Welches Recht in Botschaften?

Q

QS

Guest
Hallo Kandidaten und Kandidatinnen,

wer kann mir folgende Frage(n) beantworten:

Welches Patentrecht gilt auf Botschaftsterritorium?
Das Recht des Staates der Botschaft oder das des Gastgeberlandes?

Es geht insb. darum, ob sich ein dt. Patent mit Gegenstand aus dem Gebiet der Gebäudesicherheit auch auf US-Botschaften in Dtl. erstreckt oder ein US-Patent beantragt werden muss.

Ich selbst bin da ziemlich ratlos.

Tschau

QS
 
A

Aragorn

Guest
Interessantes Thema. Ich erinnere mich, dass wir darüber in Hagen etwas gehört haben. Der Tenor war so in etwa, dass der Volksglaube, dass in einer ausländischen Botschaft ausländisches Recht herrsche, weil es ausländisches Staatsgebiet sei, Humbug ist. Es sei ganz normal deutsches Staatsgebiet.

Ob nun dabei in der "fertigen" Botschaft eine andere Rechtsordnung herrschen kann und wie das konstruiert wird, würde mich zwar stark interessieren, kann hier aber dahingestellt bleiben.

Das Gebäude wird jedenfalls auf deutschem Boden errichtet, somit muss zwangsläufig zumindest beim Bau deutsches (auch Patent-) Recht gelten.
 
A

Aragorn

Guest
QS schrieb:
Hallo Kandidaten und Kandidatinnen,
ja, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, die Verbraucherinnen und Verbraucher haben es wirklich schwer mit den Politikerinnen und Politikern, immer politisch korrekt zu bleiben.

Da hat man es mit Verbrechern, insbesondere Dieben, Mitbewerbern und anderen Marktteilnehmern schon viel leichter.

QS schrieb:
Ob das die neue Rechtschreibung ist? In welchem Bundesland sitzt Du denn gerade? Darfst Du so eine Schreibweise überhaupt exportieren?
 
G

grond

Guest
Meine Vermutung: deutsches Patentrecht gilt, die Durchsetzung wird aber schwierig, weil das Gebäude dem rechtlichen Zugriff entzogen ist. Wie schon gesagt, könnte man ein deutsches Patent vielleicht während des Baus der Botschaft durchsetzen, jedenfalls gegen die Zulieferer der Komponenten. Das dürfte aber schon deshalb schwierig werden, weil Du wohl kaum auf Kooperationsbereitschaft bei der Exekutive hoffen kannst.
 

ander

*** KT-HERO ***
Hallo zusammen,

soweit ich informiert bin, herrscht in Botschaften das Recht des Landes der Botschaft und nicht das Recht der beherbergenden Botschaft. Dies gilt auch für Konsulate.

Der Boden auf dem die Botschaften und Konsulate stehen ist ausländisches Territorium.

Gruß
ander
 

ander

*** KT-HERO ***
Hier ein Artikel aus "Die Welt":

Deutsches Recht gilt nicht für Gelände der Botschaft
Ermittlungen, in die Angehörige ausländischer diplomatischer Vertretungen involviert sind, gestalten sich stets heikel. Das deutsche Recht - auch das Strafrecht - gilt in solchen Fällen nur eingeschränkt. Entscheidend, erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes gestern, sei das Völkerrecht. "Das Gelände einer Botschaft oder eines Konsulats ist formal exterritoriales Gebiet. Deutsche Behörden dürfen dort nur begrenzt und vor allem nur mit Zustimmung des jeweiligen Landes tätig werden", erläuterte der Sprecher. "Dazu kommen noch der Diplomatische Status beziehungsweise die diplomatische Immunität, die die meisten Angehörigen der Botschaften genießen. Das heißt, diese Personen fallen selbst dann nicht unter deutsches Recht, wenn sie einer Straftat bezichtigt werden", erläuterte der Außenamts-Sprecher weiter.


In aller Regel seien aber beide Seiten bemüht, derartige Vorfälle einvernehmlich und kooperativ zu bearbeiten, sagte dazu ein Berliner Staatsanwalt: "Natürlich gibt es auch Fälle, in denen die Botschaft sich kategorisch jede deutsche Einmischung verbittet. Da wundert man sich schon über die Gründe, unternehmen kann man allerdings nichts."


Wie die WELT gestern erfuhr, gab es zwischen deutschen und russischen Behörden im Fall des vom Balkon gestürzten Botschaftsangehörigen offenbar zunächst unterschiedliche Auffassungen über Hoheitsrechte und Zuständigkeiten. Der Grund: Die Wohnung, aus der der 49-Jährige stürzte, gehört zum Gelände der russischen Botschaft, ist exterritoriales Gebiet, der Bürgersteig, auf dem er anschließend aufschlug, dagegen nicht. hhn




Artikel erschienen am 9. Sep 2003
 
A

Aragorn

Guest
ander schrieb:
"Das Gelände einer Botschaft oder eines Konsulats ist formal exterritoriales Gebiet.
Wenn ich Prof. Waldhoff Glauben schenke, dann ist diese Aussage falsch, zumindest falsch ausgedrückt. Das Gelände wird vielleicht (gemäß eines zwischenstaatlichen Vertrags?) so behandelt als ob es extraterritorial wäre, ist es aber nicht.

ander schrieb:
Deutsche Behörden dürfen dort nur begrenzt und vor allem nur mit Zustimmung des jeweiligen Landes tätig werden", erläuterte der
Das "dürfen" kommt aber nicht daher, dass es Gelände vermeintlich extraterritorial ist.

Der Welt, die irgendwelche Regierungssprecher zitiert, würde ich hier jedenfalls weniger trauen als Prof. Waldhoff.
 
G

Gert

Guest
Allein der Gebrauch des Wortes formal durch einen Pressesprecher macht mich misstrauisch. Ist es nun exterritorial oder nicht? Was heisst da formal? Mit dem Pressesprecher kommen wir nicht weiter.
 
P

Plempi

Guest
Es ist doch egal, ob das Grundstück der Botschaft formal oder tatsächlich extraterritoriales Gebiet ist.

Entscheidend für mich ist, wann dieser Übergang konkret stattfindet. Das Gelände wird am Anfang wohl deutsches Territorium sein, welches dann der USA zur Verfügung gestellt wird. Wäre es nicht relevanter, wann ein Gebäude gebaut wird, d.h. ob das Gelände nach der Fertigstellung der Bauarbeiten an die USA übergeben wird, wobei vorher das Gebiet der deutschen Gebäudesicherheit zutrifft?

Bei Botschaften (politisch nicht so bedeutender Länder) kommt es doch manchmal zu einem Wechsel, d.h. die Vertretung des (unbedeutenden) Landes X wird durch die Vertretung des (gleichsam unbedeutenden) Landes Y abgelöst, das Gelände und die Gebäude bleiben gleich. Wäre doch komisch, wenn jetzt da auf einmal neues Patentrecht gälte?
 
P

Plempi

Guest
Ungeachtet dessen, ich glaube ich habe die Frage nicht verstanden. Was ist Gebäudesicherheit oder was umfasst dessen Gebiet?
 
G

GAST_DELETE

Guest
Dem folgenden wären eigentlich nur noch die Verweise auf die entsprechenden Rechtsquellen hinzuzufügen:

Exterritorialität
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Exterritorialität bezeichnet den rechtlichen Status eines Rechtssubjektes oder Gebietes. Gekennzeichnet ist dieser Status dadurch, dass das Rechtssubjekt/Gebiet nicht der lokalen Rechtsprechung unterliegt. Beispielsweise könnte ein Bürger des Landes A während eines Besuchs im Land B das Privileg der Exterritorialität genießen. In diesem Fall darf diese Person im Land B wegen keines Verbrechens vor Gericht gestellt werden.

Analog dazu ist ein exterritoriales Gebiet, ein Gebiet, in dem lokales Recht nicht angewendet wird. Als Beispiele können ausländische Botschaften und Konsulate genannt werden, deren Gebiet zwar Teil des Territoriums des Gastlandes bleibt, jedoch nicht dem Recht des Gastlandes unterworfen ist. Nach neuerer Völkerrechtslehre werden diplomatische Missionen nicht mehr als exterritorial bezeichnet, lokales Recht wird nur noch in dem Ausmaß nicht angewendet, wie es zur Ausübung der diplomatischen Tätigkeiten notwendig ist.

Manchmal wird der Begriff "exterritoriales Gebiet" auch fälschlich als Synonym für Enklave gebraucht.
 
Q

QS

Guest
Um die eingangs gestellten evtl. diffuse und zu grundsätzlichen Diskussionen Anlass gebenden Fragen weiter zu konkretisieren; ein kleines Beispiel mit darin enthaltener weiterer Frage:

Wäre einem Mdt., der eine dt. Patentanmeldung für besonders einfach nachrüstbare Mauerarmierungen (Bsp. für Gebäudesicherheit), die sprengstoffsicher sind, anhängig hat, innerhalb des Priojahres zu einer diesbezüglichen US-Anmeldung zu raten, wenn der Mdt.
  • Nur in Deutschland tätig ist,
  • Hier insb. US-Botschaftsgebäude mit seinen Mauerarmierungen versieht?
Dank für die interessante Diskussion!

QS
 
M

Maggolino

Guest
Vielleicht könnte man die erste Frage verallgemeinern/erweitern:

- Wirkt der deutsche Patentschutz auch auf Botschaftsterritorium (oder beispielsweise auf dem Territorium der US-Kasernen)?
 
P

Plempi

Guest
Ungeachtet dessen, welches (Patent)-Recht nun auf Botschaftgelände gilt, wäre eine US-Anmeldung nicht nachteilig, selbst wenn der M nur in DE tätig ist, die US-Anmeldung oder US-Patenterteilung könnte z.B. Lizenzgebühren einbringen.
 
G

GAST_DELETE

Guest
Die Frage ist tatsächlich kompliziert.

Sicher ist, die U.S. Botschaft ist exterritoriales Gebiet.

Die U.S. Kaserne ist sehr wahrscheinlich ebenso exterritoriales Gebiet, obwohl der Nachweis dafür eventuell schwierig ist. Suchkeywords könnten hier das Ende der Besatzungszeit, Abzug der russischen Truppen 1994, NATO, etc. sein. Ich glaube kaum, dass die USA deutsches Recht in Ihren Kasernen gelten lassen würden. Dafür spricht auch, dass alle Amerikaner, die in Kasernen wohnen, spezielle amerikanische Auto-Kennzeichen haben (AD, HK) und USA als Länderkennzeichen auf dem Nummernschild Ihrer Privatfahrzeuge haben. Wie wäre das zu rechtfertigen, wenn die Kaserne deutschem Recht unterliegen würde?!

Für exterrittoriales Gebiet gilt definitiv nicht deutsches Recht. Naive Schlußfolgerung wäre jetzt, dass hier dann U.S. Recht gilt. Damit wäre zu einer Anmeldung in den USA sehr zu raten.
 

Redakteur

Administrator
Teammitglied
[Anm. des Redakteurs: Dieser Thread wurde von dem Forum "Alles Mögliche..." in das Forum "Allgemeines Fachforum" übertragen, da es sich um eine fachliche Frage handelt.]
 
G

gastII

Guest
QS schrieb:
Hallo Kandidaten und Kandidatinnen,

wer kann mir folgende Frage(n) beantworten:

Welches Patentrecht gilt auf Botschaftsterritorium?
Das Recht des Staates der Botschaft oder das des Gastgeberlandes?
Es gilt grundsätzlich das Recht es Staates, auf welchem das Botschaftsgebäude liegt. Natürlich gehört das US-Botschaftsgelände nicht zum Territorium der USA, hier geht es nur um die Gerichtsbarkeit, d. h. die Fähigkeit, Recht zu sprechen (Im Verletzungsfall)

Die Frage, ob das Patent durchsetzbar ist, läßt sich nur im Einzelfall beantworten. Botschaften und deren Angehörige unterliegen - soweit hoheitliche Aufgaben im Spiel sind, nicht der Gerichtsbarkeit des Empfängerstaates (näheres: Wiener Übereinkommen WDK). Das BVerfG hat hier zu mehreren Fragen schon mal Stellung genommen (BVerfGE 15, 25 u. 16, 27).

Vielleicht hilft das, die Frage im konkreten Fall zu beantworten. US-Patentrecht gilt mit Sicherheit nicht.
 
G

GAST_DELETE

Guest
Also wenn man den Ausführung hier

http://ipw.uni-landau.de/Studium/Semestermaterialien/SoS05/koch/MaterialienSemLandauSoSe2005.pdf

Glauben schenkt, dann bezieht sich die Exterritorialität nur auf Botschaftsangehörige in dem Ihnen zugewiesenen räumlichen Bereich (also der Botschaft). Dazu kommt dann noch die Diplomatische Immunität für Diplomaten (auch für Familienmitglieder und private Hausangestellte), wonach diese generell in Deutschland gilt.

Daraus folgt, wer Diplomatische Immunität besitzt, kann immer ungestraft Patentverletzungen überall in Deutschland begehen.

Weiterhin folgt aber, dass Fremdfirmen auch auf dem Botschaftsgelände keine Patentverletzung begehen dürfen.

Allerdings kann die U.S. Armee sehr wohl im konkreten Fall eine Patentverletzung alleine begehen. Dazu sollte sie technisch und personell in der Lage sein. Es ist auch davon auszugehen, dass U.S. Kasernen Exterritorialität genießen und damit die Kasernenangehörigen auf dem Kasernengelände. Damit kann eine Patentverletzung in der Kaserne m.E. nicht geahndet werden.

Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass eine entsprechende ausgestattete U.S. Einheit zum Botschaftspersonal gehört, die in der Lage wäre hier eine Patentverletzung zu begehen.
 

ander

*** KT-HERO ***
Hallo,

ich gebe Gast recht und ich
widerspreche gastII.

Ich meine die Frage so verstanden zu haben:
Ab wann gilt auf einem Botschaftsgelände ausländisches Recht?
(Nach der Fertigstellung des Hauses? Bei Baubeginn? ....)
Was ist wenn sich ein Botschafter eines undeutenden Landes auf dem Grundstück nur einen Liegestuhl und einen sonnenschirm aufstellt?

Praktischer Fall aus meinem Leben:
wenn ich in Deutschland nach Italienischem Recht heiraten wollen würde muss ich dass entweder bei der Botschaft oder einem Konsulat in DE machen und sonst nirgends, denn nur dort kann man in DE nach italienischem Recht heiraten.
Bis vor einigen Jahren war es sogar so (für EU-Staaten), dass man sich beim Betreten eines Konsulats ausweisen mußte, da man die Grenze von DE zu einem anderen Staat überschritten hat.

Also:
Warum soll auf dem Gelände für eine Heirat das it. Eherecht gelten und für den gewerblichen Rechtschutzt dt. Recht.
Folglich:
sobald eine Gelände Botschafts(Konsulats)gelände ist müsste dort ausländisches Recht gelten.

Oder liege ich da falsch?

Oder warum suchen Menschen Zuflucht bei einer Botschaft? Eben weil sie sich dem Recht des Gastgeberlandes entziehen woll und nicht weil ein Zaun drumherum aufgestellt ist. Sonst könnten sie auch in den Zoo gehen, dort steht auch ein Zaun.

Gruß
Ander
 
G

grond

Guest
ander schrieb:
Praktischer Fall aus meinem Leben:
wenn ich in Deutschland nach Italienischem Recht heiraten wollen würde muss ich dass entweder bei der Botschaft oder einem Konsulat in DE machen und sonst nirgends, denn nur dort kann man in DE nach italienischem Recht heiraten.
Das liegt aber wohl eher am italienischen Recht, das eine Eheschließung außerhalb Italiens anerkennt, wenn die Eheschließung von einem Konsulatsbeamten in einem Konsulat vollzogen wurde (vielleicht erkennen die ja auch eine Eheschließung von einem Kapitän außerhalb der Hoheitsgewässer an). Deutschland wiederum erkennt die italienische Eheschließung, die nach italienischem Recht gültig vollzogen wurde, an.

Daraus kann man aber noch nicht ableiten, dass das Konsulat extraterritorial sei, was im Übrigen auch überall dort zu Problemen führen würde, wo Konsulate und Botschaften in einer Etage eines Bürogebäudes untergebracht sind (gibt es gerade bei kleineren Ländern viel). Wäre dann schließlich das ganze Gebäude tabu, nur die gemieteten Räume (Wasser und Strom dürfte man dann aber im Hausflug abtrennen), oder ein anteiliger Prozentsatz des Grundstückes wie bei der Eigentümergemeinschaft? Wie wäre das mit Umweltschutz? Dürfen Chinesen auf ihrem Botschaftsgelände giftige Substanzen ins Abwasser gießen, weil es in China keinen Umweltschutz gibt? Kann wohl alles nicht sein...

Tatsächlich kann es nur so sein, dass das Recht des Gastlandes gilt, die Exekutive des Gastlandes jedoch keinen Zugriff auf das Gelände hat.
 
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