Änderung eines erteilten Anspruchs aufgrund eines offenkundige Übersetzungsfehlers ?

Ah-No Nym

*** KT-HERO ***
Hallo.

Folgende (leider) nicht hypothetische Frage:

Ein Merkmal in einem Unteranspruch lautet:

- in der PCT Phase (englisch): ", so that A increases."
- in der erteilten nat. Phase DE: ", so dass sich A verringert."

Im allgemeinen Teil der englischen Beschreibung steht, dass "so that A increases", was auch technisch korrekt ist. Im allgemeinen Teil der DE Beschreibung steht hingegen an dieser Stelle, "so dass sich A verringert". Aus der Figurenbeschreibung wird jedoch deutlich, dass aus technischen Gründen im Sinne der Erfindung A zunehmen muss.

Der Fehler ist also offensichtlich bei der Übersetzung passiert...

Ich bin der Meinung, dass das erteilte DE Patent (Zäsurwirkung des Beschlusses) hier nicht korrgiert werden kann, obwohl es sich um einen offensichtlichen Übersetzungsfehler handelt und der englische Text aufgrund der PCT als ursprüngliche Offenbarung anzusehen ist.

Andere Meinungen (gerne auch fundiert :))... ?

Grüße

Ah-No Nym
 

grond

*** KT-HERO ***
AW: Änderung eines erteilten Anspruchs aufgrund eines offenkundige Übersetzungsfehler

Leider nur unfundiert: die Möglichkeit, Übersetzungsfehler zu korrigieren, ergibt sich doch daraus, dass die fremdsprachigen Anmeldeunterlagen die ursprünglichen Anmeldeunterlagen sind, weshalb die bloße Übersetzung auch durch Rückgriff auf die tatsächliche ursprüngliche Offenbarung korrigiert werden kann. So oder so ist aber nach Erteilung der Rückgriff auf die ursprüngliche Offenbarung insoweit abgeschnitten, als dass eine Änderung des Schutzumfangs der Ansprüche über die erteilte Fassung hinaus nicht möglich ist. Also sehe ich keinerlei Grund, warum ein Übersetzungsfehler anders gestellt sein sollte als z.B. ein bloßer Tippfehler oder sonstiger redaktioneller Fehler in den zuletzt eingereichten Ansprüchen, der genau dieselbe inhaltliche Verfälschung zur Folge hätte.

Die einzigen Übersetzungsfehler, die noch nach Erteilung korrigiert werden können, sind die in Übersetzungen europäischer Patente, die ja in Art. 2 IntPatÜG explizit geregelt sind (Grundlage in Art. 70 EPÜ). Eine entsprechende Regelung für das PCT-Verfahren gibt es in Art. 3 IntPatÜG nicht.
 

EQE2009-Gast

*** KT-HERO ***
AW: Änderung eines erteilten Anspruchs aufgrund eines offenkundige Übersetzungsfehler

Ich denke auch, dass man das nach dem Erteilungsbeschluss nicht ändern kann. Beschränkungsverfahren scheidet wohl aus, weil der (falsche) Unteranspruch durch ein Aliud ersetzt werden soll.

Im Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren könnte man meiner Meinung nach aber schon auf das (richtige) Merkmal zurückgreifen und dieses zur Einschränkung des Hauptanspruchs verwenden. Soweit ich den Sachverhalt verstehe, hat das richtige Merkmal Niederschlag in der Figurenbeschreibung gefunden, ist also auch im erteilten Patent enthalten.
 

EQE2009-Gast

*** KT-HERO ***
AW: Änderung eines erteilten Anspruchs aufgrund eines offenkundige Übersetzungsfehler

So oder so ist aber nach Erteilung der Rückgriff auf die ursprüngliche Offenbarung insoweit abgeschnitten, als dass eine Änderung des Schutzumfangs der Ansprüche über die erteilte Fassung hinaus nicht möglich ist.
Da das falsche Merkmal nur in einem Unteranspruch zu stehen scheint und das richtige Merkmal in der Figurenbeschreibung offenbart zu sein scheint, könnte man den Hauptanspruch wohl ohne Verstoß gegen das Verbot der Erweiterung des Schutzbereichs ändern.
 

grond

*** KT-HERO ***
AW: Änderung eines erteilten Anspruchs aufgrund eines offenkundige Übersetzungsfehler

Da das falsche Merkmal nur in einem Unteranspruch zu stehen scheint und das richtige Merkmal in der Figurenbeschreibung offenbart zu sein scheint, könnte man den Hauptanspruch wohl ohne Verstoß gegen das Verbot der Erweiterung des Schutzbereichs ändern.

Ja, da hast Du natürlich recht! Eine Ausnahme wäre dann wohl, wenn das falsche Merkmal dem Hauptanspruch widerspricht, also nicht mehr unter den Hauptanspruch passt, so dass der Unteranspruch ein verkappter nebengeordneter Anspruch wird, der aber ohnehin nicht durch die ursprüngliche Offenbarung gestützt und damit hinfällig wäre.

Dein Hinweis mit dem Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren ist sogar noch besser, als Du es vielleicht selbst erkannt hast: in den Verfahren darf ja gerade wieder auf den ursprünglichen, also fremdsprachlichen Offenbarungsgehalt rückgegriffen werden! Da - wie Du richtig bemerkt hast - der Schutzbereich des Hauptanspruchs aller Wahrscheinlichkeit nach nicht durch den falschen Unteranspruch berührt ist, könnte sogar der korrigierte bzw. korrekte Unteranspruch in den beiden Verfahren als Grundlage der Einschränkung dienen, so dass gar keine Probleme mit der Frage, ob das Merkmal für sich isoliert in der Figurenbeschreibung usw. dargelegt ist (Thema Zwischenverallgemeinerung), auftreten würden.
 

EQE2009-Gast

*** KT-HERO ***
AW: Änderung eines erteilten Anspruchs aufgrund eines offenkundige Übersetzungsfehler

Dein Hinweis mit dem Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren ist sogar noch besser, als Du es vielleicht selbst erkannt hast: in den Verfahren darf ja gerade wieder auf den ursprünglichen, also fremdsprachlichen Offenbarungsgehalt rückgegriffen werden!
Soweit ich mich erinnere, fordert die deutsche Rechtsprechung, dass das Merkmal sowohl in der ursprünglichen Anmeldung als auch im erteilten Patent enthalten ist (Begründung: Rechtssicherheit für Dritte). Deswegen der Hinweis auf die "Offenbarung" des erteilten Patents. Das EPA handhabt das im Einspruchsverfahren anders, dort kommt es nicht darauf an, ob das Merkmal noch im erteilten Patent enthalten ist.
 

grond

*** KT-HERO ***
AW: Änderung eines erteilten Anspruchs aufgrund eines offenkundige Übersetzungsfehler

Soweit ich mich erinnere, fordert die deutsche Rechtsprechung, dass das Merkmal sowohl in der ursprünglichen Anmeldung als auch im erteilten Patent enthalten ist (Begründung: Rechtssicherheit für Dritte).

Bei DE aus EP wird in IntPatÜG dafür ausdrücklich die Regelung aufgestellt, dass derjenige, der zwischen falscher Veröffentlichung und Korrektur wenigstens ernsthafte Anstalten gemacht hat, die Erfindung in Benutzung zu nehmen, sie auch weiterbenutzen darf (Grundlage wiederum in Art. 70 EPÜ). Das hätte bei einem Unteranspruch allerdings keine Auswirkungen, da der Schutzumfang des Hauptanspruchs nicht geändert wird. Für Rechtssicherheit wäre hier also auf andere Weise gesorgt.

Selbst wenn für alle anderen DE-Fälle die Rechtsprechung andere Anforderungen stellen sollte, sehe ich vorliegend bei PCT->DE wiederum aber wegen der Tatsache, dass das falsche Merkmal im Unteranspruch steht, keine Rechtsschutzinteressen Dritter berührt, weil Dritte den Gegenstand des richtigen oder auch des falschen Unteranspruchs wegen des Hauptanspruchs eh nicht benutzen dürfen.
 

Ah-No Nym

*** KT-HERO ***
AW: Änderung eines erteilten Anspruchs aufgrund eines offenkundige Übersetzungsfehler

Hallo und zunächst danke für die äußerst interessanten und hilfreichen Kommentare.

Ich knabbere noch ein wenig an der Rechtssicherheit Dritter.

Was wäre denn, wenn der Hauptanspruch relativ sicher nicht rechtsbeständig wäre :) ?

Dann könnte ich mich als möglicher Verletzer ja darauf berufen, dass ich mich darauf verlassen habe, dass das Patent auf die beanspruchte (falsch übersetzte) Lösung abzielt (die ggf. ja erfinderisch sein könnte).

In dem Sinne wäre ich natürlich stark überrascht, wenn im Nichtigkeitsverfahren dann plötzlich ein Anspruch zum Zuge kommt, der auf ein Merkmal aus der Figurenbeschreibung zurückgreift, das dem Unteranspruch komplett entgegensteht.

Grüße

Ah-No Nym
 

grond

*** KT-HERO ***
AW: Änderung eines erteilten Anspruchs aufgrund eines offenkundige Übersetzungsfehler

Ich knabbere noch ein wenig an der Rechtssicherheit Dritter.

Was wäre denn, wenn der Hauptanspruch relativ sicher nicht rechtsbeständig wäre :) ?

Das kommt bei unseren streng prüfenden Ämtern niemals nicht vor. Jedenfalls nicht so oft, als dass ein Dritter darauf vertrauen dürfte, dass er den Gegenstand des Hauptanspruchs benutzen darf.

Generell ist die Bestandsfähigkeit von geprüften Schutzrechten vorauszusetzen. Wenn das sogar schon für Gerichte gilt, dann gilt es für Marktteilnehmer erst recht. Ein pathologischer Ausnahmefall wäre vielleicht, wenn der Dritte rein zufällig ein Weiterbenutzungsrecht auf den Hauptanspruch hat und nun glaubt, auch den Gegenstand des richtigen UAs benutzen zu dürfen, weil ja der falsche im erteilten Patent steht. Interessant wäre da hinsichtlich akademischer Fallkonstruktionen vielleicht auch die Konstellation, dass der Dritte sogar tatsächlich Einspruch eingelegt hat, den Hauptanspruch klar erlegt und während des Verfahrens die Benutzung des Gegenstandes des richtigen UAs aufnimmt, bevor korrigierte/neue Ansprüche vorgelegt werden. Aber auch hier würde ich nicht zu der Ansicht gelangen wollen, dass da schutzwürdige Interessen bestehen, da der Einsprechende sich bewusst sein muss, dass der Gegenstand des Patentes durch den Einspruch wieder formbar wird und er demzufolge keine Sicherheit über den finalen Schutzumfang haben kann. Außerdem hat er ja zweifellos seinen Einspruch sorgfältig ausgearbeitet und dabei auf die ursprünglichen Unterlagen geschaut... :)

Wenn der Hauptanspruch aber sehr wahrscheinlich hinfällig ist, wäre eventuell der Gedankenfaden "Beschränkungsverfahren" wieder aufzunehmen...
 
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