Zuständigkeit im Einspruchsverfahren

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Ich möchte mal auf ein Entscheidungduett aufmerksam machen. Vielleicht ist einigen unter Euch das schon aufgefallen, aber ich bin heute erst "drüber gestolpert".

Im Mai diesen Jahres (11.05.) gab es im Forumsbereich "Alles mögliche ..." bereits einen Beitrag "Zuständigkeit im Einspruchsverfahren", der meiner Meinung nach eher hierhin gehört. Dort wurde über die BPatG Entscheidung 11 W (pat) 383/06 diskutiert.

Man lese nun 19 W (pat) 344/04 un staune ... Wunderbar!

http://www.bundespatentgericht.de/bpatg/leitsaetze/technisch/11383_06.pdf

bzw.

http://www.bundespatentgericht.de/bpatg/leitsaetze/technisch/19344_04.pdf
 
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Ich würde bei Bedarf nicht zugelassene Rechtsbeschwerde einlegen und warten wie entschieden wird.

Der Gesetzgeber hat § 147 PatG gestrichen, obwohl es keinen Anlass dafür gab. Nun darf das BPatG formal nicht mehr entscheiden, auch wenn dies aus einem Fehler des Gesetzgebers resultiert.
 
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Kand

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Der vorstehende Beitrag gibt die Mindermeinung unter den Senaten des BPatG weiter. Bisher hat in der genannten Frage lediglich 1 Senat seine Zuständigkeit verneint, während drei - wenn nicht gar mehr - Senate entschieden haben, dass sie sich weiterhin für zuständig befinden und über die noch anhängigen erstinstanzlichen Einsprüche beschließen.

Meines Wissens (aus dem gerade beendeten Amtsjahr) ist letzteres die Sichtweise der allermeisten Senate. Es gelte der Grundsatz der fortbestehenden Zuständigkeit (perpetua fori oder so).
 
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Eben wegen dieser Begründung: Der Gesetzgeber hat § 147 PatG gestrichen, obwohl es keinen Anlass dafür gab
 
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Guest
Man könnte sicherlich beim BPatG-Senat im Hinblick auf §100 (2) Nr.2 PatG anregen, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, so dass es keiner eigentlichen Begründung bedarf. Ggf. Nichtzulassungsbeschwerde einreichen, denn §100 (2) PatG ist keine "soll" Bestimmung und läßt daher keinen Ermessensspielraum. Das BPatG müßte wohl ja sagen, es sei denn der 11. Senat steht wirklich so was von allein auf weiter Flur ...

Ich finde es halt nur bedauerlich, dass es seitens des BPatG keinerlei Bestreben gibt, die Rechtsprechung der einzelnen Senate in grundsätzlichen Fragen abzustimmen. Klar kann man, wie dies Richter natürlich mit Begeisterung tun, immer mit dem liebsten Kind des Richters - der richterlichen Unabhängikeit - kommen und sagen, dass man das aber nicht muss. Es ist auch legitim, in Einzelfällen begründet von gefestigter Senatsrechtsprechung abzuweichen. Ich habe aber im Amtsjahr bedauerlicher Weise festgestellt, dass im BPatG die Senate überhaupt nicht miteinander kommunizieren und jeder sein eigenes Süppchen kocht. Lieber spielt sich der ein oder andere Senat mit Querschüssen mal eitel in den Vordergrund anstatt dem Anmelder, Einsprechenden, Kläger etc. eine gesicherte Grundlage für das Verfahren zu bieten. Schade, finde ich.
 
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gast II

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Gast schrieb:
Eben wegen dieser Begründung: Der Gesetzgeber hat § 147 PatG gestrichen, obwohl es keinen Anlass dafür gab
Es ist doch nicht das Problem des Gerichts, wenn der Gestzgeber eine Streichung vornimmt. Falls eine Regelungslücke vorhanden sein sollte, kann das Gerich diese schließen. Aber das ist kein Grund für eine zulassungsfreie Rechtsbeschwerde, jedenfalls weiß ich nicht, warum dieser Sachverhalt unter § 100 Abs. 3 PatG fallen sollte.
 
K

Kand.

Guest
Im übrigen gibt es im BPatG durchaus ein regelmäßiges Treffen aller Vorsitzender Richter der verschiedenen Senate, in dem grundsätzliche Frage angesprochen werden und - wenn möglich - eine Einigung zu strittigen Punkten herbeigeführt wird. Letzteres scheint jedoch nicht immer zu funktionieren, was einzelne Abweichungen in der Entscheidungspraxis zeigen.

Ein Senat, der von der gängigen Entscheidungspraxis abweicht, sollte jedoch aus meiner Sicht dann die Rechtsbeschwerde zulassen, um die Streitfrage - bei Interesse der Parteien - höchstrichterlich überprüfen zu lassen. Dies sollte von Amtswegen erfolgen; einer Anregung hierzu durch die Parteien bedarf es nicht zwingend.
 
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Gert

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Ich möchte mal den Gedanken anregen, dass derartige Entscheidungen häufiger von bestimmten Senaten kommen. Aus meiner Sicht ist der Vorwurf "die stimmen sich nicht ab" viel zu pauschal und vor allem falsch. Aus meiner Sicht ist es so, dass es wenige gibt, die regelmäßig aus der Reihe schlagen. Insbesondere der angesprochene Senat ist mir in den letzten Jahren manchmal aufgefallen.
 
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Darüber, dass sich die Senat scheinbar doch treffen, um sich abzustimmen, war ich nicht informiert. Mir stellte sich dies während meines nicht lange zurückliegenden Amtsjahr anders dar. Sollte es aber stimmen, ist meine obige Kritik natürlich in der Schärfe nicht berechtigt. Ich will auch keinem Richter sein Recht absprechen, von langjähriger Rechtsprechung abzuweichen. Das kann ja durchaus auch mal geboten sein (z.B. das Abschießen der PAGO durch den 5. Senat) ... Aber bei durch Gesetzesänderungen zustandekommenden neuen Fragestellungen würde ich eigentlich erwarten, dass man zunächst mal einheitlich entscheided und dann zur Klärung dieser Frage regelmäßig Rechtsbeschwerde zuläßt, bis halt ein Beteiligter diese einlegt und die Frage höchstrichterlich geklärt wird.

Das Gefühl, dass der Ausgang einer streitigen Sache beim BPatG durchaus auch sehr von dem erkennenden Senat abhängt, bleibt jedoch bei mir bestehen (insbesondere bei Marken: Was wird als ausreichende Glaubhaftmachung angesehen? Ist etwas eintragbar/verwechselbar oder nicht?)
 
P

paule

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auch wenn der 11. Senat das seiner Entscheidung letztlich nicht zu Grunde gelegt hat, betreffen die divergierenden Entscheidungen auch unterschiedliche Sachverhalte. Die angeblich uneinheitliche Rechtsprechung ist also bei genauerer Betrachung gar nicht so uneinheitlich.

Das vom 11. Senat wegen mangelnder Zuständigkeit abgewiesene Einspruchsverfahren betraf zwei Einsprüche, von denen einer vor und einer nach dem Stichtag des §147 erhoben wurden. Da es hierfür keine Regelung im Gesetz gibt, müssen halt allgemeie Grundsätze des Verfahrensrechts herhalten.

M.E. liegt der 11. Senat übrigens völlig richtig. Die Argumentation des 19. und 23 Senats ist nicht nachvollziehbar, weil da ein Gesetz "ausgelegt" wird, das es überhaupt nicht gibt. Seit dem 01.07.06 ist lt. Patentgesetz das Patentamt zuständig. Wer was anderes behauptet bricht das Gesetz. Mit Auslegung hat das nichts mehr zu tun.
 
D

Dr. No

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Mit Auslegung hat das nichts mehr zu tun.
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Mit Auslegung hat das tatsächlich nichts zu tun und das behauptet der 19. Senat auch gar nicht. Denn es gibt eine gesetzliche Regelung, die, wie der 19. Senat in seiner Entscheidung auch herleitet, anwendbar ist, nämlich die perpetuatio fori iSv § 261 III Nr. 2 ZPO.

Ich halte diese Norm für einschlägig und eindeutig und verstehe daher die Diskussion nicht.

Ich lasse mich aber gerne belehren, falls meinerseits und seitens des 19. und 23. Senats ein Denkfehler vorliegen sollte.
 
Nichtzulassungsbeschwerde nach §100 Abs. 3 unter Nr. 1

Denkbare wäre vielleicht die Nichtzulassungsbeschwerde nach §100 Abs. 3 Nr. 1. Wie kann das BPatG vorschriftsmäßig besetzt sein, wenn es gar nicht zuständig ist? In diesem Fall ist doch jede Besetzung nicht vorschriftsmäßig.
 
K

Kand.

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Die unterschiedlichen Sachverhalte haben nichts mit den divergierenden Entscheidungen zu tun. Der 11. Senat hat in seiner Beschlussbegründung klargestellt, dass aus seiner Sicht alle derzeit erstinstanzlich beim BPatG anhängigen Entscheidungen betroffen sind.
 
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Bioklempner

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paule schrieb:
Die Argumentation des 19. und 23 Senats ist nicht nachvollziehbar, weil da ein Gesetz "ausgelegt" wird, das es überhaupt nicht gibt. Seit dem 01.07.06 ist lt. Patentgesetz das Patentamt zuständig. Wer was anderes behauptet bricht das Gesetz. Mit Auslegung hat das nichts mehr zu tun.
Meines Erachtens nicht ganz richtig gedacht. Der Umstand, dass ein neues Gesetz in Kraft tritt, bedeutet ja nicht, dass das alte völlig aus der Welt ist. Für sogenannte Altfälle, d.h. Verfahren die vor dem Inkrafttreten anhängig wurden, muss dann grundsätzlich erst ermittelt werden, welche Gesetzesfassung anzuwenden ist - und hier trifft (mangels gegenteiliger Normierung) der aus dem römischen Recht stammende erwähnte Verfahrensgrundsatz eine eindeutige Regelung.
 
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Presseinfo vom BPatG (s.a. Kammerrundschreiben 3/07, S. 134)


Zuständigkeit des Bundespatentgerichts für die Entscheidung über Einsprüche

Zur Frage der Zuständigkeit des Bundespatentgerichts für die Entscheidung über Einsprüche, die dem Gericht nach § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG in der bis 30. Juni 2006 geltenden Fassung zugewiesen wurde:

Bis zum 12. April 2007 haben alle Senate des Bundespatentgerichts ihre Zuständig­keit für die Entscheidung in Einspruchsverfahren bejaht und über die Einsprüche sachlich entschieden, wobei sich ein Senat im Verfahren 23 W (pat) 327/04 in einer Entscheidung vom 19. Oktober 2006, sogar mit der Frage der Zuständigkeit ausführlich auseinandergesetzt hat.

Ein anderer Senat des Bundespatentgerichts hat nunmehr in seiner Entscheidung vom 12. April 2007 im Verfahren 11 W (pat) 383/06 die Rechtsauffassung vertreten, dass die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts für die durch § 147 Abs. 3 PatG zugewiesenen Einspruchsverfahren wegen der Streichung dieser Vorschrift durch das "Gesetz zur Änderung des patentrechtlichen Einspruchsverfahrens und des Pa­tentkostengesetzes" vom 21. Juni 2006 (BGBl 2006, Teil I, Seite 1318) zum 1. Juli 2006 ab diesem Zeitpunkt entfallen sei. Dieser Rechtsauffassung hat sich bisher kein anderer Senat des Bundespatentgerichts angeschlossen. Zwei Senate haben vielmehr in ihren Entscheidungen vom 9. bzw. 10. Mai 2007 (19 W (pat) 344/04 und 23 W (pat) 313/03) in Kenntnis der Entscheidung 11 W (pat) 383/06, mit der sie sich auseinandersetzten, ihre weitere Zuständigkeit für Einspruchsverfahren ausdrücklich bejaht.

Die Entscheidung 23 W (pat) 313/03 wird in Kürze eingestellt werden. Alle anderen zitierten Entscheidungen sind auf der Homepage des Bundespatentgerichts(http://www.bpatg.de/bpatg/veroeffentlichungen/presse/presse_infos_aktuell.html) abrufbar.
 
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Die Frage dürfte jetzt entschieden sein, der BGH hat sich gegen die Auffassung des 11. Senats BPatG und für die perpetua fori ausgesprochen.

BGH X ZB 6/05 - Informationsübermittlungsverfahren II, Gründe 10.:

"Nach dem all-gemeinen verfahrensrechtlichen Grundsatz der perpetuatio fori, der in § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO Ausdruck gefunden hat und von dem abweichen zu wollen auch der Gesetzgeber des Gesetzes zur Änderung des patentrechtlichen Einspruchsverfahrens und des Patentkostengesetzes vom 21. Juni 2006 nicht hat erkennen lassen, besteht eine solche vor dem 1. Juli 2006 begründete gerichtliche Zuständigkeit - entgegen der Auffassung des 11. Senats des Bundespa-tentgerichts (Beschl. v. 12.4.2007 - 11 W (pat) 383/06) - unbeschadet dessen fort, dass sie infolge der Aufhebung des § 147 Abs. 3 PatG nach dem 30. Juni 2006 nicht mehr auf der Grundlage dieser Vorschrift begründet werden kann".
 
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