Bezugnahme auf unveröffentlichten Stand der Technik in der Beschreibung?

Hans35

*** KT-HERO ***
Beispiel:
In meiner Anmeldung schreibe ich:
"Aus der P1 ist ein Gegenstand X bekannt, der A und B aufweist, wobei B mit B1 ausgestaltet ist."

Beansprucht wird dann: "X mit A und B, gekennzeichnet durch C", und auch in der Beschreibung wird dann nur X, A, B und C erläutert, aber nicht B1.

In einem solchen Fall kann es zumindest mühsam sein, das Merkmal B1 im Patentanspruch unterzubringen, wenn sich das als notwendig erweist, weil das Merkmal B1 nur zum Gegenstand von P1 gehört. Dies, weil der Fachmann den Anmeldungsunterlagen nicht unmittelbar und eindeutig entnehmen kann, dass B1 auch wesentlich für die angemeldete Erfindung sein kann. Denn in der Beschreibung der Erfindung wird B1 nicht aufgeriffen und erläutert.

Steht stattdessen da: "Die Erfindung geht aus von einem Gegenstand X, der A und B aufweist, wobei B mit B1 ausgestaltet ist." ohne dass P1 irgendwie erwähnt wird, dann kann niemand bestreiten, dass auch B1 ein erfindungswesentliches Merkmal des Anmeldungsgegenstands sein kann.
 

Marc N. Zeichen

*** KT-HERO ***
"Aus der P1 ist ein Gegenstand X bekannt, der A und B aufweist, wobei B mit B1 ausgestaltet ist."

"Die Erfindung geht aus von einem Gegenstand X, der A und B aufweist, wobei B mit B1 ausgestaltet ist."

Danke, ich bin allerdings der Meinung, dass die beiden Absätze dasselbe aussagen, und dass B1 aus dem Letzteren ebenso gut oder schlecht beanspruchbar ist wie ist aus dem Ersteren.

Zumindest hängt die Beanspruchbarkeit von B1 wohl kaum davon ab, ob ich das Aktenzeichen der P1 nun nenne oder nicht.
 

Hans35

*** KT-HERO ***
In den 60er und 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts gab es beim DPMA einen nennenswerten Anteil von Patentschriften, auf denen als Stand der Technik nur "Nichts ermittelt" stand. Das hörte dann irgendwann schlagartig auf. Seitdem wird immer mindestens eine Druckschrift angegeben "von der die Erfindung ausgeht" (oder so ähnlich). Ich gehe daher mal davon aus , dass es seit damals eine (mindestens mündliche) Anweisung an die DPMA-Prüfer gibt, kein Patent zu erteilen, wenn nicht mindestens eine Schrift zum Stand der Technik genannt wird, damit niemand auf den Gedanken kommen kann, dass gar nicht recherchiert wurde.

Wer also versuchen will (und seine Unterlagen so perfekt formuliert hat; und so weitgehend vorrecherchiert hat; und ...), dass das Patent ohne Erstbescheid erteilt wird, der muss mindestens eine Druckschrift zum Stand der Technik in den ursprünglichen Unterlagen nennen.

Sonst aber kann ich keinen Vorteil darin sehen, bereits in den ursprünglichen Unterlagen auf bestimmte Schriften zum Stand der Technik hinzuweisen. Denn damit wird die Offenbarung nicht klarer. Sondern es kann im Gegenteil (wie in obigem Beispiel) unklar werden, welche Angaben aus diesen Abhandlungen zum Stand der Technik "noch" zum Offenbarungsumfang der Anmeldung dazugehören. Dies zumal dann, wenn der Sachverhalt mit wenigen Worten zusammengefasst wird und sich allein aus dieser Zusammenfassung gar nicht richtig erschließt, so lange man die zitierte Schrift noch nicht gelesen hat.

Besser ist es, den entsprechenden Sachverhalt aus den Schriften zum Stand der Technik ohne Quellenangabe abzuschreiben (das ist ja heute auch bei längeren Passagen mit Copy und Paste ohne Aufwand möglich) und auf diese Weise die Einbeziehung der dort entnommenen Merkmale in die angemeldete Erfindung klar als Idee des Anmelders darzustellen. Das ist in jedem Fall zulässig, das Urheberrecht ist da kein Hindernis.
 
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