Erweiterung des Schutzbereichs, Einspruchsbeschwerde vor dem BPatG

Kurt

*** KT-HERO ***
Hallo Forum,

wie ist das eigentlich mit Änderungen der Patentansprüche im dt. Einspruchs- bzw. Einspruchsbeschwerdeverfahren -- wo liegt da der Offenbarungspool, auf den zurückgegriffen werden darf?

Klar ist wohl, dass Unteransprüche in den Hauptanspruch aufgenommen werden dürfen, um auf diese Weise zu einem gewährbaren Hauptanspruch zu kommen.

Wie sieht es aber damit aus, wenn im Einspruchsverfahren Merkmale aus der Beschreibung in den Hauptanspruch aufgenommen werden? Zumindest nach EPÜ-Rechtsprechung scheint dies (jedenfalls bei beschränkenden Merkmalen) zulässig zu sein, vergleiche Tenor der T 325/95: "Das beschränkende Merkmal muss nicht in den Unteransprüchen aufgeführt sein, es kann auch in der Beschreibung offenbart sein."

Kann ich also auch im deutschen Einspruchsverfahren den Hauptanspruch durch ein Merkmal einschränken, das nur der Beschreibung, nicht jedoch den Patentansprüche zu entnehmen ist?

Und falls dies nicht gehen sollte, kann ich stattdessen eine Teilanmeldung vornehmen (bei der ich ja wieder auf den gesamten Offenbarungsumfang der ursprünglichen Unterlagen zurückgreifen kann)?

Über Meinungen (oder Tipps bezüglich Entscheidungs-Lesestoff) würde ich mich freuen,

Grüße Kurt
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Kurt schrieb:
Kann ich also auch im deutschen Einspruchsverfahren den Hauptanspruch durch ein Merkmal einschränken, das nur der Beschreibung, nicht jedoch den Patentansprüche zu entnehmen ist?
Ganz klar: Ja. Der gesamte Offenbarungsgehalt kann ausgeschöpft werden. Habe gerade keinen Kommentar zur Hand, aber das sollte überall so stehen. Allerdings muss nicht nur das Merkmal als solches irgendwo in der Anmeldung offenbart sein, sondern die sich ergebende Merkmalskombination muss für den Fachmann schon ersichtlich gewesen sein.

Kurt schrieb:
Und falls dies nicht gehen sollte, kann ich stattdessen eine Teilanmeldung vornehmen (bei der ich ja wieder auf den gesamten Offenbarungsumfang der ursprünglichen Unterlagen zurückgreifen kann)?
Das geht nun wieder nicht, nachdem im Einspruch keine Teilung mehr möglich ist.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
Hi PE, und danke für Deinen Beitrag.
Pat-Ente schrieb:
Ganz klar: Ja. Der gesamte Offenbarungsgehalt kann ausgeschöpft werden.
Ui, ist das echt wahr? Ich dachte, so selbstverständlich ist das nur im Anmeldungsverfahren, wo man ja beliebig auf den Offenbarungsumfang der ursprünglichen Unterlagen zurückgreifen kann. Beim erteilten Patent im Einspruchsverfahren kann ich doch eigentlich nur solche Merkmale in die Patentansprüche aufnehmen, die den ominösen Schutzbereich nicht erweitern, welcher wiederum im Wesentlichen (aber nicht ausschließlich) durch die Patentansprüche bestimmt ist?
Pat-Ente schrieb:
Das geht nun wieder nicht, nachdem im Einspruch keine Teilung mehr möglich ist.
Oops, da habe ich wohl was verpasst -- früher war dies ja möglich, hat allerdings regelmäßig zu unglaublichen Verkomplizierungen geführt.
Reformgesetz schrieb:
Mit einem am 01.07.2006 in Kraft getretenen Reformgesetz wurde das Einspruchsverfahren durch folgende Vorgaben gestrafft:

* Die vormals in § 60 PatG geregelte Möglichkeit des Patentinhabers zur Beantragung der Teilung des Patents bis zur Beendigung des Einspruchsverfahrens wurde aufgehoben.
Weitere Meinungen zur Aufnahmemöglichkeit von Merkmalen aus der Beschreibung in den Patentanspruch, im Einspruchsverfahren?

Danke und Grüße Kurt.
 

Pat-Ente

*** KT-HERO ***
Kurt schrieb:
Beim erteilten Patent im Einspruchsverfahren kann ich doch eigentlich nur solche Merkmale in die Patentansprüche aufnehmen, die den ominösen Schutzbereich nicht erweitern, welcher wiederum im Wesentlichen (aber nicht ausschließlich) durch die Patentansprüche bestimmt ist?
Das ist schon richtig. Wenn man lediglich ein zusätzliches Merkmal aufnimmt, wird aber idR der Schutzbereich nur verkleinert (z.B. Auto -> dreirädriges Auto). Das Weglassen von Merkmalen geht natürlich nicht. Ebenso wenig darf der Schutzbereich verschoben werden, etwa durch eine Merkmalskombination, die zwar offenbart ist, aber nicht vom ursprünglichen Anspruch umfasst ist ("andere Erfindung"). Problematisch kann es etwa dann werden, wenn ein Merkmal A durch ein alternatives Merkmal A' ersetzt werden soll.
 

Kurt

*** KT-HERO ***
OK -- danke nochmals.

Ich verstehe das dann so, dass die Bedingungen zur Aufnahme von Merkmalen aus der Beschreibung in den Patentanspruch im Einspruchsverfahren deutlich strenger sind als im Erteilungsverfahren -- es ist jedoch nicht grundsätzlich ausgeschlossen, ein nicht in den Unteransprüchen enthaltenes Merkmal in den Hauptanspruch aufnehmen zu können.

Grüße Kurt.
 

PatFan

GOLD - Mitglied
Du hast halt eine zweite Bedingung zu erfüllen:

Der Schutzbereich des Patentes darf sich im Verhältnis nur erteilten Fassung im Einspruchsverfahren nicht vergößern, d.h. Teile erfassen, die vorher nicht erfasst waren.

Im Erteilungsverfahren hast Du ja mit dem Schutzbereich noch nichts zu tun, da müssen die zusätzlichen Merkmale nur im Rahmen der Erfindungsoffenbarung offenbart sein (also nicht in der Zusammenfassung oder der Beschreibung des SdT).

Wie oben schon gesagt, kannst Du in keinem Fall, weder vor noch nach der Erteilung, Merkmalsteile aus dem Zusammenhang reissen und damit dann den Anspruch einschränken, so dass nun das Wesen der beanspruchten Erfindung geändert ist.

GRuß PatFan
 
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