Stundensatz von Rechtsanwälten

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Liebe Leute,

der eine oder andere von euch kennt sich vielleicht auch ein bisschen mit den Gepflogenheiten von Rechtsanwälten aus. Hierzu eine Frage.

Ist das so üblich, angenommen ein Rechtsanwalt hat einen auswärtigen Ortstermin, welcher eine halbe Stunde dauert -- er berechnet dem Mandanten aber 8 h zum vollen Stundensatz von 250 €.

Vielen Dank schonmal für Einschätzungen, insbesondere Erfahrungswerte,

Grüße Marc.
 

PAPA

GOLD - Mitglied
Basierend auf der gegebenen Information ist die Frage schwer zu beantworten.

Wenn sich der Anwalt zuvor ausführlich in einen sehr komplexen Sachverhalt einlesen musste (ggfs. mit Vorbesprechungen) oder falls ein paar Schriftsätze mit der Gegenseite ausgetauscht wurden und/oder wenn er anschließend einen ausführlichen Terminsbericht geschrieben hat, dann kann ein Zeitbedarf von 8 h ggfs. gerechtfertigt sein.

Der Anwalt sollte jedoch in der Lage sein anzugeben, woraus sich der Zeitbedarf von 8 Stunden rechtfertigt. Warum frägst Du nicht einfach den betreffenden Anwalt?
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Neinnein, es wurden keine weiteren Leistungen erbracht als die Wahrnehmung des auswärtigen Termins und hierzu 6 h Reisezeit.

In der Honorarvereinbarung steht allerdings, dass auch Fahrzeiten mit dem vollen Stundensatz abgerechnet werden. Zusätzlich steht dort auch noch, dass Tagegelder und Abwesenheitsgelder gesondert nach RVG erstattet werden.

Ich müsste halt einschätzen können, ob so etwas üblich, vertretbar oder aber fast schon sittenwidrig ist. Ich meine, welcher Anwalt schafft denn acht abrechnungsfähige Stunden an einem durchschnittlichen Tag in der Kanzlei -- hier werden aber locker mal sechs Stunden "Sitzen im BMW" und dazu eine Stunde Mittagspause zum vollen Stundensatz berechnet.

Das gibt's doch nicht -- oder soll ich das vielleicht in Zukunft auch jedesmal so machen, wenn ich nach München muss?
 

PAPA

GOLD - Mitglied
Naja, wenn in der Honorarvereinbarung vereinbart ist, dass die Reisezeit zum vollen Stundensatz abgerechnet wird, dann sollte man sich halt auch vorher überlegen, ob man den betreffenden Anwalt zu einem Termin schickt, der ihn insgesamt 6 Stunden Reisezeit kostet.

Inwieweit dies üblich ist oder nicht, vermag ich nicht zu beurteilen.

Ein erfahrener Anwalt sollte m.E. jedoch durchaus in der Lage sein, am Tag 8 Stunden abzurechnen.
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
PAPA schrieb:
Inwieweit dies üblich ist oder nicht, vermag ich nicht zu beurteilen.
Das ist schade, denn genau um die Frage geht es ja.
PAPA schrieb:
Ein erfahrener Anwalt sollte m.E. jedoch durchaus in der Lage sein, am Tag 8 Stunden abzurechnen.
"... wenn er sich 14 h in der Kanzlei aufhält", sollte man hier vielleicht ergänzen.

Danke schonmal für weitere Meinungen,

Grüße Marc.
 

Das gelbe U

*** KT-HERO ***
Das ist ok wenn der Stundensatz (250€) für den RA gerechtfertigt ist, ich kenne auch Abrechnungen über 16h/d und 300€, wobei über die Hälfte der Zeit Reisezeit war. Ich sehe das auch als gerechtfertigt an, wenn man bedenkt, dass diese Rumfahrerei und Fliegerei an sich schon eine furchtbare Beschäftigung ist. Man sollte halt entweder das vorher anders vereinbaren (mit Patentanwälten in der Regel kein Problem, weil die meist von so einer Besprechung mit Neuanmeldungen im Gepäck nach Hause fahren) oder sich einen Anwalt in der Nähe suchen.
 

grond

*** KT-HERO ***
Marc N. Zeichen schrieb:
@grond: Wie jetzt, "nichtig"...?
Es gibt sehr strenge Formerfordernisse für gültige Honorarvereinbarungen von Rechtsanwälten. Sie müssen beispielsweise auf einem gesonderten Blatt abgefasst und mit "Vergütungsvereinbarung" überschrieben sein. Ansonsten sind diese Vereinbarungen eben nichtig, also das Papier nicht wert, auf dem sie stehen.
 

PAPA

GOLD - Mitglied
Nochmal zum Thema 8 Stunden Abrechnung am Tag:

Im Rahmen einer Vergütungsvereinbarung (oder Honorarvereinbarung) wird nunmal ein Zeithonorar vereinbart. D.h., dass wenn der Anwalt an einem Tag 8 Stunden für einen Mandanten tätig war, auch 8 Stunden abgerechnet werden. Weshalb er hierzu 14 Stunden in der Kanzlei sein müsste erschließt sich mir nicht.

Wenn ich für eine Patentanmeldung 14 Stunden brauche, dann rechne ich auch 14 Stunden ab. Wenn ich sie an einem Tag in 10 Stunden schaffe, dann werden halt 10 Stunden abgerechnet.

Mir ist durchaus klar, dass es Situationen gibt, in denen man - aus politischen Gründen - nicht jegliche Tätigkeit abrechnen kann, obwohl sie eigentlich erbracht wurde. Die Anzahl abgerechneter Stunden fällt dann also nicht mit der tatsächlichen Tätigkeit zusammen. Allerdings sollte m.E. - bei effizienter Tätigkeit - hier keine allzu große Lücke klaffen.
 

PAPA

GOLD - Mitglied
P.S. Weshalb eine Vergütungsvereinbarung bei falscher (?) Überschrift ("Honorarvereinbarung") nichtig sein sollte, erschließt sich mir nicht. Von einer entsprechenden Rechtsgrundlage oder Rechtsprechung habe ich noch nie gehört.
 

grond

*** KT-HERO ***
PAPA schrieb:
P.S. Weshalb eine Vergütungsvereinbarung bei falscher (?) Überschrift ("Honorarvereinbarung") nichtig sein sollte, erschließt sich mir nicht. Von einer entsprechenden Rechtsgrundlage oder Rechtsprechung habe ich noch nie gehört.
Ich habe noch einmal etwas gesucht, weil diese Information schon etwas älter ist, ein aktueller RVG-Kommentar ist mir leider nicht verfügbar. Ein Thema war es wenigstens einmal, wie folgende schnell aufgefundene Entscheidung zeigt:

AG Gemünden am Main, Urt. v. 14. 03. 2007, 10 C 1040/06

Leitsatz: Zur Wirksamkeit einer anwaltlichen Honorarvereinbarung bedarf es nicht der Bezeichnung als Vergütungsvereinbarung.
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Du wirst hier im Forum an diversen Stellen lesen können, dass du ziemlich gut bist, wenn du vier oder fünf abrechenbare Stunden pro Arbeitstag hast. Und die rechnest du dann auch ab, und eben nicht die acht oder zwölf Stunden, die du dagewesen bist.

Überdies hast du dann aber auch den ganzen Tag gearbeitet, und nicht vier fünftel davon im Auto gesessen, wie der fragliche Rechtsanwalt.

Um es nochmal ganz konvex auszupressen: Wenn ein guter Anwalt den ganzen Tag arbeitet, kommen vier bis fünf abrechenbare Stunden zusammen. Fährt er den ganzen Tag durch die Gegend, kommt er hier auf acht berechenbare Arbeitsstunden. Naja.

Im übrigen erscheint mir Deine Stellungnahme eher akademisch. Oder schreibst Du Deinem Mandanten auch jedes Mal einen zusätzlichen Posten von 2000 € für die Abwesenheit vom Arbeitsplatz auf die Rechnung, wenn du einen externen Anhörungstermin hast.

Grüße Marc
 

PAPA

GOLD - Mitglied
Wenn ich eine mdl. Verhandlung beim BPatG habe, die 5,5 Stunden dauert, dann werden - neben der Vorbereitungszeit - selbstverständlich auch 5,5 Stunden abgerechnet (die 30 min. hin und zurück berechnen wir kulanter Weise nicht).

Aber nochmals zur Sache: Ich kenne einige Rechtsanwaltskanzleien in denen die geleistete Tätigkeit Minutenweise abgerechnet wird:

Nach dem Motto:
1.10.2008 Telefonat 17 Min.
1.10.2008 Ausarbeitung eines Schriftsatzentwurfs 65 Min.
2.10.2008 Telefonat 24 Min.
2.10.2008 Aktenstudium und Überarbeitung des Schriftsatzentwurfs 135 Min.
etc.

Bei dieser Art der Abrechnung kommt man schnell auf 10 abrechenbare Stunden pro Tag, wenn man 11 Stunden in der Kanzlei ist.

Und nochmal: Ein erfahrener Anwalt/Patentanwalt sollte m.E. deutlich höher als bei 4-5 abrechenbaren Stunden am Tag liegen. Dass dies für einen jungen Patentanwalt, der noch keine 20 Jahre Berufserfahrung auf dem Buckel hat, anfangs noch nicht gilt, ist klar. Außerdem muss die abgerechnete bzw. abrechenbare Zeit letztlich auch in eine gewisse Relation zu dem Stundensatz gesetzt werden. Wer Euro 300 pro Stunde zahlt, sieht bei der abgerechneten Zeit (zu Recht) genauer hin, als derjenige der 190 Euro die Stunde zahlt.
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
PAPA schrieb:
Wenn ich eine mdl. Verhandlung beim BPatG habe, die 5,5 Stunden dauert, dann werden - neben der Vorbereitungszeit - selbstverständlich auch 5,5 Stunden abgerechnet (die 30 min. hin und zurück berechnen wir kulanter Weise nicht).
Das ist schön - nur eben genau das Gegenteil von der hier diskutierten Frage.
PAPA schrieb:
Und nochmal: Ein erfahrener Anwalt/Patentanwalt sollte m.E. deutlich höher als bei 4-5 abrechenbaren Stunden am Tag liegen.
Ist das jetzt wieder ein von dir gesetzter Sollwert, sprich Theorie, oder entspringt das Deiner Erfahrung in der Praxis? Im übrigen entspricht dies einem Umsatz von ca. 30.000 € im Monat pro Anwalt.

Glückwunsch also an dich, wenn die von dir postierten Zahlen bei dir zutreffen.
 

Das gelbe U

*** KT-HERO ***
PAs und RAs sind da nicht vergleichbar. Wenn für einen PA 5h/d reichen können, ist das bei RA komplett anders. Der Grund ist in den ganzen schönen Grund-, Jahres-, Prio-Beleg-Einreichen- und sonstwas Gebühren zu suchen. Deswegen wird ein PA wegen der einzunehmende Grundgebühren schon mal großzügiger sein. Als RA kann man sich das kaum erlauben.
 

PatFan

GOLD - Mitglied
Ich finde die Diskussion ja schon ziemlich lustig. Warum sollte bitte der Kollege seine Fahrzeit nicht in Abrechnung bringen. Schließlich fährt er ja nicht zu seinem Privatvergnügen durch die halbe Republik. Wenn der Mandant der Meinung ist, dass der Anwalt nach München reisen soll, dass muss er es in der Regel auch bezahlen.

Alternativ könnten wir ja auch einmal darüber nachdenken, dass der Mitarbeiter der Firma zum Münchner Anwalt fährt, dieses instruiert und dann die Reisezeit vom Gehalt abgezogen bekommt, schließlich hat er ja nur im BMW (@ Marc:höre ich das Sozialneid raus?) gesessen.

Oder man stelle sich mal den Anwalt vor, der im Monat 20 Markenverhandlungen beim BPatG hat (ishc weiß den gibts nicht). Wären dass 10 abrechenbare Stunden zu € 250,00, mach € 2.500,-- plus 2 Arbeitstage als normale Arbeitzeit (wir lesen ja: max. 4-5 Stunden, macht dann wieder € 2.500,00) also Gesamtumsatz € 5000,00. Wovon soll der dann Miete und Mitarbeiter, da ja gefälligst in bester Lage am Marmortisch zu sitzen haben, bezahlen?

Manchmal frage ich ich mich wirklich, welche Vorstellungen mancher Mandant hat, der nichteinmal die Beträge an Freiberufler zahlen möchte, die er selbst seinen Mitarbeitern als Gehalt zahlen müsste, wenn die Leistung in house erbracht würde.

Gruß PatFan
 

EK

*** KT-HERO ***
PatFan schrieb:
Manchmal frage ich ich mich wirklich, welche Vorstellungen mancher Mandant hat, der nichteinmal die Beträge an Freiberufler zahlen möchte, die er selbst seinen Mitarbeitern als Gehalt zahlen müsste, wenn die Leistung in house erbracht würde.

Gruß PatFan
Zustimmung auf voller Linie. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
 

grond

*** KT-HERO ***
PatFan schrieb:
Warum sollte bitte der Kollege seine Fahrzeit nicht in Abrechnung bringen.
Das ist auch eine Standortfrage. Wenn ich in zehn Minuten Entfernung vom EPA-Hauptsitz mein Büro habe, rechne ich diese zehn Minuten einfach ein, wenn ich in Hannover sitze und zu wirklich jeder Verhandlung reisen muss, möchte ich mir meinen Mandanten vielleicht nicht verprellen, indem ich ihm wirklich jedes Mal sechs Stunden Fahrtkosten voll abrechne. Dann sucht der sich nämlich bald einen Anwalt in München.

Meines Erachtens geht es aber nicht um die absolute Dauer der Fahrt, nach dem Motto "wenn es schnell geht, abrechnen, wenn nicht, unter den Teppich kehren", sondern nach der Art des Termins. Wenn ich z.B. bei einem Ortstermin eine Werkshalle wegen einer Verletzungsangelegenheit besichtigen soll, kann ich für den Ort der Werkshalle relativ zu dem meines Büros nichts. Ich würde also voll abrechnen, selbst wenn mein Büro ich in der patentanwaltlichen Pampa (also fern von München und Düsseldorf) betreibe. Für eine mündliche Anhörung beim Prüfer in München fiele mir das sehr viel schwerer, da müsste ich dann mehrere Termine zusammenschieben oder aber einen Münchener Kollegen beauftragen. Will ich das nicht, dann muss ich halt versuchen, soviel andere Aktenarbeit auf dem Weg von und nach München zu erledigen, um die nicht oder nur teilweise abgerechnete Reisezeit nicht wirklich zu verlieren.
 
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