Einheitlichkeit / Teilungserfordernis in USA

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Hi Forum,

eine Frage zur Einheitlichkeit der Erfindung und zum Teilungserfordernis bei US-Anmeldungen.

In einem aktuellen US-Prüfungsbescheid bemängelt der Prüfer die angeblich nicht gegebene Einheitlichkeit der Erfindung, und fordert dazu auf, eine der angeblich zwei enthaltenen Erfindungskomplexe zur Fortsetzung des Prüfungsverfahrens auszuwählen. Der andere Erfindungskomplex soll also offenbar aus der Anmeldung ausgeschieden werden, oder es muss eben eine Teilanmeldung im Hinblick auf den anderen Erfindungskomplex eingereicht werden.

Es handelt sich beim Anspruchsatz jedoch um eine ganz "normale" Kombination aus zwei nebengeordneten Hauptansprüchen, wobei der eine Hauptanspruch auf eine Anordnung (das Produkt), und der andere Hauptanspruch auf ein Verfahren zur Herstellung dieses Produkts gerichtet ist.

Der Prüfer argumentiert, dass es sich deshalb um zwei unterschiedliche Erfindungen handelt, weil das beanspruchte Herstellungsverfahren nicht die einzige Methode ist, das beanspruchte Produkt herzustellen; das Produkt vielmehr genauso gut auf andere Weise hergestellt werden kann -- ebenso wie mit dem Herstellungsverfahren nicht nur das beanspruchte Produkt, sondern auch andere Produkte hergestellt werden könnten (MPEP § 806.05f).

Soweit schön und gut -- wie ist das aber *eurer* US-Erfahrung nach: ist der oben geschilderte Bescheid als Ausreißer zu betrachten, gegen den man sich wehren sollte, oder wird in USA üblicherweise so verfahren? Sprich, sollte ich mir gar nicht die Mühe machen, gegen den Bescheid zu argumentieren, und schlicht und einfach teilen, falls der Mandant beide Erfindungskomplexe weiter verfolgen will?

Danke schonmal für alle Erfahrungswerte,

Marc.
 

Horst

*** KT-HERO ***
Ich habe keine Erfahrung mit solchen Bescheiden vor dem USPTO.

Aus der Vielzahl der US-Anspruchssätze, die ich bisher begleitet habe, kann ich nur mitteilen, dass der von Dir geschilderte Anspruchssatz auch in den USA "gängig" ist.

Jedoch kann es durchaus vorkommen, dass Vorrichtung und Verfahren nach Ansicht des Prüfers unterschiedliche Aufgaben lösen und daher nicht einheitlich sind. Kommt auch vor dem EPA öfter mal vor.

Grundsätzlich denke ich, dass es egal vor welchem Amt wenig Sinn macht, sich schon bei der Einheitlichkeit mit dem Prüfer anzulegen und eine Zurückweisung zu riskieren. Die Tinte für die Argumentation kann man sich sparen - die ändern ihre Meinung eh nicht, da es für das Amt bares Geld ist. Die pragmatische Lösung ist also immer Teilung.
 
G

GAST_DELETE

Guest
nach meinem, allerdings durchaus begrenzten, Wissen ist nach US-Recht eine Anmeldung mit beliebig vielen unabhängigen Ansprüchen ders elben Kategorie einheitlich (anders als nach EPÜ), während verschiedene unabhängige Ansprüche in verschiedenen Kategorien als uneinheitlich angesehen werden (auch anders als nach EPÜ). Ich hatte einmal den Fall, bei dem eine Zusammensetzung und ein Herstellungsverfahren für diese Zusammensetztung beansprucht wurden und dies soll uneinheitlich gewesen sein!
 

dasAundO

BRONZE - Mitglied
Hi Marc,

ich hab von einem unserer Korrespondenzanwälte gehört, dass dieser Einwand vom USPTO wegen mangelnder Einheitlichkeit in letzter Zeit massiv zugenommen hat. Lange Zeit und in vielen Fällen nach wie vor haben die das gemäß der Devise meines Vorredners ("nicht schon bei der Einheitlichkeit mit dem Prüfer anlegen") hingenommen. Inzwischen beginnen aber wohl einige, sich dagegen zu wehren. Ich würde das allerdings die amerikanischen Anwälte mit dem USPTO ausfechten lassen und die Erfindung zähneknirschend teilen.
Das Problem ist nicht nur, dass so eine Teilung Bares für das Amt bedeutet, sondern auch billige Credits für die Prüfer... ein Prüfer würde sich quasi ins eigene Fleisch schneiden, wenn er nicht die Einheitlichkeit wann immer möglich bemängelt.
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
Hi AundO,

danke auch für diesen nützlichen Erfahrungswert aus der Praxis.

Das Problem scheint mir doch darin zu liegen, dass der einschlägige US-Gesetzestext es im Grunde praktisch ausschließt, Produkt und zugehöriges Herstellungsverfahren in einem Anspruchsatz unterzubringen.

MPEP 806.05(f) Process of Making and Product Made * [R-3]

A process of making and a product made by the process can be shown to be distinct inventions if either or both of the following can be shown:

(A) that the process as claimed is not an obvious process of making the product and the process as claimed can be used to make another materially different product; or

(B) that the product as claimed can be made by another materially different process.

Ich meine -- ein Produkt kann *IMMER* mit einem irgendwie geänderten Herstellungsverfahren produziert werden; somit scheint mir das ein Totschlagargument zu sein, gegen das man wohl kaum ankommt?

Marc.
 

dasAundO

BRONZE - Mitglied
Eine Möglichkeit wäre natürlich mit MPEP Section 802.01 zu argumentieren. Die Erfindungen müssen demnach gegenüber den jeweils anderen in der Anmeldung patentierbar sein, damit Uneinheitlichkeit bemängelt werden kann.

Ob man allerdings so argumentieren will, dass die Erfindungen einenander gegenüber nicht patentierbar seien und damit dem Prüfer quasi Argumente gegen bestimmte Aspekte der Erfindung liefern will, hängt sehr vom Fall ab. Die Gefahr sich ins eigene Fleisch zu schneiden, besteht dabei sicherlich.
 
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