Allg. Ausbildungsgehalt

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
Diese ganze Diskussion, wieviel Gehalt denn für einen Kandidaten "gerechtfertigt" oder "angemessen" ist, ist doch völlig akademisch. Das Ganze wird über den Markt geregelt, und den interessiert es aber sowas von nicht, ob die Gehälter auf Grund irgendwelcher theoretischer Betrachtungen gerechtfertigt oder angemessen sind.

Zustimmung

Sollte man dann als Kanzlei feststellen, dass man die guten Leute, die man will, nicht kriegt, weil die zur Industrie tendieren, bleibt nichts übrig, als das Gehalt zu erhöhen oder sich mit den schlechten abzufinden.

Es gibt noch eine dritte Möglichkeit, und imho wird genau diese greifen: Die Kanzlei wird überhaupt keinen Kandidaten einstellen.

Auch Patentanwälte stiften gerne mal für wohltätige Zwecke, beschäftigen Behindertenwerkstätten für das Zukleben von Weihnachtsgrußkarten oder bezuschussen die Getränke der durstigen und hart arbeitenden Büroangestellten. Ein Kandidat ist nach eigenem Selbstverständnis aber kein sozialer oder sonstiger Notfall, sondern ein hochqualifizierter Akademiker, der wie hier verschiedentlich zutreffend festgehalten woanders auch richtig gut Geld verdienen könnte. Einen solchen aus Mitleid als Zuschussfall zu behandeln, wäre imho schon ziemlich daneben und auch ein Affront gegenüber den Fachangestellten, die schon deutlich länger im Job sind und daher mehr Ahnung von IP haben und für die Kanzlei auch weit nutzbringender sind als der frischgebackene Kandidat. Nicht ohne Grund ist Teil der Ausbildung auch das Einführen in die kaufmännische Grundlage eines Patentanwaltsbüros, und Kandidaten aus der Industrie müssen genau deshalb auch nach bestandener Prüfung nochmals 6 Monate Tätigkeit bei einem Patentanwalt nachweisen, bevor sie sich selbstständig machen dürfen.

Und ein Zuschuss von beispielsweise 10.000 € oder gar 40.000 € im Jahr ist auch für einen gut verdienenden Patentanwalt eine Menge Holz, das in seinen Entnahmen fehlt. Für das Geld könnte der Patentanwalt Sachen anschaffen, die mehr Spaß machen, etwa einen Satz neuer PCs mit SuperServer und Nachtspeicherofen samt Windows 8, Office, neuer Diktiersoftware und Einzelplatzdruckern und sonstigem Schnickschnack für das ganze Büro oder einen Vortrag von Peer Steinbrück auf der betrieblichen Weihnachtsfeier.

Und man sollte sich nicht selbst in die Tasche lügen, in dem man den o. a. "Zuschuss" auf mehrere Sozien aufteilt: Man verkauft ja auch keinen Gebrauchtwagen unter Preis, nur weil er einem mit der Freundin gemeinsam gehört und jeder deshalb nur die Hälfte verliert.

Offensichtlich ist der Markt im Moment so, dass Absolventen ausreichender Qualität bereit sind, für eine 3 vorne im Monatsbrutto Kandidat zu werden. Wenn sich das ändert, werden sich auch die Gehälter ändern, und zwar völlig unabhängig von irgendwelchen Überlegungen hinsichtlich "Ausbildung", "Einarbeitung", "Lehrgeld" etc.

Jede Kanzlei rechnet sich aus (und sollte sich ausrechnen), bis zu welchem Betrag ein Kandidat kostendeckend beschäftigt werden kann. Dazu gehört natürlich auch die Frage, ob überhaupt geeignete Vorgänge zum Bearbeiten da sein werden. Die sich ergebende Schmerzgrenze wird bei jeder Kanzlei verschieden sein und auch davon abhängen, wie die einschlägige Arbeit gegenüber den Mandanten abgerechnet werden kann, ohne dass diese ihre Aufträge stattdessen in Großbritannien oder jetzt zunehmend auch in Indien oder Rumänien oder sonstwo erledigen lassen. Und aus meiner Sicht ist da nicht viel Raum. Das zeigt auch der parallele Thread mit den Erfahrungsberichten eines potentiellen Kandidaten, der sich gegen eine Ausbildung entschieden hat.

Frohes Schaffen

Blood für PMZ
 

DaPa

SILBER - Mitglied
@Blood für PMZ: Plädierst Du also dafür, Kandidaten genau dann auszubilden, wenn sie sich schon als Kandidat rechnen, unabhängig davon dass ein Kandidat hinerher > 30 Jahre als Anwalt wird arbeiten müssen? Das machen viele Kanzleien leider so, und die Anwälte müssen dann eben sehen wo sie bleiben. Der Zustrom an Patentanwälten auf den Markt liegt schon heute merklich über dem Bedarf und das wird sich die nächsten Jahre noch verschlimmern.

Was hältst Du von meinem Vorschlag: Kandidaten nur dann ausbilden, wenn man mehr Anwälte braucht.
 

arcd007

*** KT-HERO ***
Hi,

Was hältst Du von meinem Vorschlag: Kandidaten nur dann ausbilden, wenn man mehr Anwälte braucht.

Normalerweise sollte es so sein, daß man Kandidaten dann ausbildet, wenn man eigenen Bedarf hat. Das ist entweder dann der Fall, wenn abzusehen ist, daß man die Auftragslage in 2-3 Jahren nicht mehr vernünftig abarbeiten kann oder wenn einer der Patentanwälte in Ruhestand geht/die Kanzlei verläßt.

Der Idelafall ist, daß man sich den geeignetsten Kandidaten raussucht, den gut ausbildet und der in der Kanzlei bleibt und später Partner wird.

Der normale Fall ist, daß der Kandidat und/oder die auszubildende Kanzlei merkt, daß die Arbeit nichts für ihn ist oder daß er doch nicht in der Kanzlei/in dem Ort nach der Ausbildung bleiben will.

Dann fängt man wieder von vorne mit der Ausbildung an, hat aber einen Kandidaten/fertigen Anwalt dem Arbeitsmarkt "zur freien Verfügung zugeführt"...

Insosweit muß man natürlich - wenn Bedarf besteht - immer etwas über Bedarf ausbilden...

Ciao

arcd007
 
Zuletzt bearbeitet:

arcd007

*** KT-HERO ***
Hi,

> War mein Beispiel mit den Computertomographen wirklich so schwer zu verstehen?
Ja, weil es schlicht nicht zutrifft. Fachärzte werden an entsprechenden Tomographen zur Bedienung in der Summe max. 6 Monate eingearbeitet.

An Fachhochschulen werden uner dem Semester Praktika zu Aufbau/Bedienung Computertomographen angeboten...ebenso Vorlesungen zu bildgebenden Verfahren (Dauer 1 Semester)

Insgesamt scheint mir hier die umfassende Ausbildung von 3 Jahren auf dem Gebiet gew. Rechtschutz in keinster Weise vergleichbar mit der Einarbeitung in Bezug auf Computertomograph

Ciao

arcd007
 

Gonzo

*** KT-HERO ***
Hi,
Der idelafall ist, daß man sich den geeignetsten Kandidaten raussucht, den gut ausbildet und der in der Kanzlei bleibt und später Partner wird.

Der normale Fall ist, daß der Kandidat merkt, daß die Arbeit nichts für ihn ist oder daß er doch nicht in der Kanzlei/in dem Ort nach der Ausbildung bleiben will.

Dann fängt man wieder von vorne mit der Ausbildung an, hat aber einen kandidaten/fertigen Anwalt dem Arbeitsmarkt "zur freien Verfügung zugeführt"...

Insosweit muß man natürlich - wenn Bedarf besteht - immer etwas über Bedarf ausbilden...
arcd007

Meiner Erfahrung nach ist es nicht so, dass Kandidaten "normalerweise" merken, dass sie den Job nicht machen wollen/können oder nicht in der Ausbildungskanzlei verbleiben wollen. Vielmehr ist es so, dass viele Kollegen - aus welchen Gründen auch immer - über ihrem Bedarf ausbilden. Das zur-freien-Verfügung-zuführen ist da durchaus kalkuliert.
Nicht kalkuliert sind die Nachwehen, die sich aus diesem Geschäftsmodell ergeben.
 

arcd007

*** KT-HERO ***
Hi gonzo,

Nicht kalkuliert sind die Nachwehen, die sich aus diesem Geschäftsmodell ergeben.

Richtig. Dies kann man ja insbesondere in München beobachten. Zuviel ausgebildete Kandidaten gepaart mit unrentablen Partnereinstiegsmodellen in der Ausbildungskanzlei veranlassen nicht wenige einfach ein paar Ecken weiter zusammen eine eigene Kanzlei aufzumachen...und nutzen teilweise hierfür eben die in der Ausbildungskanzlei gemachten Kontakte bzw. bei guter und schneller Arbeit kommt evtl. das ganze Mandat gleich mit (auch wenn dies sicher nicht die Regel ist...)

Ciao

arcd007
 

Blood für PMZ

*** KT-HERO ***
@Blood für PMZ: Plädierst Du also dafür, Kandidaten genau dann auszubilden, wenn sie sich schon als Kandidat rechnen.

Ich plädiere dafür, Kandidaten und genauso auch anderes Personal nur dann einzustellen, wenn man es auch bezahlen kann. Und nicht schon dann, wenn man zur Bearbeitung von einigen Akten selbst keine Lust hat oder dann, weil es schick ist oder irgendwie dazu gehört, auch einen Kandidaten zu haben.

Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein.

"nur dann" ist nicht "genau dann". Kein Patentanwalt ist gezwungen, einen Kandidaten auszubilden. Die große Mehrzahl aller Patentanwälte bildet auch derzeit keine Kandidaten aus. So lukrativ ist das offenbar denn doch nicht.

die Anwälte müssen dann eben sehen wo sie bleiben.
Natürlich, es ist ja ein freier Beruf. Die Betonung liegt übrigens auf dem "wo". Der Zustrom an Patentanwälten auf den Markt liegt in vielen Regionen Deutschlands nach wie vor deutlich unter dem Bedarf.

Was hältst Du von meinem Vorschlag: Kandidaten nur dann ausbilden, wenn man mehr Anwälte braucht.
Warum sollte man in diesem Fall nicht stattdessen einen frischgebackenen Patentassessor kontaktieren, wenn es davon doch so viele gibt?
 

Asdevi

*** KT-HERO ***
Hi,

> War mein Beispiel mit den Computertomographen wirklich so schwer zu verstehen?
Ja, weil es schlicht nicht zutrifft. Fachärzte werden an entsprechenden Tomographen zur Bedienung in der Summe max. 6 Monate eingearbeitet.

An Fachhochschulen werden uner dem Semester Praktika zu Aufbau/Bedienung Computertomographen angeboten...ebenso Vorlesungen zu bildgebenden Verfahren (Dauer 1 Semester)

Insgesamt scheint mir hier die umfassende Ausbildung von 3 Jahren auf dem Gebiet gew. Rechtschutz in keinster Weise vergleichbar mit der Einarbeitung in Bezug auf Computertomograph

Ciao

arcd007
Es ging bei dem Beispiel aber nicht um die Bedienung eines Computertomographen, sondern um eine Anstellung in der Entwicklungsabteilung für Computertomographen, was denn doch etwas anspruchsvoller sein dürfte. Und wenn ich mir das Endkenntnisse bei den fertigen Dipl-Ings anschaue, die ich kenne, glaube ich gut und gerne, dass ein frischgebackener Ingenieur mindestens 1-2 Jährchen braucht, bis er zu diesem Thema etwas Sinnvolles beitragen kann.

Aber wie gesagt, das ist alles irrelevant. Offenbar sind die Kostenstrukturen in der Industrie so, dass sie gleich höhere Einstiegsgehälter ermöglichen, auch wenn der neue Angestellte jahrelang nichts Produktives leistet. Bei Kanzleien sind sie nicht so. Solange die Leute trotzdem kommen, ist es ja auch kein Problem.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Und wenn ich mir das Endkenntnisse bei den fertigen Dipl-Ings anschaue, die ich kenne, glaube ich gut und gerne, dass ein frischgebackener Ingenieur mindestens 1-2 Jährchen braucht, bis er zu diesem Thema etwas Sinnvolles beitragen kann.

Aber wie gesagt, das ist alles irrelevant. Offenbar sind die Kostenstrukturen in der Industrie so, dass sie gleich höhere Einstiegsgehälter ermöglichen, auch wenn der neue Angestellte jahrelang nichts Produktives leistet.

Offenbar hast Du noch nie Einblick in die Entwicklungsprozesse in Entwicklungsabteilungen bekommen. Neulinge bekommen über die Zeit hinweg immer mehr Eigenständigkeit und Verantwortung. Am Anfang stehen immer erst einmal Tätigkeiten, die man mit abgeschlossenen Studium bewältigen kann, die aber von einem erfahrenen Mitarbeiter überwacht werden. Spätestens nach ein paar Wochen wird man produktive Ergebnisse erwarten können.

Vergleiche das z.B. mit der Tätigkeit von neuen Prüfern im Patentamt, die erst längere Zeit angelernt werden müssen, ehe sie alleine arbeiten können. Du wirst ja selbst in einer Patentabteilung am DPMA gewesen sein und weisst daher, wie das läuft. Deinem Prüfer hast Du dabei auch schon gewisse Arbeiten abgenommen (z.B. Recherchen des Standes der Technik).
 

grond

*** KT-HERO ***
Offenbar sind die Kostenstrukturen in der Industrie so, dass sie gleich höhere Einstiegsgehälter ermöglichen, auch wenn der neue Angestellte jahrelang nichts Produktives leistet.

Schon einmal das Wort "Gewerkschaft" gehört? Die sorgen auch dafür, dass gehaltsmäßig jeweils zwischen einen Schlossergesellen und einem Meister, zwischen einem Meister und einem Dipl.-Ing. FH, zwischen einem Dipl.-Ing. FH und einem Dipl.-Ing. TU, zwischen einem Dipl.-Ing. TU und einem Dr.-Ing. nur eine Gehaltsklasse Unterschied besteht, die ungefähr drei bis fünf Jahre Betriebszugehörigkeit bedeutet (der Schlossergeselle ist durchschnittlich einige Jahre früher im Betrieb).
 
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