Streitgegenstand, Klagehäufung,Klageänderung

lioness

SILBER - Mitglied
Nach der 2 gliedrigen Streitgegenstandstheorie besteht der Streitgegenstand aus Lebenssachverhalt (Grund) und Antrag.
Eine Klageänderung § 263 ZPO ist eine Änderung des Streigegenstandes.
Eine Anspruchshäufung (Klagehäufung) § 260 ZPO liegt vor, wenn mehrere Anträge gestellt werden oder mehrere Klagegründe genannt werden.
Nach ZPO Kommentar ist eine reine Änderung der Rechtsgrundlage oder mehere Rechtsgrundlagen weder Klageänderung noch eine Klagehäufung, da es nicht auf die Rechtsgrundlage, sonder nur auf den Lebenssachverhalt und Antrag (inhaltlich, ohne Rechtsquelle?) ankommt.

Im BGH Hinweisbeschluss v 24.03.11 GRUR 6/11 wird nun unter (4)b) gesagt, dass unterschiedliche Streitgegenstände vorliegen, wenn der Kläger aus 4 klagezeichen vorgeht. Die Klagezeichen sind aber nach meinem Verständnis die Rechtsgrundlagen und nicht der Lebenssachverhalt oder der Antrag. Dann läge auch keine Klagehäufung vor.

Daher ein erdachtes Beispiel:
Ein Beklagter benutzt ein Zeichen.
Das Zeichen ist vom Kläger durch eine Bildmarke und ein Geschmacksmuster geschützt.
Dann ist der Lebenssachverhalt die Tatsache, dass der Beklagte das Zeichen benutzt.
Der Anspruch ist beispielsweise ein Unterlassungsanspruch.
Dann wären nach meiner Meinung das Geschmacksmuster und die Marke nur die Rechtsgundlage.
Von der Rechtsgrundlage wird jedoch gerade im Kommentar gesagt, dass sie weder für die Klageänderung noch für die Klagehäufung maßgeblich sind.

Nimmt man die Aussage des BGH ernst, dann müsste der Lebenssachverhalt (Grund) die Verletzung des Marken- oder Geschmacksmusterreschts sein. Ich finde jedoch, der Lebenssachverhalt ist immer die Handlung des Verletzers um die es geht.

Ist nun wirklich die Inanspruchnahme der Marke und des Geschmacksmusters als Rechtsgrundlage in meinem Beispiel die Ursachen der Klagehäufung oder Klageänderung oder habe ich etwas falsch veratanden?

Viele liebe Grüße

Lioness
 

grond

*** KT-HERO ***
Ich bin mir nicht sicher, ob ich ganz folgen konnte. Nach meinem Verständnis existieren bei mehreren Schutzrechten potentiell entsprechend viele Ansprüche, nämlich jeweils ein Alleinanspruch auf Benutzung des Schutzrechtes. Diese Ansprüche können auch nebeneinander existieren. Der Antrag ist hingegen auf eine konkrete Handlung bzw. ein Unterlassen gerichtet. Die Grenzen verwischen dadurch, dass gewöhnlich etwas Konkretes beantragt wird ("es zu unterlassen, die Firma XYZ im geschäftlichen Verkehr zu benutzen"). Klarer wäre, für jedes Schutzrecht einen eigenen Antrag zu stellen ("ein mit der eingetragenen Marke 1234 verwechselbares Zeichen zu benutzen"). Die Bedeutung der Rechtsgrundlage verstehst Du meines Erachtens falsch. Die Rechtsgrundlage wird vom Richter benannt, Kläger und Beklagter tun nur schlau, wenn sie Rechtsgrundlagen anführen. Dabei kann ich als Kläger beliebige viele angebliche Rechtsgrundlagen anführen (Majestätsbeleidigung, Unterlassungsanspruch aus Heiliger Schrift...), ohne den Streitgegenstand zu ändern. Ein Schutzrecht ist keine Rechtsgrundlage, sondern eine Anspruchsgrundlage. Die Rechtsgrundlage wären z.B. §§14, 15 MarkenG. Wenn Du nun die zwar identische Begehr auf Unterlassung (formaler Antrag) aus wechselnden oder zusätzlichen Schutzrechten begründest, dann wechselst Du auch den Anspruch und mithin den Klagegegenstand.
 

lioness

SILBER - Mitglied
Lieber Grond,

vielen Dank für Deinen Hinweis.
Auf dieser Grundlage kann ich weitermachen.

Gruß lioness
 

lioness

SILBER - Mitglied
Weitere Nachforschungen in GRUR 2001, Heft 8 S 756-757 ergeben, dass der BGH das Entstehen des Schutzrechts dem Lebenssachverhalt zurechnet, wobei beim Entstehen verschiedener Schutzrechte auch verschiedene Lebenssachverhalte vorliegen und damit verschiedene Streitgegenstände. Da haben wir es also!
 

grond

*** KT-HERO ***
Sehr fleißig! :)

Eigentlich liegt das ja auch auf der Hand, wenn man bedenkt, dass ein solches Verfahren Tatsachenfeststellungen zu Fragen wie Erschöpfung und die Subsumption der Verletzungshandlung unter die eingetragenen und tatsächlich benutzten W/DL erfordert. Wenn dann ein anderes Schutzrecht eingebracht wird, bleibt nur die eigentliche Verletzungshandlung, die der Kläger unterbinden will, dieselbe und die ganze Arbeit fängt von vorne an.
 
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