Widerrechtlichen Entnahme oder einfach Pech gehabt

M

Markus

Guest
Habe zwei Fragen zu folgendem Fall:

Ein Student arbeitet im Rahmen seiner Diplomarbeit gemeinsam mit einem Doktoranden auf einem Themengebiet. Im Rahmen dieser Diplomarbeit machen die Beiden eine Erfindung, die der betreuende Professor über seine Firma anmelden will.

Die Erfindung wird in Europa und den USA angemeldet, Teile der Diplomarbeit (Abbildungen und Textpassagen) und Ergebnisse des Doktoranden werden zu einer Patentanmeldung zusammengestrickt. Anmelder ist die Firma des Professors und als Erfinder werden die Geschäftsführer der Firma gemeinsam mit dem Professor benannt.

Als Begründung wird angeführt, dass die Erfindung von den Geschäftsführeren bereits vor Erstellung der Diplomarbeit gemacht worden war.

Nun zu den Fragen:
  • Gibt es Urheberrechtliche Ansprüche von Seiten des Diplomanden?
  • Kann man eine Erfindung denn wirklich vordatieren, ohne dies beweisen zu können, oder liegt eine Widerrechtliche Entnahme vor?
Gruß
Markus
 
G

GAST_DELETE

Guest
Ob hier urheberrechtliche Ansprüche vorliegen, läßt sich nur durch Vergleich der Diplomarbeit mit der Patentschrift ermitteln. Liegen größere, relativ ähnliche Passagen in beiden Schriften vor, dann ist das mindestens ein starkes Indiz.

Die Frage, ob hier eine widerrechtliche Entnahme vorliegt, läßt sich darauf reduzieren, ob hier eine Miterfinderschaft der benannten Erfinder vorliegt bzw. ob Diplomand und Doktorand Miterfinder sind. Wenn ja, dann ist es ein Bruchteilsgemeinschaft.

Miterfinder ist jemand, der über normale Entwicklungstätigkeit hinausgehende Beiträge zu der in der Ansrpüchen formulierten Erfindung geleistet hat. Im Falle des Professors wird es schwer sein, dies in Frage zu stellen. Umgekehr wird es im Falle des Diplomanden schwer, dies in Frage zu stellen.

Letzlich wird es also nur darum gehen, wer definitiv kein Miterfinder ist.
 
M

Markus

Guest
Da die Diplomarbeit 3 Monate vor der Einreichung der Anmeldung im Prüfungssekretariat hinterlegt worden ist und der gesamte Ergebnisteil wörtlich in die Anmeldung eingeflossen ist, könnte dies dann als starkes Indiz für eine Urhebrrechtsverletzung gewertet werden!? Wäre dies nicht mit Hinblick auf die USA bedenklich?

Zu der Aussage: Letzlich wird es also nur darum gehen, wer definitiv kein Miterfinder ist.

Genau hierrauf zielte meine Frage ab: Wie lässt sich das beweisen, wenn in der Anmeldung nachweislich die Ergebnisse des Diplomanden und Doktorranden verwendet werden, aber von Seiten der Anmelder behauptet wird, diese hätten mit der Erfindung nichts zu tun?
 
K

Kand.

Guest
Entscheidend ist zunächst mal, was denn eigentlich beansprucht ist. Sofern Deine Ergebnisse lediglich zur Stützung des beanspruchten Gegenstands/Verfahrens verwendet wurde, sieht's wegen widerrechtlicher Entnahme eher schlecht aus. Sollte jedoch das gesamte erfinderische Konzept bzw. ein nicht unwesentlicher Teil hiervon erstmals von Dir beschrieben worden sein, dann hättest Du ggfs. gute Aussichten. Sofern die Anmeldung Aussichten auf gute Vermarktung hat, packst Du am besten mal die gesamten Unterlagen ein und gehst zu einem Patentanwalt Deines Vertrauens. Er wird Dir sicher weiter helfen können.

Im übrigen ist zu berücksichtigen, daß Deine um 3 Monate ältere Diplomarbeit, soferne dies nicht unter Verschluß gehalten wurde, der Patentanmeldung neuheitsschädlich entgegenstehen könnte. Hierfür reicht bereits aus, daß die Diplomarbeit in der Universitätsbioblik von einem Dritten zur Einsicht hätte angefragt werden können.
 
M

Mitkandidat

Guest
Zitat: Sofern Deine Ergebnisse lediglich zur Stützung des beanspruchten Gegenstands/Verfahrens verwendet wurde, sieht's wegen widerrechtlicher Entnahme eher schlecht aus.

In diesem Falle sähe es bei Diplomarbeiten immer schlecht aus. Schließlich handelt es sich um Werke aus der Wissenschaft und nicht aus der Welt des IP.

Geht der Kerngedanke der Anmeldung, was aufgrund Deiner vorstehenden Ausführungen unterstellt werden kann, aus der Diplomarbeit hervor, könntest Du bereits ein Beweismittel auf Deiner Seite haben.

Existiert jedoch eine schriftliche Aufgabenstellung, in der der Kern der Erfindung zu Beginn Deiner Diplomarbeit skizziert ist, so sieht es mit der widerrechtlichen Entnahme schlecht aus.

Entscheidend ist letztendlich, was beweisbar ist! Falls es sich wirklich nur um eine Behauptung handelt, dass die genannten Erfinder die Idee schon vorher hatten, sehe ich darin keinerlei Beweiskraft.

Ich würde auf jeden Fall den Gang zu einem Patentanwalt empfehlen. Solltest du dich noch an der Uni, beispielsweise in der Promotion, befinden, würde ich aus eigener Erfahrung heraus einen riesengroßen Bogen um Vertrauenspersonen etc. machen.

Viel Glück
 
K

Kand.

Guest
Zitat: Sofern Deine Ergebnisse lediglich zur Stützung des beanspruchten Gegenstands/Verfahrens verwendet wurde, sieht's wegen widerrechtlicher Entnahme eher schlecht aus.

Gemeint war hier, daß es ja sein könnte, daß der werte Herr Professor etwas erfunden hat und dann nur zur Sicherstellung, daß die Erfindung auch wie gedacht funktioniert, die Diplomarbeit A sozusagen zur "Stützung" des Erfindungsgedankens in Auftrag gegeben hat. Dann wäre aus patentrechtlicher Sicht in der Tat - unabhängig davon, daß einzelne Passagen der Diplomarbeit in die Patentanmeldung übernommen wurden - der Professor der eigentliche "Erfinder" und hätte das Recht an der Erfindung.

Ob daneben urherberrechtliche Ansprüche verletzt sind, steht auf einem anderen Blatt...
 
K

Kand.

Guest
P.S. Natürlich handelt es sich im vorliegenden Fall wahrscheinlich um eine Diensterfindung, womit das Recht an der Erfindung der den Professor beschäftigenden Universität zusteht, sofern sie die Erfindung inanspruchnimmt.
 
G

GAST_DELETE

Guest
  • Zunächst muss man sich die Frage stellen, ob die Erfindung nach ArbEG frei war. Dies war sie in Bezug auf den Diplomand, wenn er nicht Arbeitnehmer i.S.d. ArbEG war. Nicht jeder Diplomand an einer Uni ist automatisch Arbeitnehmer, es kommt immer auf den individuellen Vertrag an. War er Arbeitnehmer, hat er einen Vergütungsanspruch, war er kein Arbeitnehmer, gehört die Erfindung (und das Recht auf das Patent) zumindest zum Teil ihm.
  • Eine widerrechtliche Entnahme setzt immer voraus, das derjenige, dem "entnommen" wurd, im Erfindungsbesitz war. Hierzu muss vorliegen:
a. eine objektiv fertige Erfindung, und
b. das subjektive Bewußtsein, im Besitz einer objektiv fertigen Erfindung zu sein.

Sofern die Diplomarbeit eine objektiv fertige Erfindung offenbart, wovon nach Sachverhalt ausgegangen werden kann, heißt das noch nicht, dass widerrechtlich entnommen wurde (nämlich dann nicht, wenn der Diplomand nicht wusste, dass es eine Erfindung ist). Er ist dann aber u.U. "Berechtigter" i.S.d. § 8 PatG, nicht aber "Verletzter".

3. Sollte der Professor nicht nachweisen können, dass er bereits vor der Diplomarbeit im Erfindungsbesitz gewesen ist, dann hat der liebe Professor ein Problem. Er hat sowieso ein Problem, wenn er die Erfindung nicht der Hochschule gemeldet hat. Dann hat er nämlich der Hochschule die Erfindung widerrechtlich entnommen (Hochschule ist Arbeitgeber, Professor muss melden, Erfindungsbesitz des Arbeitgebers, hier der Hochschule, wird nach Rechtsprechung fingiert). Er hat auch deshalb ein Problem, weil in den USA nur der Diplomand anmelden kann. Das US Patent müßte so ziemlich tot sein.

Fazit: Viel zu viele unbekannte im Sachverhalt. Jedenfalls stinkt es an allen Ecken und Enden.
 
P

Plempi

Guest
Musste denn nicht jeder von uns noch vor Beginn der Diplomarbeit und Promotion unterschreiben, dass er auf sämtliche Rechte an eventuellen Erfindungen zu Gunsten des jeweiligen Bundeslandes verzichtet?
 
G

grond

Guest
Gast schrieb:
Dann hat [der Professor] nämlich der Hochschule die Erfindung widerrechtlich entnommen (Hochschule ist Arbeitgeber, Professor muss melden, Erfindungsbesitz des Arbeitgebers, hier der Hochschule, wird nach Rechtsprechung fingiert).
Danke für den lehrreichen Beitrag, nur eine Zwischenfrage, die mit dem Kern des Beitrages aber weniger zu tun hat: gibt es in den verschiedenen Bundesländern nicht häufig eine Sonderstellung von Professoren gegenüber der Universität als Arbeitgeber (bzw. eine arbeitsvertragliche pauschale Freigabe von Diensterfindungen)? Manche Länder haben jetzt ja diese unsäglichen Verwertungsgesellschaften für im Universitätsbetrieb geschaffene IP, in anderen Bundesländern haben aber meines Wissens die Professoren noch die "Hoheit" über ihre Erfindungen.
 
G

gast

Guest
zu den letzten beiden Beiträgen:

relevant ist § 22 ArbEG.

Eine pauschale Vereinbarung im Arbeitsvertrag, im Vorhinein auf sämtliche Rechte an Erfindungen zu verzichten, ist immer nichtig, weil sie gegen § 22 ArbEG verstoßen.

Wird hingegen dem Professer die Erfindung von vorneherein zugesprochen, geht das, weil es nicht zu seinen Ungunsten ist. Das ändert aber nichts am Innenverhältnis des Profs zum Diplomanden, wenn der Diplomand die Erfindung macht, die nach § 6 PatG eben ihm zusteht, und nicht dem Professor. Ist für die Professoren nichts geregelt, gilt immer § 42 ArbEG, so dass auch sie in der Regel eine Meldepflicht trifft und die Hochschule, eben meistens über Verwertungsagenturen, die Erfindung in Anspruch nehmen können.
 
P

Patent24

Guest
Einen ähnlichen Fall kenn ich aus meiner eigenen persönlichen Erfahrung. Und das gleich in zwei Varianten:
1. Professor schliesst zu beginn der Diss. Vertrag mit Doktoranden über Erfinderanteil, z.B. 70/30. Gleichzeitig beansprucht er in diesem Vertrag das Recht am Patent. >>Vorvertrag ist jedoch nichtig.
Erfindung ist fertig und Professor meldet Patent an, er als Anmelder, Doktorand und Prof. als Erfinder. Gleichzeitig macht er eine Erfindungsmeldung an die Hochschule. Diese gibt die Erfindung frei. >> Recht an der Erfindung stehen jetzt eigentlich beiden zu 50% zu, da Vorvertrag nichtig. Aber, der liebe Professor hat ja bereits das Patent angemeldet >> meiner Meinung nach ein eindeutiger Fall von widerrechtlicher Entnahme.

2. Dieser Fall war sogar noch dreister. Ablauf war wie oben beschrieben, nur Erfindungsmeldung an die Hochschule wurde gar nicht gemacht. Doktorand möchte sein Recht geltend machen, da er nach Beendigung seiner Promotion etwas schlauer geworden ist und jetzt weiss, dass Prof nicht sein Arbeitgeber ist, dem er melden musste, sondern die Uni. Er beantragt Umschreibung der Anmeldung auf sich (Bruchteilsgemeinschaft). Dummerweise will der Prof nicht und übergibt an die Uni-Rechtsabteilung. Diese verlangt zu Recht eine Erfindungsmeldung (nachträglich, geht das eigentlich?), beansprucht daraufhin die Erfindung und lässt die Anmeldung auf sich übertragen (Jetzt spielt der Prof mit, weil er keine andere Wahl hat >> widerrechtliche Entnahme wie oben, jedoch gegenüber der Hochschule). Doktorrand hat Pech gehabt, aber zumindest für Recht und Ordnung gesorgt.
 
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