Sonstiges Wechsel zwischen Patentanwaltskanzlei und Industrie

Patentus

SILBER - Mitglied
Hallo,

ich wollte mich erkundigen, wie ihr die Durchlässigkeit der oben genannten Berufszweige beurteilt und wie schwierig ein Wechsel nach einer gewissen Zeit (bspw. 3 Jahre nach der Zulassung) sein kann.

Würde z.B. eine Industriepatentabteilung lieber eigene Leute ausbilden bzw. einarbeiten, sodass es ein von außen kommender EPA schwer hat oder würde die Abteilung sich lieber fertige Leute holen um sich den Ausbildungsaufwand zu sparen? Was gilt vice versa für den Wechsel von der Industrie hin zur Kanzlei?

Danke!

Patentus
 

pa-tent

*** KT-HERO ***
Der Wechsel als in einer Kanzlei ausgebildeter PA zur Industrie stellt nach
meiner Beobachtung gar kein Problem dar. Viele meiner Amtsjahres- und Hagen-Kollegen (Ing.-Sektor,
aber auch Chemie) haben diesen Wechsel als Kanzlei-Ausgebildete problemlos vollzogen.
Die Motivation für den Wechsel war häufig ein gesichertes regelmäßiges Einkommen
als Angestellter (derzeit z.B. nützlich, um günstige Immokreditzinsen zu erhalten),
Steigerung des empfundenen Sinns der eigenen Arbeit und die Möglichkeit
zum Delegieren (unangenehme Arbeit an Kanzleien rausgeben) und die
Abkehr von der vieljährigen Tätigkeit als hochfrequentierte "Aktensenke",
die einen als Youngster in einer Kanzlei in der Regel erwartet.

Hinsichtlich des Wechsels von der Industrie zu einer Kanzlei muss man wohl
stark differenzieren: In einer stark auf Aktenkloppen ausgerichteten Kanzlei
wird sich ein "Industriemann" anfangs wohl schwer tun. Ungewohnt dürfte
auch die Denke sein, dass man eine Schrottpatentanmeldung unbedingt verteidigen muss,
weil der Mandant es nunmal so will, eigentlich aber jedem klar ist, dass es nur
Schrott ist. Andererseits findet man auch häufig die Konstellation, dass ein
Industriemann in eine Kanzlei gewechselt ist und seinen früheren Arbeitgeber
nun als Hauptmandanten bedient (stößt bei Großunternehmen aber inzwischen
auf arges Unwohlsein - einige der inzwischen etablierten Kanzleien haben
ihre Wurzeln in derartigen Ausgründungen).
 
Zuletzt bearbeitet:

Asdevi

*** KT-HERO ***
Ungewohnt dürfte
auch die Denke sein, dass man eine Schrottpatentanmeldung unbedingt verteidigen muss,
weil der Mandant es nunmal so will, eigentlich aber jedem klar ist, dass es nur
Schrott ist.
Wieso denn? Der "Mandant", der darauf besteht, den Schrott zu verteidigen, tritt häufig in der Form des in-house-Anwalts auf. Die Idee, Schrott zu verteidigen, weil es halt der eigene Schrott ist, scheint in Industriepatentabteilungen nicht selten aufzukommen.
 

pa-tent

*** KT-HERO ***
Wieso denn? Der "Mandant", der darauf besteht, den Schrott zu verteidigen, tritt häufig in der Form des in-house-Anwalts auf.

Nun gut, dann ergänze ich mal: Der ehemalige Industriemensch und Neu-Kanzleimensch
könnte sich in solch einem Fall mit der schmerzfreien und zeiteffizienten Argumentation
etwas schwerer tun als der erfahrene Kanzleimensch.

Ich wollte eigentlich auch nur ansatzweise aufzeigen, wo die Fallstricke
bei derartigen Wechseln liegen können.

Mein Gesamteindruck für den Thread-Ersteller: Die Industrie freut
sich über Zugänge aus Kanzleien (scheitert häufig an
Gehaltsvorstellungen und beschränkten Aufstiegsmöglichkeiten) und es gibt auch
Kanzleien, die sich über ehemalige Industrieanwälte/assessoren freuen.
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Hallo Pa-tent und Asdevi,

die unterschiedliche Sichtweise liegt doch nur darin, dass die Beteiligten nicht die volle Information haben. Real ist die Situation doch durchaus häufig etwa Folgende:

Der Patentsachbearbeiter S in der Industriepatentabteilung hat eine nahezu aussichtslose Akte in der Hand. Der Prüfer hat einen Volltreffer gefunden, so etwas soll vorkommen. Ein halbherziger Versuch, die Sache durch Zusammenziehen der Patentansprüche 1 bis 13 zu einem neuen drei Seiten langen Hauptanspruch zu retten, ist dem S soeben vom Prüfer um die Ohren gehauen worden.

S möchte die Sache plattmachen und natürlich vorab arbnErfGgemäß dem Erfinder freigeben. Erfinder der Sache ist zum Grausen des S der ihm nur zu gut bekannte Betriebsneurotiker N, den auch der Kollege R in der Rechtsabteilung schon gut kennt. Erst kürzlich hat N den Vorstandsvorsitzenden V wegen Falschparkens auf dem Firmengelände und Rauchens in der Kantine angezeigt. S weiß: N wird die ihm freigegebene nahezu aussichtslose Patentanmeldung natürlich übernehmen, allerlei Unsinn damit anstellen, beispielsweise unbegründete und dafür um so heftigere Abmahnungen an den Vorstandsvorsitzenden V übersenden, Betriebsrat, Staatsanwalt und Presse einschalten ... und somit sowohl dem Unternehmen wie auch dem S für die nächsten Jahre sehr viel Kosten verursachen und sinnlose Arbeit und Ärger einbringen, unter anderem ein unerfreuliches Gespräch von S mit V ...

S kalkuliert die Sache kurz durch und versichert sich vielleicht noch vorsorglich bei dem Kollegen R in der Rechtsabteilung der Rückendeckung. Dann ruft er den Patentanwaltskollegen P an und überträgt ihm das Mandat. S hat nämlich nicht nur wenig Lust, eine nahezu aussichtslose Sache weiterzumachen, er will sich später auch nicht von N erzählen lassen, er sei der große Versemmler dieser Akte. Die Kosten mit allem einschließlich Beschwerdeverfahren und Beschwerdeverhandlung werden sich noch irgendwo im gehobenen vierstelligen Bereich befinden, das ist sehr kostengünstig im Vergleich zu allen anderen Alternativen. R beglückwünscht S zu diesem genialen Einfall.

Und Patentanwalt P wundert sich nach Durchsicht der Akte. Er ist auf Blatt 157 und hat bisher die Erfindung noch nicht gefunden. Auf seine Rückfrage an S "Hä? Nich Ihr Ernst?" kommt nur "Oh ja. Unser voller Ernst. Bitte nicht das Kennwort 'Sonderfall N' in ihren Berichten vergessen." Und so kommt es zu unverständlichen Gerüchten über "Schrott-Anmeldungen" ...

Ich fürchte, jeder von uns war schon bei solchen Akten dabei, als S, als P, oder auch als leidgeprüfter Kandidat von P, der dann den Kreativteil verantworten muss ("Versuchen Sie mal was, ein dankbare Sache für Leute mit neuen Gedanken." oder so). Und wer besonders viel Pech hatte, der vertritt jetzt N ...

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

pa-tent

*** KT-HERO ***
Hallo Blood für PMZ,

Deine Schilderung in einem für mich neuen (ernsthaft!) Bereich des Erfinderwesens
(= Betriebsneurotiker, Querulant) ist mir doch glatt eine Aufwertung Deiner summarisch positiven Beiträge von 99 auf 100 Wert!

Ich kannte bisher eher die Vertretung von "Schrott" in dem Rahmen, dass es der Auslandsmandant
nun mal so wünscht, und eine Rückfrage hinsichtlich der Ernsthaftigkeit sich
allein schon wegen Ehrverletzung (Asien) oder (Ab)sonderlichkeiten des
nationalen Patentwesens (USA) verbietet.
 

Patentus

SILBER - Mitglied
Hallo an alle,

zunächst einmal danke für die Meinungen. Die Schilderung über N waren unterhaltsam, vermutlich aber nicht für den Anwalt, der die Akte dann auf dem Hals hatte...

Ich möchte nochmal zum Ausgangspunkt zurück und hoffe auf weitere Antworten:

Wenn man sich die Stellenausschreibungen für die Ausbildung zum europäischen Vertreter hier auf der Seite und anderswo anschaut, dann fällt auf, dass der ganz überwiegende Anteil auf Kanzleien und nicht auf Industriepatentabteilungen entfällt.
Wenn ich es richtig verstanden habe, so ist in der Industriepatentabteilung mit der europäischen Zulassung ein Jahresbrutto von PI'e'3.5 im Einstieg keinesfalls zu hoch gegriffen bei einem 8zu4 Job und unter dem relativen Schutz eines Tarifvertrages.

Daraus leiten sich für mich 2 Fragestellungen ab (sie sind nicht so naiv und 1dimensional gemeint, wie sie sich vielleicht anhören):

1. Was bringt die Leute dazu in Massen als Kandidaten in die Kanzleien zu strömen, wenn sich die Eckdaten (Einkommen als Angestellter, Arbeitszeit, Stress, Sicherheit, Tarifvertrag) bei den Patentabteilungen a priori besser anhören?

2. Wie verhält sich das Ranking beider Berufszweige bei den "Kandidaten"? Kann es sein, dass viele oder vielleicht die meisten Interessenten sich zunächst in den Industriepatentabteilungen bewerben, dort vielleicht nicht genommen werden und als "2. Wahl" den Weg über die Kanzlei betreiben? Liegen die Hürden in den Abteilungen oder den Kanzleien höher?
 

pa-tent

*** KT-HERO ***
Kann es sein, dass viele oder vielleicht die meisten Interessenten sich zunächst in den Industriepatentabteilungen bewerben, dort vielleicht nicht genommen werden und als "2. Wahl" den Weg über die Kanzlei betreiben? Liegen die Hürden in den Abteilungen oder den Kanzleien höher?

Von meinen ehemaligen Kandidatenkollegen hatte sich keiner bei einer Industrieabteilung
für eine Kandidatenstelle beworben. Alle wollten für die nähere
Zukunft (= nach bestandener Prüfung) möglichsthoch hinaus
(= Partner in einer gut aufgestellten Kanzlei werden), möglichst viel
Geld verdienen (= freiberuflich, jenseits des vom Angestellten-Dasein
bekannten Einkommenrahmens) und ihr eigener Chef (= Kanzleiinhaber, nicht
angestellter Zuträger für die oberen Führungsebenen eines Unternehmens) sein.
Ob sich das heutzutage als Jung-PA alles so realisieren lässt, steht auf einem
anderen Blatt.

Die Industrieabteilungen reagieren hingegen auf die oben dargestellte Klientel
nicht so positiv: Hier ist ja schnell klar, dass die Kandidaten die besseren
Ausbildungskonditionen in der Industrie einheimsen wollen, um sich dann
möglichst schnell in Richtung Kanzlei vom Acker zu machen. Daher vergeben
Industrieabteilungen derartige Ausbildungsverträge eher restriktiv und manchmal
auch mit langfristiger vertraglicher Bindung (z.B. Meldung als Kandidat erst
nach 5 Jahren im Betrieb).

In meinem Amtsjahr waren die Industriekollegen dementsprechend häufig
deutlich "gesettelter" (also etwas älter/erfahrener, zufrieden mit ihrem Dasein
und nicht -aus heutiger Sicht der realisierbaren Chancen - überambitioniert)
als die 26-Monats-Minimum-Youngsters aus den Kanzleien.

Die letztgenannten Punkte wurden übrigens in älteren Beiträgen schon häufiger
angeschnitten (=> Recherchieren, auch eine mehr oder wenige
beliebte Tätigkeit für Patentmenschen).
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Dazu kommt noch, dass Industriepatentabteilungen am liebsten entweder fertige Anwälte (bevorzugt mit bestandener EQE) einstellen oder eigene Mitarbeiter ausbilden. Letztere kennen nämlich schon das Unternehmen, die Technik und die Produkte und haben vielleicht schon selbst Erfindungen gemacht und sind daher leichter auszubilden als jemand der völlig frisch von Außen kommt.
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Neben den bisherigen Überlegungen gibt es natürlich auch noch ganz banale, beispielsweise geographische Aspekte.

So gibt es in München zwar auch durchaus große Patentabteilungen (Siemens, BMW, Fraunhofer, etc), trotzdem ist die Patentbranche wohl ganz überwiegend freiberuflich (wie auch immer) organisiert.

In Städten wie etwa Leverkusen oder Wolfsburg dagegen gibt es nahezu keine freiberuflichen Patentanwälte, dagegen verständlicherweise ganz erhebliche Zahlen von Patentleuten in Industriepatentabteilungen.

In anderen Städten liegt es irgendwo dazwischen, im Norden und Westen pauschal und grob gesagt mehr Industriepatentabteilungen, südlich der Donau mehr Kanzleien. Klar dürfte sein, das sich das auch auf die Aufteilung von Kandidaten und auch auf die Aufteilung von EQE-Teilnehmern auf Industrie / Kanzleien auswirkt, und somit auch auf Angebot und Nachfrage und sicher auch die Akzeptanz hinsichtlich der "fertigen" Kollegen, die zwar den Arbeitgeber, nicht aber das Bundesland wechseln möchten.

@pa-tent: Thx. Sicherlich steckt auch hinter den gelegentlich schwer nachvollziehbaren Wünschen Deiner/unserer Mandanten aus Fernost und Fernwest so manchesmal ein ähnlicher Kern, leider ohne das wir das erfahren oder auch nur erfragen können. Wenn etwa wenige Tage vor Fristablauf eine Weisung kommt wie "please proceed according to your proposal", obwohl man mangels Masse weit davon entfernt war, irgendetwas proposen zu können, sehe ich N und S förmlich vor mir. Das hilft enorm, um die Akte immer noch mit einem grimmigen Lächeln bearbeiten zu können. Und im Bericht nicht das Kennwort "Cold case N" oder so zu vergessen...

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

arcd007

*** KT-HERO ***
Hi allerseits,

eines möchte ich noch ergänzen. Grundsätzlich dürfte es - nachdem mittlerweile viele Patentabteilungen viel Arbeit nach außerhalb vergeben, insbesondere Patentanmeldungen - schwierig sein, von der Industrie in eine Kanzlei zu wechseln, die ihr Geld hauptsächlich mit dem Schreiben von Patentanmeldungen verdient. Ich kenne Industriekollegen, die machen pro Jahr höchstens 3-5 Anmeldungen selbst, alles andere wird nach draußen vergeben. Zum einen fehlt dann einfach das Tempo bei der Ausarbeitung, zum anderen schlicht die Erfahrung, was für eine Kanzlei einen Industrieanwalt ggf. unattraktiv erscheinen läßt.

Ciao

arcd007
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Was machen die denn dann den ganzen Tag?

Sie fertigen Memos über unverständliche Erfindungsmeldungen, nachdem sie mit den Erfindern gesprochen haben.
Sie nehmen in Anspruch oder geben frei.
Sie verteilen und koordinieren die an externe Kollegen vergebenen Aufträge.
Sie reichen die extern vorbereiteten Unterlagen ein.
Sie erledigen den Formalkram beim DPMA/EPA, da häufig die Vertretung beibehalten wird.
Sie erledigen das komplette Auslandsgeschäft.
Sie berechnen Arbeitnehmererfindervergütungen.
Sie entscheiden über die Zahlung von Aufrechterhaltungsgebühren und veranlassen das.
Im Falle des Fallenlassens fahnden sie nach den Adressen der Erben der inzwischen fünfmal umgezogenen und dann verstorbenen ehemaligen Arbeitnehmererfinder, um ihnen die uninteressant gewordene Anmeldung zur Übernahme anzubieten.
Sie lesen die Anmeldungen der Konkurrenz aus der Patentblattüberwachung und entscheiden über Einsprüche und machen diese gegebenfalls auch.
Sie fertigen unglaubliche Mengen an Statistiken und schreiben Berichte für die Akte, Berichte für die Abteilungsleiter, Berichte für den Vorstand, Berichte für die Konzernmutter in sonstwo ...

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 
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Khisanth

SILBER - Mitglied
Mein Eindruck ist, dass das Spektrum der Patentreferenten in der Industrie sehr breit ist. Da nennen sich in kleinen Firmen Leute teilweise „Abteilungsleiter der Patentabteilung“, die selbst keine anwaltliche Qualifikation haben, deren Abteilung im Wesentlichen aus ihnen selbst besteht und die anwaltliche Arbeit nur zwischen internen Erfindern und externen Anwälten hin- und herschieben.

Gerade in den größeren Unternehmen sehe ich aber einen Trend zur Professionalisierung. Die Patentabteilung dient nicht mehr nur wie früher als Abklingbecken für Leute, die man aus den F&E-Abteilungen entsorgen muss, sondern gerade unter der jüngeren Generation finden sich Patentreferenten mit einer, häufig auch schon beiden Zulassungen, oft nach Kanzleiausbildung. Bei einem mir bekannten Unternehmen wird erwartet, dass Patentreferenten die EQE anstreben und spätestens im dritten Versuch bestehen. Auch wenn es am Ego einiger Kollegen kratzen mag, ist davon auszugehen, dass die besten Anwälte in Zukunft nicht ausschließlich in Kanzleien anzutreffen sein werden. Solchen Anwälten sollte ein Wechsel in eine Kanzlei leicht fallen, ganz abgesehen davon, dass es für Wechsel in diese Richtung viele erfolgreiche Beispiele gibt.

Als externer Anwalt würde ich mir den recht forschen Ton, den ich bei einigen Vorrednern wahrzunehmen meine, bei jeglichem Kontakt gründlich verkneifen, zumal dann, wenn die eigene Qualifikation nicht offensichtlich deutlich höher ist (auch ein zusätzlicher LLM oder ein Doktor in Geschichte der Naturwissenschaften, wie ihn einige verzweifelte Kanzleikollegen erworben haben, dürfte hier nicht genügen).

Diese Entwicklung hängt sicherlich mit der ausführlich diskutierten Kandidatenschwemme zusammen. Wenn es ein ausreichendes Angebot an ausgebildeten Anwälten gibt, warum soll die Industrie auch nicht selbst welche einstellen statt teure Anmeldungen extern schreiben zu lassen?

Zum Thema Anmeldungen: sicherlich gibt es Patentreferenten, die nur 3 bis 5 Anmeldungen pro Jahr schreiben. Auf der anderen Seite gibt es die in den Kanzleien auch, und im Übrigen heißt die bloße Tatsache, dass man etwas häufig macht, nicht unbedingt, dass man es auch besonders gut macht. Auch gibt es in der Industrie Kollegen, die 20 Anmeldungen im Jahr machen.

Im Übrigen scheinen Patentreferenten grds sehr viel mehr mit Fragen wie FTO, Recherche, ggf. Vertragsverhandlung und -ausarbeitung und direkter Erfinder- und strategischer Beratung zu tun zu haben, nicht zuletzt, weil die Meinung vorherrscht, dass Gutachten von externen Anwälten zu Verletzung aufgrund weitschweifiger Disclaimer und diffuser Aussagen viel kosten, der Leser am Ende aber so schlau ist wie vorher. Für Formalkram dürfte es auch in der Industrie ein Sekretariat geben.
 

Berechtigungsschein

Vielschreiber
Mein Eindruck ist, dass das Spektrum der Patentreferenten in der Industrie sehr breit ist. Da nennen sich in kleinen Firmen Leute teilweise „Abteilungsleiter der Patentabteilung“, die selbst keine anwaltliche Qualifikation haben, deren Abteilung im Wesentlichen aus ihnen selbst besteht und die anwaltliche Arbeit nur zwischen internen Erfindern und externen Anwälten hin- und herschieben.

Als externer Anwalt würde ich mir den recht forschen Ton, den ich bei einigen Vorrednern wahrzunehmen meine, bei jeglichem Kontakt gründlich verkneifen

@Drachenlanze, aka Khisanth:

Falls der Abteilungsleiter der Patentabteilung zufällig Dein Mandant ist und zufällig hier mitliest, wäre das wohl eher suboptimal. Die Welt ist ja manchmal kleiner als man denkt.


Aber zurück zur OP-Frage:

Kleine Firmen werden aus Kostengründen den deutschen PA mit EP-Zulassung wohl eher nicht im Boot sitzen haben wollen. Viel zu teuer, die paar Anmeldungen im Jahr lässt man von einer exterenen Kanzlei schreiben oder schreibt sie selbst, da man bei schlechter Qualität auch schnell mal die Kanzlei wechseln kann, den festangestellte PA mit seinen 120.000 EUR Kosten/Jahr wird man so schnell nicht los. Aus Haftungsgründen würde man auch bei FTOs/Nichtigkeitsklagen/Einsprüchen gerne auf einen externen Anwalt zugreifen wollen.

Bei großen Firmen mag das anders sein, aber da wird der Patentabteilungsleiter dann auch aus dem eigenen Stall kommen (Abklingbecken ;-)).

Man darf auch nicht vergessen, dass die Arbeit in einer Patentabteilung grundlegend eine andere ist, als die in einer Kanzlei. Wobei ich hier auch eher von kleinen Firmen rede, da ist mehr Strategie gefragt, Verhandlungen mit Geldgebern oder potentiellen Investoren etc.

Ich persönlich sehe in Zukunft eher eine Art Symbiose zwischen Patentabteilung und externen PAs. Man kauft sich zu speziellen Fragestellungen Fachwissen extern zu, strategische Fragen (was melde ich wann an, Einschätzung von Erfindungen etc.) laufen intern ab. Das kann ein externer PA gar nicht einschätzen. Und was die Kosten angeht, wie schon gesagt: selbst wenn ich Anmeldungen extern "schrubben" lasse, komme ich noch günstiger Weg. Bei großen Patentabteilungen, die auch Fristenüberwachung und Taxunterabteilungen haben, mag das anders sein.

Funktioniert also ein Wechsel?

Es kommt immer auf die Qualität und das Können an. Ein wirklich guter PA wird schnell in einer Patentabteilung einer großen Firma unterkommen, kann aber sicherlich auch gleich in einer Kanzlei bleiben, da er ja ausgezeichnete Arbeit leistet und dort auch mehr "Freiheitsgrade" hat, d.h. da sitzt kein Chef über ihm.

Patentabteilungen als "Abklingbecken" für PAs zu sehen, die interessanterweise nicht freiberuflich arbeiten wollen (das ist ja das ganze Ziel der Ausbildung in einer Kanzlei) halte ich für falsch.

B.
 
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Patentus

SILBER - Mitglied
@alle: Ich bedanke mich für die zahlreichen Antworten. Diese haben mir einige Aspekte vor Augen geführt, die ich noch nicht bedacht hatte.

Ich habe jetzt nochmal über Praktika beide Seiten kennengelernt. Der Freiberuf ist, so glaube ich, nichts für mich.

Ich habe aber das Problem kaum Industrieerfahrung als F&E Ingenieur zu haben. Eine gewisse Uni-Zeit und auch eine Ausbildung als "Patentingenieur" sind zwar da, die Patentabteilungen scheinen jedoch eher ausreichende praktische Berufserfahrung zu wollen, so mein bisheriges feedback auf einige Bewerbungen.

Sollte man sich direkt auf Stellen bei der Patentabteilung bewerben; via Personalvermittler oder wie hier schon angesprochen den Weg über die interne Versetzung nach gewisser F&E Zeit wählen (wohl etwas mit der Kirche ums Dorf) oder eben Kandidat werden? In der Kanzlei scheint aus vielerlei Gründen die Berufserfahrung keine so Große Rolle zu spielen.

Mir ist klar, dass sich bei dieser Pauschalität kaum Tipps geben lassen, aber vielleicht fällt euch doch was ein.
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Hallo Patentus,

Du hast jetzt zwei Praktika gemacht, offenbar eines in einer Patentabteilung in der Industrie, eines in einem Patentanwaltsbüro. Üblicherweise wird nach einem solchen Praktikum eine Abschlussbesprechung durchgeführt, jedenfalls kenne ich das so, und zwar von beiden Seiten :).

Gerade diese Besprechungen sollen eigentlich nicht nur dem Betreuer, sondern gerade auch dem Praktikanten die Möglichkeit eröffnen, Fragen nach seinen zukünftigen Absichten und Perspektiven zu stellen. Da Du jetzt hier im Forum fragst, hat das wohl noch nicht richtig stattgefunden. Das solltest Du nachholen. Bei beiden Praktikumsstellen kennt man Dich, Deine Arbeitsweise, Deine Möglichkeiten und Deine Interessen viel genauer als wir (und das ist sicher auch ganz gut so). Also sollte man Dir nicht nur Deine Fragen passend auf Deine Person beantworten, sondern auch gezielte Tipps, warnende Hinweise und vielleicht auch ein paar Adressen geben können. Man kennt sich ja in der Branche.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 
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