2. Klausur Lösungsvorschlag zur 2. Klausur vom 08.09.2010

AachenerKreuz

GOLD - Mitglied
Diese Klausur ist anders aufgebaut als die vom 26.01.2011. Eine eher Brot-und-Butter-Hauptfallfrage, mit der man die meisten Punkte holen können sollte (wenn man nicht wie ich noch den guten alten § 823 (1) BGB als zweite Anspruchsgrundlage vergisst zu prüfen), dann aber Zusatzfragen, die in Randgebieten schürfen bzw. in denen ganz alte Zeiten aus dem 1. oder 2. BGB-Skript nochmal wach werden, um zu testen, wer da noch einmal reingeguckt hat.

Ich weiß, dass diese Lösung Böcke enthält, nur nicht wo. Bitte hier ankreiden, ich geb das dann gesammelt an das Entwicklerteam. Ein paar Wochen haben die noch, die zugrundeliegenden Bugs in meiner DNA zu finden und Patches einzuspielen.

2. Hagen-Klausur vom 08.09.2010

Ausgangsfall

Zulässigkeit

Damit das LG Wuppertal zuständig ist, müsste zunächst der Rechtsweg zulässig sein. Nach § 13 GVG gehören bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten vor die ordentlichen Gerichte, zu denen das LG nach § 12 GVG gehört. Gestritten wird über einen Schadensersatzanspruch wegen Pflichtverletzung in einem Geschäftsbesorgungsvertrag nach §§ 280 (1), 675 ff. BGB und somit über einen Gegenstand bürgerlich-rechtlicher Natur. Somit ist der Rechtsweg zur ordentlichen Gerichtsbarkeit gegeben.

Das LG müsste sachlich zuständig sein. Es ist nach § 71 (1) GVG zuständig für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die nicht den Amtsgerichten zugewiesen sind. Keiner der Ausnahmetatbestände des § 23 Nr. 2 GVG ist einschlägig. Der Streitwert liegt über der in § 23 Nr. 1 GVG gesetzten Grenze von 5.000 €. Damit ist der Rechtsstreit nicht dem AG zugewiesen. Damit ist das LG zuständig.

Das LG Wuppertal müsste auch örtlich zuständig sein. Ein Rechtsstreit kann nach § 12 ZPO am allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten R anhängig gemacht werden, sofern kein ausschließlicher Gerichtsstand gegeben ist. Ein solcher ausschließlicher Gerichtsstand ist nicht gegeben. Somit kann die Klage am allgemeinen Gerichtsstand des R anhängig gemacht werden. Dies ist nach § 13 ZPO sein Wohnsitz Wuppertal. Damit ist das LG Wuppertal auch örtlich zuständig.

Die Klage müsste noch ordnungsgemäß erhoben sein. Dazu müssten die Prozesshandlungsvoraussetzungen erfüllt sein. Nach § 78 (1) ZPO fehlt dem K vor dem LG die Postulationsfähigkeit. K ist jedoch ordnungsgemäß durch einen Anwalt vertreten.

Ergebnis: Die Klage des K ist zulässig.

Begründetheit

K macht gegen den R einen Schadensersatzanspruch geltend wegen Verletzung seiner Pflichten aus einem entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrag im Sinne des § 675 (1) BGB geltend.

Dazu müsste zunächst ein Geschäftsbesorgungsvertrag geschlossen worden sein. R hat nicht bestritten, dass er seine Auskunft im Rahmen eines solchen Vertrages erteilt hat. Damit gilt als zugestanden, dass ein Geschäftsbesorgungsvertrag besteht. Somit kommt § 675 (2) BGB, nach dem ein Ratgeber nicht für die bei der Befolgung des Rates entstandenen Schäden haftet, dem R nicht zu Hilfe.

Damit ein Schadensersatzanspruch besteht, müsste R seine Pflicht aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag verletzt haben und diese Pflichtverletzung zu vertreten haben. Gegenstand des Vertrages ist, dass der R den K über seine tatsächlich bestehende Rechtslage informiert. R hat dem K eine falsche Auskunft gegeben. Damit hat er die ihm obliegende Leistung nicht wie geschuldet erbracht (Schlechtleistung). R hat nach § 276 (1) BGB Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. R hat es unterlassen, sich über die aktuelle Gesetzeslage in Bezug auf den ihm vorgelegten Fall zu informieren. Von einem Anwalt wird aber selbstverständlich erwartet, dass er das aktuelle Recht kennt oder sich diese Kenntnis bei Bedarf verschafft.

R hat argumentiert, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, die Gesetzesänderung zu erkennen. Nach Art. 82 GG werden Gesetze vor Inkrafttreten im Bundesgesetzblatt verkündet, das sich der R hätte verschaffen können. Zumindest hätte sich der R in Bezug auf die alles entscheidende Norm eine tagesaktuelle Fassung aus dem Internet oder von einem kommerziellen Datenbankanbieter verschaffen können. Die Behauptung des R entspricht somit offenkundig im Sinne von § 291 ZPO nicht der Wahrheit. Damit hat R die erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen und die Pflichtverletzung zu vertreten.

Durch die Pflichtverletzung müsste dem K in adäquat kausaler Weise ein Schaden entstanden sein. Schaden ist jede Einbuße, die der K an seinen Rechtsgütern wie Eigentum oder Gesundheit erleidet.

Klageantrag 1 bezieht sich auf die von K gezahlten Zinsen. Diese sind eine Vermögenseinbuße und somit ein Schaden des K. Die falsche Auskunft des K ist kausal für diesen Schaden, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Schaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfiele. Ohne die falsche Auskunft hätte der K den Schaden seiner Haftpflichtversicherung gemeldet, statt das Darlehen aufzunehmen. Damit ist die falsche Auskunft kausal für den Schaden. Es ist zudem nicht ungewöhnlich, dass ein zum Schadensersatz Verpflichteter ein Darlehen aufnimmt, um seine Schuld zu begleichen. Damit war die falsche Auskunft auch adäquat kausal für den Schaden.

Ergebnis zu Klageantrag 1: Das Gericht wird diesem Klageantrag stattgeben einschließlich der Zinsen, die sich im Rahmen des § 291 BGB bewegen.

Klageantrag 2 ist auf § 252 (2) BGB gestützt. Der R hat dagegen vorgebracht, dass auch bei einer Falschberatung ein Schmerzensgeldanspruch nicht besteht, weil dieser Anspruch vom Gesetz für andere Fälle vorgesehen ist. Damit hat er den Anspruch substantiiert bestritten, so dass er nicht nach § 138 (3) ZPO als zustanden gilt, sondern weiter zu prüfen ist.

Damit der Schmerzensgeldanspruch begründet ist, müsste R dem K wegen einer Verletzung der Gesundheit zu Schadensersatz verpflichtet sein.

Dem könnte entgegenstehen, dass K keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen des Gesundheitsschadens selbst im Prozess geltend macht. § 252 (2) BGB ist jedoch eine materiellrechtliche Vorschrift, die daran anknüpft, ob dem K der Anspruch auf Schadensersatz zusteht. Wegen des Dispositionsgrundsatzes liegt es allein bei K, ob er einen solchen Anspruch geltend macht. Verzichtet er auf die Geltendmachung, kann ihm nicht angesonnen werden, auch auf den Schmerzensgeldanspruch zu verzichten.

Ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Gesundheit des K, der nach § 252 (2) BGB wiederum zum Schmerzensgeld berechtigt, könnte nach § 280 (1), 675 (1) BGB aus der zuvor erörterten Pflichtverletzung folgen. Dazu müsste zunächst durch die Pflichtverletzung die Gesundheit des K in adäquat kausaler geschädigt worden sein.

K hat den Nachweis für eine Schädigung, die im zeitlichen Zusammenhang mit der falschen Beratung entstanden ist, erbracht, und behauptet, dass die Schädigung durch die falsche Beratung verursacht wurde. Dies beweist noch nicht, dass die Belastungsstörung tatsächlich kausal mit der falschen Beratung zusammenhängt; es ist auch vorstellbar, dass die Belastung, auf die der K reagiert hat, der Hausbrand war. R hat jedoch die Kausalität zwischen der Falschberatung und der Schädigung nicht bestritten, so dass sie nach § 138 (3) ZPO als zugestanden gilt.

Die Kausalität müsste auch adäquat sein. Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Psyche eines Menschen durch die Nachricht, seine Existenzgrundlage breche gerade weg, geschädigt wird. Somit ist die Schädigung des K auch adäquat kausal auf die Falschberatung zurückzuführen. Nach §§ 280 (1), 249 (2) ZPO hat K damit einen Anspruch, die Behandlungskosten als Schadensersatz von R zu verlangen.

Ergebnis zu Klageantrag 2: Das Gericht wird diesem Klageantrag stattgeben einschließlich der Zinsen, die sich im Rahmen des § 291 BGB bewegen.

Zusatzfrage 1

H könnte dem D nach § 72 (1) ZPO den Streit verkünden. Dies hätte den Vorteil, dass nach §§ 74 (3), 68 ZPO die eventuelle Feststellung im Urteil, dass das Produkt X patentverletzend ist, bindend für einen eventuellen weiteren Prozess des H gegen den D ist. Es kann dann nicht mehr der Fall eintreten, dass H einerseits im Verhältnis zu P wegen Patentverletzung verurteilt wird und andererseits mit einer Klage gegen den D unterliegt, weil das Gericht in diesem Prozess eine Patentverletzung verneint.

Damit H dem D den Streit verkünden kann, müsste H glaubhaft machen, im Falle eines ungünstigen Ausgangs des Verletzungsprozesses einen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen den D erheben zu können.

Aus dem Kaufvertrag ist D dem H nach § 433 (1) S. 2 BGB verpflichtet, ihm das Produkt frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen. Ein Rechtsmangel liegt vor, wenn ein Dritter Rechte in Bezug auf das Produkt X geltend machen kann. P macht in Bezug auf das Produkt X sein Verbietungsrecht aus dem Patent geltend. Wenn P obsiegt, dann enthält das Urteil die Feststellung, dass das Produkt X patentverletzend und somit mit einem Rechtsmangel behaftet ist. In diesem Fall hätte H Mängelansprüche aus § 437 BGB. Damit könnte er Ansprüche gegen den D geltend machen, wenn der Verletzungsprozess verloren geht. Somit ist die Streitverkündung zulässig.

Die Streitverkündung erfolgt nach § 73 ZPO durch einen Schriftsatz, in dem die Lage des Rechtsstreits sowie der Rechtsmangel als Grund für die Streitverkündung anzugeben sind. Es liegt dann am D, ob er dem H im Verletzungsverfahren unterstützend beitritt oder nicht. Der Vorteil liegt für H darin, dass er sich die Interventionswirkung des § 68 ZPO sichern und ansonsten den Ausgang des Verletzungsprozesses abwarten kann. Er kann es sich danach aussuchen, inwieweit er weiter gegen den D vorgeht.

H könnte auch eine Drittwiderklage gegen den D einreichen und damit den D im gleichen Verfahren verklagen. Dazu müsste die Rechtskraft des Urteils im Verletzungsprozess sich auch auf den Gegenstand der Widerklage erstrecken, und die Gegenstände von Verletzungsklage und Widerklage müssten in einem rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.

Wenn H Rechtsmängelansprüche gegen den D geltend macht, so kommt es für deren Begründetheit darauf an, ob ein Rechtsmangel vorliegt, also das Produkt X patentverletzend ist. Damit erstreckt sich die Rechtskraft des Urteils im Verletzungsprozess auch auf eine Widerklage wegen Rechtsmängelansprüchen. Sowohl die Klage als auch die Widerklage betreffen das Produkt X und die Zulässigkeit seines Inverkehrbringens. Somit ist ein rechtlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang gegeben.

Die Widerklage müsste sich nun noch auf einen anderen Streitgegenstand beziehen als das Verletzungsverfahren, das nach § 263 (3) Nr. 1 ZPO eine weitere den gleichen Streitgegenstand betreffende Klage unzulässig sein lässt. Die Klage betrifft eine Patentverletzung, die Widerklage dagegen einen Mängelanspruch aus einem Kaufvertrag. Dies sind verschiedene Streitgegenstände. Somit ist die Drittwiderklage zulässig.

Die Drittwiderklage hat für H den Vorteil, dass sowohl über die Patentverletzung als auch über den Rechtsmängelanspruch im selben Verfahren verhandelt wird und dass es sich D nicht aussuchen kann, ob er Verfahrensbeteiligter im Verletzungsprozess wird. Dies erkauft sich H damit, dass er entweder bezüglich des Verletzungsanspruchs gegen den P oder bezüglich des Rechtsmängelanspruchs gegen den D unterliegt, also auf jeden Fall im Verhältnis zu entweder P oder D nach § 91 (1) die Kosten trägt.

Zusatzfrage 2

Eine salvatorische Klausel ist eine Abrede für den Fall, dass einzelne Bestimmungen eines Vertrages unwirksam oder nichtig sind. Sie bestimmt in der Regel, dass die Parteien in einem solchen Fall am Vertrag festhalten; optional kann sie Bestimmungen enthalten, was an die Stelle der unwirksamen bzw. nichtigen Bestimmung treten soll. Im Hinblick auf § 139 BGB hängt die Darlegungs- und Beweislast davon ab, ob eine sK vorhanden ist. Fehlt eine sK, ist derjenige darlegungs- und beweispflichtig, der sich auf ein Festhalten am Vertrag beruft. Ist eine sK vorhanden, ist derjenige darlegungs- und beweispflichtig, der sich auf die Nichtigkeit des gesamten Vertrages beruft.
 
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chrisu

Schreiber
Hallo!


Erst einmal vielen Dank, dass Du Dir so viel Mühe gibst, Deine Lösungsvorschläge hier reinzuposten. Ich finde es immer ganz gut Lösungen zu vergleichen und dort wo Unterschiede sind, kann man ja nochmal genauer in der Literatur nachlesen oder eben diskutieren. So lernt man auf jeden Fall ganz gut dazu, auch wenn die Musterlösung vielleicht nie aufgedeckt wird.


Ich hab diese Klausur auch durchgearbeitet (aber nur gegliedert) und möchte hier mal kurz Punkte zur Diskussion stellen, die ich etwas anders gelöst hätte:


Begründetheit


Wie man einen Fall mit ZPO im Aufbau richtig löst, haben wir nicht explizit als Anleitung bekommen, aber ich nehme an, dass doch auch Gutachtenstil mit Anspruchsgrundlage gefordert wird? In meiner Lösung beginne ich die Begründetheit daher für Klageantrag 1 mit der Hypothese, dass K einen Anspruch gegen R auf Zahlung von 15 000 € aus § 280 I BGB haben könnte.


Bei den Prozesszinsen hätte ich als Endergebnis noch genauer angegeben, in welcher Höhe das Gericht diese zusprechen wird: 5 % seit Rechsthängigkeit (§ 291 i.V.m. § 288 I).


In einer der Klausur vom 27.01.2010 werden in der Lösungsskizze (siehe im download-Bereich) 10 Punkte für Kostenentscheidung und vorläufige Vollstreckbarkeit vergeben. Auch dort war die Aufgabe „Erläutern Sie gutachterlich, wie das Landgericht … entscheiden wird“. In diesem Fall hätte ich hier analog gesagt: R als unterliegende Partei trägt gemäß § 91 I 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits und die dem K entstandenen Kosten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Das Urteil ist gemäß § 709 S. 1 für gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar zu erklären, da keiner der Tatbestände des § 708 ZPO greift.




Zusatzfrage 1:


Die Streitverkündung habe ich auch als Option genannt. Dies ist m. M. ein Druckmittel des H gegen den D, falls D sich weigert, den H von Ansprüchen des P gegen H freizustellen oder an der Verteidigung gegen P mitzuwirken. Ab der Streitverkündung ist muss sich D Feststellungen aus dem ersten Verfahren von P gegen H unter Umständen ohne Verteidigungsmöglichkeit zurechnen lassen.


Vorher habe ich aber noch die einfache Nebenintervention gemäß § 66 ff. genannt. Sie erlaubt es dem H, den D sozusagen auf freiwilliger Basis (sie sind ja Vertragspartner und wollen nicht gleich gegeneinander losgehen) ins Verfahren zu holen. Falls D nicht freiwillig einsteigen will, dann kann man immer noch den Streit verkünden und ab dann ist es für D nachteilig, wenn er nicht als Nebenintervenient beitritt.


Etwas abseits, da nicht explizit in der Fragestellung so dargestellt, aber prinzipiell doch vorstellbar wäre noch die Streitgenossenschaft gemäß § 60. Diese könnte z. B. dann durch D und H gebildet werden, wenn auch D von P wegen Verletzung des Patents des P verklagt wird. Eventuell könnte man das auch provozieren durch eine negative Feststellungsklage – hier müsste dann D ein Interesse nachweisen, dass er festgestellt haben möchte, dass das Produkt „X“ nicht das Patent des P verletzt. In diesem Fall könnte man dann vielleicht auch eine Streitgenossenschaft bilden - das ist aber wohl ziemlich abwegig, da eigentlich das Mittel der Nebenintervention zum gleichen Ergebnis auf kürzerem Weg führt.


Über die Drittwiderklage weiß ich leider nichts. Hast Du hier Quellen, die Du nennen kannst, oder steht das sogar im Skript? Ich hab nur ganz kurz gegooglet:


http://www.juraforum.de/lexikon/drittwiderklage


Demnach ist diese Zulässigkeit nur in zwei Spezialfällen gegeben. Und der Drittwiderbeklagte müsste auch erst zustimmen oder das Gericht dies für sachdienlich halten.
 

AachenerKreuz

GOLD - Mitglied
AW^2: Lösungsvorschlag zur 2. Klausur vom 08.09.2010

Hi Chrisu,

schön, dass jetzt auch mal Kommentare kommen. Eigenartigerweise krebsen die Lösungsvorschläge zur 2. Klausur bei um einen Faktor 10 geringeren Klickzahlen rum als die zur 1. Klausur im letzten Jahr. Da kommt man sich so ein bisschen orientierungslos vor wie ein Kampfflieger, der nach der Nachtübung über dem Pazifik weder sein Geschwader noch seinen Flugzeugträger wiederfindet.

> Wie man einen Fall mit ZPO im Aufbau richtig löst, haben wir nicht explizit als Anleitung
> bekommen, aber ich nehme an, dass doch auch Gutachtenstil mit Anspruchsgrundlage gefordert
> wird? In meiner Lösung beginne ich die Begründetheit daher für Klageantrag 1 mit der
> Hypothese, dass K einen Anspruch gegen R auf Zahlung von 15 000 € aus § 280 I BGB haben
> könnte.

Richtig, ich hätte mich da mehr von der Formulierung des Klageantrags lösen müssen. Es heißt schließlich "da mihi factum, dabo tibi ius" - der Kläger muss nur die Fakten auf den Tisch legen und es ist Aufgabe des Gerichts, den Obersatz aufzustellen.

> Bei den Prozesszinsen hätte ich als Endergebnis noch genauer angegeben, in welcher Höhe das
> Gericht diese zusprechen wird: 5 % seit Rechsthängigkeit (§ 291 i.V.m. § 288 I).

Richtig, die Punkte sollte man nicht liegenlassen.

> Vorher habe ich aber noch die einfache Nebenintervention gemäß § 66 ff. genannt. Sie erlaubt es

Richtig, damit sollte man anfangen.

> P verletzt. In diesem Fall könnte man dann vielleicht auch eine Streitgenossenschaft bilden - das > ist aber wohl ziemlich abwegig, da eigentlich das Mittel der Nebenintervention zum gleichen
> Ergebnis auf kürzerem Weg führt.

Dann kann man die beiden noch verbinden: streitgenössische Nebenintervention nach § 69 ZPO; Unterschied zur einfachen: der Nebenintervenient darf sich mit seinen Handlungen auch in Widerspruch zur Hauptpartei setzen.

> Über die Drittwiderklage weiß ich leider nichts. Hast Du hier Quellen, die Du nennen kannst,
> oder steht das sogar im Skript? Ich hab nur ganz kurz gegooglet:

ich hab aus dem Musielak "Grundkurs ZPO" bezogen, dass laut BGH die isolierte Drittwiderklage zulässig ist, wenn eine enge Verknüpfung der Gegenstände von Klage und Widerklage in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht besteht und keine schutzbedürftigen Interessen des Widerbeklagten durch dessen Einbeziehung in den Rechtsstreit verletzt werden.

Hast du super durchgearbeitet! Das gibt die Muh-Note.


Fabian
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Woher weißt Du denn der bei der Zusatzfrage 1, dass ein Kaufvertrag vorliegt?

Ich kann nur erkennen, dass zwischen H und D ein Vertrag existiert, D das Produkt X herstellt und an H liefert, und H aufgrund des Vertrages das Produkt X vertreiben kann.

Ich hätte daher eher argumentiert, dass aufgrund der Lebenserfahrung anzunehmen ist, dass H in einer solchen Konstellation vertragliche Ansprüche gegen D haben dürfte, sich bei D im Falle eines Rechtsmangels des Produkts X schadlos zu halten (ggf. der Höhe nach begrenzt). Insofern dürfte D auch ein Interesse an der Beteiligung an dem Prozess haben.
 

AachenerKreuz

GOLD - Mitglied
Woher weißt Du denn der bei der Zusatzfrage 1, dass ein Kaufvertrag vorliegt?

Ich kann nur erkennen, dass zwischen H und D ein Vertrag existiert, D das Produkt X herstellt und an H liefert, und H aufgrund des Vertrages das Produkt X vertreiben kann.

Ich hätte daher eher argumentiert, dass aufgrund der Lebenserfahrung anzunehmen ist, dass H in einer solchen Konstellation vertragliche Ansprüche gegen D haben dürfte, sich bei D im Falle eines Rechtsmangels des Produkts X schadlos zu halten (ggf. der Höhe nach begrenzt). Insofern dürfte D auch ein Interesse an der Beteiligung an dem Prozess haben.

Ich habe den Händler als Vertragshändler gesehen; dieser bindet sich zwar an den Hersteller durch einen Rahmenvertrag, ist aber ansonsten Eigenhändler, d.h. verkauft Waren im eigenen Namen und für eigene Rechnung, die er zuvor beim Hersteller gekauft hat. Hätte ich natürlich diskutieren müssen und am Ende hinzufügen, dass auch bei wie auch immer anders gestrickten Verträgen im Allgemeinen ein Anspruch aus § 280 (1) BGB bestehen sollte, weil D immer ein Produkt schuldet, dass der H auch verkaufen kann und darf.

BONK! Wieder blitzt mein Schönfelder rot auf wie ein Starenkasten und es schiebt sich ein Ticket für September heraus.

Grüße aus Jülich


Fabian
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Also die Notwendigkeit für ein September Ticket sehe ich hier nun wirklich nicht.

Allerdings wäre m.E. noch die Einrede der Verjährung abzuhaken gewesen. Außerdem hätte ich bei Antrag 1 noch eine kurze Schadensdiskussion gemacht. Viele Punkte wären damit aber sicher nicht zu holen gewesen.

Aber bei Antrag 2 wären m.E. noch ein paar Sätze zur gesetzlichen Wertung notwendig gewesen, dass Schmerzensgeld eher für andere Fälle gedacht sei. Der Wortlaut des Gesetzes ist jedenfalls eindeutig. Allenfalls kann die Höhe des Schmerzensgeldes eine Rolle spielen.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Naja, der BGH sieht es so, dass hier kein Schmerzensgeld zu zahlen wäre, da der Schutz der Gesundheit nicht mit zu den durch den Vertrag mit übernommenen Risiken gehört.

Die BGH-Entscheidung IX ZR 88/08 ist im Downloadbereich falsch bei der Klausur vom 16.09.2009 einsortiert.
 

rfrick

Schreiber
Bezüglich der örtlichen Zuständigkeit, im Ergebnis zwar richtig allerdings hat R in Wuppertal nicht seinen Wohnsitz sondern seine Niederlassung.

Folglich glaube ich besonderer Gerichtsstand nach § 21 (1) ZPO...?!
 

AachenerKreuz

GOLD - Mitglied
Bezüglich der örtlichen Zuständigkeit, im Ergebnis zwar richtig allerdings hat R in Wuppertal nicht seinen Wohnsitz sondern seine Niederlassung.

Folglich glaube ich besonderer Gerichtsstand nach § 21 (1) ZPO...?!

Da steht "zum Betrieb ... oder eines anderen Gewerbes" drin. Nach § 2 (2) BRAO ist die Tätigkeit des Rechtsanwalts kein Gewerbe. Also ist § 21 (1) ZPO nicht einschlägig.

Allenfalls könnte man noch in den § 29 (1) ZPO reinkommen, denn es geht ja um einen Anspruch aus einem Geschäftsbesorgungsvertrag, und die Leistungshandlung muss der Anwalt in seiner Kanzlei vornehmen, die damit Erfüllungsort ist.


Fabian
 
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