Miterfinderschaft / schöpferischer Anteil

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Ratloser

Guest
Hallo Kollegen,

ich versuche gerade, folgendes (fiktives) Problem zu lösen:

Artur und Bert melden Erfindung A zum Patent an.

Vor der Veröffentlichung der Anmeldung A meldet Bert alleine Erfindung B zum Patent an. Der Überschuß der Erfindung B gegenüber A kommt auch nur von Bert.

Variante 1:
B ist erfinderisch gegenüber A.

Variante 2:
B ist lediglich neu gegenüber A.

Wer ist jeweils (Mit-)Erfinder der Erfindung B?


Die Masterfrage, welche ich mir noch nicht so recht beantworten kann, ist folgende:

Auf welchen Ausgangspunkt ist der vielzitierte "schöpferische Anteil" (der selbst nicht erfinderisch zu sein braucht) zum Auffinden des Erfindungsgedankens zu beziehen?

Für meine Begriffe müßte in dem Fall davon ausgegangen werden, was den beiden Erfindern tatsächlich bekannt ist, unabhängig davon, dass es noch nicht veröffentlich ist.

In Variante 1 wäre dann lediglich Bert Erfinder.

Im Falle der Variante 2 hätte ich aber Bauchschmerzen, Artur eine Miterfinderschaft abzusprechen.
Oder würde man dann argumentieren, der Überschuß an sich begründet keinen schöpferischen Anteil, weshalb wiederum beide Erfinder wären?

Als Ausgangspunkt für den schöpferischen Akt den Stand der Technik im Sinne §§3, 4 PatG (und somit die ältere Anmeldung A nicht) heranzuziehen, scheint mir auch nicht plausibel.

Im Schulte steht nicht sehr viel zum Miterfinder. Kennt jemand einschlägige Entscheidungen?
 
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Ratloser

Guest
kleine Ergänzung:

Erfindung B ist natürlich eine Weiterentwicklung bzw. Abwandlung von Erfindung A.
 
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Guest
Ratloser schrieb:
Im Falle der Variante 2 hätte ich aber Bauchschmerzen, Artur eine Miterfinderschaft abzusprechen.
Wenn A und B beide patentiert werden, dann heißt das in diesem Fall ja, dass der Schutzbereich von B sich durch die Aufnahme von Merkmalen unterscheidet, die gegenüber A neu sind. Vorausgesetzt war aber, das jegliches Delta von B gegenüber A nur von Bert hinzugefügt wurde. Damit kann Artur aber kein Miterfinder sein, da er keinen Beitrag zur Erfindung geleistet hat, die ja gerade durch den Schutzbereich definiert wird.
 
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Ratloser

Guest
Prinzipiell kann man diese Meinung vertreten.

Man stelle sich aber den FAll vor, dass sich Erfindung B gegenüber Erfindung A nur durch eine formale Konkretisierung unterscheidet, die für sich auch keine echte schöpferische Tätigkeit begründet - es reicht ja sehr wenig, um die Neuheit und Patentfähigkeit herzustellen, wenn es auf die erfinderische Tätigkeit nicht ankommt.

Der Kern der eigentlichen Erfindung würde dann m.E. immer noch in Erfindung A liegen. Daher hätte ich in diesem Fall ein ungutes Gefühl.

Ich habe aber noch keine Entscheidung gefunden, obwohl das Problem gerade bei Erfindergemeinschaften in Firmen schon eine Rolle spielen könnte.
 
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Guest
In der Regel sind in Firmen sowieso immer unechte Miterfinder dabei. Das wird hier sehr großzügig gehandhabt, trotz dem USA Problem.

Ein Problem kann sich doch hier sowieso nur bzgl. der Erfindervergütung ergeben. Da B aber ein von A abhängiges Patent ist, spielt das keine Rolle.

Was also zu tun ist, ist die Miterfinder sich bzgl. des Erfindungsanteils abstimmen zu lassen. Sowohl für A als auch vor B.
 
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Ratloser

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Interessant wird es aber in dem Fall, in dem die Erfinder von verschiedenen Arbeitgebern stammen z.B. im Rahmen einer F&E-Kooperation.

Der von mir etwas vereinfacht und überspitzt dargestellte fiktive Fall geht genau auf so etwas zurück. Schlechter bzw. kein vernünftiger Kooperationsvertrag, angeblich übergangenger Miterfinder klagt auf Miterfinderschaft.
 
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GAST_DELETE

Guest
Also hier wohl Artur für Patent B. Da Patent B nicht ohne Patent A eingesetzt werden kann, ist es aus meiner Sicht eine pragmatische Lösung, Artur zum Miterfinder bei B zu machen.

Für die Vergütungsberechnung wird das wenig Unterschied machen, da ja A und B de facto wie ein Patent betrachtet werden. Es gibt dann nur eine Verschiebung der Miterfinderanteile, bei der alle anderen Miterfinder zustimmen müssen.
 
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Gast2

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Das Verwirrende an dieser Fragestellung ist wohl, dass die Praxis und die Rechtsprechung auseinander klaffen. Aus meiner langjährigen Industriepraxis weiss ich, dass häufig viel zu viele Erfinder "ehrenhalber" oder aus "politischen Gründen" benannt werden, die im Grunde gar keine Erfinder sind.

Aber:

Erfinder sind nach ständiger Rechtsprechung nur diejenigen, die zu der eigentlichen erfinderischen Idee etwas beigetragen haben.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die zweite Anmeldung nur neu oder auch erfinderisch ist, denn solange die erste Anmeldung noch nicht offengelegt ist, reicht Neuheit für Patentfähigkeit.

Zur Erfindung B hat Arthur nichts beigetragen, folglich ist er auch kein Erfinder.

Viel interessanter an der Fragestellung ist die Frage des Verhältnisses der Erfinder untereinander:

Sind A und B Arbeitnehmererfinder, dann liegt kein Problem vor. Die Erfindung A gehört zur betrieblichen Erfahrung und B kennt sie ohne Verletzung von Geheimhaltungspflichten. Wenn B die Erfindung alleine weiter entwickelt und seinem Arbeitgeber ordnungsgemäß alleine meldet, dann ist das rechtlich o.k. (auch wenn es das Arbeitsklima möglicherweise belastet!).

Sind A und B freie Erfinder, dann ändert sich auch nichts an der Frage der Erfinderschaft.
Die Frage wäre dann aber, ob B alleine anmeldeberechtigt wäre, denn er hat ja auch Teile der gemeinsamen, noch nicht offen gelegten Anmeldung genutzt und greift dadurch in die Rechte von A ein. Man könnte durchaus die Frage von (impliziten) Geheimhaltungspflichten, (impliziten) vertraglichen Absprachen u.s.w. diskutieren. Das käme dann auf die konkreten Verhältnisse an. Je nach den Verhältnissen müsste B möglicherweise A als Mitanmelder akzeptieren.
 
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