Softwarepatente - was ist nun dran?

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Ran ran ranpataplan

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@rantanplan:

Europäisches Patent 1 163 612 B1
Deutscher Teil DE 500 00 923.6

"Hätte nicht erteilt werden dürfen", ist eine Sache, aber wieso mangelt es Anspruch 1 an Klarheit und der Patentanschrift an Offenbarung? (Diese Vorwürfe kommen nämlich des öfteren ebenfalls von dem einen oder anderen Erbsenzähler eines Amtes, der Klarheit und Offenbarung mit Breite eines Anspruchs vermischt)
 
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Rantanplan

Guest
Ran ran ranpataplan schrieb:
Europäisches Patent 1 163 612 B1
Ah, Spitze, vielen Dank.


Ran ran ranpataplan schrieb:
wieso mangelt es Anspruch 1 an Klarheit und der Patentanschrift an Offenbarung?
Kennzeichnende Merkmale der "Datenverarbeitungsanlage":

"dass in der Speichereinheit ein Programm mit folgenden Schritten gespeichert ist:

- Zuordnen vorgegebener Daten eines eine Mehrzahl von Daten enthaltenden Datenpools zu übergeordneten Speicheradressen;
- Auswählen vorgegebener Daten des Datenpools nach Massgabe eines Eingabecodes, der entsprechend der übergeordneten Speicheradressen geordnet ist."

Versteht das jemand hier?

Dieselben "Sätze" werden in der Beschreibung dreifach monoton wiederholt. Das "Ausführungs-Beispiel" wird zwar so tituliert, ist aber keines.

Wenn der Anmelder auch nur ein einziges Beispiel gebracht hätte, zum Beispiel von Art der abgemahnten Domains, hätte der Prüfer ihm die Anmeldung um die Ohren gehauen, vermute ich.

"Ausführbar" ist das ganze Teil jedenfalls aufgrund des Offenbarungsgehaltes nicht. Und damit liegt meines Erachtens mangelnde Klarheit bzw. Offenbarung vor.

Ran ran ranpataplan schrieb:
(Diese Vorwürfe kommen nämlich des öfteren ebenfalls von dem einen oder anderen Erbsenzähler eines Amtes, der Klarheit und Offenbarung mit Breite eines Anspruchs vermischt)
Ich will ja gar nicht die Diskussion vom Zaun brechen, ob der gesamte Schutzumfang der Ansprüche auch offenbart sein muss.
 
P

Pat-Ente

Guest
Ich würde bei diesem Patent eher sagen, dass die Technizität der Erfindung nicht gegeben ist. Nur weil zur Lösung einer an sich nichttechnischen Aufgabe eine Datenverarbeitungsanlage verwendet wird, ist die Erfindung noch nicht technisch (unter etwa diesem Leitsatz gab's schon mal eine Entscheidung, müsste ich nachschauen). Abgesehen davon hätte man dazu sicherlich SdT finden können, der die Sache vorwegnimmt. Die auf dem Patent basierende Abmahnwelle ist ja auch letzlich gescheitert, soviel ich weiss ...

Was mir allerdings aufgefallen ist: Die Bezüge der Ansprüche in der EP 1 163 612 B1 aufeinander unterscheiden sich in den drei Sprachen (z.B. beziehen sich in DE Ansprüche 2 und 3 wechselseitig aufeinander *lol*, in GB auf 1, in F 2 auf 1 und 3 auf 2 und so weiter). Abgesehen davon, dass durch derartig schlampiges Arbeiten eigentlich schon an sich jegliche Rechte verwirkt sein sollten ;-) frage ich mich, was im Fall eines Streits dann nun gilt - abhängig möglicherweise von der jeweiligen Landessprache.
 
N

Nichtswisser

Guest
Eure Detaildiskussionen in allen Ehren, aber mich würde eigentlich eher eine andere Frage interessieren: Wie wird die Sache letztendlich (vermutlich) ausgehen und welche Auswirkungen hat das auf den Berufsstand PA? Wenn sich das EP durchsetzt, ist ja wohl vieles, was heute patentierbar ist, nicht mehr patentierbar.
Was machen dann die PAs...??
 
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Robby

Guest
Also das verstehe ich nun nicht. Wie soll denn das EP das EPÜ einschränken? Einfach so, ohne Schweiz etc.
 
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Rantanplan

Guest
Nichtswisser schrieb:
Wenn sich das EP durchsetzt, ist ja wohl vieles, was heute patentierbar ist, nicht mehr patentierbar.
Was machen dann die PAs...??
Meine bisherigen Äußerungen sollten das eigentlich schon klargemacht haben, aber zur Deutlichkeit noch einmal meine Ansicht: Es wird genau andersherum sein.

Wenn sich die Erteilungspraxis des EPA durchsetzt (gemeint ist wohl: "auch national durchsetzt"?) , dann wird noch viel mehr patentierbar sein als heute, nämlich jedes Bobbelsche, an dem ein Schräubchen anders heißt als im dokumentierten Stand der Technik. Wobei "dokumentiert" sich auf Patentdatenbanken beschränkt.

Ich habe eh das Gefühl, dass die Ämter (egal welches) schlechter sind als früher, weil nicht mehr das (stets upzudatende) Fachwissen eines Prüfers benötigt wird, sondern nur ein bissel Stichwörtersuchen im Schreibtisch-PC.

Oder meinst Du mit "EP" das Gemeinschaftspatent? Dann verstehe ich den Zusammenhang nicht.

Außerdem hätten bei Deiner These die PA genau so viel zu tun wie bisher, ja eher mehr, da ja aufwendigeres (und mehr) Hin und Her vor einer Erteilung stattfände, plus diverse Beschwerdeverfahren hinterher.

Bleibt also was?
 
N

Nichtswisser

Guest
Sorry für meine unklare Ausdrucksweise: mit EP meinte ich das Europaparlament. Jetzt klar worauf ich hinaus will?
 
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Robby

Guest
@Gast: Und was passiert, wenn die Schweiz nicht mitspielt? Dann passiert das, was im Zweifel bei internationalen Übereinkommen immer passiert: Gar nix. Mich würde es sehr wundern, wenn die Schweizer sich bei einer Verschärfung der Technizität-Anforderung nicht querstellen würden (zum Glück...). Anders sieht es dagegen bei einer Kokretisierung aus, die versucht, die bisherige Rechtsprechung umzusetzen. Einem solchen Ansinnen räume ich da mehr Chancen ein.

Womit ich wieder bei meinem ursprünglichen Standpunkt bin: Ich mach drei Kreuze, wenn der RiLi-Entwurf in der Tonne landet und das Feld weiter durch Rechtsprechung fortgebildet wird. Sonst gibts, wie oben auch schon dargelegt, erstmal wieder nur Chaos.
 
R

Robby

Guest
@Nichtswisser: Könnte es sein, dass Du auch nicht weisst, dass das EPÜ ein Abkommen zwischen Staaten ist, die teilweise nicht der EU angehören (und teilweise auch nicht mal Anstalten machen, der EU beitreten zu wollen)? Europäisches Recht ist für diese Staaten nicht verbindlich.
 
N

Nichtswisser

Guest
Der Unterschied zwischen EU / EPÜ ist mir sehr wohl bekannt, doch ich denke so: Wenn die Mitgliedsstaaten der EU die Richtlinie in nationales Recht umsetzen, könnte das EPA zwar weiterhin Patente auf computerimplementierte Erfindungen erteilen - diese könnten jedoch in den wichtigsten EPÜ-Staaten sofort nichtig geklagt werden.
Ähnlich ist es ja heute schon: Das EPA kann ein Patent erteilen, obwohl eine Entgegenhaltung in Form einer noch unveröffentlichten deutschen Anmeldung entgegensteht. Das Patent kann in DE aber nach nationalem Recht nichtig geklagt werden, weil es vom DPMA nicht hätte erteilt werden dürfen.
Das sollte mit der hier dieskutierten Thematik ähnlich sein.

Und wer wird schon ein europäisches Patent wollen, das nur in der Schweiz, Island, Norwegen u.ä. gilt?
 
R

Robby

Guest
Wobei das Problem der Kleinen damit nicht gelöst wäre, denn wenn sie schon kein Geld haben, Patente anzumelden, würden sie wohl kaum Nichtigkeits-Prozesse in x Ländern durchstehen... Im übrigen kann es gerade im SW-Bereich durchaus reichen, Patentschutz nur in einem Land in Europa zu haben, um Mitbewerber ordentlich ins Schwitzen zu bringen. Ich bleib dabei: Das EP hat zwar die Macht, den Technizitätsbegriff des EPÜ zu erweitern (denn dagegen könnten sich einzelne Länder innerhalb des EPÜ kaum wehren), eine Einschränkung durch das EP würde jedoch nicht ein damit verfolgtes Ziel erreichen, wenn einzelne EPÜ-Staaten sich querstellen.
 
N

Nichtswisser

Guest
Hallo Robby, bitte nimm's nicht persönlich, aber ich kann Deine Argumente nicht nachvollziehen: Nimm mal alle EPÜ-Staaten, und ziehe alle EU-Staaten davon ab. Was bleibt da übrig?
Ein Patent anzumelden, das nur in den übrigbleibenden Staaten gilt, kann man sich praktisch sparen, da die wichtigsten europäischen Industriestaaten fehlen.

Außerdem will das Europaparlament ja gerade keine Erweiterung, sondern eine massive Einschränkung der Patentierbarkeit.

Oder habe ich Dich nur falsch verstanden?
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Nichtswisser schrieb:
Außerdem will das Europaparlament ja gerade keine Erweiterung, sondern eine massive Einschränkung der Patentierbarkeit.
... Und befindet sich doch damit, wie ich dem Singer/Stauder entnehme, im Einklang mit den dort genannten Grundsätzen des materiellen europ. Patentrechts, zu denen "strenge Voraussetzungen für die Erteilung" gehören.

Übrigens gibt es da eine Parallele zur Biotechnologie: Wie ich von einem Biologen gehört habe, bekam man in der ersten Goldgräberzeit der Biotechnologie quasi alles patentiert, heute wird das deutlich strenger gehandhabt (z.B. Stoffe nur noch in Verbindung mit einer expliziten Anwendung). Korrigiert mich, wenn ich da falsch liege ...
 
G

GAST_DELETE

Guest
Nichtswisser schrieb:
welche Auswirkungen hat das auf den Berufsstand PA? Wenn sich das EP durchsetzt, ist ja wohl vieles, was heute patentierbar ist, nicht mehr patentierbar.
Was machen dann die PAs...??
1. Ich bin der Meinung, eine Einschränkung des Technizitätsbegriffs hätte keine Auswirkungen auf die PAs, weil die grossen Firmen dennoch anmelden (EPÜ nicht geändert + "sollen doch die anderen erstmal nichtig klagen in den Ländern").

2. Ich denke nicht, dass das EP wirklich eine Einschränkung erreichen will. Die Abstimmung letztes Jahr war eine hochpolitische Veranstaltung in der es dem Anschein nach auch darum ging, der Kommision und dem Misterrat mal zu zeigen, wo der Hammer hängt. Ich geh jede Wette ein, dass beim nächsten Mal das EP keine drastische Einschränkung des Technizitätsbegriffs fordert.

Daher danke ich, dass Sorgen um die PAs im Zusammenhang mit der SW-RiLi der EU unnötig sind.
 
T

Tiefseetaucher

Guest
Gast, ich glaube Du übersiehst hier etwas: Es geht hier nicht um irgend ein Thema, sondern um eines, das erheblich emotional aufgekocht ist und von Leuten vorangetrieben wird, die keinen Unterschied machen zwischen trivialen Webseitengestaltungen und Bildgebungsverfahren für Computertomographen.

Das Beste was passieren kann ist dass sich Rat und Parlament nicht einig werden und das ganze Thema in der Schublade verschwindet. Im schlimmsten Fall setzt sich das Parlament durch, und dann werden sich die PAs wohl warm anziehen müssen, da auf einmal ein Teil der Aufträge wegfallen wird. So sehe ich das zumindest.
 
G

gast II

Guest
Das Beste was passieren kann ist dass sich Rat und Parlament nicht einig werden und das ganze Thema in der Schublade verschwindet.

Im schlimmsten Fall setzt sich das Parlament durch, und dann werden sich die PAs wohl warm anziehen müssen, da auf einmal ein Teil der Aufträge wegfallen wird. So sehe ich das zumindest.
Das Parlament kann sich nur durchsetzen, wenn es erreicht, daß der Ministerrat einen akzeptabelen Richtlinienvorschlag unterbreitet. Tut er das nicht, landet die Sache in der Schublade. Ich glaube nicht, dass das iregendeine Auswirkung auf das Berufsfeld der PAs haben würde, mit der Ausnahme, dass man dann wohl weniger Kandidaten ausbilden wird.
 
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