Softwarepatente - was ist nun dran?

W

Wagemutiger

Guest
Hallöchen,

mich wundert etwas dass man das Thema Softwarepatente hier noch gar nicht diskutiert. Wird aber doch wohl mal Zeit, oder?
Ich denke, wenn die Richtlinien zur Patentierbarkeit von Software und Logik auch nur teilweise so umgesetzt werden, wie sie kürzlich beschlossen wurden, dürften wohl die PAs in jedem Fall die großen Gewinner sein. Gibt es dazu andere Auffassungen, vielleicht auch unter Euren Kollegen in den Kanzleien?
Es wird ja auch vielfach behauptet, SW-Patente würde die Entwicklung allgemein lähmen. Und das wäre wohl wieder schlecht...
 
M

Maggolino

Guest
Dazu gibt es in den Mitteilungen der deutschen PA 2004 Heft 3 S. 101 ff. einen Artikel, der den aktuellen Stand auf europäischer Ebene umreisst.

Gelesen habe ich ihn allerdings noch nicht.

Gruß

Maggo
 
N

Niemand

Guest
Meinst Du diese furchtbar schlechte Polemik, in der u. a. die Open-Source-Leute als eigenbrödlerische Randgruppe oder so ähnlich dargestellt werden? Mit dieser genialen Dialektik? Dieser umwerfenden Rethorik?

Ich frage mich, wie die Kammer zulassen konnte, dass so ein primitives Pamphlet veröffentlicht wird. Das war mir echt peinlich.
 
G

grond

Guest
Wagemutiger schrieb:
Ich denke, wenn die Richtlinien zur Patentierbarkeit von Software und Logik auch nur teilweise so umgesetzt werden, wie sie kürzlich beschlossen wurden, dürften wohl die PAs in jedem Fall die großen Gewinner sein.
Warum? Mehr Arbeit benötigen die wenigsten PAs. Und in Wirklichkeit ändert sich ja nur sehr wenig. Schon jetzt kann man "Vorrichtungen" patentieren, die im wesentlichen nur einen Softwarealgorithmus ausführen. Sogar ein "Datenträger enthaltend ein Softwareprogramm zur Ausführung auf einem Digitalrechner, dadurch gekennzeichnet, dass das Softwareprogramm..." kann man geschützt bekommen. Wo soll da also die große Änderung sein?

Gerade die OpenSourceler sind doch fein raus. Sie schaffen mit ihrer fortlaufenden Veröffentlichung Stand der Technik und arbeiten im privaten Bereich. Schwierig ist hier nur der Plan, schon die Veröffentlichung von patentverletzenden Sourcecode unterbinden zu wollen. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass das wirklich durchkommt. Ich fände es auch massiv falsch, genauso wie ich gegen die Patentierbarkeit von Dateiformaten und Protokollen bin. Es ist aber nun einmal furchtbar schwierig, die Grenze zur Software zu ziehen.
 
P

PatIng

Guest
Die ganze Diskussion um Software- Trivial- Gen- Geschäftsmethoden- und sonstige Patente geht am Kern der Probleme vorbei. Ständig wird alles miteinander vermischt und werden schräge Folgerungen und Forderungen gezogen. Dabei wäre alles ganz einfach: Die Erfindungshöhe verdreifachen und lediglich ganz wenige ethische Ausnahmen bei der Patentierbarkeit festlegen. Viele Probleme unseres Patentsystems (Überlastung der Ämter/Prüfer, Anmeldezwang auch für einfachste Entwicklungsergebnisse, Behinderung kleiner Firmen durch "triviale Patente" etc.) würden sich so von selbst erledigen. Warum fragt mich nur keiner...
 
J

Johnny

Guest
"Die Erfindungshöhe verdreifachen" - was bedeutet das juristisch genau ? (Vielleicht fragt dich deshalb keiner ......)
 
R

Robby

Guest
Ich find Suche fehlerhafter Zeichenketten eigentlich ganz gut und könnte mir vorstellen, dass die dort getroffenen Schlussfolgerungen sich auch im Rahmen des EPÜ umsetzen ließen. Deswegen halte ich eigentlich jede gesetzgeberische Zusatzturnübung für überflüssig, weil dann erstmal wieder alles nur Brei ist.

Ach ja: 3*0 = ? *ggg*
 
N

Niemand

Guest
Robby schrieb:
Ach ja: 3*0 = ? *ggg*
Das scheint mir der springende Punkt zu sein.

Allein die Argumentation, dass für Großserienprodukte nur ein kleiner erfinderischer Schritt nötig sei, finde ich vollkommen hirnrissig.

Wieso sollte die Voraussetzung "Erfindungshöhe" überhaupt relativ interpretierbar sein? Der deutsche Gesetzgeber wollte damals wirkliche Erfindungen schützen, nicht jeden lächerlichen Mist. Dazu bedarf es einer absoluten Erfindungshöhe und ich wette, so war das Wort auch gemeint.

Das EPA treibt's (wie die EU-Institutionen generell) mal wieder auf die Spitze. Wieso steht die Erfindungshöhe überhaupt noch in der EPÜ? Das ist doch alles lächerlich.
 

Gunk

SILBER - Mitglied
Niemand schrieb:
Wieso sollte die Voraussetzung "Erfindungshöhe" überhaupt relativ interpretierbar sein? Der deutsche Gesetzgeber wollte damals wirkliche Erfindungen schützen, nicht jeden lächerlichen Mist. Dazu bedarf es einer absoluten Erfindungshöhe und ich wette, so war das Wort auch gemeint.
Wie soll denn eine "absolute Erfindungshöhe", welche nicht relativ sein soll, aussehen? Da sehe ich kaum eine Möglichkeit, man kann ja schlecht vorschreiben: "Mindestens 5 Zeilen des Patentanspruchs dürfen nicht aus dem Stand der Technik bekannt sein" oder sowas. Letztendlich wird es IMHO immer so sein, dass der Prüfer entscheiden muss, ob irgendein Merkmal erfinderisch ist. Und einen objektiven -ggfs härteren - Maßstab vorzuschreiben, ist wohl bei der Fülle von unterschiedlichen Patenten eher schwierig. Am ehesten vielleicht noch in der Richtung "Der zuständige Fachmann ist ein Hochschulabsolvent mit drei Doktortiteln, einer zusätzlichen Lehre und 10 Jahren Erfahrung in 3 verschiedenen Berufen"-aber ob für diesen Superfachmann dann etwas nahe liegt ist trotzdem wieder irgendwo eine subjektive Entscheidung.
 
M

Maggolino

Guest
@Niemand:

Dein Kommentar zu dem Artikel lässt mehr Rückschlüsse auf Dich als auf den Artikel zu ;-)

Maggo
 
R

Robby

Guest
Weiss denn einer von Euch, in welchem der vielen Artikel die EPA- und BGH- Entscheidungen zum aktuellen Recht gut kommentiert (und vielleicht zusammengefasst) sind?
 
N

Niemand

Guest
Maggolino schrieb:
Dein Kommentar zu dem Artikel lässt mehr Rückschlüsse auf Dich als auf den Artikel zu ;-)
Daraus kann ich wiederum nur schließen, dass Du den Artikel noch nicht gelesen hast.

Der ist wirklich unter aller Kanone - wenn der obengenannte wirklich der ist, den ich meine (und gelesen habe). Einer PA-Kammer ist der, den ich meine, jedenfalls objektiv nicht würdig - ganz unabhängig davon, ob ich mit OSS sympathisiere.
 
R

Robby

Guest
Jetzt haut Euch nicht die Köpfe ein, es gibt halt einige PAs, die sich auf SW spezialisiert haben und sich vielleicht über mehr Geschäft freuen würden. Ja und? Jeder Apotheker freut sich auch, wenn neue Medikamente kommen, die er gut verkaufen kann.
 
P

PatIng

Guest
Ähem, ich mache sehr viele SW-Geschichten und denke, daß sich absolut nichts ändern wir hin sichtlich der Zahl von Anmeldungen.

Auf den Vorschlag bezüglich den eurpäischen Richrlinien abzielend ist anzumerken, daß diese einfach das Recht innerhalb Europas vereinheitlichen sollen. So weit so gut, aber dann hätte man den Vorschlag so formulieren sollen, daß er der ständdigen Rec htsprechung des EPA voll entspricht. Grundsätzlich sind solche Richtlininen aber eher positiv zu bewerten, da dann nicht mehr der Fall auftreten kann, daß ich über das EPA einen Anspruch kriege, denn ich z.B. in DE nichtig klagen kann oder beim EPA etwas nicht beanspruchen kann, daß ich in DE kriegen würde.

Im übrigen haben weder die absoluten Gegner der SW-Patente noch die absoluten Befürworter recht, die Wahrheit liegt in der Mitte. Grundsätzlich sollte eine SW-Geschichte einfach genauso gehandhabt werden, wie eine "normale" Anmeldung (das geht). Wenn sie nicht technisch ist (neben erfinderisch und neu), ist sie nicht patentfähig.

Ich finde die Rechtsprechung des EPA seit 1978 zeigt (ausgenommen weniger Entscheidungen) einen roten Faden, wie die Entwicklung geht und jetzt sollte man ziemlich genau am Ende angekommen sein. Die letzte Entscheidung des EPA, die ich gelesen habe (leider Aktenzeichen nicht parat) zeigt jedenfalls eindeutig in die Gegenrichtung.

Ich habe mir mal den Spaß gemacht, alle Entscheidungen seit 1978 zu nehmen, dem Entscheidungsdatum nach zu lesen, die Ausreißer herauszunehmen und den Rest dann zu analysieren. Und siehe da, fast alle relevanten Entscheidungen stammen von der gleichen BK, wobei ein Herr van den Berg Mitglied ist oder war.
 
N

Niemand

Guest
Ich habe nachgesehen, der absolut peinliche, um nicht zu sagen abartige Artikel war im Kammerrundschreiben 6/03 auf Seite 238.

Darauf und nur darauf bezieht sich meine Verärgerung. Das nur zur Klarstellung. Den obengenannten Artikel kenne ich nicht.
 
G

grond

Guest
Niemand schrieb:
Ich habe nachgesehen, der absolut peinliche, um nicht zu sagen abartige Artikel war im Kammerrundschreiben 6/03 auf Seite 238.
Habe ich grad mal reingelesen. Es ist wirklich erschreckend, dass ein so polemischer Artikel den Status einer Stellungnahme der Patentanwaltskammer zum Richtlinienvorschlag erlangen konnte...
 
R

Richtlinienleser

Guest
Ich denke, viele, die hier Beiträge geschrieben haben, kennen die Richtlinie, wie sie vom Europäischen Parlament verabschiedet wurde, nicht. Die Komission hat natürlich einen anderen Vorschlag, der aber selbst unter den Regierungen umstritten ist. Die Diskussion hierzu kann man, wenn es neue Nachrichten gibt, unter www.heise.de verfolgen.

Hier ist die Richtlinie, wie sie vom Europäischen Parlament verabschiedet wurde:
http://www.bmj.bund.de/media/archive/233.pdf

Meine Anmerkungen zu einigen Punkten:

Es findet sic in der Richtlinien keine Definition von Computer und Software, was natürlich verständlich ist, da Computer und Software inzwischen in jedem Telefon, jeder Steuereinrichtung, HIFI-Anlagen, jeder KFZ-Motorsteuerung etc. zu finden sich, so dass eine vernünftige Abgrenzung nicht möglich ist. Das erhöht aber die Tragweite der "Richtlinie", die zum Glück so (noch) nicht in Kraft getreten ist.

Art. 3a verhindert die Patentierung jeglicher Computerhardware oder damit in Beziehung stehenden Vorrichtungen.

Art. 4 schränkt die Patentierbarkeit von Computer-implementierten Erfindungen deutlich über das heutige Maß hinaus ein. Insbesondere Abs. 3 und Abs. 3 a sehe ich als sehr kritisch an.

Ebenso schränkt Art. 4 b die Patentierbarkeit ein, da dadurch beispielsweise schon Kompressionsalgorithmen ausgeschlossen werden.

Art. 5 Abs. 1a verbietet "Bauregard" Ansprüche.

Art. 5 Abs. 1 b ist so allgemein gefasst, dass darunter schon jegliche Vorrichtung zur Datenübertragung, beispielsweise Sender, Empfänger, Unterhaltungselektronik etc., fällt.

Art. 5 Abs. 1c und 1d "schlagen dem Fass den Boden aus". Eine gut dokumentierte Referenz-Implementierung kann ohne weiteres die Größe von mehreren tausend DIN A4 Seiten annehmen. Ferner sind die wenigsten Erfindungen bei der Anmeldung schon implementiert, geschweige denn gut dokumentiert. Typischerweise überlässt man die Implementierung externen Mitarbeitern, und beispielsweise dazu braucht man ein Patent. Ferner wird dadurch der " Kopie " Tür und Tor geöffnet. Außerdem ist in diesem Zusammenhang die Erwägung 18 äußerst kritisch zusehen, da der Anmelder offensichtlich auf die Urheberrechte für seinen Code verzichten muss!!!

Art. 6 a ist aus der Sicht der Telekommunikation auch äußerst kritisch zusehen. Damit können, je nach Interpretation des Begriffs "Computer", viele Übertragungs- und Kodierungsverfahren vom Schutz ausgeschlossen sein.

Man könnte meinen, diese Richtlinie ist ein Schlag gegen europäische Firmen und hilft nur der Konkurrenz aus Asien.
 
W

Wagemutiger

Guest
Wusste ich doch, dass das Thema einen Thread wert ist.
Nach den Ausführungen des Kollegen Richtlinienleser stellen die aktuellen politischen Entwicklungen wohl eine weitaus größere Gefahr für den Berufsstand des PA dar, als das von vielen wahrgenommen wird. Leider bin ich in Sachen EU-Recht nicht so fit, dass ich abschätzen kann, welche Positions (Rat oder Parlament) sich nun letztlich durchsetzen wird. Hat da jemand mehr Durchblick?
 
S

Softie

Guest
Richtlinienleser schrieb:
Hier ist die Richtlinie, wie sie vom Europäischen Parlament verabschiedet wurde:
http://www.bmj.bund.de/media/archive/233.pdf

Meine Anmerkungen zu einigen Punkten:
Ahem.

Deine Anmerkungen mögen ja inhaltlich richtig sein (auch wenn ich es gänzlich anders sehe), Du ereiferst Dich aber teilweise über Schnee von gestern.

Der (seit eineinhalb Monaten) aktuelle Entwurf findet sich unter
http://register.consilium.eu.int/pdf/de/04/st09/st09713.de04.pdf
und unterscheidet sich in Einzelheiten durchaus von dem von Dir zitierten Dokument.

Laß uns lieber über die derzeit gültige Version diskutieren :)

Softie
 
Oben