2. Klausur Lösungsvorschlag 2. Hagen-Klausur vom 26.01.2011

AachenerKreuz

GOLD - Mitglied
Für alle, die mit mir im Mai schreiben und sich Ende Juni der Mündlichen stellen, möchte ich hiermit die konkrete Vorbereitungsphase im Sinne von "Butter bei die Fische" einläuten. Anbei mein Elaborat zur Klausur vom 26.01.2011, das ich in etwa dreieinhalb Stunden angefertigt habe. Da man langsamer mit der Hand schreibt als tippt, wäre ich in der Klausur gerade so fertig geworden.

Ich fand sie schwer in dem Sinne, dass sich dort sehr viele verschiedene Aspekte aufgetan haben, die bunt über den Schönfelder verteilt sind wie Dateien auf einer fragmentierten Festplatte. Aber vielleicht bin ich ja auch völlig auf dem Holzweg? Viele Punkte oder Zurückverweisung an den Kindergarten nach § 281 ZPO?


Zulässigkeit

Damit die Klage beim LG Dortmund ist, müsste zunächst der Rechtsweg zum LG eröffnet sein. Nach § 12 GVG ist das LG ein ordentliches Gericht. Nach § 13 GVG ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben, wenn es sich um eine bürgerlich-rechtliche Rechtsstreitigkeit handelt. Dies richtet sich nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Die X-GmbH macht einen Anspruch aus einem Werkvertrag, also aus § 631 (1) BGB, geltend. Es handelt sich somit um einen bürgerlichen Rechtsstreit, der vor die ordentlichen Gerichte gehört.

Das LG Dortmund müsste sachlich zuständig sein. Nach § 71 (1) GVG gehören alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vor das Landgericht. Dem könnte entgegenstehen, dass die Sache nach § 23 GVG dem Amtsgericht zugewiesen ist. Auf Grund des Streitwerts von 6.000 € ist § 23 Nr. 1 GVG nicht einschlägig. Somit ist das LG sachlich zuständig.

Das LG Dortmund müsste örtlich zuständig sein. Allgemeiner Gerichtsstand des Beklagten K ist jedoch nach den §§ 12, 13 ZPO Hagen als sein Wohnsitz.

Die örtliche Zuständigkeit des LG Dortmund könnte sich jedoch aus § 29 (1) ergeben. Dazu müsste die streitige Zahlungsverpflichtung in Dortmund zu erfüllen sein. Erfüllungsort ist der Ort, an dem die Leistungshandlung zu erbringen ist. Nach § 270 (1) BGB hat der K das Geld an dessen Wohnsitz in Dortmund zu übermitteln. Der Ort, an dem er die Leistungshandlung vornehmen muss, ist nach §§ 269 (1), 270 (3) BGB jedoch sein Wohnsitz Hagen. Es handelt sich also um eine Schickschuld mit Erfüllungsort Hagen.

Dies gilt nach § 269 (1) BGB jedoch nur, sofern nichts anderes zwischen K und der X-GmbH vereinbart ist. Eine solche Vereinbarung könnte nach § 29 (2) ZPO eine örtliche Zuständigkeit in Dortmund begründen, sofern sowohl K als auch die X-GmbH Kaufleute sind. K hat die Kaufmannseigenschaft durch § 2 (1) HGB und die X-GmbH durch §§ 6 (1) HGB, 13 (3) GmbHG erworben. Somit sind beide Parteien Kaufleute. In der mehr als zehnjährigen Praxis, die Rechnungen bei der Abholung der Maschinen bar zu bezahlen, liegt eine konkludente Vereinbarung für diesen Zahlungsmodus. Für eine Streitigkeit aus dem Ausbleiben dieser Zahlung ist somit das LG Dortmund örtlich zuständig.

Die X-GmbH macht ein eigenes Recht im eigenen Namen geltend, so dass die Prozessführungsbefugnis nicht in Frage steht.

Die Klageerhebung müsste die Prozesshandlungsvoraussetzungen erfüllen. Nach § 78 (1) ZPO herrscht vor dem Landgericht Anwaltszwang, so dass der X-GmbH die Postulationsfähigkeit fehlt. Die X-GmbH wurde jedoch bei der Klageerhebung ordnungsgemäß durch einen Rechtsanwalt vertreten. Somit wurde die Klageerhebung als Prozesshandlung wirksam vorgenommen.

Damit die Klage zulässig ist, müsste nun noch die Klageerhebung ordnungsgemäß im Sinne des § 253 ZPO sein, insbesondere die Parteien, einen bestimmten Antrag und den Grund des erhobenen Anspruchs bezeichnen. Diesbezügliche Mängel sind nicht ersichtlich.

Ergebnis: Die Klage der X-GmbH ist zulässig.

Begründetheit

Die X-GmbH macht einen Anspruch aus § 631 (1) geltend. Dieser Anspruch ist begründet, wenn die X-GmbH ein Werk, das Gegenstand eines Werkvertrags mit K war, abgeliefert hat und der K der X-GmbH die vereinbarte Vergütung schuldig geblieben ist.

Die X-GmbH hat dargelegt, dass sie die aus drei Werkverträgen von Februar bis Juni 2010 geschuldete Leistung erbracht, jedoch noch keine Zahlung des K erhalten hat. K erklärt lediglich, der X-GmbH „stünden keinerlei Rechte zu“. Nach § 138 (3) ZPO gilt der Tatsachenvortrag der X-GmbH als zugestanden, insoweit ihn der K nicht ausdrücklich bestreitet. Hierbei ist einem substantiierten Begehren auch ein substantiiertes Bestreiten entgegenzusetzen. Es reicht nicht aus, einfach die Behauptung in den Raum zu stellen, dass der Klageanspruch nicht besteht. Damit gilt es im Prozess als zugestanden, dass der K von der X-GmbH Werkleistungen erhalten hat und die vereinbarte Vergütung von 6.000 € noch schuldet.

Zwischenergebnis: Das Gericht wird somit die Existenz der Forderung von 6.000 € bejahen.

Dem könnte die von K geltend gemachte Aufrechnung entgegenstehen. Wenn K wirksam mit einer Gegenforderung aufrechnet, erlischt in dieser Höhe die Gegenforderung mit der Rechtsfolge, dass die Klage insoweit als unbegründet abzuweisen ist.

Dazu müsste die Aufrechnung zunächst zulässig sein. Der Zulässigkeit könnte entgegenstehen, dass Prozesshandlungen grundsätzlich bedingungsfeindlich sind und K die Aufrechnung „äußerst hilfsweise“ erklärt hat. Es wird jedoch allgemein für zulässig erachtet, eine Eventualaufrechnung zu erklären, die regelmäßig an zwei Bedingungen geknüpft ist: zum einen an das Bejahen des Klageanspruchs durch das Gericht und zum anderen an eine fehlende prozessuale Zurückweisung der Aufrechnung. Könnte die Aufrechnung nicht an diese innerprozessualen Bedingungen geknüpft werden, bestünde das Risiko, dass durch die wirksame Aufrechnung die Gegenforderung nutzlos „verbraucht“ wird, ohne dass der damit gewünschte Effekt bewirkt wird. Somit ist die Eventualaufrechnung des K zulässig.

Es gilt als zugestanden, dass Forderungen aus Werkverträgen bestehen. Damit ist die erste Bedingung erfüllt, dass der Klageanspruch bejaht wird. Gründe, warum die ordnungsgemäß über einen Rechtsanwalt (Postulationsfähigkeit) vorgebrachte Aufrechnung des K prozessual als unzulässig zurückgewiesen werden sollte, sind nicht ersichtlich. Somit ist auch die zweite Bedingung erfüllt.

Zwischenergebnis: K hat die Aufrechnung prozessrechtlich wirksam erklärt.

Damit die Aufrechnung Wirkung zeitigt und in ihrer geltend gemachten Höhe den Klageanspruch vernichtet, müsste dem K nach §§ 388-390 BGB ein auf Geld gerichteter Anspruch gegen die X-GmbH zustehen, der fällig und einredefrei ist.

Mit dem Werkvertrag hat die X-GmbH die Verpflichtung übernommen, den Radlader zu warten und im gewarteten Zustand an den K zurückzugeben. Die Weigerung, den Radlader an den K zurückzugeben, könnte eine Verletzung dieser Rückgabepflicht sein und einen Anspruch des K aus § 280 (1) BGB begründen.

Dem könnte entgegenstehen, dass die X-GmbH am 10.08.2010 nicht zur Rückgabe des Radladers verpflichtet war.

Der X-GmbH könnte aus § 273 (2) ein Zurückbehaltungsrecht an dem Radlader zugestanden haben. Dazu müsste ihr ein fälliger Anspruch wegen Verwendungen auf den Radlader zugestanden haben. Verwendungen sind Aufwendungen, die einer Sache zugute kommen, ohne sie grundlegend zu verändern. Die X-GmbH hat Arbeitszeit und Material aufgewendet, die in Form der Wartung dem Radlader zugute kamen, indem sie seiner Erhaltung in gebrauchsfähigem Zustand dienten. Damit hat sie Verwendungen auf den Radlader gemacht. Dies geschah auf der Grundlage eines Werkvertrages, aus dem sie einen Anspruch auf Vergütung hatte. Somit bestand bei der ersten Abholung am 10.08.2010 zunächst ein Zurückbehaltungsrecht der X-GmbH an dem Radlader.

Dieses Zurückbehaltungsrecht könnte jedoch nach § 273 (2) BGB erloschen sein. Diese Norm bezieht sich ihrem Wortlaut nach auf die zwangsweise Durchsetzung, enthält in ihrem Kern jedoch auch eine Aussage über die materielle Berechtigung als Grundlage für die Durchsetzung. Danach könnte das Zurückbehaltungsrecht erloschen sein, indem die X-GmbH in den Verzug der Annahme geraten ist. Das wäre nach § 293 BGB dann der Fall, wenn sie eine von K angebotene Zahlung für die Wartung des Radladers nicht angenommen hätte. K hat diese Zahlung angeboten, und die X-GmbH hat sie mit der Begründung zurückgewiesen, dass sie die Zahlung aller noch offenen Rechnungen verlange. Damit ist die X-GmbH in den Verzug der Annahme geraten.

Zwischenergebnis: Der X-GmbH stand nach dem Zahlungsangebot des K kein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 (2) BGB mehr an dem Radlader zu.

Dem K könnte aus § 647 BGB ein Unternehmerpfandrecht an dem Radlader zugestanden haben. Dieses bezieht sich jedoch ebenfalls nur auf die Verpflichtung aus dem konkreten Werkvertrag in Bezug auf den Radlader und erleidet somit dasselbe Schicksal wie das Zurückbehaltungsrecht aus § 273 (2) BGB.

Zwischenergebnis: Der X-GmbH stand auch kein Unternehmerpfandrecht aus § 647 BGB an dem Radlader zur Durchsetzung von Forderungen aus der Vergangenheit zu.

Dem K könnte nun noch aus § 369 (1) HGB ein kaufmännisches Zurückbehaltungsrecht an dem Radlader zugestanden haben. Dazu müssten fällige Forderungen der X-GmbH gegen den K aus beiderseitigen Handelsgeschäften bestanden haben. Es gilt als zugestanden, dass der X-GmbH Ansprüche von 6.000 € gegen den K aus Werkverträgen entstanden waren. Diese Geschäfte zwischen den beiden Kaufleuten K und X-GmbH gehörten jeweils zum bestimmungsgemäßen Betrieb des Gewerbes und sind somit nach § 343 (1) HGB beiderseitige Handelsgeschäfte.

Dem kaufmännischen Zurückbehaltungsrecht könnte jedoch entgegenstehen, dass der Radlader keine Sache des K im Sinne von § 369 (1) HGB ist, sondern vielmehr ein Leasingfahrzeug.

Dazu müsste sich „Sache des Schuldners“ in § 369 (1) HGB auf das Eigentum des Schuldners an der Sache beziehen und nicht lediglich auf den Besitz. Aus Satz 2 sowie § 372 HGB geht hervor, dass das Eigentum des Schuldners gemeint ist. Damit war der Radlader keine Sache des K, die dem kaufmännischen Zurückbehaltungsrecht unterworfen ist.

Das Zurückbehaltungsrecht könnte jedoch nach § 369 (2) HGB gegenüber dem Leasinggeber bestehen. Dies hätte zur Folge, dass die X-GmbH zur Verweigerung der Herausgabe berechtigt gewesen wäre. Dazu müssten die Einwendungen, die die X-GmbH gegen den Anspruch des K auf Herausgabe des Radladers erhoben hat, auch dem Leasinggeber entgegengesetzt worden sein können.

Die X-GmbH hat mit der Wartung eine Verwendung auf den Radlader gemacht. Dies begründet nach § 1000 BGB ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Leasinggeber als Eigentümer. Somit kann der Einwand, dass der Werklohn für die Wartung nicht gezahlt ist, nicht nur gegen den K geltend gemacht werden, sondern auch gegen den Leasinggeber.

Wie zuvor festgestellt, ist die X-GmbH in Bezug auf den Werklohn für den Radlader jedoch in Annahmeverzug geraten, indem sie die Herausgabe am 10.08.2010 verweigert hat, um die Zahlung der Schulden aus der Vergangenheit durchzusetzen. Das kaufmännische Zurückbehaltungsrecht ist nun eine Ausweitung des bürgerlich-rechtlichen Zurückbehaltungsrechts nach § 273 BGB mit dem Ziel, das Druckmittel der Zurückbehaltung unter Kaufleuten in verschärfter Form wirken zu lassen. Somit sind die Vorschriften über das bürgerlich-rechtliche Zurückbehaltungsrecht weiterhin anwendbar, soweit sie nicht durch die Vorschriften des §§ 369 ff. HGB abgeändert oder ergänzt werden. Damit ist § 274 (2) BGB auch auf das kaufmännische Zurückbehaltungsrecht anwendbar, so dass dieses mit dem Annahmeverzug der X-GmbH am 10.08.2010 erloschen ist.

Die Forderungen aus der Vergangenheit (6.000 €) wiederum beziehen sich auf andere Gerätschaften, die die X-GmbH für den K gewartet hat. Verwendungen auf diese Gerätschaften kommen dem Leasinggeber des Radladers nicht zugute. Damit wirkt der Einwand, dass der Werklohn bezüglich dieser Gerätschaften nicht gezahlt ist, nicht gegen den Leasinggeber als Eigentümer des Radladers. Damit entsteht aus diesen Forderungen kein kaufmännisches Zurückbehaltungsrecht am Radlader, dessen Eigentümer nicht K ist, sondern der Leasinggeber.

Zwischenergebnis: Der X-GmbH stand auch kein kaufmännisches Zurückbehaltungsrecht aus § 369 (1) HGB an dem Radlader zu.

Damit war die X-GmbH am 10.08.2010, als ihr von K die Zahlung des Werklohns für die Wartung des Radladers angeboten wurde, zur Rückgabe des Radladers verpflichtet. Damit hat die X-GmbH ihre Verpflichtung aus dem Werkvertrag verletzt.

Damit dem K hieraus nach § 280 (1) BGB ein Schadensersatzanspruch erwächst, müsste die X-GmbH diese Pflichtverletzung zu vertreten haben. Nach § 276 (1) BGB hat die X-GmbH Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. Die X-GmbH hat sich vorsätzlich geweigert, den Radlader herauszugeben. Damit hat sie die Pflichtverletzung zu vertreten.

Dem K müsste hieraus in adäquat kausaler Weise ein Schaden entstanden sein. Dazu müsste die Weigerung der Herausgabe ein Ereignis sein, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Verdienstausfall entfiele. Hätte der K den Radlader zur Verfügung gehabt, hätte er den Auftrag ausführen können. Damit ist die Weigerung der X-GmbH kausal für den Verdienstausfall. Es ist auch in keiner Weise ungewöhnlich, dass die ungeplante Nichtverfügbarkeit einer zugesagten Maschine dazu führt, dass ein Auftrag nicht ausgeführt werden kann und ein Verdienstausfall entsteht. Damit war die Weigerung der X-GmbH auch adäquat kausal für den Verdienstausfall und somit für den Schaden.

Ergebnis: Dem K ist aus der Weigerung der X-GmbH, den Radlader herauszugeben, ein Schadensersatzanspruch aus § 280 (1) BGB entstanden. Mit diesem Schadensersatzanspruch hat der K wirksam gegen die Klageforderung aufgerechnet. Damit ist der Klageanspruch 1 in Höhe von 4.200 € begründet, in Höhe von 1.800 € dagegen abzuweisen. Die Begründetheit der Zinsforderung ergibt sich aus den §§ 291, 247 (1) BGB. Die Kostenverteilung richtet sich nach § 92 ZPO. Gemäß § 709 ZPO ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Abwandlung

Der Verweisungsantrag nach § 281 ZPO kann nur gestellt werden, wenn das angerufene Gericht sachlich und/oder örtlich unzuständig ist. Bei der Frage, welche Kammer innerhalb des Gerichts zuständig ist, handelt es sich dagegen um die Frage der funktionellen Zuständigkeit. Diese ist grundsätzlich der Dispositionsbefugnis der Parteien entzogen.

Eine Ausnahme hiervon bildet § 98 (1) GVG. Danach könnte der K die Verweisung an die Kammer für Handelssachen beantragen. Dazu müsste der Rechtsstreit vor diese Kammer gehören. Dies ist nach § 94 GVG der Fall, wenn die Sache eine Handelssache ist. Es wurde bereits festgestellt, dass es sich um Streitigkeiten aus beiderseitigen Handelsgeschäften handelt. Damit ist der Rechtsstreit nach § 95 (1) Nr. 1 GVG eine Handelssache.

Ergebnis: Der K kann nach § 98 (1) GVG die Verweisung des Rechtsstreits an die Kammer für Handelssachen beantragen. Dies muss er nach § 101 GVG tun, bevor er zur Sache verhandelt.

Zusatzfrage

Mit der Stufenklage kann ein Kläger einen Anspruch vereinfacht durchsetzen, der ihm zwar dem Grunde nach zusteht, dessen Art und Höhe aber von nur beim Beklagten vorhandenen Informationen abhängig sind. Nach § 254 ZPO erzwingt der Kläger in der ersten Stufe die Preisgabe der relevanten Informationen, die für Art und Höhe des ihm konkret zustehenden Anspruchs relevant sind. Auf der Basis dieser Informationen reicht er die Angabe dessen nach, was er begehrt. Die Vereinfachung liegt darin, dass für beide Stufen nur eine Klage anhängig gemacht werden muss. Ohne Stufenklage würde zunächst nur der Anspruch auf die Herausgabe der Informationen dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 (2) Nr. 2 ZPO genügen, und für die Durchsetzung des konkreten Anspruchs wäre später eine weitere Klage zu erheben.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Die örtliche Zuständigkeit des LG Dortmund könnte sich jedoch aus § 29 (1) ergeben. Dazu müsste die streitige Zahlungsverpflichtung in Dortmund zu erfüllen sein. Erfüllungsort ist der Ort, an dem die Leistungshandlung zu erbringen ist. Nach § 270 (1) BGB hat der K das Geld an dessen Wohnsitz in Dortmund zu übermitteln. Der Ort, an dem er die Leistungshandlung vornehmen muss, ist nach §§ 269 (1), 270 (3) BGB jedoch sein Wohnsitz Hagen. Es handelt sich also um eine Schickschuld mit Erfüllungsort Hagen.

Dies gilt nach § 269 (1) BGB jedoch nur, sofern nichts anderes zwischen K und der X-GmbH vereinbart ist. Eine solche Vereinbarung könnte nach § 29 (2) ZPO eine örtliche Zuständigkeit in Dortmund begründen, sofern sowohl K als auch die X-GmbH Kaufleute sind. K hat die Kaufmannseigenschaft durch § 2 (1) HGB und die X-GmbH durch §§ 6 (1) HGB, 13 (3) GmbHG erworben. Somit sind beide Parteien Kaufleute. In der mehr als zehnjährigen Praxis, die Rechnungen bei der Abholung der Maschinen bar zu bezahlen, liegt eine konkludente Vereinbarung für diesen Zahlungsmodus. Für eine Streitigkeit aus dem Ausbleiben dieser Zahlung ist somit das LG Dortmund örtlich zuständig.

Also du stellst hier doch auf einen Werkvertrag ab. Dieser ist doch ein gegenseitiger Vertrag. Bei dieser Klage geht es doch um den Anspruch auf Zahlung der Vergütung und nicht um den Anspruch auf die Herstellung des Werkes. Das ist nur eine Geldschuld, so dass es auf den § 269 BGB gar nicht ankommt. Also ergibt sich die Zuständigkeit des LG Dortmund doch schon aus §§ 270 Abs. 1 BGB, 29 (1) ZPO. Der Rückgriff auf die Übung bzgl. des Zahlungsmodus ist hier m.E. schon deswegen nicht angebracht, da diese Übung hier ja gerade durchbrochen wurde indem die X-GmbH nicht sofort auf der Begleichung der Rechnung bestanden hat.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Achso, bzgl. der Partei- und Prozessfähigkeit der X-GmbH sollte bei der Prüfung der Zulässigkeit der Klage noch auf § 13 Abs. 1 GmbHG verwiesen werden.

Bei K gibt es da ja m.E. keine Zweifel. Ansonsten könnte man ja noch die ZPO und BGB Passagen erwähnen.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Noch ein paar Kleinigkeiten, die mir aufgefallen sind:

- Das hier ein Werkvertrag vorliegen muss, lässt sich aus § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB ableiten, wo auf Wartung verwiesen wird.

- Natürlich muss man hier auf drei Werkverträge abstellen, die sich aufsummiert haben. Also drei Ansprüche mit Gesamtstreitwert 6.000 € aus § 5 ZPO.

- Und die Fälligkeit der Vergütung ergibt sich nach § 641a BGB bei der Abnahme. Diese hatte bei den ersten drei Wartungen ohne Zweifel stattgefunden. Und beim Radlader auch bei der erstmaligen Abholung.
 

Lysios

*** KT-HERO ***
Also diese Klausur wäre einem nicht so schwer vorgekommen, wenn man die ungültige Klausur vom 17.09.2008 gekannt hätte. Für diese findet man hier sogar einen Lösungshinweis auf
OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. 10. 1977 - 13 U 76/77, NJW 1878, 703:


"1. Dem Werkunternehmer, der über eine längere Zeit hinweg regelmäßig die elektrischen Reparaturarbeiten an verschiedenen Fahrzeugen des Auftraggebers ausgeführt und daraus noch offenstehende Forderungen gegen den Auftraggeber hat, steht ein Zurückbehaltungsrecht an dem zuletzt zur Reparatur übergebenen Fahrzeug nicht nur wegen der Reparaturkosten dieses Fahrzeugs, sondern auch wegen der noch offenen Rechnungen aus den Reparaturen an den anderen Fahrzeugen zu.

2. In diesem Falle handelt es sich um eine ständige Geschäftsverbindung, so daß die Forderungen aus demselben rechtlichen Verhältnis i.S. des § 273 I BGB stammen."


Man hat hier vermutlich vorausgesetzt, dass die Prüflinge die ungültige Klausur und den Lösungshinweis kannten. Alles andere wäre grob fahrlässig von Ihnen gewesen.

Um also auf die Anwendbarkeit des § 273 BGB zu kommen, kann man nicht einfach mit einem Werkvertrag argumentieren. Der ist ja sozusagen "lex specialis" mit § 647 BGB ggü. § 272 BGB.
 

AachenerKreuz

GOLD - Mitglied
Also diese Klausur wäre einem nicht so schwer vorgekommen, wenn man die ungültige Klausur vom 17.09.2008 gekannt hätte. Für diese findet man hier sogar einen Lösungshinweis auf
OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. 10. 1977 - 13 U 76/77, NJW 1878, 703:

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Man hat hier vermutlich vorausgesetzt, dass die Prüflinge die ungültige Klausur und den Lösungshinweis kannten. Alles andere wäre grob fahrlässig von Ihnen gewesen.

Um also auf die Anwendbarkeit des § 273 BGB zu kommen, kann man nicht einfach mit einem Werkvertrag argumentieren. Der ist ja sozusagen "lex specialis" mit § 647 BGB ggü. § 272 BGB.

Ich habe mit dieser Klausur angefangen und mich dann in der Zeit zurückgearbeitet. D.h. als ich diese bearbeitet habe, kannte ich die ungültige in der Tat noch nicht. Deswegen habe ich zu § 273 (1) BGB nichts geschrieben, weil für mich klar war, dass die Forderung eben nicht aus demselben rechtlichen Verhältnis stammt.

Man kommt so oft in diese blöden Situationen, die Actionfilmen entlehnt sind. Man hat zwei Drähte vor sich, in der Regel einen roten und einen blauen, und einen muss man jetzt durchkneifen, während die Zeit munter runterzählt. Ich habe hier den falschen durchgekniffen und habe daher den Ausflug in die Botanik des kaufmännischen Zurückbehaltungsrechts gemacht. Beim EPA, wo immer nur genau die eine Musterlösung gefragt ist, wäre das ein Durchfaller mit Pauken und Trompeten gewesen.

Super aufgepasst - ich prophezeihe "Muh!"


Fabian
 
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