US US-Kettenpriorität

Kurt

*** KT-HERO ***
Hi Forum,

in US-Anmeldungen findet man ja öfter, dass der Anmelder diverse frühere eigene Anmeldungen oder Provisional Applications referenziert, deren Priorität beansprucht und/oder mittels "Incorporated by reference" in die vorliegende Anmeldung integriert.

Wie ist dann dort die Regelung mit der Kettenpriorität? Ich kann ja nicht über Jahre hinweg Prioritäten hintereinander verketten, so dass meine Anmeldung aus 2014 über mehrere Sprünge die Priorität einer Anmeldung aus 2008 beansprucht.

Kann mir jemand sagen, wo das geregelt ist?

Danke vorab
Grüße Kurt
 

Gerd

*** KT-HERO ***
Hi,

doch, das geht.
Allerdings wird die Laufzeit jedes US-Patents vom Tag der Anmeldung des ersten (nonprovisional US-)Patents an gezählt, dessen "Priorität" beansprucht wurde.
Und üblicherweise nimmt man auch alle "prosecution history estoppel" mit in die neue CON oder CIP.


Hier:

http://www.uspto.gov/web/offices/pac/mpep/s2701.html

kannst Du im ersten Absatz das mit dem Patent Term nachlesen. Die priority- und benefit- (bzw. special reference) Geschichten sollten in den 6 in diesem Abschnitt verlinkten Kapiteln nachzulesen sein.

Wenn Du noch eine anhängige Anmeldung von vor 1995 findest, kannst Du IMO sogar noch eine CON dazu anmelden und ein Patent mit 17 Jahren Laufzeit ab ERTEILUNG dafür bekommen, wenn Du darin noch einen Gegenstand findest, der noch nicht erteilt wurde (muss natürlich damals neu und nicht-offensichtlich gewesen sein.

Gruß
Gerd
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Super Infos, supergeil™.
Dankesehr.

doch, das geht.
Allerdings wird die Laufzeit jedes US-Patents vom Tag der Anmeldung des ersten (nonprovisional US-)Patents an gezählt, dessen "Priorität" beansprucht wurde.
Und üblicherweise nimmt man auch alle "prosecution history estoppel" mit in die neue CON oder CIP.

Muss jetzt nochmal konkret nachfragen: man kann also durchaus in 2010 eine US-Anmeldung eingereicht haben, die über diverse Ketten von CON, CIP, IBR etc. die Priorität einer Anmeldung von, sagen wir 2001, beansprucht..?

Falls ja, wie ist das dann z.B. mit einer EP-Anmeldung aus 2011, die sich auf die Priorität der US-Anmeldung aus 2010 stützt?

Welches Prioritätsdatum steht dieser EP-Anmeldung zu, und "falls nicht, wo steht's im Gesetz"...?

Äußerst gespannt
Grüße Kurt
 

Ah-No Nym

*** KT-HERO ***
Die EP hat leider m.E. überhaupt keine Prio, da die entsprechende US aus 2010 keinesfalls die "erste Anmeldung" im Sinne von A87 EPÜ ist :)

Gruß

Ah-No Nym
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Ähm, wie jetzt...?

US-Anmeldungen schleppen doch öfters, wenn nicht meistens einen Wust an älteren CIP's und CON's hinter sich her. Dann müssten ja die meisten auf US-Voranmeldungen basierenden EP-Anmeldungen durch eben diese US-Voranmeldungen und deren jeweilige CIP's und CON's neuheitsschädlich getroffen sein.

Da stimmt doch was nicht.

Kann jemand Aufklärung schaffen?
 

Ah-No Nym

*** KT-HERO ***
Genau so ist es…

RiLi F VI 1.4.1:
Examples of applications that cannot be recognised as a "first application" within the meaning of Art. 87(4) are:

(i)
US applications which are a "continuation" of a previous application ("con");
(ii)
US applications which are a "continuation in part" of a previous application ("cip"), in so far as the subject-matter in question was already disclosed in the original US application;
(iii)
national applications claiming priority from a previous national application or national utility model.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Ach Du Sch....

Hoffentlich findet die Gegenseite den Thread hier nicht...

PS: Was ist, wenn vor die EP-Anmeldung noch eine WO-Anmeldung geschaltet ist, die die US-Priorität in Anspruch nimmt?
 
Zuletzt bearbeitet:

Gerd

*** KT-HERO ***
Hi,

im Prinzip kann alles zwischen der ersten Anmeldung und der letzten (nicht-US-) Anmeldung liegen, also auch CON, CIP, PCT (WO), EP, DE und was-weiß-ich-noch-alles, so lange nicht ein Jahr oder mehr dazwischen liegt.

Du kannst nicht die Priorität der "WO" beanspruchen, wenn der Gegenstand schon in der US offenbart wurde, aber die der US, wenn die noch kein Jahr alt ist.

Gruß
Gerd
 

Kurt

*** KT-HERO ***
im Prinzip kann alles zwischen der ersten Anmeldung und der letzten (nicht-US-) Anmeldung liegen, also auch CON, CIP, PCT (WO), EP, DE und was-weiß-ich-noch-alles, so lange nicht ein Jahr oder mehr dazwischen liegt.

Ahh danke, endlich mal der gesamte Themenkomplex "Priorität" in einem Satz, und verständlich.

So, und wenn jetzt noch irgendeine Anmeldung "derselben" Erfindung von VOR dem Priojahr auftaucht, von der irgendwelche Rechte bestehen geblieben sind, dann fällt die Prio der "ersten" Anmeldung, und diese wird SdT für alle späteren Anmeldungen -- korrekt?
 

pak

*** KT-HERO ***
Hoffentlich findet die Gegenseite den Thread hier nicht...

:D

Hallo Kurt,

ich denke, eine patentanwaltlich vertretende Gegenseite kennt die rechtliche Situation bzw. die in den Richtlinien des EPA geschilderten Fälle bereits, auch ohne diesen Thread zu lesen ;)

Gruß

pak
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Hallo pak,

so sicher bin ich mir da nicht, wenn ich mir vorliegend die tatsächlichen vs. die möglichen Angriffe anschaue :)

Grüße Kurt
 

Ah-No Nym

*** KT-HERO ***
Hallo Kurt

Da ich den Satz von Gerd leider nicht ganz so klar finde, noch einmal abschließend anhand eines konkreten Beispiels die Situation, so wie ich sie sehe:

US1 mit AT 01.01.2006, Publ 01.06.2008
CON1 mit AT 01.06.2010. Publ 01.03.2011
PCT1 (für spätere EP) mit AT 01.05.2011
EP1 (nationale Phase von PCT1 rechtzeitig vor 01.12.2013 eingeleitet) => AT 01.05.2011

EP1 kann nicht wirksam

- die Prio der CON1 beanspruchen, da dies nicht die erste Anmeldung ist
- die Prio der US1 beanspruchen, da die 12 Monte seit langem rum sind

Folgen:

- der effektive Zeitrang der EP1 ist der 01.05.2011
- sämtliche Vorveröffentlichungen, d.h. im obigen Fall auch der US1 und CON1 sind neuheitsrelevant

Irgendwelche sonstige Meinungen / Bemerkungen ?

Grüße

Ah-No Nym

PS: wenn die Gegenseite diese Problematik wirklich nicht bringen sollte, könnte das m.E. durchaus ein Fall für die Haftpflichtversicherung werden :)
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Ja Nym, den von Dir skizzierten Fall sehe ich genauso, aber Gerd schrub ja:

im Prinzip kann alles zwischen der ersten Anmeldung und der letzten (nicht-US-) Anmeldung liegen, also auch CON, CIP, PCT (WO), EP, DE und was-weiß-ich-noch-alles, solange nicht ein Jahr oder mehr dazwischen liegt.

Bei Dir liegt die US1 ja früher als das Prioritätsjahr der EP-Anmeldung, und bei Gerd hätte sie innerhalb des Prioritätsjahres gelegen.

So jedenfalls mein Verständnis?

Grüße Kurt
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Ähm, wie jetzt...?

US-Anmeldungen schleppen doch öfters, wenn nicht meistens einen Wust an älteren CIP's und CON's hinter sich her. Dann müssten ja die meisten auf US-Voranmeldungen basierenden EP-Anmeldungen durch eben diese US-Voranmeldungen und deren jeweilige CIP's und CON's neuheitsschädlich getroffen sein.

Da stimmt doch was nicht.

Kann jemand Aufklärung schaffen?

Du solltest dir CONs und CIPs vielleicht eher wie Teilanmeldungen vorstellen. Eine Teilanmeldung kann ja auch in der 5. Generation sein und erbt immer noch den Anmelde- und Priotag des Stamms. Die Schutzdauer verkürzt sich dann dementsprechend, wie Gerd dargelegt hat.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Danke Devi, für die nützliche Analogie.

Lässt sich die Analogie auch angesichts dieses Falles von Gerd aufrechterhalten?
Wenn Du noch eine anhängige [US-] Anmeldung von vor 1995 findest, kannst Du IMO sogar noch eine CON dazu anmelden und ein Patent mit 17 Jahren Laufzeit ab ERTEILUNG dafür bekommen, wenn Du darin noch einen Gegenstand findest, der noch nicht erteilt wurde (muss natürlich damals neu und nicht-offensichtlich gewesen sein.

Grüße Kurt
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Im Prinzip schon.

Das US-Recht hatte aber früher die lustige Regel, dass die Schutzdauer mit Erteilung begann. Damit wurde das Hinauszögern der Erteilung durch den Anmelder belohnt. Natürlich sind dann Teilanmeldungen oder continuations in der x-ten Generation sehr hilfreich, um Erteilung und Schutz nach hinten zu schieben. In Europa gab es etwas Vergleichbares meines Wissens nie.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Das war wohl z.B. dieser Lizenzmilliarden-Fall von Lemelson.
Wikipedia schrieb:
Partially as the result of his filing a succession of continuation applications, a number of his patents, particularly those in the field of industrial machine vision, were delayed, in some cases by several decades. This had the effect of taking the industry by surprise when the patents in question finally issued; hence the term submarine patent.
Grüße Kurt
 

smartpat

SILBER - Mitglied
Continuations sind auch so sehr praktisch: Solange ich meine Prioritätskette offen halte kann ich nach x Jahren eine weitere Continuation einreichen und meine Ansprüche genau auf Dein Produkt hin formulieren - solange der neue Anspruch inhaltlich in der ursprünglichen Anmeldung offenbart war.
 

Ah-No Nym

*** KT-HERO ***
Das mach ich in DE bis zu 10 Jahre lang mit einer Gebrauchsmusterabzweigung genauso :p
(solange natürlich meine Stammanmeldung oder irgendeine Teilung davon noch anhängig sind… also so ganz das gleiche ist es nicht, war wohl zu früh heute früh…)
Ah-No Nym
 
Zuletzt bearbeitet:
Oben