comprising durch consisting essentially of ersetzen ohne Offenbarung

K

Kandidat 2004

Guest
Hallo liebe Kollegen,

hab eine etwas knifflige Frage: Wie beurteilt ihr einen Austausch von "comprising" gegen "consisting essentially of" im Anspruch, wenn die Beschreibung nur comprising offenbart. Ich werde im Anspruch dadurch zwar enger, allerdings birgt das die Gefahr im Einspruchsverfahren, dass ich nicht mehr zu comprising zurückkomme (Erweiterung im Einspruchsverfahren!).

Gibt es hierzu neue Rechtsprechung (evtl auch unveröffentlicht), die den Austausch dieser beiden Ausdrücke grundsätzlich erlaubt, dh. ohne Offenbarung von "consisting essentially of", da dies, sagen wir mal, implizit offenbart ist.

Freu mich auf interessante Beiträge.
 
G

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Guest
Entweder verstehe ich die Frage nicht, oder hier liegt ein Mißverständnis auf Deiner Seite vor.

Entweder ist eine technische Lehre offenbart, oder eben nicht. D.h., wenn, dann nur "comprising". Was willst Du hier mit "consisting essentially" erreichen?

Implizite Offenbarung kann ja hier wohl nur bedeuten, dass gemäß des whole-contents-approach der Fachmann mit seinem gesamten Wissen im Prioritätszeitpunkt diese technische Lehre aus der Offenbarung entnommen hätte.
 
Q

qwertzuiopü

Guest
ich kenn zwar keine Rechtsprechung hierzu, aber die Vorgehensweise "comprising" durch "consisting essentially of" zu ersetzen ist völlig normal und bedarf m.E. keine gesonderte Offenbarung (ist bei mir bis jetzt immer durchgegangen). Ein zurück im Einspruchsverfahren gibt es natürlich nicht mehr, wie du schon bemerkt hast. Außerdem ist fraglich, ob sich der Prüfer dadurch zufrieden stellen lässt und nicht gleich "consisting" haben will, wodurch der Schutzbereich so eng wird, das er ev. für den Mandanten keinen Sinn mehr macht. Eine Entscheidung die in diesem Zusammenhang hilfreich sein könnte ist T 229/85, die aber nicht direkt die Eingangsfrage beantwortet. Hilfreich sind auch die Richtlinien für die Interpretation von "consisting essentially of".
 
G

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Guest
qwertzuiopü schrieb:
"comprising" durch "consisting essentially of" zu ersetzen ist völlig normal und bedarf m.E. keine gesonderte Offenbarung (ist bei mir bis jetzt immer durchgegangen).
Erachte ich m.E. nicht als ungefährlich. Der Prüfer sagt o.k. und dann kommt der Einspruch mit unzulässiger Erweiterung. Blind darauf Vertrauen, dass diese Formulierung Bestand hat würde ich nicht. Sollte sich dann ein Grund finden lassen, warum consisting essentially gegen 123 (2) verstösst, ist die Kacke am Dampfen.

Das ganze Problem zielt natürlich auf unzulässige Erweiterung ab, wobei sich hier wieder mal die Frage der Interpretation des 123 (2) stellt.

Beispiel 1: Erfindung beansprucht und offenbart beispielsweise A, das 1 bis 10 Teile B enthält. Im Stand der Technik sind 5 bis 10 Teile B bekannt und die Erfindung kann sich mit 1 bis 4 Teilen abgrenzen. Der Bereich 1 bis 4 ist nach gängiger EPO-Praxis aber nicht offenbart, obwohl enger und somit eigentlich keine unzulässige Erweiterung. Hier schreit jeder: klar, geht nicht.

Beispiel 2: Erfindung beansprucht Verfahren, umfassend (comprising) die Schritte A, B und C. Genau so steht es auch in der Beschreibung. Durch den Ausdruck comprising können aber noch andere Verfahrensschritte mit offenbart sein. Ersetzt man jetzt comprising durch consisting essentially of (weil man aus irgend einem Grund (84 oder so) muss), wird man enger. Aber, wenn in der Beschreibung das ominöse "consisting essentially" nicht drinsteht??? Ist es nun offfenbart, oder nicht.

Was tun, sprach Zeus!
 
G

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Guest
Noch einmal: Was ist das durch "consisting essentially" zu erreichende Ziel?

Entweder Verfahren oder Einrichtung umfassen etwas, oder eben sie umfassen etwas nicht. Daher verstehe ich dieses "essentially" einfach nicht. Es ist doch keine Frage, ob es wortwörtlich offenbart wurde.

Es geht doch nur darum, ob dem Fachmann diese Merkmale offenbart wurden oder eben nicht. Aber nicht, ob die Phrase "consisting essentially" in der Offenbarung verwendet wurde. Deshalb dann auch nur "comprising".

Soll hier eine Alternative erreicht werden, bei dem gewisse Merkmale drin sind, aber nicht unbedingt drin sein müssen?
 
U

u. n. own

Guest
Anmerkung: Zwar bin ich kein Profi im US-Patentrecht, doch meine ich mich zu erinnern, dass der Ausdruck "consisting essentially of" eine amerikanische Spezialität sei und dort auch nach einem feststehenden Muster interpretiert wird.

In Europa kenne ich dagegen nur die Diskussion von "comprising" versus "consisting of", während die Prüfer gegen Ausdrücke wie "essentially" meistens allergisch reagieren. (Motto: Was heißt "essentially" denn? Stellt es eine Limitierung dar oder nicht?)

Konsequenz: Ich würde (im Prüfungsverfahren) Probleme eher wegen mangelnder Klarheit erwarten.

Was unzulässige Erweiterung angeht: Da würde ich (ohne Kenntnis von speziellem case law) doch positiv denken...
 
G

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Guest
US-Recht:
http://www.uspto.gov/web/offices/pac/mpep/documents/2100_2111_03.htm

EPA-Sicht (alt)
"In the Board's view the term "consisting essentially of" means that in addition to those components which are mandatory [...] other components may also be present in the composition, provided that the essential characteristics of the composition are not materially affected by their presence."
[T 0472/88]

M.
 

qwertzuiopü

BRONZE - Mitglied
ein Blick ins weiße Buch hilft weiter (S. 193f deutsche Ausgabe). Danach wird Klarheit von "consisting essentially of" anerkannt. Zur Frage der unzulässigen Erweiterung kann man vermutlich, wie so oft, keine allgemeingültige Aussage treffen, sondern muss den genauen Fall berücksichtigen, insbesondere ob es sich um einen Stoffanspruch oder einen Verfahrensanspruch. Bei einem Stoffanspruch, z.B "composition comprising/consisting essentially of A, B and C" sehe ich nach wie vor keine Probleme mit unzulässiger Erweiterung. Ob das auch für Verfahren gilt, weiß ich nicht.
 
U

u. n. own

Guest
qwertzuiopü schrieb:
ein Blick ins weiße Buch hilft weiter (S. 193f deutsche Ausgabe). Danach wird Klarheit von "consisting essentially of" anerkannt.
Hm. Ich spiele ungern den K[..............], aber: In den Fällen T 759/91 und T 522/91, in denen diese Diskussion ausgetragen wird, handelt es sich um Einspruchsverfahren, in denen die Klarheit nur peripher eine Rolle spielt. Wenn ich richtig gelesen habe, wurde Artikel 84 in diesen Entscheidungen auch gar nicht angesprochen.

Bei T 711/90 wird "consists of" gegen "comprises" diskutiert; von dem Wort "essentially" fehlt jede Spur; im Gegenteil, es wird sogar darauf abgehoben, dass "consists of" eine abschließende Formulierung ist...

(Das ist zwar nur ein Nebenkriegsschauplatz; aber dennoch - ich glaube an das Klarheitsproblem...;-)
 
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