PAP (w) Lösungsvorschlag wissenschaftliche Prüfungsaufgabe I/2006

AachenerKreuz

GOLD - Mitglied
Mit Sicherheit noch deutlich entwicklungsfähig. Wird auch noch entwickelt. Wir sehen uns demnächst beim Preu-Klausurenkurs in München.


Wissenschaftliche Prüfungsaufgabe I/2006

Teil I

Klage gegen Erbonkel:

Ruck-Zuck (R) hätte einen Anspruch gegen E (Erbonkel) aus § 280 (1) BGB haben können.

Dazu müsste der E eine Pflicht aus einem Schuldverhältnis mit R verletzt haben. Als ein solches Schuldverhältnis kommt der Lizenzvertrag in Betracht. Der Vertrag verpflichtet E, dem R Herstellung und Vertrieb der Reißverschlüsse zu gestatten. Indem das Patent für das Ausland wegfällt, geht R dieses Recht nicht ab, sondern fällt ihm im Gegenteil automatisch zu. Mangels einer Klausel, die E explizit die Aufrechterhaltung der Vertragsschutzrechte auferlegt, liegt keine Pflichtverletzung des E vor. Gäbe es eine solche Klausel, wäre Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch, dass ein Schaden für R bezifferbar wäre, was vorliegend zu verneinen ist.

R könnte jedoch einen Anspruch aus § 812 (1) BGB gegen E auf Rückzahlung der Lizenzgebühr für das Ausland ab Wegfall der entsprechenden Schutzrechte haben.

Dazu müsste E diesen Teil der Lizenzgebühr ohne rechtlichen Grund erlangt haben. R hat diesen Teil der Lizenzgebühr gezahlt in dem Glauben, nur so zu Herstellung und Vertrieb der Reißverschlüsse im Ausland berechtigt zu werden. Tatsächlich war er aber im patentfrei gewordenen Ausland automatisch berechtigt zur Benutzung. Damit ist die Zahlung ohne rechtlichen Grund erfolgt, so dass ein Rückforderungsanspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung besteht.

Ausschließliche Lizenz:

Mit einem ausschließlichen Lizenzvertrag hätte E zusätzlich die Verpflichtung übernommen, Dritte von der Benutzung der Reißverschlüsse auszuschließen. Dies impliziert eine Aufrechterhaltung der Schutzrechte. Damit hätte eine Pflichtverletzung vorgelegen und dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus § 280 (1) BGB bestanden.

Übernahme EP / Klage R:

Nach § 1922 (1) BGB ist die Erbschaft eine Gesamtrechtsnachfolge. Damit hat die Erbengemeinschaft nicht die Wahl, ob sie nur einzelne Vermögensgegenstände übernimmt. Die einzige Wahlmöglichkeit ist die vollständige Ausschlagung des Erbes nach § 1942 (1) BGB. Diese hätte zur Folge, dass der Anfall des Erbes als nicht erfolgt gälte. Sofern alle Erben das Erbe ausschlagen, erbt der Fiskus nach § 1936 BGB. Für eine eventuelle Ausschlagung ist unbedingt die 6-Wochen-Frist des § 1944 BGB zu beachten!

Wird das Erbe nicht ausgeschlagen, richtet sich der zuvor festgestellte Anspruch von R aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht mehr gegen E, sondern gegen die Erben, unabhängig davon, was diese bezüglich des EP-Patents unternehmen.

Auf Grund der Gesamtrechtsnachfolge wären die Erben weiterhin aus dem Lizenzvertrag verpflichtet. Ohne ordnungsgemäße Kündigung des Vertrags könnte daher R die Benutzung für Deutschland nicht verboten werden.

Lizenzvertrag bei Wegfall des EP-Patents

Die einzige Möglichkeit, das EP-Patent nicht zu übernehmen, ist das Fallenlassen durch Verzicht oder Nichtzahlung der Jahresgebühren. Fällt das Patent fort, könnte der Lizenzvertrag gegen § 1 GWB verstoßen und nichtig werden auf Grund von § 134 BGB. Dazu müsste es sich um eine Vereinbarung zwischen Unternehmen handeln, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt oder bewirkt. Dazu müssten zunächst beide Vertragspartner Unternehmen sein. Für R ist dies unproblematisch. Auch E bzw. seine Erben gelten, insoweit sich ihre Aktivitäten auf die Vermarktung einer freien Erfindung beziehen, als Unternehmen.

Gegenstand eines jeden Lizenzvertrags ist, dass ein spezielles Unternehmen (Lizenznehmer) vom allgemeinen Verbot der §§ 9 ff. PatG ausgenommen wird, den Gegenstand des Vertragsschutzrechts zu benutzen. Damit wird dem Lizenznehmer eine Vorzugsstellung im Wettbewerb mit Nicht-Lizenznehmern verschafft. Damit bezweckt ein Lizenzvertrag grundsätzlich eine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von § 1 GWB, unabhängig davon, ob das Schutzrecht tatsächlich besteht.

Der Lizenzvertrag könnte jedoch gemäß § 2 (2) GWB i.V.m. der TT-GVO vom Verbot des § 1 GWB freigestellt sein. Voraussetzung hierfür ist, dass der Vertrag die Produktion von Vertragsprodukten ermöglicht. Indem der Vertrag das Herstellen explizit umfasst, ist diese Voraussetzung erfüllt. Damit ist der Lizenzvertrag zunächst freigestellt und somit kartellrechtlich zulässig.

Die Freistellung gilt jedoch nach Art. 2 TT-GVO nur solange die Vertragsschutzrechte bestehen. Somit würde ein Wegfall des EP-Patents den Lizenzvertrag zu einer verbotenen Wettbewerbsbeschränkung machen.

Klauseln im Vertrag

Klauseln, die unter Art. 5 TT-GVO fallen, sind von der Freistellung durch Art. 2 TT-GVO ausgenommen. Dies hat zur Folge, dass ihre kartellrechtliche Zulässigkeit nach §§ 1, 2 (1) GWB zu prüfen ist.

Die Nichtangriffsabrede verstößt gegen Art. 5 (1) TT-GVO. Indem sie die Kontrollmechanismen des Patentrechts gegen ungerechtfertigte Monopole für den Lizenznehmer außer Kraft setzt, bezweckt und bewirkt sie zugleich auch eine Wettbewerbsbeschränkung. Damit ist diese Klausel nach §§ 1 GWB, 134 BGB nichtig. Indem die Abrede objektiv von der eigentlichen Lizenzgewährung abgetrennt werden kann und der Wille zu einer Gesamtnichtigkeit wegen Unwirksamkeit einer solchen Nebenabrede den Parteien nicht angesonnen werden kann, bleibt der Vertrag nach § 139 BGB im Übrigen wirksam.

Der Vertrag könnte aber auch insgesamt von der Freistellung nach Art. 2 TT-GVO ausgenommen sein, wenn er eine Kernbeschränkung gemäß Art. 4 (2) TT-GVO enthält. Dies könnte zur Folge haben, dass der Lizenzvertrag insgesamt gemäß §§ 1, 2 (1) GWB zu prüfen ist.

Die Meistbegünstigungsklausel verhindert lediglich, dass R schlechter gestellt wird als andere Lizenznehmer, und ist daher keine verbotene Preisbindung im Sinne von Art. 4 (2) a TT-GVO.

Das Verbot, die Produkte an Dreist zu verkaufen, ist jedoch eine Kundenkreisbeschränkung im Sinne von Art. 4 (2) b TT-GVO. Dadurch wird der Lizenzvertrag insgesamt von der Freistellung ausgenommen.

Bei der Auswirkung auf die Wirksamkeit ist jedoch zu beachten, dass nach § 2 (2) S. 1 GWB die TT-GVO nur als Auslegungsrichtlinie für § 2 (1) GWB gilt. Somit sind nach wie vor nur Vereinbarungen verboten, die überhaupt vom Verbot des § 1 GWB erfasst sind. Indem Dreist kein Wettbewerber ist oder war, bezweckt oder bewirkt das Verbot, an ihn zu verkaufen, keine Wettbewerbsbeschränkung. Daher bleiben die Klausel und der Vertrag wirksam.

Anwendbares Recht

Für den Lizenzvertrag ist nach Art. 4 (2) Rom I das Recht des Staats anwendbar, in dem die Partei, die die für den Vertrag charakteristische Leistung zu erbringen hat, ihren Aufenthaltsort hat. Typisch gerade für den Lizenzvertrag ist nicht die Geldzahlung, die in vielen Vertragstypen die Gegenleistung bildet, sondern die Lizenzgewährung. Damit ist entsprechend dem Aufenthaltsort des E deutsches Recht anwendbar. Dieses Recht ist nach Art. 10 Rom II auch auf den bereicherungsrechtlichen Anspruch anwendbar.

Marke

Hinsichtlich der Marke ist zu beachten, dass diese einem Benutzungszwang unterliegt. Wird sie für einen ununterbrochenen Zeitraum von 5 Jahren nicht benutzt, kann sie auf Antrag wegen Verfalls gelöscht werden. Des weiteren bedarf die Marke insoweit der Pflege, als bei Eintragung neuer kollidierender Marken nur innerhalb von 3 Monaten Widerspruch aus der eingetragenen Marke eingelegt werden kann.

Geschmacksmuster

Eine Klage ist möglich auf der Grundlage von § 42 (1) GeschmMG. Indem zuvor eine Abmahnung erfolgt ist, wird bei einem sofortigen Anerkenntnis die Kostenfolge des § 93 ZPO vermieden. Zuständig sind nach Art. 80 (1), 81a GGV die Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichte, das sind in Deutschland ausgesuchte Landgerichte. Durch das Anbieten im Internet ist das Geschmacksmuster im ganzen Bundesgebiet verletzt, d.h. man kann sich nach § 32 ZPO (Wahlgerichtsstand der unerlaubten Handlung) das Gericht aussuchen.

Die Zuständigkeit des LG bedingt nach § 78 ZPO Anwaltszwang. Wenn das Taschengeld hierfür nicht reicht, könnte den Erben nach § 117 ZPO Prozesskostenhilfe zustehen. Hinsichtlich der Zulässigkeit ist zu beachten, dass die noch minderjährigen Geschwister nicht prozessfähig sind und durch einen gesetzlichen Vertreter vertreten sein müssen. Zur Sicherung der Klageansprüche kommt im Übrigen ein Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung in Betracht. Die entsprechende Eilbedürftigkeit (Verfügungsgrund) sollte au Grund der trotz Abmahnung fortgesetzten Verletzung gegeben sein.

Für die Umschreibung der Marke und des deutschen Teils des EP-Patents beim DPMA ist nach § 28 (1) ein Formblatt zu verwenden und nach § 28 (3) 2 b ein Erbschein vorzulegen.

Der Antrag auf Umschreibung des Gemeinschaftsgeschmacksmusters ist beim HABM zu stellen mit den Unterlagen nach Art. 23 GGsmDV und Zahlung der Gebühr.

Die Erben bilden eine Bruchteilsgemeinschaft nach § 741 BGB ff. Danach ist jeder zum Gebrauch berechtigt, aber alle Maßnahmen, die sich auf die Verwaltung des Geschmacksmusters als Ganzes beziehen – so auch die Aufgabe des Rechts –, sind gemeinschaftlich zu beschließen. Indem die Klage aus dem Geschmacksmuster nicht dessen Bestand als Ganzes in Frage stellt, dürfte der volljährige Felix allein klagen. Die Geschwister sind prozessrechtlich notwendige Streitgenossen, d.h. die Klage des einen allein ist zulässig, die Rechtskraft des Urteils erstreckt sich aber auf die anderen Geschwister.

Teil II

a)

Dem Unterlassungsanspruch könnte entgegen stehen, dass die gelieferten Montageschienen nicht alle Merkmale des Anspruchs 1 verwirklichen und somit keine verbotene Benutzung im Sinne von § 9 PatG vorliegt.

Die konkreten Benutzungshandlungen der Solarprofile GmbH (S) könnten jedoch eine mittelbare Patentverletzung nach § 10 PatG sein. Dazu müssten die gelieferten Montageschienen geeignet und speziell durch die Lieferung an die fraglichen Abnehmer dazu bestimmt sein, für die Montage von Sonnenkollektoren auf Dächern verwendet zu werden. Sie müssten sich außerdem auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen.

Indem die Montageschienen im Anspruch 1 ausdrücklich erwähnt sind, beziehen sie sich ohne weiteres auf ein wesentliches Element der Erfindung. Indem sie die beanspruchten Merkmale identisch verwirklichen, eignen sie sich zur Montage der Sonnenkollektoren. S ist bekannt, dass seine Abnehmer die Montageschienen mit Sonnenkollektoren zusammenfügen, wordurch ein Gegenstand entsteht, der alle Merkmale des Anspruchs 1 erfüllt. Damit sind die Schienen zur Benutzung der Erfindung bestimmt.

Damit hat K einen Anspruch gegen S auf Unterlassung der Lieferung an die derzeitigen Abnehmer.

b)

Der Durchsetzbarkeit dieses Anspruchs könnte nun entgegenstehen, dass es dem K durch das Vorschieben von RF als Strohmann an einem Rechtsschutzbedürfnis mangelt. Das wäre der Fall, wenn K selbst bewusst genau die Situation herbeigeführt hätte, die er nun durch richterliche Entscheidung wieder zu beseitigen begehrt.

K hat bei der Übernahme der Geschäftsanteile bewusst verschwiegen, dass es die Patentanmeldung gibt, und einen Vertragsinhalt zumindest mitgetragen, der genau diese Patentanmeldung mit fast schon chirurgischer Präzision ausspart. Es war die zwangsläufige Folge dieses Handelns, dass S den patentgemäßen Gegenstand benutzen würde, ohne davon zu wissen. Wäre es das redliche Interesse des K gewesen, dass diese Benutzung unterbleibt oder zumindest auf eine vertragliche Grundlage gestellt wird, hätte er so nicht handeln dürfen. Damit steht es ihm nicht zu, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, um seinen eigenen Fehler zu korrigieren. Damit besteht kein Rechtsschutzbedürfnis mit der Folge, dass die Klage durch Prozessurteil als unzulässig abzuweisen ist.

c)

Falls die Unterlassungsklage Erfolg hat, könnte S gegen K Mängelansprüche aus §§ 433 (1) S. 2, 435 BGB haben. Dazu müssten die übertragenen Geschäftsanteile einen Rechtsmangel aufweisen. Ein Rechtsmangel liegt vor, wenn ein Dritter Rechte in Bezug auf den Geschäftsbetrieb geltend machen kann. Dieser Mangel muss bei Gefahrübergang, also zum Zeitpunkt der Übernahme, vorliegen.

Zu diesem Zeitpunkt (01.10.2000) beinhaltete der Geschäftsbetrieb, auf den sich die Geschäftsanteile beziehen, die Benutzung von Montageschienen, die Gegenstand einer fremden Patentanmeldung waren und für die der Anmelder RF somit auf jeden Fall Rechte aus § 33 PatG hatte, als „Verkaufsrenner“. Damit liegt ein Rechtsmangel vor.

S kann nun nach § 439 (1) BGB vorrangig Nacherfüllung verlangen, sinnvollerweise Beseitigung des Mangels durch Einräumung einer Lizenz oder Übertragung des Patents.

Die nun zu S gehörende Energy GmbH könnte außerdem einen Schadensersatzanspruch aus § 43 (2) GmbHG gegen K haben. Dazu müsste K als Geschäftsführer der Energy GmbH seine Obliegenheiten verletzt haben. Zu diesen Obliegenheiten gehört es, in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns walten zu lassen und sich gegenüber der Gesellschaft loyal zu verhalten. K hat die Gesellschaft an neue Inhaber übertragen und dabei durch das Verschweigen der Patentanmeldung den Keim dafür gelegt, dass die Fortsetzung des bisherigen Geschäftsbetriebs zur Patentverletzung mutiert. Dmait hat er die Sorgfalt, die die Gesellschaft von ihm erwarten konnte, vermissen lassen. Damit ist er der Gesellschaft schadensersatzpflichtig.
 
Oben