Praxis Kanzleigründung - Wie?

maroubra

*** KT-HERO ***
Hallo liebe Foristen,

wie gründet man eigentlich eine Kanzlei? Abgesehen von rechtlichen und steuerlichen Aspekten frage ich mich insbesondere, wie man denn an die Mandanten kommt. Ich habe meine Ausbildung in einer recht großen Münchner Kanzlei gemacht und befinde mich im Amtsjahr, aber ich habe absolut keine Vorstellung, wie ich denn an eigene Mandanten kommen würde/könnte. Ich denke mit dem Erstellen/Online-Stellen einer Homepage und auf Anrufe warten oder Erfindererstberatungen beim DPMA würde man nicht sonderlich weit kommen. Irgendwelche besondere Firmenkontakte habe ich auch nicht (aber geht wohl den meisten so).

Wie also läuft die Gründung einer Ein-Mann-Patentanwaltskanzlei laut Lehrbuch ab bzw. wie könnte so eine Gründung ablaufen? Hat einer von Euch so etwas schon mal mitbekommen oder selbst versucht? Wie ist es gelaufen?
 

keta

SILBER - Mitglied
Wie also läuft die Gründung einer Ein-Mann-Patentanwaltskanzlei laut Lehrbuch ab bzw. wie könnte so eine Gründung ablaufen?

Du gründest deine Kanzlei ohne ausreichende Mandantschaft. Für eine Freundin deiner Mutter machst du eine Markenanmeldung. Einen spleenigen Einzelerfinder berätst du stundenlang, ohne dass letztlich ein Auftrag dabei herauskommt. Nach einiger Zeit beginnst du, für deine frühere Ausbildungskanzlei und eine weitere Kanzlei deren undankbarste Akten in Kollegenarbeit zu erledigen. In der vielen dir verbleibenden Leerlaufzeit schreibst du das Forum des Kandidatentreffs mit Jammerbeiträgen über die Patentanwaltsschwemme und deine katastrophale Einkommenssituation voll.

Dies ist zumindest mein Eindruck ohne eigene Erfahrung.
 

Gonzo

*** KT-HERO ***
Hallo marouba!

Eine eigene Kanzlei gründen ohne Mandantschaft ist schwierig und läuft evtl wie im vorigen Beitrag geschildert ab, da die Akquise von Mandanten schwierig ist.

Mögliche Gründungsmodelle sind:
1.
Mehrere Anwälte einer etablierten Kanzlei tun sich zusammen und gründen mit Mandanten der alten Kanzlei eine neue. Das läuft dann meist nicht ohne böses Blut und Kämpfe ab.

2.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, zunächst einmal in "der Industrie" zu arbeiten und dort möglichst auch als gut und zuverlässig wahrgenommen zu werden. Wenn man dann eine eigene Kanzlei gründet (meist dann aber auch nicht ganz allein sondern mit anderen zusammen), dann kann es - wenn es gut läuft - sein, dass die ehemaligen Arbeitgeber der neu gegründeten Kanzlei ein Mandat geben. Das macht dann ja auch Sinn.

3.
Du hattest danach zwar nicht gefragt, aber es ist auf die unter 2. geschilderte Art nat. auch möglich, keine eigene neue Kanzlei zu gründen, sondern mit dem/den Mandat/en in eine bestehende Kanzlei zu dem zu erwartetenden Umsatz entsprechenden Konditionen einzusteigen.

Für alle drei obig beschriebenen Fälle kenne ich mehrere Beispiele.

Grüsse,

G
 
Zuletzt bearbeitet:

Han Solo

SILBER - Mitglied
Die einfachste und auch härteste Variante:

sich zu Hause hinsetzen, im Internet potenzielle Mandanten/Auftragggeber identifizieren und dann anrufen und einen Vorstellungstermin bekommen. Klingt saublöde und idiotisch aber funktioniert. Dazu Kollegenarbeit für Großunternehmen und/oder Kollegen Zähne jahrelang zusammenbeissen und aus Frust NICHT in die Isar springen. In München ist es sehr schwer, auf dem Lande einfacher.
Dazu braucht man Glück und eine Portion Wahnsinn/Narzissmus/Extrovertiertheit und Durchhaltevermögen, (alternativ eine fette Erbschaft, aber wer hat die schon).
In meinem Jahrgang haben ca 10 genau das versucht/gemacht (von ca 35) und die Erfahrungen nach 10 Jahren sind teilweise ernüchternd bzw sehr gemischt. Die meisten sitzen in Einzelkanzleien rum und wurschteln vor sich hin, scheint aber gteilweise anz ordentlich zu laufen so auf dem Lande , einer hat von Null an alleine eine mittelgroße Bude mit so 15-20 Anwälten aufgebaut, scheint aber auch bloß dafür zu leben,
zwei haben (frustriert) aufgegeben und "sich angeschlossen", das heißt meist halt Edelkollegenarbeiter.
Und ich werdet ihr fragen? Ich fahre jetzt drei Wochen in den Urlaub
 

arcd007

*** KT-HERO ***
Hi,

> sich zu Hause hinsetzen, im Internet potenzielle Mandanten/Auftragggeber identifizieren und dann > anrufen und einen Vorstellungstermin bekommen.

> Klingt saublöde und idiotisch aber funktioniert

aber hat das große Problem, daß das ggf. §39b PatAnwO entgegensteht und damit die Kammer auf den Plan rufen könnte.

und das mit dem "funktionieren" dürfte auch in den allermeisten Fällen eben nicht funktionieren IMHO. Wer gibt denn einem Anwalt einen Auftrag, der anruft und Werbung für sich macht, vor allem als Ein-Mann-Kanzlei, es sei denn man ist ausgerechnet gerade mit seinem PA unzufrieden...
Größere Unternehmen dürfen doch in der überwiegenden Mehrheit einem da ablehnend gegenüber stehen, selbst wenn man vorbeikommen und sich vorstellen darf...

Ciao

arcd007
 

Gonzo

*** KT-HERO ***
Naja aber wenn Han Solo das so gemacht hat dann hat Han Solo das halt so gemacht.

Ich denke, es kommt auch darauf an, welche Industrien und Firmen man sich denn als Mandantschaft aussucht.
Es ist eher aussichtslos, als Ein-Mann-Kanzlei ein grösseres Chemie- oder Pharma Mandat zu übernehmen, da das Volumen eines solchen Auftrags die Kanzlei meist überfordert. Wenn es kleinere Firmen sind, dann geht es vielleicht gerade noch aber grössere wohl eher nicht.

Anders mag es im Maschinenbau aussehen - insbesondere bei mittelständischen Firmen. Hier "zieht" vielleicht auch Han Solos Strategie eher. Das persönliche Gespräch bringt evtl. beim mittelständischen Werkzeugmaschinenhersteller eher etwas, als beim Chemiegiganten, mit Hauptsitz in Übersee.

G
 

Han Solo

SILBER - Mitglied
Gonzo hat natürlich recht, als Wohnzimmer one man show sich an Chemiegiganten zu wagen ist nicht nur aussichtslos sondern zeugt von Realitätsverlust.

man kann bei kleinen Mittelständlern auf dem Lande mit der Kaltakquisemethode aber ganz gut punkten, die schätzen persönlichen Service und etwas unkonventionelleres Auftreten durchaus, man muß sich aber dabei von der Vorstellung verabschieden, dass man Aufträge bekommt, die der eigenen Fachrichtung entsprechen, sondern ist dann halt der Tante Emma Laden und keine Nobelkanzlei . Als Chemiker/Biologe ist so etwas allerdings etwas schwieriger da es dort fast keinen Mittelstand gibt Ich bin mit meinem Tante Emma Laden zufrieden, ich stehe selber hinter der Theke, mache mit zwei Angestellten alles selbst und ich bin zufrieden, hab sogar Zeit für Familie und Fussballverein, also richtig schön spiessig , keine high end Münchner Kanzlei mit Auslandsmandanten etc aber dafür meins.

Und das schöne an diesem Beruf: Jeder kann es sich weitgehend aussuchen, wie er seine Laufbahn gestalten will, vom Einzel-Provinzanwalt zum jungen associate mit Partnerambitionen in der Großkanzlei,
 

arcd007

*** KT-HERO ***
Hi allerseits,

die Mehrheit der Kanzleigründungen wird doch so ablaufen.

Man setzt sich in sein eigenes Wohnzimmer und macht zunächst mal für seine Ausbildungskanzlei oder auch für noch 1 bis 2 andere Kanzleien Kollegenarbeit, die einen über Wasser hält und die man vor allem hinsichtlich der Anzahl der Aufträge gut steuern kann. Zusätzlich investiert man dann eben Zeit, macht "Netzwerken", geht auf Messen, etc. und versucht Mandate zu gewinnen. Man erstellt eine schöne Homepage, geht zur Erfinderberatung, etc. und fährt dann den Kollegenarbeitsanteil in der Weise runter, in dem man durch eigene Mandate ausgelastet wird, ggf. tut man sich dan mit einem Kollegen zusammen und nach und nach wird so ein Schuh draus...

Ciao

arcd007
 
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