Softwarepatente - was ist nun dran?

M

Michi

Guest
Aber es gibt dort auch neue Entwicklungen zu bestaunen. Was haltet ihr davon?

http://www.nosoftwarepatents.com/docs/1503941.pdf
 
S

Steuersünder

Guest
Zunächst: Die Intention der Unterzeichner ist voll und ganz in meinem Sinne. Im Prinzip ist das ja auch die bisherige Regelung in Deutschland. Beim EPA sind da hingegen schon ganz üble Pure-Software-Patente erteilt worden.

Aber: Alleine der Satz "Ein technischer Beitrag kann nur dann vorliegen, wenn er auch eine naturwissenschaftliche Außenwirkung beinhaltet." zeigt, dass auch dieser Antrag nicht das ist, was die Unterzeichner eigentlich bekommen wollen.

Denn: Ab wo beginnt "die naturwissenschaftliche Außenwirkung"? Sobald ein angeschlossener Drucker Tinte auf Papier spritzt? Sobald über ein Modem (Schall) oder ein digitales Medium (I-Net) ein entfernter Computer, der in eine Maschine eingebaut ist, automatisch gesteuert oder nur gewartet wird? Sobald vielleicht nur Informationen tragende Elektronen aus dem Computergehäuse herauskommen? Warum dann eben nicht auch für das gesteuerte Beschleunigen von Elektronenstrahlen in einer CRT oder gesteuerte Feldemission in einem TFT oder was weiß ich. Dann wären wir ja doch wieder bei der Erteilungspraxis des EPA.

Das kann es ja wohl nicht sein.

Wie könnte eine bessere Formulierung lauten?
 
M

Michi

Guest
@Gast:

Also dann wie immer heute Abend 20.00Uhr, selber Ort wie immer, zum allwöchentlichen Schutzgelderpressen und "Schaden-in-der- Gesellschaft-verursachen? ;)
 
G

grond

Guest
Steuersünder schrieb:
Wie könnte eine bessere Formulierung lauten?
Ich habe kürzlich einen sehr guten Artikel zu der Problematik gelesen.

Fazit: es sollte nicht entscheidend sein, ob softwareimplementierbare Erfindungen patentierbar sind, sondern, ob eine Softwareimplementation einer patentierten Erfindung patentverletzend sein kann.

Bei Software handelt es sich lediglich um eine mögliche Form einer Implementierung. Genau wie ein Patent für eine mechanische Vorrichtung gewöhnlich nicht von der Wahl des Materials (Holz, Stahl etc.) abhängt, sollte eine Erfindung nicht von der Patentierung ausgeschlossen werden, wenn sie in Software umgesetzt werden *kann* (es lässt sich alternativ schließlich immer eine Spezialhardware bauen, die den zu schützenden Algorithmus ausführt).

Ist es also politisch gewollt, Softwarehersteller vor der Verletzungsproblematik zu schützen ("keine Softwarepatente"), dann sollte man die Verletzung eines Patentes durch Software als Verletzungsform ausschließen und nicht an den Paragraphen zur Patentierbarkeit herumdoktern.

Will man lediglich die Open-Source-Gemeinde wegen ihres unbezweifelbaren Dienstes am Allgemeinwohl schützen, könnte man auch das nichtgewerbliche Anbieten und Anwenden von Software als Verletzungsform ausnehmen.

Der durch die Ausnahme von Software von der Patentierbarkeit gewünschte Effekt wird ohnehin nicht erreicht, egal, wie klar die EU-Richtlinie die Abgrenzung von Software von patentierbaren Erfindungsformen letztendlich definiert, da Software dann - wie zuvor! - Patente verletzen könnte, bei deren Patentierung niemand an eine Umsetzung in Software gedacht hat.
 
X

Xtrawurst

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An diesen Überlegungen ist sicher was dran, aber was hilft das alles wenn die in Brüssel sich nur noch ohne jeden Sachverstand die Schädel einschlagen?
Die Ratsversion hat ja offenbar keine Mehrheit mehr, und die Position des Europaparlaments findet immer mehr Anhänger.
Diese würde ja - im Vergleich zu heute - eine erhebliche Einschränkung der Patentierbarkeit bedeuten.
Hat jemand eigentlich schon mal ausgerechnet, was das für PAs bedeuten würde?
 
R

Robby

Guest
Ich habe oben schon mal dargelegt warum es am Ende nach meiner Meinung nicht zu einer Einschränkung des EPÜ kommen würde (egal was von der EU nun beschlossen wird, wenn überhaupt irgendwas beschlossen wird), auch wenn mir das nicht alle geglaubt haben. Mach Dir mal um die PAs keine Sorgen.
 
G

GAST_DELETE

Guest
Softwarepatente - Tipps zur Ausarbeitung ?

Ich bin gerade dabei, ein "Softwarepatent" auszuarbeiten. Hierbei bräuchte ich ganz praktische Tipps. Kennt einer von Euch eine bereits getätigte und veröffentlichte Anmeldung, die gute (übernehmbare) Formulierungen enthält ? Mir geht es hier insbesondere um die Formulierung und Kategorien der Ansprüche ("computersystem", "computer program product", "computer-implemented method" o.ä.). Bin für jede Anregung dankbar ....
 
G

grond

Guest
Re: Softwarepatente - Tipps zur Ausarbeitung ?

Gast schrieb:
Ich bin gerade dabei, ein "Softwarepatent" auszuarbeiten. Hierbei bräuchte ich ganz praktische Tipps. Kennt einer von Euch eine bereits getätigte und veröffentlichte Anmeldung, die gute (übernehmbare) Formulierungen enthält? Mir geht es hier insbesondere um die Formulierung und Kategorien der Ansprüche ("computersystem", "computer program product", "computer-implemented method" o.ä.). Bin für jede Anregung dankbar ....
Ich habe schon ein paar Softwarepatente geschrieben, sind aber noch nicht offengelegt.

Was beim Schreiben zu beachten ist? Naja, führ Dir die Argumente der Softwarepatentbefürworter vor Augen: Software ist nur ein Implementationsmittel einer Erfindung, weshalb auch keine besondere Kategorie notwendig ist. Beschreib die Erfindung also ganz normal als Vorrichtung, denn man könnte ja auch eine echte Vorrichtung bauen, die genau dasselbe macht wie ein Computer, auf dem das erfinderische Programm zur Ausführung gelangt. Genauso eignet sich das klassische Verfahren für ein Softwarepatent (am besten beide Kategorien).

Einzelne Funktionen (auch im programmiererischen Sinn) werden dann eben zu Einheiten (was spricht gegen eine "Sortiereinheit", die mit sonstigen Verarbeitungseinheiten verbunden ist?). In der Beschreibung solltest Du dann noch erwähnen, dass bestimmte Einheiten als Softwareroutine zur Ausführung durch einen Mikroprozessor ausgeführt sein können. Auch ein Anspruch, der auf einen Datenträger gerichtet ist, der ein Softwareprogramm enthält, das zur Ausführung gebracht, das Verfahren des Anspruchs X verwirklicht, kann nicht schaden und ist so auch schon erteilt worden.
 
G

Gast999

Guest
Zwecks direkter Verletzung solltest Du den Datenträgeranspruch so formulieren, daß das Programm direkt oder indirekt, nach Durchführen einer vorbestimmten Routine (Installation und Setup) im Zusammenwirken mit einem Computer ausführbar ist, dann verletzt der Datenträger (der im Zusammenwirken mit einem Computer einen Effekt erzielt, also einen inhärenten technischen Effekt aufweist) das Patent direkt und nicht erst durch das Zusammenwirken mit dem Computer beim Ausführen des Programms.
 
G

GAST_DELETE

Guest
@grond, Gast999:

Danke für die Tipps ! Gast999, kennst Du vielleicht schon eine veröffentlichte Anmeldung, die hier als Anschauungsbeispiel dienen könnte ?
 
G

Gast999

Guest
Anschauungsbeispiel habe ich leider auch nicht parat. Die letzten SW-Anmeldungen, die ich gemacht habe, sind leider auch noch nicht veröffentlicht.

Im Prinzip unterscheidet sich die Ausarbeitung nicht von der einer "normalen" Anmeldung. Die Ansprüche formuliere ich normalerweise zuerst und fange dabei mit Vorrichtung und Verfahren an. Wenn das fertig ist, mache ich einfach Computerproduktansprüche, die wie zuvor erwähnt formuliert sind, und sich auf die Vorrichtung bzw. das Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche o.ä. beziehen.

Die Beschreibung sollte dann sehr detailliert sein und die technischen Effekte beschreiben, die erzielt werden (wenn man diese kennt oder sie überhaupt vorhanden sind). Dabei trenne ich sehr streng nach Aufbau, Funktion, Wirkung, wobei der Hardwareaufbau auch erwähnt werden sollte oder zumindest angegeben werden sollte, daß die Erfindung auf einem Computer bzw. Computernetz realsiert werden kann.

Fall US-Nachanmeldungen angedacht sind, würde ich das Ganze in epischer Breite bis zum einzelnen Bit (überspitzt gesagt) erläutern.

Sorry, daß ich gerade kein gutes Beispiel habe, aber die US-Softwareanmeldungen, die ich kenne, sind wirklich kein gutes Muster und die deutschen Anmeldungen, die mir spontan einfallen, weil ich sie erst vor kurzem selbst gemacht habe, sind noch nicht veröffentlicht. Schau mal bei Espacenet oder Depatisnet vorbei und such die Anmeldungen der einschlägigen Anmelder, wie zum Beispiel IBM, Siemens usw. Da wirst Du bestimmt fündig.

Ach ja, noch was wichtiges: Tappe nicht in die Falle und falle in einen anderen Patentierungsausschluß (Wiedergabe von Information, usw.), geistige Gedankentätigkeiz, usw., das ist schell passiert.
 
G

Gast999

Guest
Nachsatz: Schau Dir mal die der Entscheidung T935/97 zugrunde liegende IBM-Anmeldung an.
 
G

grond

Guest
Gast999 schrieb:
Zwecks direkter Verletzung solltest Du den Datenträgeranspruch so formulieren, daß das Programm direkt oder indirekt, nach Durchführen einer vorbestimmten Routine (Installation und Setup) im Zusammenwirken mit einem Computer ausführbar ist, dann verletzt der Datenträger (der im Zusammenwirken mit einem Computer einen Effekt erzielt, also einen inhärenten technischen Effekt aufweist) das Patent direkt und nicht erst durch das Zusammenwirken mit dem Computer beim Ausführen des Programms.
Das hat auch seinen Nachteil: der Datenträger kann auch die Festplatte eines Computer sein, auf dem das Programm bereits installiert wurde, weshalb Installation und Setup im Anspruch ein Merkmal wären, das von einem Computer, auf dem ein entsprechendes Programm bereits installiert ist, das Patent nicht mehr verletzt wird! Andererseits hätte man für den Computer mit dem installierten Programm noch den Vorrichtungsanspruch. Außerdem könnte man den Anspruch so abfassen, dass unter die vorbestimmte Routine auch die Laderoutine des Betriebssystems fällt, die die ausführbare Datei von der Festplatte in den Arbeitsspeicher lädt.
 
G

grond

Guest
Gast999 schrieb:
Ach ja, noch was wichtiges: Tappe nicht in die Falle und falle in einen anderen Patentierungsausschluß (Wiedergabe von Information, geistige Gedankentätigkeiz, usw.), das ist schell passiert.
Das ist ein wirklich wichtiger Tip! Vieles, was Software ist, ist oft auf den ersten Blick nur durch die Verarbeitung bestimmter Informationen gekennzeichnet. Das allein ergibt aber keinen patentierbaren Gegenstand. Man muss schon sehr genau nachdenken, welche dinglichen Merkmale die Erfindung kennzeichnen. Teilweise ist das bei Software schwierig bis unmöglich, weshalb eine Patentierung oft an den sonstigen Ausschlussgründen scheitern dürfte.

Zudem gibt es wirklich unglaublich viel Stand der Technik, wobei der, der für das Amt nicht recherchierbar ist, den größten Teil ausmacht. Das bedeutet aber auch, dass ein erteiltes Patent eine ziemlich unsichere Grundlage für eine Verletzungsklage ist, da immer irgendwo jemand schon einmal ein Progrämmchen geschrieben hat, das Dein Verfahren/Deine Vorrichtung vorwegnimmt.

Bei einem Recherchenbericht für eine Softwareanmeldung, die ich gemacht habe, sind über 500 Seiten Material gekommen, die ich mir demnächst mal zu Gemüte führen darf... :(
 
G

Gast999

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grond: Das sehe ich anders. Zum einen habe ich ja noch die direkte Variante ohne Routine und zum anderen steht ja nicht im Anspruch, welche Routine das ist (die Klammerbemerkungen Installation und Setup schreibe ich ja nicht in den Anspruch, das war nur zur Erläuterung. Also verletzt auch die Festplatte mit lauffähigem oder nicht lauffähigen Programm die in den Computer eingebaut ist.

Vielleicht hätte ich aber besser formulieren sollen "direkt oder nach Durchführen ... indirekt" (habe schnell getippt, das Prinzip sollte aber klar sein).

Was erheblich wichtiger ist, ist jedoch, daß bereits eine CD mit nicht lauffähigem Programm darauf direkt verletzt, was ja wohl eleganter ist, als zum Beispiel ein indirekt verletzter Verfahrensanspruch, den ich ggf. nur schwerlich beweisen kann.

Vorrichtung und Verfahren bleiben Dir so oder so über, wobei der Computerprogrammproduktanspruch jedoch auch ein Vorrichtungsanspruch ist, nur der Schutzbereich ist anders. Darum geht es eigentlich. Das Ganze ist letztlich eine Frage einer leichten Nachweisbarkeit einer möglichen Verletzung und keine Frage der Patentierbarkeit (mehr).


Allerdings gebe ich zu, daß die Variante mit der Routine auf meinem Mist beruht und noch nicht vor der EPA-Beschwerdekammer gelandet ist. Logisch betrachtet müßte aber ein Datenträger, der dadurch inhärent in der Lage ist, einen technischen Effekt hervorzubringen, wenn eine Routine durchgeführt wird und er mit dem Computer zusammenwirkt, genauso zulässig sein, wie ein Datenträger bei dem der technische Effekt nur durch das Zusammenwirken hervorgebracht wird. Ob ich einen oder zwei Schritt machen muß, um zu dem technischen Effekt zu gelangen, dürfte letztlich egal sein
 
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