Kanadisches Patentrecht

Alex:jura

*** KT-HERO ***
Liebe Kollegen,

wie ist das kanadische Patentrecht im Vergleich zu USA oder EP? Ist also ein erteiltes Patent in Kanada ähnlich unangreifbar wie in den Staaten oder ist das eher so wie in EP oder DE?

Gibt es in Kanada eine Nichtigkeitsklage und wie sind die Erfolgsaussichten (gerne Eure subjektiven Eindrücke)?

Danke für die Anmerkungen

Gruß
Alexander
 
S

Schlittenhund

Guest
Hallo,

mindestens einen wesentlichen formalen Unterschied gibt es schon. Z.B. wurde in CA am 1.10.89 das first to file principle eingeführt. Damit fällt wohl ein wesentlicher Diskussionspunkt, der bei US-Streitigkeiten ja immer sehr unterhaltsam ist, für Anmeldungen, die nach diesem Datum angemeldet wurden.

Obwohl ich noch nicht erlebt habe, in CA irgendwelche Maßnahmen ergreifen zu müssen, meint mein schlaues (?) Buch, daß es kein Einspruchsverfahren nach der Erteilung gibt.

Es gibt aber eine pre-grant opposition, bei der ähnlich wie in den USA jeder Material einreichen kann. Er muß aber argumentieren, wieso es relevant ist. Auch gibt es eine reexamination. Beides sind ex-partes Verfahren und damit wahrscheinlich mit den gleichen Problemen behaftet wie in den USA.

Eine Nichtigkeitsklage scheint es aber zu geben, einreichen kann eine "interested person". Welche Voraussetzungen für diesen Status bestehen müssen habe ich nicht gefunden. Es scheint aber, dass damit die Problematik der ex-partes reexamination entschärft ist.

Achso, ein Vorbenutzungsrecht scheint auch existent zu sein.

Wie gesagt, das ist Literaturwissen. In den Prüfungsverfahren bekomme ich nur mit, daß die Prüfer ähnlich argumentieren wie in den USA vor ein paar Jahren. Danach wird etwas erteilt, und dann hört man außer den Gebührenzahlungen nichts mehr davon. Ich frage mich schon länger, wieso wir überhaupt in CA anmelden.... ?

Grüße
 
G

Gast III

Guest
Was ist eigentlich der Grund für die "quasi- Unangreifbarkeit" von US- Patenten. Prinzipiell besteht doch die Möglichkeit eines Reexamination-Verfahrens.

Weiß hier jemand mehr?
 
P

Patato

Guest
Nach Auskunft eines erfahrenen US-Kollegen war das inter-partes-Reexamination-Verfahren eigentlich als Pendant zum EP-Einspruchsverfahren gedacht, sollte also kostengünstig und mit niederer Hemmschwelle den Widerruf von zu Unrecht erteilten Patenten ermöglichen. Das Verfahren wird aber praktisch so gut wie überhaupt nicht genutzt (2005: 52 Anträge). Die Hemmschwelle scheint der prosecution history estoppel zu sein. Man will nicht in einem administrativen, nicht-gerichtlichen Verfahren "die Hosen runterlassen", wenn einen das später daran hindert, die Nichtigkeit vor einer vielleicht viel weniger sachkundigen und daher leichter durch Show beeinflussbaren Jury auszufechten. Bei den wenigen Verfahren, die dennoch durchgeführt werden, arbeitet zumindest die betreffende Kanzlei wie bei einem normalen Litigation-Fall, d.h. es werden alle Geschütze aufgefahren, mit Kosten im mindestens sechsstelligen Bereich.

Es wurde mal diskutiert (2004/2005?), die Estoppel-Regeln zu ändern, aber ich weiss nicht, ob da seit 2005 etwas passiert ist.
 
G

Gast III

Guest
Aber es gibt doch auch noch das Ex-parte-reexamination Verfahren! Was ist denn damit? Spielt das eine Rolle?
 
P

Patato

Guest
Ja, aber das ist dann wie mit einer Einwendung Dritter nach Art. 115 EPÜ (nur nach Patenterteilung statt vorher): Man hat einen Schuss, danach mauschelt der Patentinhaber weiter mit dem Prüfer, ohne dass man noch beteiligt ist. Wohlgemerkt: "Ex parte" bezieht sich auf den Patentinhaber! Der Dritte kann zwar den Antrag stellen, der Patentinhaber ist danach aber der einzige Verfahrensbeteiligte. Das ist die unglücklichste Art, ein Patent angreifen zu wollen. Ich würde das jedenfalls nicht machen, wenn's drauf ankommt.
 
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