Neuheitsphilosophien

S

Schmunzler

Guest
Hallo alle,
und willkommen zur Realität, die einen manchmal deprimierend von hinten in Form findiger Prüfer erschlägt. Heute geht es um etwas simples wie Neuheit. Ich kann den Fall selber natürlich nicht darlegen, versuche aber, das Problem so klar wie möglich zu präsentieren.

Wir nehmen mal an, wir melden etwas an, dass die Merkmale A (Oberbegriff) sowie B und C (Kennzeichen) hat. Das Ding dient dem Zweck Z.
Ein weiteres Merkmal D der Erfindung ist nicht offenbart worden, da es einfach nur offensichtlich schien (ich bring mal ein Beispiel: Würdet ihr bei einer mehrteiligen Projektionsleinwand noch anmerken, dass alle Teile die selbe Farbe haben? Das ist doch klar? Siehe unten.)

Nun kommt also der Prüfungsbescheid, und man liest die Entgegenhaltung, die einem Zweck dient, der dem Zweck Z entgegenläuft, ja, diesen sogar ausschließt. Man liest das erste Ausführungsbeispiel und stellt fest: Ah, GUUUUT, das kann gar nicht B sein, und ist es auch nicht (B soll für alle C gemeinsam geeignet sein; hier ist ein X beschrieben, das in Bs für alle dort auch vorkommenden Cs zerfällt, aber kein gemeinsames B für alle C.) B hier zu verwenden wäre auch absolut ABSURD, denn dann würde das in der Entgegenhaltung beschriebene Ding... naja, jedenfalls nichts sinnvolles tun. Zudem ist X in Anspruch 1 und der ganzen Beschreibung als ESSENTIELL beschrieben.

Ausführungsbeispiel 2. Oh nein! Dem X wird - als Teils des X - ein B für alle C hinzugefügt!
Was macht also unser Freund Prüfer? Er nimmt den ESSENTIELLEN Teil des X weg. Bleibt A, B und C. Da aber A, B und C das Merkmal D fehlt, ist dieses A, B und C - Teil vollkommen sinnlos! Es erfüllt nicht den Zweck meiner Anmeldung, auch nicht den Zweck der anderen, es ist einfach vollkommen hirnloser Schrott, der dann offenbart ist. Aber die Merkmale A, B und C.

Tja... und D, weil es so selbstverständlich ist, das steht in meiner ganzen Offenbarung nicht.

Simple, einfache Frage: Und nun? Reicht es wirklich, dass A, B und C offenbart sind, auch wenn der Fachmann nicht mal im TRAUM auf die Idee käme, aus Entgegenhaltung 1 diese Merkmale zu nehmen, weil es ein Haufen Schrott ist?

Ist Neuheit wirklich nur ein stupides Aufsummieren offenbarter Merkmale oder spielt es noch eine kleine Rolle, ob es den Gegenstand überhaupt sinnvoll gibt, also, darf der Fachmann da essentielle Komponenten eliminieren, um Schrott zu behalten, der sich dann auf den Gegenstand der Erfindung lesen lässt?

Ein Fachmann versteht eine technische Lehre nicht nach dem reinen Wortlaut, sondern zieht zum Verständnis das Fachwissen heran. Kann ihm das Fachwissen auch sagen, wann etwas (im Rahmen einer bestimmten Offenbarung) keinerlei Sinn ergibt?

Bin gespannt auf Meinungen; vielleicht weiß auch jemand ein Beispiel hierzu, da ich meins nicht unbedingt in den Raum schmeissen will.
 
C

corvinus

Guest
noch eine nicht ganz unwesentliche Frage: war das im geschilderten Fall ein EPA Prüfer oder US Prüfer (da klingt Dein Fall eher normal, das ist dort halt so) oder war es ein DPMA Prüfer (die denken zumeist wirklich nach, bzw. einschränkend fachgebietsabhängig mal mehr mal weniger)
 
G

Gas t

Guest
die neuheitsprüfung ist wirklich nur eine erbsenzählerei, bei der die bekannten merkmale in einer merkmalsanalyse aufsummiert werden. aufgabe oder zweck spielen dabei keine rolle.

vielleicht lässt sich das merkmal D in den anspruch doch irgendwie integrieren, sei es weil der fachmann es ohne weiteres mitliest, oder in der form eines disclaimers, um sich gegenüber der entgegenhaltung abzugrenzen. erfinderisch wäre es ja allemal, wenn dann die aufgabe und de zweck ins spiel gebracht werden
 
S

Schmunzler

Guest
EPA-Prüfer... deshalb mach ich mir auch sorgen um die Aufnahme von "D".
 
J

Jansen

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Zur Frage, ob der Neuheitstest "fotographisch" sein soll oder ob es auf das Verständnis und Mitlesen des Fachmanns ankommt: nach BGH-Entscheidung "Elektrische Steckverbindung" eindeutig letzteres. In der Entscheidung sind, meine ich, auch Zitate der europäischen Rechtsprechung enthalten.
 
S

Schmunzler

Guest
Kennt eigentlich jemand weitere Entscheidungen im Tenor der T 56/87 (Ionisationskammer/SCANDITRONIX) - EPA Abl. 1990, 188?

Dort wird insbesondere auf eine Offenbarung in einer Zeichnung abgestellt, jedoch klingt wenigstens der Leitsatz allgemeiner.

(Es ist nicht zulässig, Teile eines solchen Dokuments willkürlich aus ihrem Zusammenhang herauszulösen, um daraus eine technische Information herzuleiten, die von der Gesamtlehre des Dokuments abweicht oder sogar im Widerspruch zu ihr steht.)

Zeichnungen helfen mir jedoch wenig, und der Fall ist schon etwas.... nun ja, "krasser" ...
 
G

gast

Guest
bie einer Projektionsleionwand ist die Farbe der Teile schon wichtig, gerade dann wenn man einen Beamer hat, der aufgrund der der Oberflächenbeschaffenheit und der Farbe der Leinwand das zu projezierende Bild so umrechnet, dass die Oberflächenbeschaffenheit und die Farbe herausgerechnet wird :))
 
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