (in Kombination mit der europäischen) könnte für gewisse Kanzleien interessant sein, je nach Mandanten. Die fehlende CH-Zulassung wäre sicher kein Hindernis um in der Schweiz eine Stelle zu finden.
Früher wurde einem der CH-PA 'geschenkt' wenn man die europäische Prüfung bestanden hatte, heute müssen noch zwei separate Teile C + D für die Schweiz bestanden werden (siehe z.B. www.pruefungskammer.ch). Bei gewissen Ländern wird aber auch eine nationale PA-Qualifikation anerkannt:
http://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20071761/index.html#a7
Ob dies für GB oder DE gilt weiss ich nicht, am besten die Prüfungskommision (pruefungskammer.ch) anschreiben.
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Ich glaube schon, dass es für Ihn gute Gründe gibt, beide Qualifikationen anzustreben. Er will momentan in England wohnen und braucht daher die GB zulassung. Wenn seine Eltern Pflegefälle werden, will er vermutlich nach Deutschland, um da besser ein Auge drauf zu habenen. Dort brauch er halt die DE. Zur not würde die Schweizer Ausbildung gehen, da er auch in die Schweitß zeihen könnte, ohne er deshalb zu weit weg von seinen Eltern wohnen würde. Durchaus sinnvolles Ansinnen also, und kein Fall von übertriebener Qualifiziererei ^^

Hallo Karl,

Von London gehen quasi im 2 bis 3-Stundentakt Direktflüge nach Hamburg, Bremen, Hannover und Berlin und momentan wohl auch noch täglich nach Lübeck und zu anderen kleinen Flughäfen, und natürlich auch in Gegenrichtung. Die Preise sind so, dass London für Norddeutsche schon ein gängiges Ziel für eine nette Wochenendshoppingtour ist, vom Hotel mal abgesehen. Da sind Zürich, Basel-Mühlhausen und Genf schon deutlich schlechter angebunden, auch wenn es durchgehende ICEs bis ZH gibt. Für häufigere Besuche bei nicht mehr ganz fitten Eltern in Norddeutschland ist die Schweiz keine Verbesserung gegenüber London.

BCO2711 wird das aber wissen und andere, vermutlich familiäre Beweggründe haben.

Taktisch wäre es imho aber recht unklug, nun auch noch den Ausbilder in die beabsichtigte Doppelqualifikation einzubeziehen oder auch nur einzuweihen: Man teilt diesem ja den bevorstehenden Absprung aus der Kanzlei und damit das Desinteresse an einer weiteren Zusammenarbeit direkt und Jahre im Voraus mit. Kann mir nicht vorstellen, dass die das sonderlich positiv aufnehmen. Und dann wird schon die erste Ausbildung eher suboptimal verlaufen.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

BCO2711

Schreiber
Herzlichen Dank fuer die vielen sehr hilfreichen Kommentare und Links! Ich bin sehr froh,
durch Zufall auf dieses Forum gestossen zu sein! :)

Ich glaube, dass es in meiner Kanzlei den leisen Wunsch gibt, nach Muenchen zu expandieren -
es wird mittlerweile sogar einen Abendkurs in Deutsch angeboten... auch deshalb dachte ich,
dass die Doppelausbildung eventuell von Vorteil sein koennte.

Vielleicht wird es das beste sein, mich erst einmal auf die englische Ausbildung zu konzentrieren
und zu gegebener Zeit bei meinem Ausbilder nachzufragen, was dessen Meinung zu der Sache ist.
Sofern ihm die Doppelausbildung nuetzlich erscheint, koennte ich vielleicht ja sogar finanzielle
Unterstuetzung hierfuer beantragen.

Nochmals vielen Dank und beste Gruesse aus England!
 
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