GebrMG Weiterbenutzungsrecht nach Auslaufen des GBM-Schutzes?

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Liebe Kollegen und Kolleginnen,

ich habe hier ein etwas exotisch anmutendes Problem aufzutischen:

Angenommen, ein Unternehmen A sei Inhaber eines Patentes und eines Gebrauchsmusters auf dieselbe Erfindung (z.B. durch Abzweigung). Nun geht das Gebrauchsmuster auf eine Firma B über, sei es durch Verkauf, Pfändung oder wie auch immer. B stellt im Folgenden den Erfindungsgegenstand her und vertreibt ihn, ebenso wie A.

Irgendwann läuft das Gebrauchsmuster aus, das Patent besteht jedoch weiter. Kann nun A B untersagen, die Erfindung weiter zu nutzen (es gebe keine vertragliche Regelung dazu), oder könnte B ein irgendwie geartetes Weiterbenutzungsrecht geltend machen? Im Patent/Gbm-Recht habe ich dazu nichts direktes gefunden, aber möglicherweise kann man mit "Treu und Glauben" oder Gewohnheitsrecht argumentieren ...
 
K

Kand.

Guest
B würde doch selbst während des noch in Kraft stehenden Gebrauchsmusters gegen das Patent von A verstoßen!

Entweder es gibt eine entsprechende Regelung oder das Gebrauchsmuster hätte für den B von Anfang keinen Wert gehabt bzw. den einzigen Wert, daß B während der Laufdauer des Gebrauchsmusters anderen Dritten die Herstellung und den Vertrieb von Gebrauchsmustergegenständlichen Produkten untersagen hätte können.

Merke: Ein Schutzrecht (Patent oder Gebrauchsmuster) ist kein Benutzungsrecht, sondern vielmehr ein Untersagungsrecht!
 
G

grond

Guest
Weder Patent noch Gebrauchsmuster sind Benutzungsrechte, es sind Verbietungsrechte. Von daher hätten weder A noch B ohne Genehmigung des anderen die Erfindung nutzen dürfen. Da beide voneinander wussten, muss wohl konkludent ein gegenseitiges Lizenzverhältnis vorgelegen haben. Nun kannst Du wild darauf los argumentieren, ob die Tatsache, dass nur das kürzer laufende Gebrauchsmuster an den B gegangen ist, ein Hinweis darauf ist, dass der B die Erfindung weiter nutzen dürfen sollte oder nicht. Wahrscheinlicher erscheint mir, dass nicht, sonst hätte er ja das Patent "nehmen" können...
 

Alex:jura

*** KT-HERO ***
Ich frage mich ob nicht ein Fall von Doppelpatentierung, zumindest ab dem Zeitpunkt des erteilten Patents, vorliegt. Nach dem erteilten Patent hat das Gebrauchsmuster nur noch Auffangwirkung bei Nichtigkeit des Patents, oder?

Zudem gehe ich davon aus, dass kokludent ein Lizenzvertrag abgeschlossen wurde, der, wenn er zustande kam, nach 10 Jahren abgelaufen ist.

Über Anregungen würde ich mich freuen.

alex
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Da stimme ich nicht ganz zu;
laut § 9 PatG ist das Patent durchaus ein Benutzungsrecht ("... der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung ... zu benutzen."). Entsprechendes sagt auch § 11 GebrMG aus. Also steht dem jeweiligen Inhaber durchaus ein Benutzungsrecht zu.

Andererseits habt Ihr natürlich recht, dass jeder der beiden grundsätzlich dem anderen die Benutzung verbieten könnte, und somit ohne vertragliche Regelung Probleme auftreten können. Man kann ja auch nicht immer von konkludentem Handeln ausgehen, etwa wenn die beiden Schutzrechte nach einer Insolvenz des ursprünglichen Inhabers an zwei verschiedene Gläubiger übertragen wurden - was natürlich ein halbwegs wacher Insolvenzverwalter nicht tun würde. Aber denkbar wäre eine solche Konstellation durchaus ...

Vermutlich sind dann A und B ganz einfach gezwungen, sich vertraglich zu einigen, weil sonst keiner die Erfindung nutzen könnte. Und wenn eines der Rechte ausgelaufen ist, hat derjenige eben das Nachsehen.
 
G

grond

Guest
Pat-Ente schrieb:
Da stimme ich nicht ganz zu;
laut § 9 PatG ist das Patent durchaus ein Benutzungsrecht ("... der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung ... zu benutzen.").
Boah, das sind aber nun wirklich Grundlagen! Mit dem Zitierstil fällst Du durch jede juristische Prüfung. Da steht richtig:

"Das Patent hat die Wirkung, dass allein der Patentinhaber befugt ist, die patentierte Erfindung zu benutzen."

Man hätte auch schreiben können: "dass es wenigstens allen außer dem Patentinhaber verboten ist".

Zusätzliche Verbote können die Benutzung selbstverständlich auch dem Patentinhaber verbieten, genauso wie der Patentinhaber ja auch anderen die Benutzung erlauben darf, ohne diese anderen deswegen zu Patentinhabern machen zu müssen.

Es gibt reichlich Patente auf Erfindungen, die der Patentinhaber trotzdem nicht oder nicht uneingeschränkt benutzen darf. Man denke da an Waffen, Gentechnik und ähnliches. Ein Patent auf die Weltvernichtungsmaschine aus "Dr. Seltsam oder wie ich lernte die Bombe zu lieben" erlaubt Dir noch nicht, die Weltvernichtungsmaschine auch in Gang zu setzen. Ein Patent ist eben kein Benutzungsrecht.
 
K

Kand.

Guest
Dies sind nun wirklich Grundlagen.

Die vorstehenden Beispiele zum "Benutzungsrecht" von grond sind zwar auch richtig, aber eher abwegig. Bestes Beispiel für das Nichtbestehen eines Benutzungsrechts ist die abhängige Erfindung.
 
U

u. n. own

Guest
@ kand.

Stimmt schon, aber das Beispiel von Dr. Strangelove hat schon was...;-)

Nochmal zur Ausgangsfrage: Ich meine, dass in dem Moment, in dem Patent und abgezweigtes Gebrauchsmuster in verschiedenen Händen sind, eine gegenseitige Abhängigkeit entstanden ist, d.h., rein rechtlich könnte jeder dem anderen die Benutzung verbieten, solange die Rechte in Kraft sind. Nach dem Auslaufen des Gebrauchsmusterschutzes kann es nur nich einer, nämlich der Patentinhaber. Ein "Weiterbenutzungsrecht" ist nicht entstanden (Vorsicht übrigens, dieser Begriff wird meistens in einem anderen Sinne als dem hier genannten Beispiel verwendet).
Alles andere hat meiner Meinung nach nichts mit dem Patentrecht, sondern mit der privatrechtlichen Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen den beiden Parteien zu tun (wie dies ja auch schon in den Anmerkungen bezügl. konkludent erteilter Lizenz o.ä. zum Ausdruck kam).
 
G

Gert

Guest
Ich würde sagen:

Nach §242BGB hat der Erwerber des Gbm grundsätzlich bis zum Auslaufen des Gbm ein Benutzungsrecht. Eine Ausnahme könnte durch eine besondere Vertragsgestaltung begründet sein.

Der Begriff "Weiterbenutzungsrecht" hat hier nichts zu suchen (wie andere auch schon bemerkt haben).

Nach Auslaufen des Gbm aber noch anhängigem Patent könnte ich mir vorstellen, dass ein einfach ausgesprochenes Verbot (ohne Verhandlungen) seitens des Patentinhabers ebenfalls nach §242 BGB unzulässig sein könnte. Ich kann mir weiterhin vorstellen, dass der Patentinhaber berechtigt ist, für die restliche Laufzeit des Patentes eine angemessene Lizenzzahlung zu verlangen (nicht verwechseln mit SE aus Patentverletzung), falls bei dem Gbm-Kauf eine pauschale Lizenzabgeltung angenommen wird (s.o.). Die Höhe der Lizenzzahlung könnte sich dann an dem Kaufpreis für das Gbm orientieren.
 
K

Kand.

Guest
@Gert

Im Raum Stand hier u.a ein Eigentumserwerb aus Pfändung, so daß in diesem Fall seitens des ursprünglichen Inhabers A wohl kaum eine Intention bestanden hat, dem B ein Benutzungsrecht einzuräumen.
 
G

grond

Guest
Kand. schrieb:
Im Raum Stand hier u.a ein Eigentumserwerb aus Pfändung, so daß in diesem Fall seitens des ursprünglichen Inhabers A wohl kaum eine Intention bestanden hat, dem B ein Benutzungsrecht einzuräumen.
Ohne das von A eingeräumte Benutzungsrecht wäre das gepfändete Gebrauchsmuster aber nahezu wertlos.

Den Ausführungen zu Treu und Glauben, denen zufolge der Patentinhaber nach Auslaufen des Gebrauchsmusters und damit der konkludenten Lizenz nicht dem B sofort seine Fertigungsanlagen und Produktion einstampfen lassen kann, schließe ich mich an.
 
G

grond

Guest
Kand. schrieb:
Im Raum Stand hier u.a ein Eigentumserwerb aus Pfändung, so daß in diesem Fall seitens des ursprünglichen Inhabers A wohl kaum eine Intention bestanden hat, dem B ein Benutzungsrecht einzuräumen.
Ohne das von A eingeräumte Benutzungsrecht wäre das gepfändete Gebrauchsmuster aber nahezu wertlos.

Den Ausführungen zu Treu und Glauben, denen zufolge der Patentinhaber nach Auslaufen des Gebrauchsmusters und damit der konkludenten Lizenz nicht dem B sofort seine Fertigungsanlagen und Produktion einstampfen lassen kann, schließe ich mich an.
 
G

grond

Guest
grond schrieb:
Ohne das von A eingeräumte Benutzungsrecht wäre das gepfändete Gebrauchsmuster aber nahezu wertlos.
Ich denke, man müsste es als Rechtsmangel des Rechts aus dem gepfändeten/verkauften Gebrauchsmuster ansehen, wenn nicht gleichzeitig auch für wenigstens die Laufzeit des Gebrauchsmusters eine Lizenz aus dem beim Rechtsvorgänger verbliebenen Patents erteilt würde.
 
G

GAST_DELETE

Guest
RGZ 169, 289 hat folgenden Leitsatz:
Unter welchen Voraussetzungen kann ein erloschenes Patent oder Gebrauchsmuster auch gegenüber einem später angemeldeten Patent benutzt werden, das denselben gengenstand schützt.
 
G

Gert

Guest
Der Leitsatz hinkt aber gewaltig, schließlich soll ja nicht das Gbm benutzt werden... aber so weit sind wir ja noch gar nicht:)

Zu der Zwangspfändung: Einen Rechtsmangel sehe ich nicht. Ich erkenne vielmehr, dass sich dann beide gegenseitig blockieren könnten. Da sollte nach Verwirkung (schon wieder 242...) davon ausgegangen werden, dass eine gegenseitiges Benutzungsrecht vorliegt.
 
F

Fragezeichen

Guest
Also wie die Rechtslage nach dem Ablauf des Gbm ist, weis ich auch nicht, aber zumindest vor dem Ablauf könnte ein sog. positives Benutzungsrechts, dass zwar nicht kodifiziert ist, aber durch BGH-Rechtssprechung abgedeckt ist, gegolten haben.

Dieser Aspekt wurde hier noch nicht diskutiert: Ein Schutzrecht ist zwar ein Verbietungsrecht (wie eingangs diskutiert), jedoch nur dann, wenn ein dem Verletzer nicht aus seinen eigenen älteren in Kraft stehenden Schutzrechten ein pos. Benutzungsrecht zusteht.

Wie sieht es da bei [/b] zeitlich gleichrangigen Schutzrechten aus, wie im vorliegenden Fall ?

Eure Meinung ?
 
G

Gert

Guest
Zeitlich gleichrangig ist nicht prioritäts-älter, deswegen ist diese Rechtsprechung mE nicht anwendbar.
 
G

GAST_DELETE

Guest
Ich finde zwar die ganze Diskussion aufgrund der Tatsache, dass man eine solche Konstellation ohne entsprechend getroffene vertragliche Regelungen wohl annähernd völlig ausschließen kann, etwas absurd, werfe aber mal einen neuen Gedanken in die Runde.

Es heißt ja, dass der Patentinhaber allein befugt ist, die ERFINDUNG zu benutzen. Wenn aber Gbm und Patent den gleichen Ursprung haben, also auch dieselbe Erfindung schützen, die im ja im Zentrum des Benutzungsrechts steht, aber unterschiedlichen Inhabern gehört, wie wäre es dann mit dem Gedanken der Bruchteilsgemeinschaft nach § 741 BGB, der ja bei mehreren Inhabern ein und desselben Schutzrechts und somit ein und derselben Erfindung Anwendung findet? Nach Ablauf der zehn Jahre zerfällt diese Bruchteilsgemeinschaft und der Patentinhaber ist alleiniger Inhaber mit sämtlichen Rechten.

Ist nur ein Gedanke, den man diskutieren kann. Die Lösung kenne ich auch nicht.
 
G

gast2000

Guest
Gast schrieb:
wie wäre es dann mit dem Gedanken der Bruchteilsgemeinschaft nach § 741 BGB, der ja bei mehreren Inhabern ein und desselben Schutzrechts und somit ein und derselben Erfindung Anwendung findet?
Hm, die Bruchteilsgemeinschaft bezieht sich aber - nach meinem Verständnis - auf EIN Recht (z.B., ein Patent); hier aber haben wir ZWEI grundsätzlich unabhängige Rechte, nämlich Patent und Gebrauchsmuster.
 
G

GAST_DELETE

Guest
Zwar sind Gbm und Patent unabhängig, Ihnen liegt aber hier nicht nur dieselbe materielle Erfindung zugrunde, sondern sogar derselbe geistige Erfindungsprozess, aus dem beide Rechte ja hervorgehen.

Hier ist der Ursprung der Leistung, die zu den beiden Rechten geführt hat derselbe, anders als bei einem Fall, bei dem zwei Personen unabhängig voneinander dieselbe Erfindung machen und gleichzeitig identische Schutzrechte einreichen (was wohl nur theoretisch möglich ist). Und letztlich ist ja der Zweck des Gesetzes, die Erfindungsleistung zu schützen und zu honorieren, und nicht das Registerrecht als solches. In so fern hätte ich da keine Bedenken bzgl. der Bruchteilsgemeinschaft.
 
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