GMV Zulässigkeit eines Widerspruches gegen eine EU-Marke

Kask

GOLD - Mitglied
Liebes Forum,

Art. 42(3) GMV sieht eine Begründung für einen Widerspruch gegen eine EU-Marke vor. Verwendet man für den Widerspruch das HABM-Formblatt, kann man auf S. 2 bei "Widerspruchsgründen" Kästen jeweils für Art. 8 (1)(a), Art. 8 (1)(b) und Art. 8 (5) GMV ankreuzen und ein entsprechendes Textfeld ausfüllen.

Bei uns in der Kanzlei gehen die Meinungen auseinander, ob bereits das Ankreuzen des entsprechenden Kästchens ausreicht, um den Widerspruch formal zulässig zu machen. Die Widerspruchsrichtlinien das Amtes sagen hierzu zwar aus, dies würde reichen, sie stammen allerdings aus dem Jahr 2004, und möglicherweise hat sich diesbezüglich inzwischen etwas geändert. Möglich wäre auch, daß das Amt darauf pfeift, was in den Richtlinien steht.

Hat schon jemand allein durch Ankreuzen ohne weitere Ausführungen formal zulässig Widerspruch eingelegt?

Danke
Kask

P.S. Eine Suche in der Datenbank des HABM hilft mir nicht weiter, weil in den Begründungen immer nur von fehlenden Gründen i. a. gesprochen wird.
 
H

HABMKenner

Guest
Die Anforderungen, die an die Zulässigkeit gestellt werden, wurden in den letzten Jahren deutlich verschärft. Bloßes Ankreuzen reicht nur bei Markenidentität und bei vollständig identischem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis aus (natürlich darf die ältere Marke auch ein umfassenderes WDlV aufweisen).

Ansonsten muß ausführlich begründet werden. Dazu ist es notwendig, zu jeder angegriffenen Ware oder Dienstleistung Stellung zu nehmen. Am besten Belege beifügen. Ansonsten läuft man Gefahr, daß der Widerspruch wegen Unsubstantiiertheit als unzulässig verworfen wird.

Ähnlich hohe Anforderungen werden im übrigen auch an die Qualität der Benutzungsunterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung gestellt.
 
G

GAST_DELETE

Guest
Einen Widerspruch beim HABM zulässig zu kriegen ist schon eine Kunst für sich. Der Widerspruch, den ich ausgearbeitet, war zumindest zulässig.

Hierfür habe ich sowohl das von Dir genannte Kästchen angekreuzt als auch auf separaten Blättern eine Begründung ausgearbeitet (ähnlich einer Einspruchsbegründung).

Ich würde beim HABM lieber ein bisschen mehr machen als (vermutlich) gefordert. Die bügeln gerne Sachen schnell ab, um sich Arbeit zu sparen
 

Kask

GOLD - Mitglied
Hallo zusammen,

vorliegend ist es so, daß sich Inhaber und unsrere Mandantin einigen wollen, ich ungern meiner Mandantin für eine umfangreiche Begründung Kosten verursachen möchte und die Einigung noch vor dem Ende der Widerspruchsfrist herbeiführen möchte. Andernfalls bekomme ich zwar die Widerspruchsgebühr in der Cooling-off-Phase zurück, wenn man sich einigt, aber weil mir die Sache zu heiß ist, würde ich dann trotzdem eine ausführliche kostenintensive Begründung nachreichen.

Gruß
Kask
 
G

gast II

Guest
Gast schrieb:
Einen Widerspruch beim HABM zulässig zu kriegen ist schon eine Kunst für sich. Der Widerspruch, den ich ausgearbeitet, war zumindest zulässig.

Hierfür habe ich sowohl das von Dir genannte Kästchen angekreuzt als auch auf separaten Blättern eine Begründung ausgearbeitet (ähnlich einer Einspruchsbegründung).

Ich würde beim HABM lieber ein bisschen mehr machen als (vermutlich) gefordert. Die bügeln gerne Sachen schnell ab, um sich Arbeit zu sparen
Es genügt vollkommen, wenn man zur Begründung einen Dreizeiler verfasst, der in das vorgesehene Formularfeld passt. Wird der Widerspruch auf ältere Marken gestützt, reicht das aus. Bei sonstigen älteren Rechten muss man etwas mehr schreiben, so dass sich für das Amt erkennen lässt, welche älteren Rechte geltend gemacht werden. Allerdings reicht auch dort zunächt eine knappe Begründung aus, vorher stellt das Amt den Widerspruch auch gar nicht zu. Im übrigen steht das ausführlich in der DVO. Wer 5 Seiten oder mehr schreibt, nur um den Widerspruch zulässig zu bekommen, verursacht Kosten, die nicht erforderlich sind, wenn man sich in der CO-Phase einigen will (was in 80% der Fälle geschieht).
 

Kask

GOLD - Mitglied
Guten Morgen,

gast II schrieb:
Allerdings reicht auch dort zunächt eine knappe Begründung aus, vorher stellt das Amt den Widerspruch auch gar nicht zu.
Das Amt stellt dem Markeninhaber eine Mitteilung zu, daß ein Widerspruch eingegangen ist, während es sich noch mit der Zulässigkeit befasst (Formblatt B102a).

gast II schrieb:
Im übrigen steht das ausführlich in der DVO.
Da stimme ich leider nicht zu. Nach Art 42(3) GMV ist der Widerspruch zu "begründen", nach R. 15(2)(c) DVO sind nur "Gründe" anzugeben, mehr wird dazu nicht gesagt. Im übrigen spricht die englische Fassung nur von "grounds", so daß wie so häufig durch die Übersetzung eine Unschärfe entstanden ist.

Von den Gründen oder der Begründung zu trennen ist die in der DVO ausführlich geregelte Substanziierung nach R. 19 DVO; diese kann bis zum Ablauf von üblicherweise zwei Monaten nach Ende der Cooling-Off-Periode nachgereicht werden.

Nochmaliges Recherchieren beim HABM ergab, daß kurioserweise gerade in diesen Tagen der Entwurf neuer Richtlinien auf der Website veröffentlicht wurde, zu finden unter http://oami.europa.eu/de/mark/marque/direc.htm. Dort findet sich in Teil C, Kapitel 1, S. 15 oben wie bereits in den alten Richtlinien die schwammige Aussage:

HABM schrieb:
The specification of the grounds should consist in a statement to the effect that the respective requirements under Article 8 (1) (3) (4) and (5) CTMR are fulfilled. This is to be distinguished clearly from furnishing further facts and evidence which is voluntary at this point in proceedings.
In particular, the grounds are to be considered as properly indicated if one of the relevant boxes in the opposition form is checked.
Wie auch immer "are to be considered" nun auszulegen ist...

Gruß
Kask
 
G

gastII

Guest
Kask schrieb:
Guten Morgen,

gast II schrieb:
Allerdings reicht auch dort zunächt eine knappe Begründung aus, vorher stellt das Amt den Widerspruch auch gar nicht zu.
Das Amt stellt dem Markeninhaber eine Mitteilung zu, daß ein Widerspruch eingegangen ist, während es sich noch mit der Zulässigkeit befasst (Formblatt B102a).

gast II schrieb:
Im übrigen steht das ausführlich in der DVO.
Da stimme ich leider nicht zu. Nach Art 42(3) GMV ist der Widerspruch zu "begründen", nach R. 15(2)(c) DVO sind nur "Gründe" anzugeben, mehr wird dazu nicht gesagt. Im übrigen spricht die englische Fassung nur von "grounds", so daß wie so häufig durch die Übersetzung eine Unschärfe entstanden ist.

Von den Gründen oder der Begründung zu trennen ist die in der DVO ausführlich geregelte Substanziierung nach R. 19 DVO; diese kann bis zum Ablauf von üblicherweise zwei Monaten nach Ende der Cooling-Off-Periode nachgereicht werden.

Nochmaliges Recherchieren beim HABM ergab, daß kurioserweise gerade in diesen Tagen der Entwurf neuer Richtlinien auf der Website veröffentlicht wurde, zu finden unter http://oami.europa.eu/de/mark/marque/direc.htm. Dort findet sich in Teil C, Kapitel 1, S. 15 oben wie bereits in den alten Richtlinien die schwammige Aussage:

HABM schrieb:
The specification of the grounds should consist in a statement to the effect that the respective requirements under Article 8 (1) (3) (4) and (5) CTMR are fulfilled. This is to be distinguished clearly from furnishing further facts and evidence which is voluntary at this point in proceedings.
In particular, the grounds are to be considered as properly indicated if one of the relevant boxes in the opposition form is checked.
Wie auch immer "are to be considered" nun auszulegen ist...

Gruß
Kask
Zu kompliziert gedacht. Für das Amt muss lediglich erkennbar sein
a) auf welche älteren Rechte sich der Widerspruch stützt und
b) welcher Widerspruchsgrund in Betracht kommt.

"Angabe von Gründen" bedeutet lediglich anzugeben, ob man sich im Bezug auf die älteren Rechte auf Identität oder Verwechslungsgefahr beruft. Mehr will das Amt nicht wissen. Deshalb sind die Gründe nicht auszuführen (der Widerspruch ist nicht zu begründen) sondern nur "anzugeben" (lies: zu nennen), die möglichen Gründe sind in der VO abschließend aufgezählt.

Vorsicht mit dem Begriff "Übersetzung". Es ist nicht gesagt, dass es sich bei der englischen Fassung der VO um die Urfassung handelt. Es gibt (anders als beim EPA) keine _maßgebliche_ Fassung einer EG-VO, da diese in allen Sprachen der EG verbindlich sind. Für die Bedeutung muss daher die Gesetzesbegründung zur VO herangezogen und autonom ausgelegt werden.
 
G

Gert

Guest
Meines Wissens reicht es bei Marken nur das richtige (!!!) Kästchen anzukreuzen. Die Begründung (nicht die Gründe) können nachgereicht werden.
 

Kask

GOLD - Mitglied
Guten Morgen,

ich wollte dieses Thema aus aktuellem Anlaß nochmals aufwärmen, weil in diesen Tagen der neue Kommentar (Eisenführ/Schennen) zur GMV angekommen ist. Dieser bestätigt die sich mittlerweile hier gebildete Auffassung und verweist (Art. 42 Rdn 9) auf eine EuG-Entscheidung , in der nochmals erläutert wird, was denn nun unter "Grund" und unter "Begründung" zu verstehen ist: EuG T-053/05 Calvo ./. Calavo vom 16.01.2007. Der EuGH hat sich diesbezüglich offenbar noch nicht geäußert.

Grüße
Kask
 
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