PCT Ist die Berichtigung offensichtlicher Fehler evtl. kritisch?

Schlupfloch

SILBER - Mitglied
Hallo erstmal.

Kann eine Berichtigung offensichtlicher Fehler nach Regel 91 eigentlich sehr kritisch werden?

Unter Umständen könnte ja jemand der Meinung sein, dass die Berichtigung nicht wirklich offensichtlich ist, und somit eine unzulässige Erweiterung der ursprünglich eingereichten Anmeldung darstellt.
Passiert das in der internationalen Phase bei der Prüfung durch die ISA ist das ja noch recht glimpflich, da die Berichtigung dann einfach nicht einfließt.
Wird die Berichtigung allerdings von der ISA zugelassen, kann sich jedes Bestimmungsamt immer noch darauf berufen, dass es selbst den entsprechenden Berichtigungen nicht zugestimmt hätte. Es muss dann aber dem Anmelder entsprechend Gelegenheit geben, zu den Berichtigungen Stellung zu nehmen. Nun kann der Anmelder das Bestimmungsamt von der Offensichtlichkeit überzeugen oder nicht.
Was passiert nun, wenn das Bestimmungsamt weiterhin die Berichtigungen nicht anerkennt?
Wird die Anmeldung dann einfach nur so behandelt, als hätten die Berichtigungen nie stattgefunden?
Oder verwirft das Bestimmungsamt die gesamte Anmeldung wegen unzulässiger Erweiterung?
Im ersteren Fall wäre die Situation ja nicht ganz so schlimm, wenn sich die Ansprüche nicht gerade direkt auf die berichtigten Textstellen beziehen, bzw. nicht gerade (nur) durch diese gestützt werden.

Und wie sieht die Situation beim erteilten Patent aus? Können Berichtigungen auch noch im Nichtigkeitsverfahren einen Fallstrick darstellen, und würde das dann zur Nichtigkeit des Patents führen? Oder könnte es zumindest auf der Grundlage der unberichtigten Anmeldung aufrecht erhalten werden?

MfG
Martin
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Was passiert nun, wenn das Bestimmungsamt weiterhin die Berichtigungen nicht anerkennt?
Wird die Anmeldung dann einfach nur so behandelt, als hätten die Berichtigungen nie stattgefunden?
Oder verwirft das Bestimmungsamt die gesamte Anmeldung wegen unzulässiger Erweiterung?

Ich würde sagen: Hängt davon ab. Nämlich von den Bestimmungen des jeweiligen Landes, die hier wohl kaum für jedes Land erschöpfend behandelt werden können.

Für D und EP würde ich sagen, dass das Amt einen Einwand wegen unzulässiger Erweiterung erhebt bzw. aufrecht erhält. Dieser ist dann halt auszuräumen, indem man das Amt doch noch überzeugt, "zurückberichtigt" oder eine andere Änderung vornimmt, die besser von der Beschreibung gestützt und hoffentlich nicht falsch ist.

Wenn nichts davon geht (will sagen, der Fehler ist nicht offensichtlich und die Anmeldung ist diesbezüglich durchgehend falsch), dann war's das wohl für den betreffenden Gegenstand.
 

Schlupfloch

SILBER - Mitglied
Hallo Asdevi

also wenn man das Bestimmungsamt nicht überzeugen kann, könnte man auf jeden Fall wieder "zurückberechtigen", also zur Anmeldung wie eingereicht zurückkehren?
In dem Fall würde ein Antrag auf Berichtigung ja erstmal nichts schaden.

Wenn der Gegenstand irgendwo anders noch einmal richtig beschrieben ist, wäre er trotz Zurückberichtigung ja nicht unbedingt verloren, oder?

MfG
Martin
 

philkopter

GOLD - Mitglied
Hallo

also man kann theoretisch immer zurück zur application as filed. Allerdings stellt das grundsätzlich die Offensichtlichkeit des Fehlers in Frage, wenn man ihn dann doch nicht korrigieren möchte. Schließlich sollten solche Fehler Dinge sein wie Rechtschreibfehler, Rückbezug auf nicht-existente Abbildung usw. Was daher meiner Meinung nach extrem schwierig werden könnte ist eine andere Berichtigung als in der internationalen Phase einzureichen. Also mit Eintritt in die regionale Phase nach Regel 139 EPÜ zu berichtigen. Da wird sich jeder Prüfer fragen wie offensichtlich ein Fehler bzw eine Korrektur sein kann, wenn man mal so oder so korrigieren möchte.

Daneben wird es schwierig wenn du sagst "irgendwo anders noch einmal richtig beschrieben". Wer soll entscheiden welche Textstelle richtig ist wenn es nur 2 Versionen gibt? Da kannst du nicht mal dahingehend argumentieren, dass es immer anders als an der fehlerhaften Stelle beschrieben ist. Nach einem sehr offensichtlichen Fehler hört sich das nicht an ehrlich gesagt.

In jedem Fall würde dir nach den Informationen die du präsentiert hast diese Änderung in einem Einspruchsverfahren um die Ohren gehauen werden.
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Hallo Asdevi

also wenn man das Bestimmungsamt nicht überzeugen kann, könnte man auf jeden Fall wieder "zurückberechtigen", also zur Anmeldung wie eingereicht zurückkehren?
In dem Fall würde ein Antrag auf Berichtigung ja erstmal nichts schaden.

Wenn der Gegenstand irgendwo anders noch einmal richtig beschrieben ist, wäre er trotz Zurückberichtigung ja nicht unbedingt verloren, oder?

MfG
Martin
Regel 91.2f PCT sagt, dass ein Amt eine Berichtigung unberücksichtigt lassen kann, wenn es selbst der Berichtigung nicht zugestimmt hätte und dem Anmelder Gelegenheit zu einer Stellungnahme gegeben hat. Wenn etwas unberücksichtigt gelassen wird, ist es doch völlig klar, dass einfach so getan wird, als ob es nie stattgefunden hätte. Der maßgebliche Anmeldetext ist also der urpsrünglich eingereichte.

Wenn man die "Berichtigung" nun trotzdem unbedingt haben will, kann man sie ja als Änderung der Anmeldung einführen. Ich dachte gestern, das wäre deine eigentliche Frage. Wenn das Amt nun meint, diese Änderung sei durch die Beschreibung nicht gestützt, wird es selbstverständlich in letzter Konsequenz zurückweisen müssen, aber davor gehen ja noch ein paar Bescheide und Erwiderungen ins Land, wo der Anmelder argumentieren und evtl. die Änderung auch zurücknehmen kann.
 

Schlupfloch

SILBER - Mitglied
Hallo

Allerdings stellt das grundsätzlich die Offensichtlichkeit des Fehlers in Frage, wenn man ihn dann doch nicht korrigieren möchte.

möchten möchte man ja eigentlich dann schon, aber wenn man nicht darf?

Wobei natürlich die Fraglichkeit der Offensichtlichkeit auch wieder nur dazu führen sollte, dass die Berichtigung eben zurückgenommen werden muss, oder?

Andererseits würde es evtl. gar nicht auffallen, wenn man nichts berichtigt.
Wenn man berichtigt, egal ob es zugelassen wird oder nicht, gibt man eventuellen Einsprechenden vielleicht noch einen Tipp, wo das Patent vielleicht angreifbar sein könnte. Oder ist das zu paranoid gedacht?


Eine Berichtigung von "der Anteil an Nickel liegt in einem Bereich von 3% bis 10%, vorzugsweise von 5% und 7%" auf "in einem Bereich von 3% bis 10%, vorzugsweise von 5% bis 7%" sollte ja offensichtlich sein, oder?

Genauso wie eine Berichtigung von "Das Eisen wird mit einem Anteil von 6% Nickel, so dass die Legierung ein E-Modul..." auf "Das Eisen wird mit einem Anteil von 6% Nickel legiert, so dass die Legierung ein E-Modul..." ?

MfG
Martin
 

philkopter

GOLD - Mitglied
Also wenn du einen Fehler als offensichtlich deklarierst und er nicht als solcher angesehen wird, du aber davon ausgehst dass die Erfindung ohne Korrektur nicht korrekt offenbart ist, stellt sich natürlich schon die Frage ob Artikel 83 Anforderungen erfüllt werden. Neben dem 123(2) Problem, was sich auch ergibt wenn die Berichtigung angenommen wird.

Jetzt ohne den Zusammenhang zu kennen finde ich dein erstes Beispiel gar nicht so offensichtlich. Könnte man es in der aktuellen Fassung nicht auch lesen als "von 3 bis 10" und vorzugsweise 5 und 7 im Sinne von genau 5 und 7? Dann wäre die Änderung zu 5 bis 7 eine klare 123(2) Verletzung, wenn nicht 123(3). (Letzteres hatte ich noch nie, vllt lieg ich da auch komplett daneben).

Das zweite Beispiel erscheint mir wesentlich offensichtlicher und ist denke ich möglich nach Regel 139 EPÜ.
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Das zweite Beispiel erscheint mir wesentlich offensichtlicher und ist denke ich möglich nach Regel 139 EPÜ.
So schätze ich das auch ein. Eine 123(3)-Verletzung kommt nicht in Betracht, da es sich erst um eine Anmeldung und kein gewährtes Patent handelt. 123(3) ist erst im Einspruchsverfahren relevant.

Übrigens ist eine 123(2)-Prüfung ein guter Maßstab, wo die Grenze für "Berichtigungen" liegt. Die Berichtigung muss ja offensichtlich sein, d.h. der Fachmann muss auch schon dem nicht berichtigten Text dieselbe technische Lehre entnehmen, es muss ihm offensichtlich sein, wie es eigentlich hätte heißen sollen. Dann wird er durch die Berichtigung auch nicht mit einer neuen technischen Lehre konfrontiert und Art. 123(2) bleibt erfüllt.

Damit ist man natürlich mehr oder weniger auf kosmetische Änderungen eingeschränkt (z.B. Rechtschreib- und Grammatikfehler). Wenn man meint, "berichtigen" zu müssen, weil sonst der Schutzbereich nicht so ist, wie man ihn gerne hätte, ist das ein Anzeichen, dass man nicht offensichtliche, neue technische Lehre hinzufügt, und das geht natürlich nicht.
 

Gerd

*** KT-HERO ***
Hi,

Könnte man es in der aktuellen Fassung nicht auch lesen als "von 3 bis 10" und vorzugsweise 5 und 7 im Sinne von genau 5 und 7?

genau 5 und 7 würde meiner Meinung nach nicht passen, weil der Anteil ja nicht gleichzeitig 5% und 7% sein kann. Da müsste dann auch eine Berichtigung hin, und zwar der Austausch von "und" nach "oder".

"der Anteil an Nickel liegt in einem Bereich von 3% bis 10%, vorzugsweise von 5% oder 7%"

Aber dann würde das "von" glaube ich nicht mehr passen, weil sich das "von" auf Bereich beziehen würde. Das "von" müste dann eigentlich in ein "bei" berichtigt werden, was zwei zu ändernde Wörter ergeben würde, womit für mich das "bis" offensichtlicher wäre, weil bei Martins Berichtigung nur ein Wort geändert werden müsste (und -> bis).

Allerdings bin ja nicht ich derjenige, der überzeugt werden muss, sondern der Prüfer (oder später evtl. der Richter).

@Martin:
Hattest Du denn noch irgendwo anders einen Bereich von 5% bis 7% erwähnt?

Gruß
Gerd
 

Groucho

*** KT-HERO ***
Eine Berichtigung von "der Anteil an Nickel liegt in einem Bereich von 3% bis 10%, vorzugsweise von 5% und 7%" auf "in einem Bereich von 3% bis 10%, vorzugsweise von 5% bis 7%" sollte ja offensichtlich sein, oder?

Genauso wie eine Berichtigung von "Das Eisen wird mit einem Anteil von 6% Nickel, so dass die Legierung ein E-Modul..." auf "Das Eisen wird mit einem Anteil von 6% Nickel legiert, so dass die Legierung ein E-Modul..." ?

Also solche Dinge kann man doch ganz normal nach Regel 137 EPÜ ändern. Bei dem Bereich von 5% bis 7% hast Du ja eine Offenbarung für den Bereich von 3% bis 10% und auch für die beiden Grenzen von 5% und 7%. Auch im zweiten Beispiel ist das Ergebnis als Legierung benannt, so dass eine Offenbarung für den Vorgang des Legierens da ist.

Regel 139 braucht man doch in der Regel gerade dann, wenn es gar keine ursprüngliche Offenbarung für die Änderung gibt, etwa wenn man versehentlich eine Lichtwellenlänge in Metern statt in Nanometern angegeben hat.

Zudem muss bei einer Regel 139 Korrekur klar sein, dass nichts anderes als die gewünschte Korrektur beabsichtigt sein konnte. Bei dem Beispiel mit dem Nickelanteil ist das meines Erachtens nicht eindeutig, denn die beabsichtigte Form könnte ja auch "der Anteil an Nickel liegt ... vorzugsweise bei 5% oder 7%" gelautet haben.
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Also solche Dinge kann man doch ganz normal nach Regel 137 EPÜ ändern. Bei dem Bereich von 5% bis 7% hast Du ja eine Offenbarung für den Bereich von 3% bis 10% und auch für die beiden Grenzen von 5% und 7%.

Soweit ich weiß, kann man die Unter- und Obergrenzen von Bereichen miteinander kombinieren. Dass man jeden einzelnen Beispielwert frei nach Laune als Ober- oder Untergrenze eines Bereiches verwenden könnte, glaube ich nicht.
 

EvtlPatKandidat

Vielschreiber
Hallo zusammen,

mich würde an der Stelle interessieren, ob falsche Rückbeziehung von Ansprüchen ebenfalls als offensichtlicher Fehler berichtigt werden kann.
 

Schlupfloch

SILBER - Mitglied
Hallo

Wenn man eine Berichtigung beantragt, diese aber als nicht offensichtlich abgelehnt wird (entweder in der internationalen Phase oder dann beim nationalen Amt), dann kann man diese Berichtigungen doch auch noch einmal als Änderung nach Artikel 34 oder in den nationalen Phasen beantragen.

Dort müsste es doch dann einfacher sein, weil die Berichtigung nicht offensichtlich sein muss, sondern nur nicht über den ursprünglichen Inhalt hinausgehen darf, oder?

Daneben wird es schwierig wenn du sagst "irgendwo anders noch einmal richtig beschrieben". Wer soll entscheiden welche Textstelle richtig ist wenn es nur 2 Versionen gibt? Da kannst du nicht mal dahingehend argumentieren, dass es immer anders als an der fehlerhaften Stelle beschrieben ist. Nach einem sehr offensichtlichen Fehler hört sich das nicht an ehrlich gesagt.

In jedem Fall würde dir nach den Informationen die du präsentiert hast diese Änderung in einem Einspruchsverfahren um die Ohren gehauen werden.

Und dann (als Änderung nach Artikel 34 oder in den nationalen Phasen) müssten doch auch Änderungen durchgehen, wenn widersprüchliche Aussagen in der Anmeldung enthalten sind, die Anmeldung im Gesamten aber dem Fachmann klar macht, dass nur die eine der beiden widersprüchlichen Aussagen richtig sein kann, oder?

MfG
Martin
 

patentchief

BRONZE - Mitglied
Hallo

Wenn man eine Berichtigung beantragt, diese aber als nicht offensichtlich abgelehnt wird (entweder in der internationalen Phase oder dann beim nationalen Amt), dann kann man diese Berichtigungen doch auch noch einmal als Änderung nach Artikel 34 oder in den nationalen Phasen beantragen.

Das sehe ich auch so. Allerdings setzt das voraus, dass man in das (optionale) Chapter II PCT eintritt. Das ist teuer und nicht in jedem Fall von großem Nutzen.
 

Gerd

*** KT-HERO ***
Hi,

Außerdem kann man natürlich auch nach Art. 19 berichtigen.

da allerdings nur die Ansprüche.

Zumindest für EvtlPatKandidat könnte das aber vielleicht reichen.
Wobei EvtlPatKandidat vielleicht aber auch gerne geändert hätte, bevor der ISR erstellt wird, um den ISR bereits auf die geänderten Ansprüche bezugen zu bekommen. Müsste dann aber recht fix gehen, oder man verzögert ein wenig durch spätere Zahlung der Recherchengebühr.

@EvtlPatKandidat:
Fehlerhafte Rückbezüge werden wohl recht schwierig als offensichtlicher Fehler durchgehen, da man, selbst wenn man erkennen könnte, dass der Bezug falsch ist, z.B. weil der Anspruch, auf den rückbezogen ist, mehrere gleiche Merkmale mit dem sich darauf rückbeziehenden Anspruch teilt, wohl nicht genau wissen dürfte, auf welchen Anspruch genau der Rückbezug gerichtet sein soll, außer es gäbe nur einen Anspruch, der kein Merkmal des rückbeziehenden Anspruchs enthält.

Hach, was für ein schönes Nebensatzkonstrukt ;)

@Schlupfloch:

Schau mal hier:

http://www.epo.org/law-practice/case-law-appeals/recent/t950609eu1.html

"The board takes the position that where a drafting..."

Gruß
Gerd
 
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