Gibt es ein "Duty of Disclosure" noch woanders als in USA?

Karl

*** KT-HERO ***

grond

*** KT-HERO ***
In der praxis krieg ich aber eher selten mit, dass tatsächlich mal nachgefragt wird.

Wir bekommen solche Aufforderungen immer häufiger. Jedenfalls so oft, dass das inzwischen von den Sekretariaten erledigt wird, während wir Anwälte noch gemeinsam erstaunt vor der ersten derartigen Aufforderung gestanden hatten.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Danke euch, super Infos -- insbesondere natürlich die von Pat-Ente verlinkte Diskussion. Die von Karl dankenswerterweise genannte Mitteilungspflicht nach Aufforderung durchs EPA ist mir auch noch nicht begegnet -- immerhin kann man die Sache damit nicht "einfach so" (fahrlässig) versaubeuteln.

Grüße Kurt
 

Karl

*** KT-HERO ***
Ist doch sogar (zwar nur nach Aufforderung durchs Amt, aber immerhin) im EPÜ drinn:

R141: http://www.epo.org/law-practice/legal-texts/html/epc/2010/d/r141.html

Absätze 1 und 2 betreffen nur die Prioritätsbegründende Anmeldung. Aber auch Absatz 3 ist zu beachten, der wiederum auf A124 verweist: http://www.epo.org/law-practice/legal-texts/html/epc/2010/d/ar124.html

In der praxis krieg ich aber eher selten mit, dass tatsächlich mal nachgefragt wird.


Stimmt, daran dass es die Pafa´s erledigen kanns natürlich auch liegen. Dafür spricht auch, dass ich es erst einmal mitbekommen haben und zwar nicht dadurch, dass ich es hätte selber erledigen müssen, sondern dadurch, dass sich pafa´s darüber auf dem Gang unterhalten haben ^^
 

ConfoosedPhysicist

GOLD - Mitglied
Ist doch sogar (zwar nur nach Aufforderung durchs Amt, aber immerhin) im EPÜ drinn:

R141: http://www.epo.org/law-practice/legal-texts/html/epc/2010/d/r141.html

Absätze 1 und 2 betreffen nur die Prioritätsbegründende Anmeldung. Aber auch Absatz 3 ist zu beachten, der wiederum auf A124 verweist: http://www.epo.org/law-practice/legal-texts/html/epc/2010/d/ar124.html

In der praxis krieg ich aber eher selten mit, dass tatsächlich mal nachgefragt wird.


Da muss man doch sehr aufpassen!

Es ist eben NICHT 'nur nach Aufforderung durchs Amt', sondern generell IMMER, wenn eine Priorität beansprucht wird!!! Das ist der eigentliche Inhalt der Abs. 1 und 2 der R141.

Also:
Anmeldung beim EPA OHNE Priobeanspruchung: Keine Duty of Disclosure bzw. nur nach Aufforderung R141 Abs 3

Anmeldung beim EPA MIT Priobeanspruchung: Verpflichtung zur Einreichung der Recherchenergebnisse nach R141 Abs 1
Dabei ist natürlich zu berücksichtigen, dass das EPA z.B. für WO-Anmeldungen deutscher Anmelder auch ISA ist und damit seine eigenen Rechercheergebnisse bereits vorliegen hat; der Anmelder bzw. sein Vertreter sind also von der Pflicht der Einreichung befreit, deshalb Abs 2 der R 141
 

anwärter

SILBER - Mitglied
Zumindest beim EPA ist diese Regel aber mW recht zahnlos. Werden die Recherchenergebnisse nicht bei Anmeldung/Eintritt in reg. Phase vorgelegt, kann das EPA höchstens nach R 141 (3) auffordern, diese binnen 2 Mo vorzulegen. Ein direkter Rechtsverlust ist nicht vorgesehen.
 

ConfoosedPhysicist

GOLD - Mitglied
Zumindest beim EPA ist diese Regel aber mW recht zahnlos. Werden die Recherchenergebnisse nicht bei Anmeldung/Eintritt in reg. Phase vorgelegt, kann das EPA höchstens nach R 141 (3) auffordern, diese binnen 2 Mo vorzulegen. Ein direkter Rechtsverlust ist nicht vorgesehen.

Auch das sehe ich deutlich anders.
Art 124(2) ist da ziemlich eindeutig.
'gilt als zurückgenommen' ist doch wohl ein Rechtsverlust, oder???
 

anwärter

SILBER - Mitglied
Auch das sehe ich deutlich anders.
Art 124(2) ist da ziemlich eindeutig.
'gilt als zurückgenommen' ist doch wohl ein Rechtsverlust, oder???

Klar, wenn man auf die Aufforderung zur Vorlegung der Recherchenergebnisse nicht fristgerecht reagiert, tritt ein Rechtsverlust ein. Nicht aber wenn man auf die Vorlage der Recherchenergebnisse bei Anmeldung/Einleitung der reg. Phase vergisst, dann kommt erst die Aufforderung (oder auch nicht).

Früher oder später werden sich hoffentlich die meisten Ämter dazu aufraffen, diese Infos selbständig ans EPA zu übermitteln. Sogar das österreichische Amt hat's ja mittlerweile geschafft
http://www.epo.org/law-practice/leg...al/president-notices/archive/20120924_de.html
 

Karl

*** KT-HERO ***
Da muss man doch sehr aufpassen!

Es ist eben NICHT 'nur nach Aufforderung durchs Amt', sondern generell IMMER, wenn eine Priorität beansprucht wird!!! Das ist der eigentliche Inhalt der Abs. 1 und 2 der R141.

Also:
Anmeldung beim EPA OHNE Priobeanspruchung: Keine Duty of Disclosure bzw. nur nach Aufforderung R141 Abs 3

Anmeldung beim EPA MIT Priobeanspruchung: Verpflichtung zur Einreichung der Recherchenergebnisse nach R141 Abs 1
Dabei ist natürlich zu berücksichtigen, dass das EPA z.B. für WO-Anmeldungen deutscher Anmelder auch ISA ist und damit seine eigenen Rechercheergebnisse bereits vorliegen hat; der Anmelder bzw. sein Vertreter sind also von der Pflicht der Einreichung befreit, deshalb Abs 2 der R 141


Eins vorweg: Wenn du dir nicht 100%ig sicher bist würde ich einen etwas fragenderen, weniger definitiven Tonfall vorschlagen. Dein Post sieht so aus als wärest du dir völlig sicher ich würde hier Quatsch schreiben. Du bist dir aber offensichtlich überhauptnicht richtig sicher wie die Sachlage ist und hast nichtmal den Gesetzestext richtig gelesen.

" Unterlässt es der Anmelder, auf eine Aufforderung nach Absatz 1 rechtzeitig zu antworten, so gilt die europäische Patentanmeldung als zurückgenommen. "

So eindeutig zu schreiben, der Vorpost sei falsch, obwohl dies nicht zutrifft, und das ganze dann noch mit hervorhebungen in capslock zu garnieren dürfte dann für den Leser recht verwirrend sein...




Zur Sache: Wie von Anwärter gesagt, ist die einze (mögliche, nicht jedoch sicher eintretende) Folge, wenn man die Recherchenberichte nicht direkt mit einreicht, dass man eine Aufforderung bekommt. Auf diese sollte man dann natürlich besser reagieren sonst folgt ein Rechtsverlust.

Im Endeffekt ist ein diesbezügliches Handeln also, wie eingangs von mir erwähnt, nur bei Aufforderung notwendig.

Ich würde die Recherchenberichte tatsächlich sogar nur übermitteln, wenn das Amt dazu auffordert. In vielen Fällen gelangt das Amt auch so an den Recherchenbericht und wird einen nicht auffordern. In diesen Fällen wäre es Resourchenverschwendung (Arbeitszeit von Pafa´s, Kopierkosten) den Recherchenbericht direkt mit einzureichen. Pro Fall macht das sicherlich nicht so viel aus, aber wenn man die 3 Minuten fürs Ausheften und Kopieren des Recherchenberichts aus der Prioakte mal hochrechnet summiert es sich halt.
 

PatFragen

*** KT-HERO ***
Hallo Karl,
du solltest zwischen Rechtpflicht und Rechtsfolge unterscheiden ;-).

Die Rechtspflicht, die Rechercheergebnisse zu liefern, besteht unabhängig von der Aufforderung des Amtes und ist in Regel 141 (1) geregelt ("...hat eine Kopie..." ;-) ). Da hat ConfoosedPhysicist absolut Recht. Die Frage nach der Rechtsfolge, wenn man der Rechtspflicht, die sich aus dem Gesetz und nicht aus der Aufforderung des Amtes ergibt, trotz Aufforderung nicht genügt, ist etwas anderes.
Da ist es aber auch nicht so einfach wie du glaubst. Es wird nur festgeschrieben, was passiert, wenn man der Aufforderung nicht nachkommt. Nirgends im Gesetz steht aber drin, dass das Amt diese Aufforderung versenden muss :). Der Umkehrschluss, daraus zu schließen, dass, wenn das Amt keine Aufforderung verschickt, dann die Anmeldung nicht zurückgewiesen werden kann, ist nicht so einfach zu machen. Da musst du schon etwas Gesetzesinterpretation hineinlegen ;-). Und wenn ich das in Indien mit Section 8 richtig kapiert habe (da bin ich aber kein Fachmann :) ) kann dir das in Indien genau passieren. Das Gericht macht dir hinterher dein Patent platt, obwohl der Prüfer es nicht bemängelt hat.

Auch beim EPA könnte man beispielsweise argumentieren:
Du bist deinen gesetzlichen Erfordernissen nicht nachgekommen und das EPA ist nicht verpflichtet dich darauf hinzuweisen.

Meines Wissens gibt es keinen Artikel, in dem steht "Das EPA weist den Anmelder darauf hin..." ;-). Also bitte liefer mal die Gesetzesauslegung (die geht durchaus :) ), warum keine Zurückweisung droht (siehe beispielseise auch Art. 94 ;-) ).
 

Karl

*** KT-HERO ***
Hallo Karl,
du solltest zwischen Rechtpflicht und Rechtsfolge unterscheiden ;-).

Die Rechtspflicht, die Rechercheergebnisse zu liefern, besteht unabhängig von der Aufforderung des Amtes und ist in Regel 141 (1) geregelt ("...hat eine Kopie..." ;-) ). Da hat ConfoosedPhysicist absolut Recht. Die Frage nach der Rechtsfolge, wenn man der Rechtspflicht, die sich aus dem Gesetz und nicht aus der Aufforderung des Amtes ergibt, trotz Aufforderung nicht genügt, ist etwas anderes.
Da ist es aber auch nicht so einfach wie du glaubst. Es wird nur festgeschrieben, was passiert, wenn man der Aufforderung nicht nachkommt. Nirgends im Gesetz steht aber drin, dass das Amt diese Aufforderung versenden muss :). Der Umkehrschluss, daraus zu schließen, dass, wenn das Amt keine Aufforderung verschickt, dann die Anmeldung nicht zurückgewiesen werden kann, ist nicht so einfach zu machen. Da musst du schon etwas Gesetzesinterpretation hineinlegen ;-). Und wenn ich das in Indien mit Section 8 richtig kapiert habe (da bin ich aber kein Fachmann :) ) kann dir das in Indien genau passieren. Das Gericht macht dir hinterher dein Patent platt, obwohl der Prüfer es nicht bemängelt hat.

Auch beim EPA könnte man beispielsweise argumentieren:
Du bist deinen gesetzlichen Erfordernissen nicht nachgekommen und das EPA ist nicht verpflichtet dich darauf hinzuweisen.

Meines Wissens gibt es keinen Artikel, in dem steht "Das EPA weist den Anmelder darauf hin..." ;-). Also bitte liefer mal die Gesetzesauslegung (die geht durchaus :) ), warum keine Zurückweisung droht (siehe beispielseise auch Art. 94 ;-) ).

Hallo PatFragen,

Meiner Meinung nach gibts da nen ganz einfachen Grund:

"Artikel 113[121]
Rechtliches Gehör und Grundlage der Entscheidungen
(1)
Entscheidungen des Europäischen Patentamts dürfen nur auf Gründe gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten."

Also: Die Unterscheidung zwischen Rechtspflicht und Rechtsfolge ist natürlich korrekt, hat aber für die vorliegende Fragestellung eher akademische als praktische relevanz.

Meiner Meinung nach wäre es ein schwerer Verfahrensfehler, eine Anmeldung auf Grund von fehlender Recherchenergebnisse zurückzuweisen, ohne das dieser Mangel vorgebracht und dem Anmelder somit Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde.

Bin da aber gerne für Diskussionen und entgegenstehende Argumente offen :)
 

PatFragen

*** KT-HERO ***
Hallo Karl,
Als erstes bitte zitiert nicht immer den ganzen vorherigen Post in deine Beiträge, das macht das Ganze immer so lang :) und so toll, dass man meinen Beitrag zweimal hintereinander lesen muss, ist er auch wieder nicht :).

Zu deinem Ansatz des rechtlichen Gehörs :) Der ist ja immerhin neu und war bisher von dir noch nicht vorgebracht :). Den finde ich recht interessant. Um frei nach dir zu antworten. Der würde in der Praxis aber unter Umständen nicht durchziehen :). Nur unter Berücksichtigung der Frage des rechtlichen Gehörs, würde ich dir als Prüfer trotzdem die Anmeldung zurückweisen. Du kannst dann gerne hinterher eine Beschwerde einreichen. Diese wäre zwar unter Umständen hinsichtlich des Versagens des rechtlichen Gehörs OK, leider würde dir das unter Umständen nicht helfen. Da es im EPÜ nicht vorgesehen ist, dass das Amt ("kann" in Art 124, der ja eigentlich für etwas ganz anderes gedacht war und nur weil du ihn heranziehst :) ) den Anmelder auf sein Unterlassen hinzuweisen hat, ist deine Beschwerde im Punkte auf Regel 141 nicht begründet :). Du hast einer gesetzlichen Pflicht nicht Genüge getan. Da hilft dir auch dein rechtliches Gehör nicht. Mit dem schaffst du es nicht mehr, die Recherchenergebnisse einzureichen. Du kannst dich höchstens versuchen rauszureden, warum du denn der gesetzlichen Pflicht kein Genüge getan hast. Das kann aber schwer werden ;-).

Insgesamt ist die Situation sehr unbefriedigend, eben weil keine Rechtsfolge im EPÜ festgelegt ist. Insbesondere nicht, da Art. 124 ja eigentlich einen ganz anderen Fall behandelt und ich mir nie sicher wäre, dass der jetzt auf Regel 141 unpassende Art. 124 Anwendung findet. Die waren einfach zu faul, den Aufwand zu betreiben, den Weg über das EPÜ zu gehen und haben versucht alles nur auf dem Level der Ausführungsordnung zu machen. Das "kann" im Art. 124 passt aber nicht mehr zu einer nun durch Regel 141 begründeten gesetzlichen Pflicht.
 

Karl

*** KT-HERO ***
Also zunächst:

a) Entscheidungen des Amtes sind auf rechtliche Gründe zu Stüzen. Nur weil für irgendetwas eine Rechtsfolge nicht vom Gesetz bestimmt wird, heißt das nicht, dass sich das Amt einfach nach gutdünken eine ausdenken darf. Vielmehr ist dann schlichtweg keine Rechtsfolge vorgesehen.

b) Rechtliches Gehör ist ein allgemeiner Grundsatz. Gründe, die zur Zurückweisung führen können sind dem Anmelder stets mitzuteilen bevor eine Entscheidung erlassen wird. Ich weiß nicht wiso du der Auffassung bist, das Amt dürfte eventuell zurückweisen.




Für den Vorliegenden Fall habe ich außerdem noch ne passende Gesetzesstelle gefunden:

"Regel 70b
Anforderung einer Kopie der Recherchenergebnisse
(1)
Stellt das Europäische Patentamt zum Zeitpunkt, an dem die Prüfungsabteilung zuständig wird, fest, dass die Kopie nach Regel 141 Absatz 1 vom Anmelder nicht eingereicht worden ist und nicht nach Regel 141 Absatz 2 als ordnungsgemäß eingereicht gilt, so fordert es den Anmelder auf, innerhalb einer Frist von zwei Monaten die Kopie einzureichen oder eine Erklärung abzugeben, dass ihm die Recherchenergebnisse nach Regel 141 Absatz 1 nicht vorliegen.
(2)
Unterlässt es der Anmelder, auf die Aufforderung nach Absatz 1 rechtzeitig zu antworten, so gilt die europäische Patentanmeldung als zurückgenommen."

Damit ist die sache wohl völlig klar.
 

Karl

*** KT-HERO ***
P.S. wir hätten uns hier übrigens ca 1 Seite Diskussion spaaren können, denn wie nun nachgewiesen, ist meine Aussage auf Seite 1, dass ein Handeln nur auf Aufforderung notwendig ist, richtig. Da wird man von Leuten downgevoted, bevor der Sachverhalt geklärt ist. Am ende stellt sich herraus, das dass, was man geschrieben hat, richtig war. Die schlechten votes bleiben. Und zwar von Leuten, die aus dem hoheln Kreuz schießen und behauptungen in den Raum werfen ohne mal den Gesetzestext zu leesen. Tolle Diskussionskultur... Vielen Dank.

Und (ernst gemeint) vielen Dank an "Anwärter". Schön das sich in nem Forum überpatentrecht tatsächlich noch wer für den gesetzestext interessiert. Schade das die Mehrheit lieber Trollt als Hilft...
 

Fragender

GOLD - Mitglied
Hi Forum,

sind die USA das einzige Land, in denen es die Pflicht zur Mitteilung von Stand der Technik an das Patentamt gibt -- oder gibt es da noch irgendwelche anderen Länder, die Vergleichbares verlangen?

Dank vorab,
Grüße Kurt

Wie wärs mit Deutschland (vgl. § 10 (2) 2. PatV).

Ich kenne aber keine negativen Folgen, wenn man das nicht macht - außer, dass der Prüfer eventuell verärgert ist...

Gruß, Fragender
 
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